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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2016

Denkmalgerechte Sanierung und Teilneubau der Schwedlerbrücke

Blick Richtung Norden – Schwedler Straße Richtung Ostpark

Blick Richtung Norden – Schwedler Straße Richtung Ostpark

1. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

MÄCKLERARCHITEKTEN

Architektur

Bollinger+Grohmann

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Unter Berücksichtigung der heutigen technischen und funktionalen Anforderungen wird das Entwurfskonzept von folgenden Leitgedanken getragen: die maximale Erhaltung der historischen Bausubstanz, sowie die Wiederherstellung und Stärkung der wichtigen Fußwegeverbindung im Osten der Stadt.

SANIERUNG
Neben der behutsamen Instandsetzung der alten Stahlbogenkonstruktionen, sollen ebenso die vorhandenen Stampfbetonpfeiler in ihrer originalen Substanz erhalten werden. Dem Gedanken folgend „trenne, was du trennen kannst...“, erlaubt diese Vorgehensweise eine klare Differenzierung zwischen Brückenbestand und seinen neuen Ergänzungen.

TEILNEUBAU
Der Ersatzneubau sieht als logische Weiterentwicklung des derzeitigen Vollwandträgers eine Gitterträgerkonstruktion vor, deren Entwurf sich stark an den klassischen Brückenkonstruktionen des 19. Jahrhunderts orientiert. Jedoch wird die vorgeschlagene Gitterträgerkonstruktion in Form von zwei voneinander getrennten Querstreben-Ebenen zeitgemäß interpretiert und ein Stahlnetz dazwischen geführt. Letzteres erfüllt in Verbindung mit einer zusätzlich geschlossenen Brüstung dabei nicht nur die funktionalen Anforderungen an den Berührungsschutz, sondern es ist gleichzeitig eigenständiges Gestaltungsmittel. In die Netzstruktur wird das Motiv der Frankfurter Skyline eingewebt.

WIDERLAGER
Als architektonische Endpunkte fassen die Brückenwiderlager Bestand und Neubau zu einer neuen, städtebaulichen Gesamtkomposition zusammen. Ausgangspunkt ist das südliche Widerlager an der Schwedler Straße, das in Anlehnung an seine ursprüngliche Gestalt eine neue Treppeneinfassung in Form einer massiven Brüstung erhält. Um einen barrierefreien Zugang zu gewährleisten, wird der Aufzugsschacht ebenfalls in massiver Bauweise (eingefärbter Stampfbeton) ergänzt.

Wichtig ist es darüber hinaus, die Schwedlerbrücke als identitätsstiftenden Ort im Osten der Stadt in ihrer Bedeutung zu stärken. So sieht das Konzept zusätzliche Nutzungen für die Brücke vor, die über die spezifische Funktion als Verkehrsbauwerk hinausgehen. Für das südliche Widerlager wird ein Ausstellungsraum und für das nördliche Widerlager im Ostpark ein Café vorgeschlagen.

DENKMALPFLEGERISCHES KONZEPT
Die baukonstruktive Struktur der Brücke ist durch eine ausgeprägte innere Logik gekennzeichnet: das repetitive Prinzip. Ausdruck sowohl einer Ingenieurs- und Konstruktionsgeschichte als auch einer am Materialeinsatz orientierten Wirtschaftlichkeit bildet es die Leitlinie für die Instandsetzung.
Übergeordnetes Instandsetzungsprinzip ist die Wahrung der materiellen und gestalterischen Homogenität der Tragwerkskonstruktion. Hierzu werden aus teilzerstörten Elementen Abschnitte aus der Brückenkonstruktion entnommen und an anderen, weniger stark geschädigten Stellen der Konstruktion integriert. Durch dieses Vorgehen ist es möglich, die Instandsetzung weitgehend durch originale historische Bausubstanz vorzunehmen und die neuen, rekonstruierten Bauelemente an einer Stelle des Tragwerks zu konzentrieren.

BELEUCHTUNGSKONZEPT
Neben primär sicherheitstechnischen Aspekten, unterstreicht das Beleuchtungskonzept die städtebauliche Funktion der Schwedlerbrücke und fasst die einzelnen Bauteile auch bei Dunkelheit zu einer neuen gestalterischen Einheit zusammen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf bietet einen außerordentlich interessanten Beitrag, einen überraschenden Mehrwert aufgrund seiner unerwarteten Herangehensweise: es entsteht nicht nur ein anspruchsvolles Ingenieurbauwerk, sondern zugleich ein Stück Stadt. Die vier historischen Brückenbögen werden behutsam instandgesetzt, alle Aspekte des Substanzerhalts – ob Geländer oder Pfeiler – werden berücksichtigt. Herausragend ist, wie der Wechsel in das 5. Feld geradezu gefühlvoll inszeniert wird, indem auf eine historische Bauweise zurückgegriffen, diese jedoch modern interpretiert wird. So entsteht ein gut funktionierendes Gleichgewicht zwischen alt und neu, das aus Sicht der Denkmalpflege zu wenig die Zeitschichten erkennbar macht. Der positive Dialog der beiden Brückenköpfe hält das Ganze wie eine Klammer zusammen. Städtebauliche Relevanz erhält die Arbeit zum einen über die beiden ‚Laternen‘, die als ‚landmark‘, als Signet wirken und zugleich Orientierung bieten. Zum anderen aber, und das ist eine weitere Besonderheit, ist ein attraktives Nutzungsangebot durch das Bespielen der beiden Widerlager gegeben – hiervon kann ein Impuls für den gesamten Stadtraum entstehen. Der Entwurf nimmt damit für das Quartier den sich anbahnenden Wandel geradezu vorweg bzw. gibt diesem einen wichtigen Impuls. Dieses Nutzungsangebot – sofern professionell angegangen -, die offene Zugänglichkeit des Aufzugs und das Beleuchtungskonzept bieten beste Voraussetzungen, dass ‚Angsträume‘ vermieden werden.
Das Tragwerk ist sinnvoll und logisch gewählt, im Erscheinungsbild beeindruckend. Die lineare Ausrichtung der Brücke mit nur einem zusätzlichen Element wirkt sehr elegant. Hier entsteht eine überzeugende Verbindung zwischen Ingenieurbaukunst und Architektur, die sich durch eine hohe Ästhetik auszeichnet.
Alle notwendigen technischen Elemente sind integriert. Die neue Brückenbauwerk überzeugt auch in der konstruktiven Ausbildung, beispielsweise durch den Einsatz eines Netzes als Absturzsicherung und Berührschutz. Ob die ‚Skyline‘ sein muss und die Maschengröße richtig gewählt ist, ist zu überlegen.
Die Arbeit besticht durch ihren selbstbewussten, in die Moderne übertragenen Umgang mit einem Bautypus aus dem vergangenen Jahrhundert, ihre eigenständige, städtische Haltung, und durch ihre Sorgfalt und Präzision, die bis in das Detail selbstverständlich und stimmig umgesetzt sind.
Blick Richtung Süden – Ostpark Richtung Schwedler Straße

Blick Richtung Süden – Ostpark Richtung Schwedler Straße