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Offener Wettbewerb (nur für Studenten) | 05/2015

VfA Studentenwettbewerb 2014 - Urban Farming

Farmballon 170

5. Preis

Felix Messing

Student*in Architektur

Erläuterungstext

Frei Otto meinte den Zivilisationsgrad einer Gesellschaft an der Beschaffenheit ihrer Bauwerke erkennen zu können, in leichten und flexiblen Bauten drückt sich für ihn der Fortschritt aus. Richard Buckminster-Fuller erdachte sich mit „Cloud Nine“ eine anderthalb Kilometer messende geodätische Kugel, welche nur durch die Differenz von Innen- zu Außentemperatur zu schweben beginnen sollte. In einigen Jahrzehnten wird die architektonische Vision von flexiblen Megastrukturen, wie sie zahlreich in der Architekturgeschichte entworfen wurden, Realität sein.

Gemäß Ottos Diktum von der Effizienz der Konstruktion entsteht der Farmballon 170 aus einer Kombination von auf Druck belasteten Sphären, die mit einem kontinuierlichen Zugsystem miteinander verwoben sind. Der innere Ballon mit einem Durchmesser von 155 Metern sammelt Wasserstoff, der als Traggas die Flugfähigkeit der gesamten Struktur gewährleistet. Der äußere Pneu misst 170 Meter im Durchmesser und ist eine geodätische Struktur, seine einzelnen Elemente haben einen Durchmesser von 1,5 Metern und spannen bis zu 4,2 weit. Beide Objekte bestehen aus statisch belastbarer ETFE-Folie und werden durch Verbundwerkstoffe an kritischen Stellen der Konstruktion ergänzt. Zugelemente aus Carbonseilen und ETFE-Membranen halten sie zueinander in Position und übertragen zugleich die Auftriebskraft des inneren Ballons auf die restliche Struktur sowie die den Pneu angreifenden Windkräfte auf die federnde, träge Masse des Ballons. Der Mittelpunkt des Ballons ist um 3,5 Meter zum Mittelpunkt der geodätischen Konstruktion nach oben versetzt, wodurch der untere Teil der Struktur eine Raumhöhe von bis zu 11m erreicht. Der entstehende Raum ist notwendig um schwere Bestandteile der Technik und Infrastruktur im unteren Teil der gesamten Kugel unterzubringen. Der obere Teil hingegen ist vornehmlich für Pflanzen bestimmt, die sich bis auf vier Meter vermindernde Raumhöhe ist hierfür ausreichend.

Der Raum zwischen Ballon und geodätischer Struktur schafft eine Klimahülle, welche eine regulierte Umwelt für die an Bord wachsenden Pflanzen gewährleistet. Die Oberfläche des Tragballons beträgt zirka 7,5 Hektar, diese Fläche dient nahezu vollständig dem Pflanzenanbau. Aufgrund der Transparenz der Konstruktion und der Organisation in Kugelform können die Pflanzen auf nahezu der kompletten Oberfläche angebaut werden. In einem hydroponischen System reifen diverse Früchte und Kräuter in an dem Ballon angebrachten Behältern heran. Das verbrauchte Wasser wird einer Fischfarm zugeführt, basierend auf dem ASTAF Pro System des Leibniz-Instituts. Diese Kombination von Aqua- und Hydroponik hat den Vorteil, das der Anteil an zuzuführendem Frischwasser, gewonnen aus gesammelten Regen, relativ gering ausfällt. Somit verringert sich auch das Systemgewicht der aquaponischen Anlage. Die Wuchszeiten der Pflanzen können durch OLEDs auf den Membranen ausgeweitet werden, in der Nacht versorgen sie die Pflanzen mit Licht in der benötigten Wellenlänge. Die Ernte erfolgt im Farmballon vollautomatisch mit Pflückern, ähnlich zu Roboterarmen wie sie auch im Maschinen- und Automobilbau eingesetzt werden. Mit Sensoren überwachen sie die Reifegrade der Früchte,transportieren sie zu und sammeln sie in einem im unteren Bereich untergebrachten Lagerraum. Die Pflücker bewegen sich entlang eines Schienensystems, das auf der Primärkonstruktion installiert ist.

Die Energieversorgung geschieht durch Dünnschichtsolarzellen auf einigen Membranen, welche das einfallende Licht nicht vollständig blocken, sowie durch Photobioreaktoren. Diese sind mit Algen gefüllt und produzieren Wasserstoff. Das Volumen des Tragballons beträgt 1,9 Millionen Kubikmeter, womit die Tragfähigkeit inklusive der gesamten Konstruktion 2280 Tonnen beträgt.

Die Besatzung und die Gäste halten sich in Räumen auf, welche wiederum durch eine pneumatische Membran von der Klimahülle der Pflanzen getrennt sind. Die Konstruktion bietet die Möglichkeit verschiedene Nutzungen auch andere klimatische Verhältnisse anzubieten, abweichend von den in der Klimahülle vorherrschenden. Wie bereits angesprochen befinden sich Technik und Infrastruktur aufgrund ihrer Masse im unteren Teil der Konstruktion, ebenso Besucherbereiche und Labore. Die Räume der Besatzung sowie einzelne Messstation sind über die Oberfläche verteilt. Auf dem obersten Punkt des Ballons befinden sich wiederum Besucherbereiche. Die Hauptverkehrswege konzentrieren sich auf den unteren Bereich der Primärkonstruktion und den oberen des Traggasballons, da hier aufgrund der geringen Steigung Mobilität sehr effizient erfolgen kann. Des weiteren transportieren das Schienensystem nutzende Fahrstühle Personen und Materialien durch die gesamte Struktur. Durch die Anbringung an mehreren beweglichen Achsen sind die Fahrstühle in der Lage jeden Punkt innerhalb der Kugel zu erreichen.

Der Kontakt und der Austausch mit der Erdoberfläche findet über Gondeln statt. Bei Nichtgebrauch verschwinden diese im Rumpf, bei Benutzung steigen sie an Carbonseilen auf und ab. Auf der Erdoberfläche lässt sich, ähnlich zu den Räumen innerhalb der Struktur, ein von Druckluft aufrechtgehaltener Raum installieren, welcher für Gäste als erste Anlaufstation dient. Auch geerntete Waren werden hier angeboten.

Die Struktur kann fest vertaut über der Stadt schweben und die ansässige Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln versorgen. In Anbetracht der Tendenz zur globalen Verstädterung kommt dem Farmballon somit eine strategische Rolle in der Versorgung zukünftiger Megacities zu. Ein weiterer Einsatz ist aber auch in Katastrophengebieten oder Krisenregionen denkbar. Passiv von der Atmosphäre getrieben kann er als nomadische Struktur da eingesetzt werden, wo die Versorgung mit den notwendigsten Lebensmitteln zusammengebrochen ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den 5. Preis erhält die Arbeit 1006 für den technisch sehr detailliert durchdachten Vorschlag „Farmballon 170“. Gewürdigt wird der futuristische Ansatz und die globale Einsetzbarkeit des Farmballons.
Piktogramme

Piktogramme

3D-Schnitt

3D-Schnitt

Aufbau: pneumatische, geodätische Struktur mittels Carbonseilen mit Tragballon verbunden

Aufbau: pneumatische, geodätische Struktur mittels Carbonseilen mit Tragballon verbunden