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Einladungswettbewerb | 06/2015

Quartierszentrum am Baakenhafen (Baufeld 91-93)

3. Preis / Baufeld 93

Preisgeld: 9.400 EUR

ARP Architektenpartnerschaft Stuttgart GbR

Architektur

Erläuterungstext

ERLÄUTERUNGSBERICHT

Wir lassen uns von der Aura der Stadt und den mit ihr verbundenen Sehnsüchten inspirieren. Ozeandampfer mit Kommandobrücken – die Kabine in dessen Rumpf – die Koje in den Wellen des Meeres – der Flug auf den Flügeln des Schwarms. Hier finden die Bewohner `Raum´ für ihre Träume.

STÄDTEBAU / VORPLANUNG
Die Bebauung auf dem Baufeld 93 am zentral gelegenen Lola-Rogge-Platz hält die Vorgaben des Bebauungsplanes und der Vorplanung weitgehend ein. Die Zugangssituationen der erdgeschossigen Nutzungseinheiten bleiben unverändert, der zentrale Aufgang zum Innenhof und zu den Wohngebäuden wird an der vorgesehen Stelle erhalten und weitet sich zur Adressbildung zum Platz auf. Die aufgehenden Bauteile der Obergeschosse werden auf 13,5m verbreitert und durch mehrgeschossige Auskragungen, sowie punktuelle Erkerelemente und Balkone bis zu einer Ausladung von 1,5m ergänzt. Südlich bilden die 5- bzw. 6-geschossigen Baukörper mit planen Fassadenscheiben und eingeschnittenen Loggien die helle Wasserfront im Sinne des Materialkonzeptes der HafenCity. Im Straßenverlauf der Baakenallee markiert an der Gebäudeecke eine Auskragung über drei Geschosse den besonderen Ort und leitet in den Platz ein. Die Gebäudefuge zwischen Senioren- und studentischen Wohnen weitet sich zur Optimierung der Belichtung und Minimierung der Verschattung zum Innenhof hin.
Der Quartiershof im Inneren bildet mit privaten Grünflächen, einem gemeinschaftlich genutzten Platz und der Aussichtsplattform zur Elbe einen offenen und ruhigen Wohnhof mit Aufenthalts- und Nutzungsmöglichkeiten für alle Generationen, sowie die erforderliche Spielplatzfläche. Die Erschließung der Mietwohnungen erfolgt über die großzügige Freitreppe vom Lola-Rogge-Platz und den Quartiershof. Das studentische Wohnen wird von der Baakenallee erschlossen und erhält im Hof eine Gemeinschaftsterrasse. Alle Einheiten haben eine direkte Anbindung an die Tiefgarage.

GEBÄUDEENTWURF / FASSADENGESTALT
Zu den Aussenkanten des Blockrandes wird die Bebauung in mehrteilige ablesbare Gebäude gegliedert, die sich sowohl in Fassadengestalt als auch in Klinkerfaben- und Oberflächen differenzieren und eine wertige, städtische Ergänzung des Straßenbildes und der Wasserkante bilden.
Zum Lola-Rogge-Platz und im Innenhof wird die Fassaden der Mietwohnungen durch flügelartig geformte Balkonelemente geprägt, die sich entsprechend der Orientierung der Wohnungen zur Elbe ausrichten. An der Wasserkante wird eine ruhige, helle Klinkerfassade vorgeschlagen, die durch Fassung der großzügigen Loggien und Fenstern mit geringen Fassadenrücksprüngen zu Bändern gegliedert wird. Im Innenhof wird aus energetischen Erfordernissen eine Mischung aus Putzsystem und Klinkerfassade vorgeschlagen, die die Wertigkeit der Elbkante in den Innenhof hinein fortführt. Eine differenzierte Behandlung der Fassade des 6. und 7. Geschosses zonieren die Baukörper und erzeugen Maßstäblichkeit.
Die Fassaden des studentischen Wohnens werden durch ein klares Raster mit großzügigen, raumhohen Fenstern mit schrägen Laibungen gegliedert. An der Nordfassade entlang der Baakenallee werden zur Baukörperdifferenzierung Erkerelemente vorgeschlagen, die geschossweise alternierend Ausblicke nach Osten bzw. Westen ermöglichen und den Lichteintrag erhöhen. Die gestalterische Ausformulierung der vorfabrizierten Erkerelemente lehnt sich an die flügelförmigen Balkone des Mietwohnungsbaus an und bietet die Möglichkeit unterschiedliche studentische Einheiten im gerasterten Grundrisssystem anzubieten.

WOHNNUTZUNGEN / STUDENTISCHES WOHNEN
Im Baufeld werden die unterschiedlichen Wohnnutzungen entsprechend der Vorplanung hausweise getrennt angeordnet und mit separaten Zugängen über den Innenhof versehen. Die Forderung nach einer Realteilbarkeit wird damit erfüllt.
Mit einer BGF von ca. 13.254qm werden 150 studentischen Appartements und 87 Wohnungen realisiert, die sich auf 23 im 1.Förderweg, 24 im 2. Förderweg, 22 im preisgedämpften und 18 im freien Mietwohnungsbereich aufteilen. Die Häuser des freien und geförderten Mietwohnungsbaus sind als Drei-, Vier- und Fünfspänner konzipiert. Die überdachten Eingangsbereiche mit Briefkästen und Paketboxen sind als Kommunikationszone ausgestaltet. Alle Wohnungen, die Hofzugänge sowie die Tiefgarage sind barrierefrei erreichbar. Alle Wohnungen orientieren sich mit den Wohnbereichen und vorgelagerten Balkonen nach Westen oder Süden – zur Elbe, dem Lola-Rogge-Platz oder zum Innenhof. Unterschiedlichen Grundrisskonfigurationen werden der entsprechenden Lage im Quartier gerecht. Schlafzimmer sind mit Blick zum Wasser bzw. zum ruhigen Innenhof orientiert. Küchen sind so konzipiert, dass sie sowohl als geschlossene, als auch als offene Küchen genutz werden können. Zum Teil werden großzügige Wohnküchen mit Essplatz vorgeschlagen bzw. mit offenen Küchen am Wohn-/Essbereich wird ein Durchwohnen ermöglicht.
Wohnungsmix und Wohnungsgrößen orientieren sich an den Vorgaben der Auslobung. Im freien und preisgedämpften Mietwohnungsbereich sind 2-Zimmerwohnungen als Mehrgenerationeneinheiten so positioniert, dass sie mit den angrenzenden 3- und 4-Zimmerwohnungen schaltbar sind. Die Forderungen nach Barrierefreiheit gem. HbauO und Seniorenwohnungen nach Din 18040 sind erfüllt.

ENERGIE-/TECHNIKKONZEPT
Als Mindest-Standard für die Gebäude ist der IFB 40+ Effizienzhaus-Standard vorgesehen. Die angestrebte Zertifizierung HafenCity gold macht die Verwendung wohngesunder Baustoffe und eine nachhaltige Bauweiseselbstverständlich. Neben dem Primärenergiebedarf wird auch der Endenergiebedarf minimiert und damit die Energieeffizienzklasse A+ bis A erzielt. Erreicht wird dies durch die kompakte Bauweise der Gebäude, eine hochwärmegedämmte und luftdichte Gebäudehülle, die Vermeidung von Wärmebrücken sowie die Optimierung der Fassaden hinsichtlich der Ausnutzung der passiven solaren Gewinne. Der sommerliche Wärmeschutz wird durch einen moderaten Fensterflächenanteil sowie einen effizienten außenliegenden Sonnenschutz sicher eingehalten und dadurch ein angenehmes Raumklima gewährleistet.
Die Belüftung der Wohnungen mit Zu- und Abluftanlagen mit hochwertiger Wärmerückgewinnung ist unter energetischen und teils auch schalltechnischen Gesichtspunkten erforderlich. Die Lüftungsanlagen sichern die hygienisch erforderliche Frischluftversorgung der Wohnungen auch bei hoher Außenlärmbelastung, die Luftmengen können wohnungsweise z.B. für eine unterstützende sommerliche Nachtlüftung erhöht werden. Eine individuelle Fensterlüftung ist über Öffnungsflügel in allen Aufenthaltsräumen möglich.
Zur Wärmeversorgung wäre eine Kombination aus Wärmepumpe zur Nutzung von Geothermie und einem Gas-Brennwertkessel zur Abdeckung von Spitzenlasten möglich. Ergänzt werden kann das System durch Solarthermie- und Photovoltaik-Paneelen auf den Dachflächen.
Für das Baufeld 93 besteht aufgrund der Lagesituation durch die Lärmbelastung voraussichtlich keine Notwendigkeit HafenCity- Fenster, Kastenfenster oder verglaste Loggien einzusetzen. Der Innenhöfe kann als vom Straßenraum abgewandt beschrieben werden. Für Schlafräume und Kinderzimmer gilt nachts ein Innenraumpegel von 30 dB(A) bei teilgeöffnetem Fenster. An der lärmungünstigsten Ausrichtungen zur Baakenallee werden zum Schutz der Schlafräume kleine Kippfenster mit einer Prallscheibe vor dem Fensterteilbereich vorgesehen. Übrige Gebäudeseiten können weitgehend durch Verkleinerung von Kippflügeln, dem Einsatz von Kippbegrenzern ggf. in Kombination mit schallabsorbierender Ausgestaltung von Fenstersturz und -laibung gelöst werden. Innerhalb der Gebäude wird zwischen fremden Nutzungseinheiten eine erhöhter Schallschutz im Sinne der VDI 4100 angestrebt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit ist als Ensemble unterschiedlicher Bauteile konzipiert, die jeweils als eigenständige Teile auf dem verbindenden Warftsockel stehen. Sie zeichnet sich überwiegend, insbesondere zur Westseite und zur Wasserseite durch ein ruhiges Erscheinungsbild aus. Diese Wirkung entsteht durch ein klares Fassadenraster, das je nach Bauteil unterschiedlich große Fensteröffnungen aufweist. Gliedernd wirken dabei noch die Loggien zur Wasserseite (die außerdem den notwendigen Windschutz bieten) und die Balkone zum Lola-Rogge-Platz Balkone (die im Norden mit einer einfassenden Seitenwand versehen sind und damit zum plastischen Gliederungselement werden). Sie stellen sich als eigenständiges architektonisches Element dar, wogegen die Südfassade mit den Loggien zwar gut strukturiert ist, jedoch für die Bedeutung des Ortes als wenig identitätsbildend eingeschätzt wird. Die Bauteile werden außerdem noch durch unterschiedliche Ziegelfarben unterschieden. Dass die einzelnen Häuser zur Ostseite und zur Baakenallee durch Wechsel des Fassadenbildes in Öffnung und Farbe wie einzelne, vertikal orientierte Gebäude gestaltet werden, obwohl sie jeweils ein einziger Bauteil gleicher Nutzung
sind, wird allerdings von der Jury als zu kleinteilig und differenziert kritisiert und kann als Entscheidung nicht nachvollzogen werden.
Die Grundrisse sind klar strukturiert und funktionieren gut. Allerdings sind die einseitig orientieren Wohnungen im als Vierspänner organisierten Grundrisse für den 2. Förderweg Senioren im östlichen Flügel zum Innenhof ausgerichtet, was hinsichtlich des zweiten Fluchtwegs überprüft werden muss.
Insgesamt wird der Entwurf als solide, unspektakuläre Arbeit eingeschätzt, die insbesondere mit ihrem westlichen Flügel einen Beitrag zur Entwicklung der Baakenhafen-Bebauung leisten kann, in anderen Teilen jedoch überarbeitet werden müsste.