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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2015

Neugestaltung des Marktplatzes

2. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 4.000 EUR

Die Planergruppe

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Leitidee/ StÀdtebaulicher Kontext
Die historischen Karten lassen erkennen, dass die Dimension des Marktplatzes bis zum Stadtbrand 1832 eine andere war als heute. Die Bebauung an der Nordseite reichte deutlich weiter nach SĂŒden und das damals auf dem Platz stehende Rathaus dominierte den Raum. Das GebĂ€ude bildete einen rĂ€umlichen Schwerpunkt auf dem Marktplatz, der sich von dort aus nach SĂŒden und Osten entwickelte.
Heute prĂ€sentiert sich der Marktplatz mit Einbauten ĂŒberfrachtet. Die Anordnung der vorhandenen BĂ€ume und des Brunnens, sowie das Pflastermuster wirken unruhig und konzeptlos.
Vorrangiges Ziel ist es, einen gestalterisch beruhigten, durch den bunten Rahmen der Bebauung mit ihren GeschĂ€ften geprĂ€gten Platz herzustellen. Der Markt soll frei gerĂ€umt werden, um multifunktional nutzbar zu sein. Als Neuinterpretation des ursprĂŒnglich durch das Rathaus gebildeten rĂ€umlichen Schwerpunkts auf dem Marktplatz wird ein Baumdach gesetzt. Es bildet einen Aufenthaltsort auf dem ansonsten offenen Marktplatz, und gliedert die gleichförmig wirkende Fassade der nördlichen Platzkante. Insbesondere die SĂŒdseite des Marktplatzes bleibt offen, um die im Regionale-Projekt „StadtLandschaft“ wichtige „zentrale Achse“ durch die Altstadt frei zu halten.

Entwurf
Der Marktplatz erhĂ€lt eine neue gleichmĂ€ĂŸige OberflĂ€che aus Natursteinpflaster, die sich als durchgehender Teppich von Haus zu Haus spannt. Unter dem Baumdach gruppieren sich SitzbĂ€nke um einen neuen Brunnen und bilden einen Anziehungspunkt fĂŒr Aufenthalt und Spiel. Zwei gegenĂŒber stehende Reihen aus Mastleuchten sorgen fĂŒr eine gleichmĂ€ĂŸige Ausleuchtung der PlatzflĂ€che, und betonen die spannungsvoll konisch zulaufenden Bebauungskanten. Umlaufend um den Platz und in jede der Seitengassen fĂŒhrt eine Blindenleitlinie, die gleichzeitig als EntwĂ€sserungsrinne dient. Die festen Einbauten am CafĂ© Hellmann werden entfernt, und eine AußengastronomieflĂ€che angeboten, die in die Platzmitte rĂŒckt, und die Laufwege frei hĂ€lt.

Nutzung
Die in der aktuellen Marktaufstellung vorhandenen 22 StĂ€nde finden in einer neu sortierten Anordnung auf dem Markt Platz. Die UnterfluranschlĂŒsse mit Strom und Wasser liegen jeweils mittig an der RĂŒckseite der Standreihen, so daß die Versorgung der StĂ€nde ohne Querung der Laufwege erfolgen kann. Alle StandplĂ€tze wenden den GeschĂ€ften ihre Vorderseiten zu. Bei Veranstaltungen wie dem Stadtfest kann auf der freien östlichen PlatzhĂ€lfte eine BĂŒhne mit Bestuhlung Platz finden, wĂ€hrend sich auf der Westseite um das Baumdach gastronomische Angebote aufstellen.
Die FlĂ€che fĂŒr die Außengastronomie bleibt vom Markt und von der Festaufstellung unberĂŒhrt, damit gerade an Markt- und Festtagen die schöne AtmosphĂ€re des Platzes im CafĂ© genossen werden kann. Das Blindenleitsystem wird ebenfalls nicht von den StĂ€nden ĂŒberbaut. Eine sichere Querungung des Platzes bleibt möglich.

MaterialitÀt
Als Pflaster wird der in den Seitengassen bereits vorkommende graue Granit aufgegriffen, jedoch aus GrĂŒnden der Barrierefreiheit als Kleinsteinpflaster mit gesĂ€gtem und geflammtem Kopf. Eine gebundene Bauweise garantiert eine ebene OberflĂ€che, stabile Fugen, und eine gute Reinigbarkeit insbesondere fĂŒr die Marktnutzung. Als Verlegemuster wird ein Netzverband gewĂ€hlt, der an die vielfĂ€ltigen vorhanden Richtungen anbinden kann, und durch seine Richtungslosigkeit ein sehr gleichmĂ€ĂŸiges Erscheinungsbild abgibt. Die FlĂ€che unter dem Baumdach wird mit wassergebundener Decke befestigt, und mit 30cm breiten Natursteinplatten ebenengleich eingefasst.
Als Leitsystem dienen 30cm breite EntwĂ€sserungsrinnen, die mit einer Gussabdeckung mit gerillter OberflĂ€che versehen sind (z.B. Birco Blindenleitabdeckung). Die dunkle Farbe des Gussmaterials erzeugt den notwendigen hell-dunkel-Kontrast der Leitlinien gegenĂŒber dem Granit. Die neue PflasteroberflĂ€che lĂ€uft in die einmĂŒndenden Gassen jeweils wenige Meter hinein, bis ein sinnvoller Anschluss an die vorhandenen Pflastermuster gebildet werden kann. An der Schwelle zur PlatzflĂ€che wird ein 30cm breiter Streifen aus Gussplatten quer verlegt, der wie ein Auffangstreifen wirkt, und den Eintritt in den Platz inszeniert, ohne einen Höhenunterschied auszubilden.
Das Baumdach wird durch vier Vogelkirschen in der nicht fruchtenden Sorte Prunus avium ‘Plena‘ gebildet. Der mittelgroße Baum ist dem Maßstab der zweigeschossigen Bebauung angemessen, und verweist auf den Ursprung LĂŒdinghausens als AckerbĂŒrgerstĂ€dtchen. Die schneeweiße BlĂŒte im Mai und die prĂ€chtige gelborange bis scharchlachrote HerbstfĂ€rbung bilden ein optisches Highlight.
Die BĂ€nke werden als HockerbĂ€nke aus massiven Profilbohlen gefertigt. Aus der OberflĂ€che des tischhohen Brunnens aus Stahl tritt sprudelnd Wasser aus, rinnt ĂŒber die Kante nach unten, und lĂ€uft in einer umlaufenden Rinne ab. Fahrradabstellanlagen werden in den Seitengassen angeordnet.

Beleuchtungskonzept
GemĂ€ĂŸ dem Masterplan Licht werden einige Fassaden am Markt angestrahlt und die PlatzflĂ€che mit einer Altstadtleuchte ausgeleuchtet. Wir schlagen die Leuchte Philips urban Lightning „Atelier“ vor, die als moderne Interpretation einer historischen Mastleuchte angesehen werden kann. Der neue Brunnen wird ebenfalls beleuchtet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser greifen den historischen Platzgrundriss mit dem dominierenden Baukörper des Rathauses auf und formulieren an dieser Stelle einen neuen Anziehungspunkt mit Brunnen und BÀnken unter einem Dach aus Vogelkirschen.
Im Kontrast dazu wird der gesamte Platzraum von ĂŒberbordender Möblierung und Ausstattung befreit, was leider auch den teilweise qualitĂ€tvollen Baumbestand und den, wenn nicht geliebten, so aber doch gewohnten Brunnen umfasst. Immerhin wirkt die so entstehende Weite und Offenheit positiv, bis hin zur BerĂŒcksichtigung der im ISEK entwickelten Ost-West-Sichtachsen. Dem ruhigen Platz stehen die lebendigen bunten Fassaden der Bebauung gegenĂŒber, wenngleich deren architektonische QualitĂ€t nicht durchgehend zum Betrachten einlĂ€dt.
Die Verfasser kombinieren die logisch platzierten EntwĂ€sserungsrinnen um den Platz so, dass sie – mit einer besonderen OberflĂ€chenstruktur und dunkler Farbe – auch als Leitlinie fĂŒr Menschen mit reduziertem Sehvermögen geeignet sind. Auch das Granitpflaster im Netzverband ist glattflĂ€chig und rollatorgeeignet. Die Details sind schlicht und sauber gearbeitet.
Die Marktnutzung ist in das Konzept sinnfĂ€llig und praktikabel integriert, mit der Besonderheit, dass sich die MarkstĂ€nde kĂŒnftig auch zu den GeschĂ€ftshĂ€usern hin orientieren. Auch an Markttagen bleibt die FunktionalitĂ€t der Leiteinrichtungen erhalten, auch eine Pause im CafĂ© – die Terrasse rĂŒckt von den Laufwegen ab – bleibt möglich. Rad fahrende Marktbesucher finden Abstellmöglichkeiten in den aufmĂŒndenden Straßen, die den Materialkanon des Platzes fortsetzen, nachdem eine Bodenintarsie den FußgĂ€nger in die Straßenbereiche entlĂ€sst.
Die vorgeschlagenen Leuchten erscheinen dem Ort nicht angemessen, weil zu niedrig und eher wohnstraßenhaft wirkend. Auch die gewĂ€hlte Baumart kann nicht ĂŒberzeugen.
Der Entwurf bietet viele gute AnsĂ€tze, vermag aber vielleicht nicht das letzte QuĂ€ntchen Mehrwert zu bieten, das die umfangreichen Eingriffe begrĂŒndete.
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