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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2017

Rathaus im Bischofschloss

ein 3. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

Kayser Architekten GmbH, Aalen

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Situation
Das Wettbewerbsareal definiert sich durch den Gebäudebestand und die Freiflächen des denkmalgeschützten Bischofschlosses Markdorf bestehend aus Neues Schloss, Schlossturm und Schlossscheuer, ergänzt durch das Gebäude Marktstraße 17 als Auftakt zum Ensemble. Während Neues Schloss und Schlossturm im Wesentlichen im äußeren Erscheinungsbild erhalten sind, prägen die Schlossscheuer starke Eingriffe in die ehemals historische Bausubstanz. Das Schlossareal bildet das Bindeglied zwischen Stadtmitte und Unterstadt (Bereich südlich der Ravensburger Straße) mit der bestehenden fußläufigen Verbindung zwischen Turm und Schlossscheuer.

Äußere Erschließung
Ein neuer attraktiver Hauptzugang zum gesamten Rathausareal entsteht unter Nutzung des historischen Rundbogenportals im Zugangsbereich zur Schlossscheuer. Hier liegt durch die funktionale Umstrukturierung der Schlossscheuer mit der Unterbringung von Bürgerbüro und Sitzungssaal der öffentliche Nutzungsschwerpunkt. Der direkte Zugang zum Schloss über die bestehende Balustertreppe in das zentrale Foyer mit offener Treppenanlage bleibt erhalten und erschließt auf kurzem Weg das Hauptamt und den Bürgermeisterbereich. Der bestehende ebenerdige Zugang zum Schlossturm bindet das Stadtbauamt direkt an. Die historische Verbindung zwischen Scheuer und Schlossturm in der Ebene 0 wird wieder hergestellt und verbindet die Nutzungseinheiten der verschiedenen Gebäudeteile. Die Außentreppe zwischen Turm und Schlossscheuer bleibt erhalten und ermöglicht weiterhin die externe Erschließung beider Bereiche im Obergeschoss.

Innere Erschließung / Barrierefreiheit
Die 3 Gebäudeteile werden jeweils über interne Treppenanlagen mit behindertengerechten Personenaufzügen erschlossen. Im Neuen Schloss wird die bestehende offene Treppenanlage erhalten. Der Bestandsaufzug muss barrierefrei ertüchtigt werden. Der Höhenversatz zwischen Halle und Südflügel in der Ebene 0 wird zusätzlich barrierefrei über eine Hubbühne überwunden. Im Schlossturm wird ein neues Sicherheitstreppenhaus auf der Nord-Westseite eingebaut. Dieses Treppenhaus mit Aufzug als Durchlader erschließt alle Turmebenen und bindet die höhenversetzten Ebenen des Schlosses (E0/E1) barrierefrei an. In der Schlossscheuer wird auf der Süd-Westseite ebenfalls ein neues Treppenhaus mit Aufzug als Durchlader eingebaut. Dieses Treppenhaus erschließt alle Ebenen der Schlossscheuer und bindet das bestehende Untergeschoss sowie beide Ebenen der Tiefgarage barrierefrei an. Der direkter Zugang vom Schlossplatz ermöglicht die Nutzung auch außerhalb der Betriebszeiten des Rathauses.

Gestaltung und Material
Im neuen Schloss und Schlossturm werden die Materialien des Bestandes erhalten und ggf. freigelegt und restauriert sowie weitergeführt. Die Holzfenster werden energetisch erneuert. Die neuen Treppenhäuser werden als filigrane Stahlkonstruktion mit Glasaufzügen frei zwischen die Bestandswände eingestellt. Historische Elemente wie Fensteröffnungen, Rundbögen, Wandmalereien, Holzkonstruktionen und Steinfriese bleiben erlebbar. Neue Brandschutzelemente werden als Stahl-Glaskonstruktion in den Bestand eingestellt. Anschlüsse an historische Bauteile erfolgen mit Schwertern.
Die prägende Fassade der Schlossscheuer zum Innenhof wird neu über zwei Geschosse geführt und als Sichtbeton-Fertigteilelemente mit Stahlfenstern ausgeführt. Hier wird bewusst zur Betonung der öffentlichen Nutzungsbereiche ein moderner Akzent gesetzt. Dieser bildet einen gestalterischen Kontrast zur angrenzenden historischen Mauer mit Rundbogen und Sandsteingewänden.

Gebäude Marktstraße 17
Das Gebäude Marktstraße 17 wird abgebrochen und in seiner Kontur (Gebäudeschnitt) neu errichtet. Ein Erhalt des Bestandsgebäudes erscheint aufgrund der niedrigen Geschoßhöhen und der maroden Bausubstanz nicht für sinnvoll. In der Ebene 0 wird ein Tagescafe mit Barbereich für die gastronomische Nutzung und Bewirtung des Freibereiches und bei Veranstaltungen (Hochzeiten etc.) im Zusammenspiel mit der Weinbar im Schlossturm vorgeschlagen. Dieser Raum wird in seinem Volumen über zwei Geschosse geführt. Der öffentliche Bereich wird mit einer Loftwohnung (Maisonette) überlagert. Im UG werden die erforderlichen Nebenräume untergebracht. Der Neubau bildet den Auftakt zum Schlosshof und passt sich in der Materialität der neuen Fassadenstruktur der Schlossscheuer an. Die zweigeschossige Verglasung des Gastronomiebereiches, die in Korrespondenz zur Verglasung der Schlossscheuer auf der Hofseite steht macht die Schlossanlage erlebbar.

Freianlagen
Der Schlosshof erschließt alle angrenzenden Nutzungsbereiche und verbindet Innenstadt und Unterstadt. Die Freitreppe bleibt erhalten (Hochzeitstreppe), der Freibereich zwischen Schlossscheuer und Turm kann so für Feierlichkeiten wie Sektempfang genutzt werden. Der Innenhof wird neu gestaltet, die angrenzenden Garagenbauten werden begrünt (Rankgerüst). Es entsteht ein Freibereich mit hoher Verweilqualität, ein gezielt gepflanzter großkroniger Laubbaum mit Rundbank sowie ein durchgehender Natursteinpflasterbelag laden zum Verweilen ein. Eine mobile Bühne kann aufgebaut werden und der Freibereich des Rathausplatzes für die verschiedensten Nutzungen möbliert werden. Entlang der begrünten Wand werden Fahrradstellplätze angeordnet, der gesamte Platz und insbesondere die Vorzone vor der Tagesbar können für Außenbewirtschaftung bestuhlt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt bildet das vorgegebene Raumprogramm in der bestehenden Gebäudekubatur ab. Das Ensemble erfährt nach Außen keine Veränderung und kann als ein wichtiges historisches Merkmal im städtebaulichen Kontext erhalten bleiben.

Die drei Baukörper werden nach wie vor separat erschlossen. Die Nutzungszuteilung in den drei Gebäuden ist klar organsiert und die Zugänge zu den einzelnen Volumen gut auffindbar. Der Durchgang vom Hof zur Grünzone erfolgt über eine Treppe und kann jederzeit von der Öffentlichkeit begangen werden.
Nicht gewährleistet ist vom Hof aus der barrierefreie direkte Zugang zum Neuen Schloss und der Durchgang mit der Verbindungstreppe zum vorgelagerten Grünraum. Im Inneren hingegen sind die Verbindungen in den drei Gebäuden und der Zugang zum Parkhaus barrierefrei möglich.

Die Schlossscheuer ist mit dem neuen Dach gut proportioniert. Nicht verständlich sind dabei die liegenden Fensterformate, die sich in der Fassade und im Dach gleich verhalten und im Gesamtbild zusammen mit den Dachgaupen auf dem Neuen Schloss als Fremdkörper wirken.

Der Saal in der Schlossscheuer ist sehr gut positioniert und stellt eine gute Verbindung von Öffentlichkeit zum Innenhof her. Nachteilig hingegen ist die Raumproportionierung von Bodenfläche zu Raumhöhe.
In den Obergeschossen sind die Büros zweibündig angeordnet, was zur Folge hat, dass lange Korridorzonen und unattraktive Raumfolgen entstehen.
Die Grundrissstruktur im Neuen Schloss bleibt im Wesentlichen erhalten. Nicht verständlich ist die neue Anordnung vom Treppenhaus im Turm, die das Kosten-Nutzenverhältnis massiv in Frage stellt und auch denkmalpflegerisch kritisch gesehen wird.

Durch den weitgehenden Erhalt der Kubaturen und die überlegten Eingriffe scheint eine wirtschaftliche Realisierung wahrscheinlich.
Gesamthaft weist die Arbeit gute organisatorische und architektonische Themen auf.