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Offener Wettbewerb (nur für Studenten) | 05/2015

VfA Studentenwettbewerb 2014 - Urban Farming

GREEN KIT Modell zur städtischen Agrarwirtschaft

ein 1. Preis

Bastian Müller

Student*in Architektur

Erläuterungstext

Vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Stadtentwicklung soll ein innovativer Ansatz zur urbanen Landwirtschaft entwickelt werden. Das Konzept — vom Land rein in die Stadt und vor Ort brachliegende Flächen und Volumen sinnvoll für den Gemüseanbau nutzen und dabei kostbare Ressourcen schützen.
Mit dem Modul Green Kit soll eine Alternative geschaffen werden. Eine Alternative sowohl zur konventionellen Landwirtschaft als auch zum herkömmlichen Gang in den Supermarkt. Verbraucher werden direkt in den Kreislauf der Gemüseproduktion und Fischzucht eingegliedert. Das heißt: mehr Transparenz, kurze Transportwege, geringer Wasserverbrauch, Landflächen sollen geschont und die Menge des Bedarfs auf den Verbraucher optimal abgestimmt werden. Das Green Kit funktioniert mit dem Anbauverfahren Aquaponic, eine Kombination aus Gemüseanbau (Hydrokulturen) und Fischzucht (Aquakulturen). Das Konzept soll sich von anderen Urban Farming Projekten insofern unterscheiden, dass es auf einem modularen System aufgebaut ist und flexibel auf unterschiedliche Gebäudetypen und städtische Räume reagieren kann. Dabei wird eine gemeinschaftliche Bewirtschaftung ebenso berücksichtigt, wie die von Einzelpersonen. Mit Green Kit entstehen neue, bisher unbekannte Räume innerhalb des Stadtbildes und der Verbraucher hat die Gemüsetheke quasi direkt vor der Nase.

Problematik
Aufgrund der rasant steigenden Weltbevölkerung und dem damit einhergehenden Verständnis von Wohlstand wird die Erde immer mehr um ihre Ressourcen beraubt. Ein Ausgleich von Ressourcenverbrauch und Ressourcenvorkommen ist kaum mehr möglich. Hierbei steht besonders ein Rohstoff im Mittelpunkt – Wasser. Doch nur ein geringer Anteil fällt etwa unter unseren täglichen Trinkwasserverbrauch. Der Verschleiß dieser wichtigen Ressource steigt größtenteils zulasten der Lebensmittelproduktion, beispielsweise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Neben der Produktion tragen auch die langen Transportwege zur Problematik bei. So leben mittlerweile etwa weit aus mehr Konsumenten in Städten als auf dem Land. Der Blick soll also auf eine nachhaltige Stadtentwicklung gerichtet werden und wie man das Bewusstsein hierfür fördern kann.

Typologische Erfassung ungenutzter Stadträume
Im urbanen Umfeld bieten sich viele Flächen an, die als potenzielle Anbauflächen genutzt werden könnten – beispielsweise Dächer, Fassaden, Brücken, Baulücken oder auch brachliegende Gebiete. Die meisten der angesprochenen Orte hätten sonst keine Verwendbarkeit und wären somit verschwendet.

Konzept/genutzte Technik
Das Verfahren Aquaponik bezeichnet einen geschlossenen Kreislauf einer Technik der Aufzucht von Fischen (Aquakultur) und der Kultivierung von Nutzpflanzen, die in Hydrokulturen angebaut werden. Es handelt sich dabei um einen geschlossenen Wasser-, und Nährstoffkreislauf, welcher in automatisierten Abläufen bewirtschaftet wird.
In diesem Verfahren profitieren beide Parteien (Aquakultur, Hydrokultur) von einander, wobei eine Art Symbiose entsteht. Die Pflanzen benötigen Nährstoffe. Diese werden bei normalen Bodenkulturen aus dem Erdreich bezogen und bei der Anwendung von Aquaponik-Systemen aus den Ausscheidungen der Fische. Die Fische wiederum benötigen sauberes Frischwasser. Dieses wird durch die Pflanzen von Nährstoffen gereinigt und zurück in den Fischtank transportiert. Mittels diesem Verfahren lässt sich gegenüber herkömmlichen Anbauverfahren 70% Wasser sparen.

Modularer Baukasten
Die Anforderungen an das zu entwickelnde Modul sind einerseits die Bewirtschaftung, andererseits die Erschließung der Anbauflächen. Das heißt, das Maß muss so gewählt sein, dass der Mensch ausreichend Platz zur Begehung der Stadtfarm hat und es eine angenehme Erreichbarkeit der Pflanzen ermöglicht. Hierdurch entsteht ein Kubus mit den Maßen 1,25 m x 1,25 m x 1,25 m. In gestapelter Konstellation kann sich der Mensch darin gut bewegen und die Anbauflächen sind gut zu bearbeiten. Durch eine Addition der Module soll es an verschiedenste Gegebenheiten (Freiflächen in der Stadt) angepasst werden können und so dem Nutzer gerecht werden.

Mehrnutzen / mögliche Symbiosen
Innerhalb des Green Kit, bzw. durch die Kombination des Green Kits mit dem Bestandsgebäude können mehrere Mehrnutzen und Symbiosen entstehen. Neben der eigentlichen Aufgabe, den Konsumenten zu ernähren, indem dieser das System bewirtschaftet, können sich auch energieeffiziente und umweltschonende Eigenschaften ergeben. Das Green Kit als Dachaufsatz übernimmt etwa die Funktion eines Huts. Es dämmt den oberen Gebäudeabschluss und dient somit als Pufferschicht. Das Green Kit wiederum, kann von der Abwärme des Gebäudes profitieren. Ein weiterer möglicher Mehrnutzen ist die Schadstoffumwandlung. Das Gebäude und deren Nutzer produzieren CO2, welches den Pflanzen zu Gute kommt. Durch Photosynthese der Pflanzen wird das CO2 in O2 umgewandelt und wirkt sich somit andererseits positiv auf den Menschen aus. Dies könnte durch luftreinigende Lacke ergänzt werden.

Mögliche Anwendungen
Durch die modulare Strategie ist das Green Kit auf jegliche Gebäudetypen und Stadträume anwendbar. Dabei darf weder der eigentliche Nutzen des Gebäudes, noch die Bausubstanz eingeschränkt werden. Hierbei gilt es Vor,- und Nachteile auszuwiegen.

Die Tragstruktur
Unter Betrachtung der hohen Stabilität, der Leichtigkeit und des vielseitigen Einsatzes kommt das Material GFK in Form eines Stecksystems für die Tragstruktur zum Einsatz. Einerseits in Form von pultrudierten Profilen. Des Weiteren bestehen die Verbindungsstücke der Tragstruktur aus spritzgegossenem LTF (Langfaserverstärkter Kunststoff). Es sind Konsolen oder Muffen, in die sich von zwei, drei oder auch vier Seiten Profile einschieben lassen und so miteinander verbunden werden.

Die Gebäudehülle
Die Materialwahl für die Gebäudehülle fällt auf eine mehrlagige Membrankonstruktion aus ETFE-Folie. Diese wird in Form von Pneumatischen Kissen zwischen die tragende Struktur gespannt und mittels eines weiteren Profils darauf befestigt. Durch die konvexe Form, die der Luftbefüllung zu zuschreiben ist, bildet sich zwischen den Folien ein Luftraum. Dieser hat in einer Verbindung mit den ETEF-Folien eine wärmedämmende Beschaffenheit. Kombiniert mit dem GFK-Konstrukt ist es eine optimale Lösung zur klimatischen Trennung zur Außenseite.

Das Anbauen
Um platzsparende Anbaufläche zu gewährleisten kommt eine Art „Archivregale“ zum Einsatz. Durch das zusammenschiebbare System der Anbauflächen lässt sich der benötigte Platz für Erschließungen auf ein Minimum reduzieren. Zudem ermöglicht das von oben nach unten abgestufte Anordnen der Flächen eine Nutzung der kompletten Raumhöhe.

Exemplarische Planung
Folgender Entwurf zeigt eine exemplarische Umsetzung des Green Kits auf einem älteren Industriegebäude des Dortmunder Union Gewerbehofes.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit dem “GreenKit“ überzeugt die Arbeit 1003 zunächst durch eine starke und gut aufbereitete Recherche. Die entwickelten modularen Gebäudeergänzungen sind technisch detailliert und auf vielfältige städtische Situationen anwendbar. In der Durcharbeitung zeigt die Arbeit den konkreten Anwendungsfall an einem Bestandsgebäude im städtischen Umfeld und im Innern eine intelligente Lösung für verschiebliche Pflanzregale.