modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Projektwettbewerb, Selektives Verfahren | 02/2024

Wohnsiedlung Promulins in Samedan (CH)

Visualisierung

Visualisierung

2. Rang

Preisgeld: 18.000 EUR

studio trachsler hoffmann

Architektur

Alder Clavuot Nunzi Architekten

Architektur

Andreas Geser Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Verlauf des Inntals folgend legt sich ein langgestrecktes Haus in die weite Ebene. Es fügt sich in eine Gruppe von grossen Baukörpern, die sich mit der Zeit auf der Landzunge zwischen Bahnareal und Inn angesammelt haben und schafft einen selbstverständlichen Abschluss zur offenen Auenlandschaft. Mit dieser Bezugnahme auf den topografischen Massstab des Talbodens, mit seiner einfachen Kubatur, aber auch in seinem Ausdruck erinnert es zunächst eher an gewerbliche, landwirtschaftliche oder infrastrukturelle Bauten, denn an ein Wohnhaus. Mit dieser überraschenden Setzung gelingt ein vorbildlicher Umgang mit dem wertvollen, offenen Landschaftsraum. Im Südosten des Neubaus erstreckt sich extensiv genutztes Wiesland bis zum Flussdamm. Lediglich ein paar Trampelpfade, ein ummauerter Pflanzgarten und ein selbstverständlich am Wegrand platzierter Kinderspielplatz deuten hier mögliche Nutzungen durch Bewohnerinnen und Bewohner an. Am Kopfende des langen Hauses empfängt ein Siedlungsplatz mit angrenzendem Gemeinschaftsraum die Ankommenden. Hier liegt auch die Zufahrt zur Tiefgarage, welche sich über die ganze Länge des Neubaus erstreckt und die notwendigen Parkplätze sehr effizient unterbringt. Im Nordwesten begrenzt der Neubau schliesslich eine grosszügig bemessene, aber landschaftlich noch kaum differenzierte Vorzone zur geschwungenen Strasse Promulins. Hier begleitet der Bach mit seinen Ufergehölzen den Übergang zu den kleinteiligeren Wohnbauten. Vier Eingangshallen vermitteln den Zugang zu den Wohnungen und eröffnen zugleich Durchgänge durch das langgestreckte Haus. Über gemeinschaftlich nutzbare Wintergärten ermöglichen diese auf der anderen Seite jeweils den Austritt ins Wiesland. Die Wohnungen ergeben sich aus einem einfachen Prinzip der Reihung, das auch im Schnitt als vertikale Stapelung konsequent weitergeführt wird. Treppenhäuser, Sanitärräume und eine erste Zimmerschicht fügen sich zu einem inneren Kern, der beidseitig von einer äusseren Schicht mit grosszügig befensterten Wohnräumen, Zimmern und Loggien ummantelt wird. Zwischen Kern und Mantel wird der regelmässige Takt der konstruktiven Achsen geschickt verschoben, so dass zwischen den Raumschichten spannungsvolle und vielfältig nutzbare Überlagerungen entstehen. Jedes Treppenhaus erschliesst pro Geschoss vier Wohnungen. Zwei grössere Einheiten spannen sich über die gesamte Tiefe des Baukörpers. Die Mittelzone erhält hier wegen der beidseitigen Überlagerung zweier Zimmerschichten nur wenig und indirektes Tageslicht. Allerdings werden die vielfältigen Lichtstimmungen passend bespielt, so dass über die Tiefe des Grundrisses differenzierte und attraktive Raumangebote entstehen: Nachtbereiche, Korridore und Bibliothek mit Polstergruppe im Innern, Kochen und Essen im helleren Randbereich der Kernzone, Sonnenzimmer und Loggien in der äussersten Schicht. Die einseitig nach Nordwesten oder Südosten ausgerichteten Kleinwohnungen profitieren demgegenüber von einer geringen Tiefe. Sie umfassen jeweils zwei zueinander versetzte Raumschichten und bieten auf knapper Grundfläche ebenfalls höchst vielfältige Raumzusammenhänge. Die nahezu symmetrische Behandlung der beiden doch recht unterschiedlich orientierten Gebäudeseiten wirft allerdings Fragen auf. So erscheinen beispielsweise die vorstehenden Schotten auf der Südostseite durchaus verständlich, während sie auf der anderen Seite den Zutritt der Abendsonne zu den einseitig nach Nordwesten ausgerichteten Räumen unnötig behindern.

Das Leitmotiv des Reihens und Stapelns prägt auch den architektonischen Ausdruck des grossen Hauses. Die konstruktiven Elemente werden isoliert und so kombiniert, dass sie über die Tiefe der Fassade vielfältige Übergänge zwischen Innen und Aussen formulieren. Hölzerne Schotten zwischen den Wohnräumen, horizontale Bänder aus Photovoltaikmodulen und das weit auskragende Blechdach vermitteln zwischen dem Massstab der Wohnräume und der landschaftlichen Dimension des Baukörpers. Dem Bild eines gestapelten Holzstosses folgend verankert sich der Neubau so in der Landschaft. Dieses Bild entsteht aus einer Kombination dreier unterschiedlicher Systeme: eine Stahlstruktur für das auskragende Blechdach, ein Massivbau aus Stahlbeton und Mauerwerk für den inneren Kern und die Garage und schliesslich ein hölzerner Strickbau für die umhüllenden Wohnräume und Loggien. Für die Materialisierung im Wohnungsinnern wie auch für das äussere Gesamtbild eröffnet diese Differenzierung attraktive Möglichkeiten. Allerdings wirkt die Umsetzung im Detail noch recht kompliziert, und die Kombination aus Massivbau und Strickbau erscheint aufgrund des unterschiedlichen Bewegungsverhaltens der beiden Konstruktionssysteme problematisch. Zudem belastet die konstruktive Komplexität die zunächst vielversprechende Kosten- und Ressourcenbilanz des kompakten, seriellen Baukörpers. Leider lässt sich die auf dem Gesamtareal mögliche bauliche Ausnützung mit dem vorgeschlagenen Konzept nicht ganz ausschöpfen. Aufgrund seiner Länge überschreitet der Baukörper geringfügig den Abstand zur Freihaltezone. Auch Gebäudetiefe und Höhe sind bereits maximal ausgenützt, und eine Befreiung aus dieser Zwangsjacke scheint nicht möglich. Schlussendlich ergibt die relativ geringe Wohnungsanzahl in Kombination mit den im Mittelfeld liegenden Erstellungskosten eine ökonomische Ausgangslage, die weniger ideal ist als die ostentative Einfachheit des Vorschlages erhoffen lässt. Zudem erscheint die vorgesehene Etappierung zwar bautechnisch unproblematisch, sie würde aber einen ortsbaulich durchaus fragwürdigen Zwischenzustand ergeben. Insgesamt überzeugt «PICHALAIN» durch eine auf allen Massstabsebenen konsequent und präzise durchgearbeitete Gesamtkonzeption. Die ortsbauliche Setzung demonstriert einen exemplarischen Umgang mit der Ressource Landschaft. Gemeinschaft wird nicht demonstrativ als räumliche Mitte inszeniert, sondern entsteht beinahe beiläufig entlang der präzisen Interventionen am dorfseitigen Gebäudekopf und bei den Hauseingängen. Allzu starre, selbstgewählte Rahmenbedingungen trugen wohl dazu bei, dass sich der Vorschlag nicht ganz durchzusetzen vermochte. Mit seiner eindrücklichen Haltung gibt er aber sehr überzeugende Antworten auf die gestellten Fragen. In seiner lapidaren Einfachheit antwortet das grosse Haus auf die Präsenz der Berge und auf das weite Tal.
Visualisierung

Visualisierung

Grundriss

Grundriss

Grundriss

Grundriss

Schnitt

Schnitt