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Einladungswettbewerb | 07/2015

Lincolnsiedlung

2. Preis / Teilaufgabe 2

Preisgeld: 12.000 EUR

werk.um

Architektur

Erläuterungstext

ERLÄUTERUNGSBERICHT FREI FINANZIERTER WOHNUNGSBAU
WENIGER BEWOHNEN MEHR BENUTZEN/ WOHNEN MIT GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN
In Darmstadt grundsätzlich und in der Lincoln-Siedlung im Speziellen besteht aus verschiedenen
Gründen ein dringender Bedarf von kleine(re)n guten Wohnungen, weil
 in der Lincoln-Siedlung keine kleinen Wohnungen vorhanden sind,
 53% der Darmstädter bereits in Einpersonenhaushalten leben Tendenz weiter steigend
Darmstadt in den nächsten Jahrzehnten noch einen Zuzug von ca. 13.000 weiteren
Einwohnern erwarten darf,
Anmerkung: Bei einer durchschnittlichen Wohnfläche von 50qm/ Person entspricht das
einer Wohnfläche von 650.000qm
 es wenig gut zu entwickelnde neue Baugebiete gibt,
 die durchschnittliche Wohnfläche von Einpersonenhaushalten (im Bundesschnitt) mit
66qm pro Person weitaus höher als der Durchschnitt ist,
 der Wohnflächenbedarf pro Person von Jahr zu Jahr steigt und der Energieverbrauch in
Deutschland nur unwesentlich - trotz aller Energieeffizienzmaßnahmen und dem Ausbau
einer regenerativen Energieversorgung.
Um die dringend erforderlichen Klimaschutzziele zur erreichen, reicht die Nutzung der bekannten
Energieeffizienzpotenziale und der Ausbau einer regenerativen Energieversorgung nicht aus. Es
gilt in Ergänzung dazu das enorme Potenzial der Maßhaltigkeit (wissenschaftlich: Suffizienz) zu
nutzen. Suffizientes Wohnen beinhaltet neben einem achtsamen Konsumverhalten vor allem einen
verringerten Wohnflächenbedarf/ Person. Dieser ist möglich durch minimale individuelle Flächen
in Verbindung mit halböffentlich/ öffentlich genutzten Gemeinschaftsreinrichtungen wie
Gästezimmer/ Co-Working-Spaces/ Mehrzweckraum mit Küche/ Fitnessraum mit Sauna/
Musikzimmer/ ... Auf diese Weise wird ein mögliches Weniger an selten genutzten Räumen mehr
als kompensiert durch das vielfältige Angebot von professionell betriebenen
Gemeinschaftsräumen.
Das Einsparungspotenzial von Suffizienz (gegenüber einem als verschwenderisch
bezeichneten Lebensstil) wird mit bis zu 45% in Schweizer Veröffentlichungen angegeben.
Vor diesem Hintergrund wurden zeitgemäße moderne Grundrisse zu entwickeln, die gutes Leben
mit weniger Wohnfläche/ Person ermöglichen:
Loftwohnen auf 46-71m2
nutzbar für 1-3 Personen
Angebot von gemeinschaftlich zu nutzenden Flächen: Gemeinschaftsraum + Terrasse im
Dachgeschoss, Fitness, Arbeitsräume, Lagerflächen.
Das Ergebnis: Im Neubau bezahlbarer, barrierefreier, attraktiver + nachhaltiger Wohnraum
im Sinne einer schonenden Stadtentwicklung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser ergänzen die beiden bestehen Gebäuderiegel um einen quadratischen, 5-geschossigen Neubau und erreichen mit einem kleinen Versatz eine bessere räumliche Ausbildung der Freifläche zwischen den Riegeln. Gleichzeitig drängt an der Heidelberger Landstraße weniger Lärm nach innen.
Die im Bestand vorhandenen „Annexbauteile“ sollen in ihrer Form in ihrer Funktion als Bäder erhalten werden.
Die Bestandsgebäude werden um jeweils 2 Geschosse aufgestockt, wobei auf die Ausbildung eines Staffelgeschosses gänzlich verzichtet wird und deshalb baurechtlich im weiteren Verfahren überprüft werden müsste. Dass sich die beiden aufgestockten Geschosse jeweils mit dem quadratischen Neubau verschleifen wird kritisch gesehen, da dem möglichen „Solitär„ die gestalterische Kraft genommen wird.
Der Wohnungsmix ist gegeben, wobei zu bemängeln ist, dass die Aufstockungen fast nur 2-Zimmer-Wohnungen enthalten, aber die Lage im 3. und 4. OG auch sehr gut für größere Wohnungen geeignet wäre. Demgegenüber wird für die Bestandsbaukörper ein Erhalt der sehr großen Wohnungen vorgeschlagen. Dies kann jedoch „geheilt“ werden.
Bemängelt werden muss auch, dass lediglich ein Aufzug vorgeschlagen wird. Das führt dazu, dass im 3. und 4. OG je ein etwa 80 Meter langer Laubengang notwendig wird und lange horizontale Erschließungen nötig sind – oder nur vertikal über die bestehenden Treppenhäuser erschlossen werden können. Dies ist im freifinanzierten Wohnungsbau nicht akzeptabel und müsste verbessert werden.
Leider fehlen Angaben zu den Materialien. Die Perspektive und der Fassadenausschnitt zeigen, dass Balkonbrüstungen und die Loggien in den Aufstockungen mit leicht wirkenden Drahtgeflechten und transluzenten Materialien ausgebildet sind.
Es entsteht so ein spannendes Verhältnis zwischen Alt und Neu; stellt so auch einen guten Beitrag zum Umgang mit dem Bestand dar.