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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2015

Rathaus

Anerkennung

Preisgeld: 2.000 EUR

AG5 Architekten + Stadtplaner PartGmbB

Architektur

Götte Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee + Städtebauliche Konzeption

Innerhalb des Wettbewerbsgebietes steht aufgrund der städtebaulich/räumlichen Situation nur eine begrenzte Fläche im Rahmen des Bestandes als Baugrundstück zur Verfügung.
 Vor diesem Hintergrund und im Rahmen der sonstigen Anforderungen wird angestrebt, das bestehende Rathaus bzw. ehem. Rathaus abzubrechen, um die Baumassen des Neubaus im Grundstücksbereich angemessen neu anzuordnen. Leitidee ist hierbei, ein neues bauliches Ensemble zu schaffen, das die bestehenden Bauten (Gasthaus und Saalbau) mit dem Neubau zu einer hofartigen Anlage zusammenfasst. Hierdurch können sowohl funktional-bauliche Zusammenhänge gewährt werden als auch Freiflächen mit unterschiedlichen Funktionen entstehen. Erhalt und ggf. Ausbau und Weiterentwicklung der privaten Nachbaranwesen sind gleichwohl unabhängig hiervon möglich. 


Erschließung + Räumliche Organisation

Durch die Anordnung im nordöstlichen Grundstückteil ergeben sich attraktive äußere Erschließungen. Der Hauptzugang erfolgt von der Oberstraße aus, von der man in einen kleinen Hofbereich geleitet wird, der als Vorplatz und Eingangshof dient. Unter Erhaltung des Baumbestandes ergeben sich so zwanglose Wegeführungen in Neu- und Altbau. Die Kfz- bzw. Stellplatzerschließung erfolgt getrennt von der Wilhelmstraße aus (Personal) und von der Oberstraße (Besucher). Innerhalb des hofartigen Neubaus verteilen sich die Nutzungen von einem zentralen Foyer aus in gleichwertige Teilbereiche, sodass publikumsintensivere Funktionen gut erreichbar bleiben und gleichzeitig angemessenen Räume für repräsentativere Nutzungen entstehen, z.B. Trauzimmer oder Bürgerbüro im EG und Bürgermeister im OG.
Im Zusammenhang mit dem bestehenden historischen Fachwerkhaus mit Gastronomie und dessen Saalbau wird auf die Anordnung eines Mehrzwecksaales im Neubau verzichtet, um - ggf. auch kostensparende - Synergie-Effekte zu nutzen und um das Gesamtensemble zu einer neuen attraktiven Einheit zu entwickeln. Im EG ist deshalb eine gedeckte Verbindung vorgesehen; optional kann diese auch im OG als offene gedeckte Brückenverbindung bedarfsweise ausgebaut werden.

Architektur + Konstruktion

Das neue Rathaus wird als einfache, durch Material- und Fassadenstruktur pavillonartige Hofanlage konzipiert, deren Baumassen sich einerseits einfügen, andererseits durch Ihre Gestalt und Architektur vom Bestand abgrenzen.


Großflächige raumhohe Verglasungen prägen das Erscheinungsbild und gewährleisten sowohl gute Belichtung als auch im Zusammenhang mit außenliegendem Lamellenstores entspr. passiven Energieeintrag bzw. Schutz vor Überwärmung. Gewählt wurde eine Mischkonstruktion aus Massivbau/Stahlbeton (gedämmte Bodenplatte, Fundamente, aussteifende Bauteile) und ansonsten eine 2-geschossige Holzkonstruktion auf Stahlstützen (Träger, Decken, Wände, Flachdach, Kerto- bzw. BSH-Binder oder Baubuche). Bereichsweise sind - u.a. als Speichermasse - Massivwände angeordnet (Haustechnik, Nassräume etc.). Fassaden sind umlaufend als Pfosten-Riegel-Konstruktion vorgesehen. Außen und Innenwände in beplankter Holz-Ständerkonstruktion bzw. Trockenbau. Außenbeplankung in Holzwerkstoffen und/oder Delogcolor.

Freiflächen

Funktions- und lagebedingt gliedern sich die Freiflächen in unterschiedliche Teilbereiche. Unter Integration bestehender bzw. wieder herzustellender Funktionen (Gastronomie) sowie Erhaltung des Baumbestandes wird vorgeschlagen, den Biergarten des Fachwerkhauses wieder herzustellen. Dieser kann durch einfache Maßnahmen vom Eingangsbereich und Vorplatz des Rathauses abgegrenzt werden. Gleichzeitig kann jedoch ein zusammenhängender Freibereich entstehen, der durch Mehrfach- bzw. überlagerte Nutzungen einen neuen Ortsmittelpunkt bildet und zum Treffpunkt wird.
Durch den Rücksprung des Rathauses zur Oberstraße hin entsteht darüber hinaus eine kleine Vorzone, die das Gesamtensemble aus dem Ortsbild heraushebt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das neue Rathaus tritt in seiner Kubatur vom Straßenraum zurück und überl.sst somit dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus den angemessenen Vortritt. Die U-form des Baukörpers bildet mit der Hofreite eine interessante piazzettaartige Platzsituation. Die städtebauliche Einfügung ist gelungen. Die Nachverdichtung im Bereich des städtebaulichen Ideenteils ist angemessen, allerdings hierfür die Typologie Doppelhaus nicht angemessen.

Die Arbeit untergliedert die sich zur Oberstrasse ergebende Platzfläche in einen ruhigeren,
dem Fachwerkhaus mit seiner Gastronomie zugewandten Sitzplatzbereich, und in eine das Rathaus erschließende Platzfläche, die sich im Innern im eigentlichen Eingangsbereich aufweitet. Es ergeben sich somit klar ablesbare, funktionsgerecht zugeordnete Bereiche, die qualitätsvoll ausgestaltet werden können. Die Zufahrt von der Oberstrasse aus ist dem zu erwartenden Verkehr gemäß überbewertet und lässt anlässlich des im Gebäude angrenzenden Empfangsbereichs eine entsprechende Freiraumqualität vermissen. Baurechtlich problematisch sind auch die Vielzahl der direkt an der Grundstücksgrenze angeordneten Stellplätze, deren Anordnung und Ausgestaltung der gewünschten Zurücknahme des Verkehrscharakters entgegen stehen. Die Anordnung der Behindertenstellplätze an der Oberstrasse ist keine überzeugende Lösung. Gleiches gilt für die Lage der Trafostation.

Der Hauptzugang erfolgt schlüssig von der Obergasse aus über einen Hofbereich. Das in
Teilbereichen 2-geschossige Foyer entspricht den Anforderungen eines modernen
Rathauses. Die innere Funktionalität ist gegeben, auch wenn große Teile der Hauptnutzflächen der unattraktiven Parkierungsseite zugeordnet sind. Die Aufteilung der
Funktionen ist richtig, die publikumsintensiven Funktionen sind gut erreichbar im
Erdgeschoss angeordnet. Die Funktionen der Alten Hofreite werden in das Gesamtkonzept integriert, und baulich über einen gedeckten Gang mit dem Neubau verbunden. Die nur optional angebotene Brückenverbindung wird für den 2. Rettungsweg benötigt. Das Angebot für die Gastronomie bleibt unverändert.

Die Gestaltung hat hohe architektonische Qualität, benutzt selbstbewusst eine klare
zeitgemäße und offene Architektursprache. Es wird jedoch kontrovers diskutiert, ob dies die richtige Antwort für die Neuformulierung der Ortsmitte von Stockstadt ist. In diesem
Zusammenhang werden die raumhohen Verglasungen auch aus klimatischen Gründen kritisch gesehen.

Mit seinem hohen Hüllanteil und seiner anspruchsvollen Fassadenkonstruktion ist der
wirtschaftliche Aufwand eher im oberen Bereich zu sehen.

Der Entwurf ist konsequent und in hoher Qualität durchgearbeitet und stellt einen
eigenständigen selbstbewussten Beitrag zum Bauen im Ortskern mit historischem Kontext.