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Einladungswettbewerb | 07/2015

Neubau Kapelle St. Peter und Paul Urbar

1. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

p l a n werk - 590

Architektur

imagine structure GmbH

Tragwerksplanung

e² energieberatung GmbH

Bauphysik, Energieplanung

Erläuterungstext

Kontext + Stadtraumgestaltung

Der projektierte Kindergarten und seine Erschließung erlauben nur geringfügige Freiheitsgrade in der Positionierung der Kapelle. Zur Entwicklung eines großzügigen Vorplatzes wie auch zur Stärkung der Wegeverbindung zum neuen Bürgerhaus als profanem Zentrum der Ortsgemeinde wird der Kapellenbau nach Westen verschoben. Dies ermöglicht ein kontinuierliches Platzniveau. Die Lage der geplanten Freitreppe mit Sitzstufen ändert sich dabei geringfügig.

Die in Vorfeld des Wettbewerbs angedachte „Neue Mitte“ ist stadträumlich und in ihrer funktionalen Entkopplung (keine wirksamen öffentlichen Nutzungen) im eigentlichen nicht zu vertreten. Dementsprechend wird dieser Bereich als Grünraum verstanden, der die inneren Wegeverbindungen stärkt und den Naturraum als Teil der „Schöpfung“ thematisiert. Hier soll ein „vertikaler Garten“ mit ergänzenden Skulpturen auf die Vernetzung der „natura naturans“ mit der „natura naturata“ hinweisen. Im Süden der Kapelle ist ein Bereich in Richtung Rhein vorgesehen, in dem Kräuterbeete zum Verweilen einladen.

Konzept + Raumidee

Der tradierte Glockenträger manifestiert die Kapelle. - Auch wenn die Kirche nicht mehr vorhanden ist. - Er bleibt ein Punkt der Rezeption und das „Tor“ der Kapelle. Als zentrales Bauteil soll er die Möglichkeit des Versammelns unter dem „Turm“ repräsentieren und in sublimer Betrachtung wahrgenommen werden. Dementsprechend wird der Glockenträger freigestellt. Er soll insbesondere durch die Fuge zwischen der geplanten Wohnbebauung und der bestehenden Bebauung im Bereich der Gartenstraße sichtbar bleiben. Seine Wirkung im Entreebereich (Zufahrt Straße „In den Büngerten“) wird durch die Nivellierung des Kapellen- Vorplatzes gestützt und verstärkt.

Die Kapelle ist im Verständnis der Entwurfsverfasser kein Monument! Sie entsteht, im Sinne Le Corbusiers, aus dem Grundriss als Spiegel der Funktion. Die Programmatik der Bauaufgabe definiert sich durch das Verständnis der Gemeinde. Die Kapelle ist nicht mehr nur ein Raum des Gebetes sie ist gleichsam ein Ort der Begegnung und Kommunikation. Insofern ist sie keine „Kathedrale“ sondern ein Ort der „erhabenen“ Einfachheit.

Zentrum des Baukörpers ist die Kapelle. Sie ist gegenüber den anderen Räumen erhöht. Die Bereiche der Gemeinde wie das zuschaltbare Foyer gliedern sich an den Kapellenraum an. Die dienenden Funktionen sind seitlich angelagert. Der Hauptraum selbst ist geprägt von der Communio Lösung. Der Altar bildet das Zentrum in unmittelbarem Dialog mit dem Ambo. Die Sedilien sind auf einer durchgehenden Bank vor dem westlich gelegenen Raumabschluß angeordnet. Hierdurch sind neben den Sitzplätzen von Priester, Diakon und Messdienern auch Plätze für den Chor vorhanden. Ein Teil der kleingliedrigen Fensterbilder der alten Kirche sind in den Wandspiegel der Kapelle integriert. Sie erinnern, als gläserne Fragmente (Glassplitter), an den ehemaligen Kirchenbau.

Lichtführung + Materialien

Der Altar wie der Altarraum werden nach dem Prinzip „ex oriente lux“ von Osten her direkt natürlich belichtet. Das Oberlichtfenster schafft gleichsam eine Blickbeziehung zum Glockenträger wie zur Hangseite des Ortes. Das Kreuz innerhalb der Verglasung wird dabei selbst bei diffusem Lichteinfall in den Kapellenraum projiziert. So entsteht neben dem materiellen Kreuz im Osten eine immaterielle Verbindung in den Glaubensraum. Die westliche Wand stellt Blickbeziehungen zum rheinseitigen Ortskern her, die in Teilen gefiltert werden.

Der Innenraum ist geprägt von den Konstruktionselementen in heller Buche (Leimholzrahmen, siehe unten) sowie weiß gestrichenen Gipselement- Wandteilen, deren feinfaserige Putzstruktur über ein Vlies akzentuiert wird. Als Bodenbelag ist ein polierter Zementestrich mit einem Weißzementanteil und rheinischem Flusskies als Zuschlagstoff vorgesehen. Die Gebäudehülle besteht aus weißen Aluminiumelementen, die durch einen einfachen 2D- Zuschnitt ein Gewand bilden, das die besondere Nutzung des Bauwerkes herausstellt. Dabei entwickeln sich Öffnungen, die verglast sind wie aber auch Bereiche, in denen die Plastizität der Hülle gestärkt wird (Hinterlegung durch die diffusionsoffene, anthrazitfarbene Schutzfolie der Holzrahmenkonstruktion). Das „Spiel des Körpers unter dem Licht“ ist geprägt durch die Tiefenwirkungen der Zäsuren im Gewand. So entsteht keine Ornamentierung sondern eine Chiffrierung, die auf den Fisch, das Rückgrat des Menschen wie auf die Narben des Seins und des Glaubens hinweisen.

Konstruktion + Tragwerk

Das Gebäude wird nicht permanent, sondern temporär zu unterschiedlichen Tageszeiten genutzt. Insofern wird eine energetisch effiziente, leichte Konstruktion vorgeschlagen (siehe unten). Die Primärkonstruktionen und die den Raum begrenzenden Sekundärkonstruktionen sollen aus nachwachsenden Rohstoffen ausgeführt werden, die in der lebenszyklischen Betrachtung den Gedanken der „Erhaltung der Schöpfung“ respektiven. Dementsprechend wird die Gebäudehülle als Holzrahmenkonstruktion mit Zellulosefüllung projektiert. Der äußere Raumabschluss ist als dabei als witterungsresistente, nicht tragende Haut gedacht (siehe oben). Das Primärtragwerk besteht aus Leimholzbindern mit steifen Stielen und Massivholzdeckenelementen. Die Spannrichtung der Konstruktion variiert dabei: Im hohen Gebäudeteil als Querwerk mit der Option, große Öffnungen zu realisieren; in den niedrigeren Raumbereichen wird über die kurze Spannrichtung operiert.

Klimatisierung + Gebäudetechnik

Durch die temporäre Nutzung des Gebäudes sind ökologisch nachhaltige Anlagensysteme (Geothermie, Bauteiltemperierung) oft unwirtschaftlich. Die eher geringe und flexible Nutzungszeit prädestiniert den Einsatz einer strahlungsgebundenen Heizung in den Sakral- und Gemeinderäumen, während in den Nebenräumen konventionelle Radiatoren zum Einsatz kommen. Hellstrahler erreichen in wenigen Minuten die gewünschte Temperatur, sodass eine energieintensive Vorheizung entfällt. Die Strahlungswärme wird als sehr angenehm empfunden und kann gezielt nur in den Bereichen eingesetzt werden, die auch genutzt werden. Es treten weder Zugerscheinungen noch Staubaufwirbelung auf und durch die geringe Erhöhung der Lufttemperatur wird die relative Luftfeuchte nur unwesentlich beeinflusst. Aufgrund des häufigen Einsatzes in sakralen Gebäuden sind mittlerweile spezielle Designs verfügbar, die sich harmonisch in die Kirchenarchitektur einfügen.

Der außen liegende Sonnenschutz (Lamellenstore in Deckenkonstr. integriert) sorgt während der Nutzung für die notwendige Blendfreiheit und stellt den sommerlichen Wärmeschutz sicher. Das Gebäude wird über die Fenster natürlich belüftet. Es ist weder eine mechanische Lüftung noch Kühlung erforderlich. Auf dem Flachdach kann optional eine etwa 20 kWp große PV-Anlage installiert werden. Bei einem Invest von ca. 25T€ kann die Anlage bei einer jährlichen Ernte von ca. 17.000 kWh die Betriebskosten der Kapelle bei entsprechender Eigennutzung um etwa 2.000,- € pro Jahr senken.
Wird im Betrieb ein Liefervertrag mit einem Biogaserzeuger geschlossen (z.B. EWS, naturstrom etc.), kann der CO2-Bedarf des ohnehin sehr effizienten Heizsystems um weitere 50% gesenkt werden. Die verhältnismäßig geringen Investitionskosten und die durch die reduzierte Nutzung geringen Verbrauchskosten tragen ebenfalls im Sinne der „Erhaltung der Schöpfung“ zu einem wirtschaftlich und ökologisch nachhaltigen energetischen Gesamtkonzept bei.