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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2015

Stadtpark „Alte Bibel“

3. Preis

Preisgeld: 4.500 EUR

JOMA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Herangehensweise
Die „Alte Bibel“ ist ein wunderbarer Ort. Ein Stadtpark mit einer bewegten Geschichte. Die ehemalige Friedhofsnutzung prägt den Park noch immer, trotz Schließung des Friedhofes vor mehr als 60 Jahren. Stetiger Wandel hat die „Alte Bibel“ verändert. Unverständliche Eingriffe, wie der Bau der Schwimmhalle habe, tiefe Narben hinterlassen. Der Stadtpark ist eine der wenigen grünen Oasen am Bernburger Stadtzentrum und wird bisher leider nur wenig wahrgenommen.
Ziel des Entwurfes ist es, basierend auf den vorgefundenen Werten und Gegebenheiten und unter Berücksichtigung des denkmalpflegerischen Erbes, eine einheitliche und zusammenhängende Parkanlage zu schaffen, die auch die Wünsche der heutigen Nutzer berücksichtigt.


Leitidee
Die Parkanlage „Alte Bibel“ mit ihrer geschlossenen, grünen Vegetationsdecke aus Bäumen und Sträuchern verstehen wir im bildlichen Sinn als geschlossene Bibel. Unser Wunsch ist es, das Buch zu öffnen, den Park erfahrbarer und nutzbarer zu gestalten und die Strukturen der Vergangenheit besser lesen zu können.
Die Aktive Mitte ist das Zentrum der neuen Parkanlage. Hier öffnet sich der Park und bietet einen neuen Raum für unterschiedlichste Aktivitäten und vor allem für Sonnenlicht. Vorhandene Nutzungen wie der Kinderspielplatz und das von der „Dance Collection“ genutzte Gebäude werden mit neuen Elementen wie der Spielwiese, der Blütenwiese und der Picknickwiese verbunden. Erwünscht sind unterschiedlichste Nutzungen wie Ballspiele, Slackline, Birdwatching, Picknicken, Sonnenbaden, etc. Das neugestaltete Wegenetz umfließt und durchzieht die Aktive Mitte.
Außerhalb des neuen Zentrums bleibt der bisherige Charakter der Parkanlage weitestgehend erhalten. Die neuen Wege führen durch Gehölzbestände, vorbei an Lichtungen und entlang der erhaltenen Friedhofsmauer mit den Relikten der Begräbnisbögen. Rhododendron in Gruppen taucht hier immer wieder auf und bildet einen neuen, besonderen Akzent.


Denkmalpflegerisches Konzept
Vorhandene denkmalpflegerische Strukturen werden aufgenommen und gegebenenfalls saniert, jedoch nicht inszeniert. Das Wegesystem wird bewusst nicht an die noch vorhandene Friedhofsmauer und die noch erkennbaren Begräbnisbögen herangeführt. Der Ort zwischen Weg und Mauer ist ein Ort des Gedenkens. Informationen zu den Begräbnisbögen erhält der Besucher über den Info-Kubus an den Parkwegen.
Besonders prägend ist die noch erhaltene Friedhofsmauer. Nördlich, zur Saale hin, wurde die einstige Mauer entfernt. Eine Hecke erinnert an die frühere Friedhofsmauer und strukturiert gleichzeitig den Vorbereich und die Zufahrt zur Schwimmhalle neu.
Von besonderer Wichtigkeit sind die noch vorhandenen Grabhäuser und Grabmale. Eine Sanierung der denkmalrelevanten Baukörper wird dringend angeraten.
Neu gestaltet werden die Zugänge an der Mozartstraße und von der Annenstraße kommend. Hier wird die Situation an der Beethovenstraße und an der Friedensstraße aufgenommen und adaptiert. Auf historische Nachbauten (Torbogen mit steinerner Vase) wird bewusst verzichtet.
Das vorhandene Wegesystem bleibt, bezogen auf die historischen Hauptachsen, erhalten. Untergeordnete Wege werden jedoch neu ausgerichtet oder entfernt. Die noch vorhandene, historische Treppenanlage unweit des Zuganges von der Wilhelmstraße wird wieder aktiviert. Und führt Richtung Grabmal Ummendorf. Die gegenüberliegende, nicht mehr vorhandene, Treppe am Grabhaus Salmuth wird neu errichtet und in das Wegenetz integriert. Vorhandene Stufen an der früheren nördlichen Mauer bleiben unverändert erhalten.
Die vorhandene Topografie der Parkanlage bleibt weitestgehend erhalten. Auf Abgrabungen wird verzichtet. Lediglich zwischen der ehemaligen Aussegnungshalle und dem ehemaligen Friedhofswärterhaus werden an den beiden nördlichen Parkwegen Böschungen anmodelliert. Dies ist im Schnitt zu erkennen.
Ein direkter Anschluss des Kindergartens „Benjamin Blümchen“ an den Park wird jedoch nicht befürwortet. Der Zugang zum Park über vorhandene Eingänge erscheint zumutbar.


Platzfläche „Am Brunnen“
Im Schnittpunkt der neuen und historischen Wegeachsen ergibt sich im Zentrum des Stadtparkes die neue Platzfläche Am Brunnen. Die vorhandene Brunnenanlage wird versetzt und restauriert. Sie ist das besondere Element und der Treffpunkt im Park. Rechteckige, leicht erhöhte Staudenbeete mit Einfassungen aus Muschelkalk erinnern an Grabstätten. Hier im Zentrum der „Alten Bibel“ besteht die Möglichkeit zur Rückblende oder auch zum Gedenken an die frühere Nutzung als Friedhof. Info-Kuben bieten entsprechende Informationen und Bildmaterialien.
Ein neues Element auf der Platzfläche Am Brunnen ist die Pergola mit einer langgezogenen Sitzbank direkt an der Aktiven Mitte.


Stadtterrasse
Die Stadtterrasse bietet einen wundervollen Blick über die Bernburger Talstadt und die Saale. Hier entsteht ein weiterer Treffpunkt mit Holzterrasse und Baumdach.


Bereich Schwimmhalle
Basierend auf dem Verlauf der ehemaligen Friedhofsmauer werden der Vorbereich der Schwimmhalle und der Zugang von der Annenstraße neu gestaltet. Die Parkplätze werden „hinter“ dem früheren Mauerverlauf zwischen baumüberstandenen Heckenkörpern „versteckt“. Die notwendige Zufahrt wird als unvermeidbar hingenommen.
Insgesamt werden 28 Stellplätze angeboten. Die tatsächlich notwendige Anzahl ist noch zu klären.


Wegenetz
Das neue Wegenetz basiert auf den historischen Wegeverbindungen und Achsen. Abweichend von der bisherigen Wegeführung werden die Nord-Süd-Verbindungen gestärkt. Untergeordnete Wege und Trampelpfade werden nicht mehr berücksichtigt. Die Aktive Mitte stellt einen neuen, frei zugänglichen Freiraum dar. Betreten ist ausdrücklich erwünscht!
Es wird vorgeschlagen, die bestehenden Wegerechte neu zu ordnen. Sowohl die Bewohner des ehemaligen Friedhofswärterhäuschens, als auch die Nutzer der ehemaligen Aussegnungshalle werden über die Mozartstraße in den Park geleitet. Der dortige Parkweg wird entsprechend ausgebaut.


Baumbestand und Vegetation
Der vorhandene Baumbestand ist in Teilbereichen sehr dicht. Der Charakter ist waldartig. Flächiges Buschwerk verhindert Blickbeziehungen und die Nutzung von Teilen der Parkanlage. Trotzdem besitzt die „Alte Bibel“ einen einmaligen, wunderbaren Charakter, der erhalten und herausgearbeitet werden soll.
Basierend auf den vorhandenen Qualitäten, und unter Berücksichtigung des prägenden Baumbestandes, wird folgende behutsame Vorgehensweise vorgeschlagen.

Als prägend wird der Baumbestand entlang der Wegeachsen im östlichen Teil der „Alten Bibel“ angesehen. Die einreihig, oder als Allee, mit den Wegen geführten Baumreihen aus Sommerlinden (Tilia platyphyllos) werden ergänzt und, falls nötig, ersetzt. Zusätzlich werden über die gesamte Parkanlage prägende Bäume aufgrund von Habitus und Standort und/oder unbedingt erhaltenswerte bzw. erhaltenswerte Bäume aus dem Baumkataster ausgewählt und werden Teil der neuen Parkanlage. Ein Großteil der vorhandenen Bäume erhalten. Lediglich das vorhandene Buschwerk wird weitestgehend gerodet.
Um den bereits beschriebenen räumlichen Charakter im Bereich der Aktiven Mitte zu erreichen, wird der Baumbestand hier stärker reduziert. Es bleiben lediglich markante Bäume erhalten. Vorrang hat hier der neue Freiraum im Zentrum der Parkanlage.
In den Parkbereichen außerhalb der Aktiven Mitte bereichern einzelne Gruppen von Rhododendron die „Alte Bibel“ und bilden einen neuen, immergrünen Akzent. Die in Weiß oder dunklem Lila blühenden Rhododendren sind im Bereich der Wege angeordnet und schaffen neue Räume, halten jedoch wichtige Blickbeziehungen frei.
Ein weiterer Akzent ist das Baumdach aus weißen Maulbeeren (Morus alba), das den Stadtbalkon überdeckt. Der neugestaltete Parkplatz am Schwimmbad wird von mittelgroßen Linden überstanden.

Hecke als Fortführung der Friedhofsmauer
Nördlich, zur Saale hin, markiert eine ca. 80 cm hohe Hainbuchenhecke (Carpinus betulus) den früheren Verlauf der Friedhofsmauer. Die Hecke erinnert an die einstige Nutzung und dient als Abschluss zur Böschungskante.



Wiesenfläche
Verschiedene Rasen- und Wiesenmischungen werden für entsprechende Bereiche vorgeschlagen. Blumen- und Kräuterrasen ist für die Aktive Mitte vorgesehen. Je nach zugelassener Wuchshöhe und Schnittzeitpunkt kann die Wiesenfläche vergleichbar einer Rasenfläche genutzt werden, oder bei einer maximalen Wuchshöhe von ca. 40 cm eine Vielzahl von Blüten hervorbringen. Zusätzlich wird vorgeschlagen die Wiesen- und Rasenflächen, aus ökologischen und ästhetischen Gründen, alternierend zu mähen.
Am Gehölzrand und in baumüberstandenen Bereichen werden schattenverträgliche Samenmischungen verwendet.
Standardisierte, strapazierfähige Rasenmischungen kommen um den Kinderspielplatz und für die Spielwiese zum Einsatz (RSM 2.3).
Teilbereiche der Rasen- und Wiesenfläche werden durch Geophyten akzentuiert. Je nach Standort unterschiedliche Blumenzwiebeln werden in Tuffs gesteckt. Beispiele hierfür sind Wildkrokusse, Narzissen, Traubenhyazinthen, Wildtulpen, Waldlilie oder Schneeglöckchen.

Staudenpflanzung
Am zentralen Platz und Brunnen kommen für die Staudenpflanzungen pflegeleichte Pflanzenmischungen zum Einsatz. Mit einem zweimaligen Rückschnitt Ende Februar und Mitte Juni sind diese Flächen bei der Verwendung von mineralischem Mulch wenig pflegeintensiv.


Informations- und Leitsystem
Für das Informations- und Leitsystem werden zwei Typen unterschieden. An ausgewählten Stationen werden auf informative und zugleich Neugierde erweckende Art und Weise die funktionalen, kulturellen und historischen Zusammenhänge der Parkanlage „Alte Bibel“ erklärt.

Die Informationstafeln (2,1 m x 0,45 m x 0,1 m) bieten historische Informationen und Lagepläne zum Park. Die Tafeln werden außerhalb der Zugänge zum Park, vor Mauern oder an Gebäudefassaden, aufgestellt. Die Tafeln bestehen aus einer flächig bedruckbaren Vorderseite mit einem seitlich umlaufenden Edelstahlband. Beleuchtet werden die Infotafeln durch einen dezenten LED-Bodenstrahler am Fuß der Tafeln.

Der Info-Kubus wird innerhalb der Parkanlage verwendet. Neben Lageplänen wird auch hier Information zur Historie der Gartenanlage oder ausgewählter Grabmäler (Ummendorf Grabmal, Grabhaus Kohl, etc.) angeboten. Der Info-Kubus besteht aus einem nach unten konisch zulaufenden Natursteinblock (Muschelkalk). Der Kubus wird leicht geneigt zum Betrachter hin aufgestellt. Text und Bilder sind rückseitig auf einer durchsichtigen Kunststoffplatte aufgedruckt, die auf der Oberseite des Info-Kubus befestigt wird. Optional ist die Kunststoffplatte durch LED-Leuchten im Natursteinkörper dezent hinterleuchtet.

Kleinere Informationsschilder sind für Besonderheiten in der Gartenanlage gedacht, die auf der Fläche einer DIN A4-Seite mit Text und gegebenenfalls Bild erklärt werden können. Ein Beispiel hierzu wäre ein besonderer Grabstein mit einer kaum lesbaren Inschrift oder dergleichen. Die Schilder werden mit einem geringen Abstand neben oder am Objekt befestigt.