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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2016

Erweiterung Hillerschule mit Neubau Gymnastikhalle

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

o5 Architekten BDA - Raab Hafke Lang

Architektur

Ingenieurbüro Bock

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Projektteam
Jan-Henrik Hafke, Claudia Rothe, Cornelia Baumeister, Melanie Nathan, Eva-Lisa Rehm, Max Nohe

Leitidee
Die Stadt Bietigheim-Bissingen plant, die am westlichen Rand der historischen Gesamtanlage Altstadt Bietigheim stehende Hillerschule zukünftig als dreizügige Ganztagsgrundschule zu führen und im Schuljahr 2016/2017 mit dem Ganztagesbetrieb zu starten.
Kinder verbringen einen Großteil ihres Tages in und mit der Schule. Es gilt, über die elementaren Anforderungen hinaus durch spezifische, vielfältige Räume Angebote und Aufenthaltsqualitäten im Schulalltag des Kindes zu schaffen. Der Schulraum sollte nicht nur zum Lernen anregen und zum Lehren inspirieren, sondern zum gemeinsamen `Lebenlernen´ beitragen. Die Hillerschule bietet zukünftig als Ganztagesschule mit Inklusionspädagogik den vielfältigen Lehr-, Lern- und Betreuungsschwerpunkten sowie Schülerinteressen und Nutzerinterwallen Raum zur Entfaltung.
Durch den Neubau des Gemeinschaftshauses mit Gymnastikhalle, Mensa und Ganztagesbereich werden die beiden bestehenden Schulhäuser mit dem fehlenden Baustein ergänzt und der Schulstandort komplettiert. Es entsteht ein Ensemble aus drei solitären Baukörpern, welche räumlich über den neuen Schulhof miteinander verbunden sind. Das Gemeinschaftshaus der Hillerschule wird durch seine zentrale Bedeutung und eigenständige architektonische Gestalt zum impulsgebenden Faktor der Schulentwicklung.
Es gilt, das umfängliche Raumprogramm in einem kompakten, dem historischen, baulichen Kontext angemessenen Baukörper auf kleinem Grundstück zu gliedern. Hierbei werden Teile des Bauvolumens durch das „Tieferlegen“ der Sporthalle/Aula und durch das „Stapeln“ der Funktionen versteckt. Hieraus resultiert ein kompakter, jedoch in seiner Höhenausprägung und in seiner vertikal angelegten Raumdisposition dem historischen Schulhäusern verwandter Baukörper.

Freiraum und Annäherung
Den Schulfreiflächen kommt als Sozialraum und als Ort des informellen Lernens und der Raumaneignung eine besondere Bedeutung zu. Der bestehende, relativ kleine und (durch das natürliche Gefälle) schräge Schulhof wird neu gestaltet und durch eine zweite Angebotsfläche auf der Dachterrasse in räumlichem Zusammenhang mit Mensa und Ganztagesbereich ergänzt. Hier können auf ebener Fläche Ball- und Bewegungsspiele angeboten werden. So bietet sich die Möglichkeit zur Differenzierung der Pausenaktivitäten. Die beiden Außenbereiche – Schulhof und Dachterrasse – sind über eine großzügige Freitreppe miteinander verknüpft.
Die Umgestaltung des Schulhofes zielt zunächst darauf ab, eine möglichst großzügige, zusammenhängende Fläche mit einheitlicher Materialisierung (Pflaster) zu generieren. Durch drei `Hofinseln´ erfährt die Fläche eine teilräumliche Ausdifferenzierung mit ebenen, terrassierten Rückzugsbereichen für kleinere Gruppen, die über Sitzgelegenheiten aus Holz verfügen. Eine der Inseln ist als überdachter Bereich geplant und ersetzt das bestehende Pausendach. Baumgruppen sind in die Gestaltung der anderen beiden Inseln integriert, und ergänzen derart den Baumbestand.
Der Mischnutzung mit den jeweiligen Nutzerinterwallen wird durch eine räumliche Disposition mit variablem Erschließungsprinzip entsprochen. So kann das Gebäude über das Zwischengeschoss der Sporthalle (mit Umkleiden) im Schulbetrieb direkt vom Schulhof aus erschlossen werden, der Ganztagesbereich über die Freitreppe und die neue Dachterrasse im Obergeschoss, und bei Abendbetrieb die Sporthalle bzw. die Aula über einen Nebeneingang (zum Haupterschließungskern) an der Hillerstraße/Ecke Turmstraße, der auch die Anlieferung/Entsorgung gewährleistet.

Typologie, Erschließung und Funktion
Die tragende Entwurfsidee für den neuen Baukörper ist die gestapelte Anordnung der Funktionsbereiche. Die teilbare Gymnastikhalle gibt mit ihrer seitlichen, dienenden Raumschiene (Geräteräume, Umkleiden) einerseits sowie einem – der Nutzung als Aula und Versammlungsstätte angemessenen – Foyer mit Vertikalerschließung andererseits die Grundgeometrie vor. Auf dem Flachdach der Sporthalle entsteht nutzbarer Freiraum, räumlich gefasst durch den direkt zugeordneten L-förmigen Mensa- und Ganztagesbereich, der wiederum auf den beiden seitlichen Nutzungsschienen des Sporthallen- und Aulabereiches liegt und über drei Kerne verbunden ist. Der vertikale Haupterschließungskern mit Aufzugsanlage zur Barrierefreiheit liegt dabei genau in der Schnittstelle der Bereiche. Zwei weitere Kerne dienen als Shortcuts und Fluchtwege.
Gymnastikhalle bzw. Aula befinden sich halb versenkt im Untergeschoss. Die zwei geforderten Gymnastikhallen sind als schaltbare Zweifachsporthalle konzipiert. Die Geräteräume wie auch die Umkleideräume sind gestapelt und den Hallenhälften zugeordnet. Die Erschließung der beiden Hallen vom Zwischengeschoss mit den Umkleiden aus erfolgt bei Bedarf über zwei separate Treppen. Der Verteilergang vor den Umkleiden bietet Zuschauern Einblicke in die Halle. Durch einen in der Decke geführten Trennvorhang lassen sich die Räume zusammenlegen und als Aula für Veranstaltungen oder für Sportturniere nutzen.
Für die Nutzung als Versammlungsraum für ca. 400 Personen verfügt die Halle über ein Foyer als Sammlungs- und Pausenraum. Dieses Foyer mit WC-Anlage ist über eine großzügige Treppenanlage und einen Aufzug barrierefrei an das Zwischengeschoss bzw. die Außenzugänge sowie an das Obergeschoss mit Mensa- und Ganztagesbereich angeschlossen, so daß sowohl die räumliche Verknüpfung der Raumgruppen und Zugänge als auch die Andienung und Entsorgung gewährleistet ist.
Mensa und Ganztagesbereich befinden sich im Obergeschoss mit direkter Orientierung zur Dachterrasse bzw. zur Turmstraße. Die beiden Raumgruppen sind über ein Foyer verknüpft, über welches auch die Terrasse sowie die Haupttreppe zu den Sporthallen angeschlossen sind. Die Mensa ist zum Dachhof hin orientiert. Küche und Nebenräume liegen zur Hillerstraße hin und sind von dort anzudienen. Die beiden Räume des Ganztagesbereichs orientieren sich zur Turmstraße hin, um eine Störung bzw. den Einblick von der Dachterrasse zu vermeiden.

Materialität, Konstruktion und Nachhaltigkeit
Die Gestalt der Fassade wird maßgeblich durch das Material Mauerwerksziegel in unterschiedlichen Zierverbänden geprägt. Über dieses Material wird in Bezug auf die Materialität, die Haptik und die Alterungsfähigkeit eine Entsprechung zu den bestehenden Schulhäusern gefunden. Das Variieren des Verbandes ermöglicht Mauerwerksperforationen im Bereich von untergeordneten Öffnungen.
Im Inneren prägen vorzugsweise sichtbar belassene, natürliche Oberflächen aus Beton (Tragstruktur, Decken), Mauerwerk, Holzwerkstoff (Ausbau) und Linoleum (Boden) die Räume. In der Sporthalle und den Hauptnutzungsbereichen ist im Funktionsbereich der Wände (Tribünen, Tore und Türen, Kletterwände, Einbaumöbel, Theke etc.) eine Holzvertäfelung vorgesehen. Die flächenelastischen Sportböden wie auch die Böden in den Bewegungsbereichen sind in Linoleum ausgeführt. Das Tragwerk in Stahlbeton korrespondiert mit den Holzvertäfelungen und bewirkt im Zusammenspiel eine warme, natürliche Atmosphäre in den Räumen.
Der annähernd quadratische Hallenraum wird von einem Trägerrost aus Stahlbeton überspannt. Durch die Zwischenräume lässt sich die Halle über mit Glasbausteinen versehende Oberlichtöffnungen natürlich belichten. Zusätzliche Tageslichtversorgung und Blickbeziehung erhält die Halle über seitliche Öffnungen oberhalb der Nutzbereiche der Wände. Das Trägerrost prägt maßgeblich die Raumwirkung der Sporthalle nach innen wie auch den Schulhof nach außen. Tagsüber ist die Hoffläche Tageslichtdecke für die Sporthallen, abends tauchen sportliche Aktivitäten über den Lichtboden den Hof in atmosphärischen Schein.
Besonderes Augenmerk liegt auf dem Tragsystem des Sporthallendaches. Hier gilt es, eine Fläche von 30m auf 27m begehbar, jedoch ohne Schwerlastverkehrslasten zu überspannen und zu überdachen. Bei der Trägerrostdecke in Spannbetonbauweise wird durch die biaxiale Lastabtragung ein wirtschaftliches System gewährleistet.
Die seitlich liegenden Raumspangen sind ebenfalls in Massivbauweise in Stahlbeton konzipiert, im Bereich des Foyers werden die Rostträger einachsig verlängert. Die Gründung kann sowohl für den Sporthallenbereich als auch für den Neubau grundsätzlich als Flachgründung erfolgen. In Bereichen konzentrierter Lasten werden zusätzliche Streifenvouten bzw. Einzelfundamente vorgesehen. Das klar strukturierte Tragwerk bietet sowohl im Bereich der Dachkonstruktion für die Sporthalle als auch für die Decken der Nebenraumspange einen hohen Vorfertigungsgrad mit dem daraus resultierenden zeitlich und wirtschaftlich optimierten Bauablauf.
Das Energiekonzept sieht eine Kombination aus Bedarfsminimierung, ggf. Versorgung mittels Anschluss an den Bestand (Heizwärme- und Warmwasserbedarf) sowie ggf. erneuerbarer Energieträger unter Berücksichtigung der Investitions- und Unterhaltskosten vor. Die Belüftung durch eine kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist im Zusammenhang mit der hochwertig gedämmten Gebäudehülle obligatorisch. Die thermische Grundkonditionierung erfolgt über die Bauteilaktivierung der Decken oder der Wände. Durch die gewählten Baustoffe wird eine robuste und nachhaltige Bauweise mit optimaler Speichermasse für ein ausgeglichenes Raumklima gewährleistet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen sehr klaren Baukörper vor, der zu den Straßen winkelförmig höher ist und sich zum Pausenhof abtreppt und die räumlichen Kanten des Bestands aufnimmt. Das um ein Geschoss eingegrabene Gebäude integriert sich dadurch überzeugend ins städtebauliche Umfeld und bietet im abgetreppten Bereich einen erhöhten Pausenhof mit Bezug zur Mensa. Dies bietet vielfältige zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten. Die Erschließung des Gebäudes erfolgt von drei Seiten, einschließlich einer direkten Freitreppe zum erhöhten Pausenhof. Die sehr enge Eingangssituation im Südwesten sowie die Anordnung der Aufzüge müssen nochmals überarbeitet werden.

Die Grundrisse und die Anordnung der Nutzungen in den verschiedenen Ebenen sind funktional gelöst. Die ausreichende Belichtung der Spielfeldebene mit Tageslicht muss aufgrund der schlitzförmigen Öffnungen und Belichtung über Zwischenräume noch nachgewiesen werden. Die im Text beschriebene Oberlichtsituation ist in den Zeichnungen nicht erkennbar. Die Architektursprache wird dem Ort gerecht. Die Fassade zitiert die benachbarte Stadtmauer. Durch das Spiel mit unterschiedlichen Öffnungsgrößen erfahren die Fassaden aber dennoch eine gewisse Auflockerung. Die vorgeschlagene Konstruktion für die Hallendecke bietet hinsichtlich der Bauhöhe und der damit verbundenen Kubatur Optimierungspotenzial. Die Gestaltung des Pausenhofs mit Zonierungen und Inseln ist positiv hervorzuheben.

Insgesamt stellt die Arbeit einen funktional und gestalterisch sehr gelungenen Beitrag dar.
Lageplan

Lageplan

Obergeschoss

Obergeschoss

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Untergeschoss

Untergeschoss

Ansicht West

Ansicht West

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Längsschnitt

Längsschnitt

Querschnitt

Querschnitt