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Mehrfachbeauftragung | 07/2011

Neubau Wohnbebauung Pfinzstraße

1. Rang

baurmann.dürr Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Das zur Neubebauung vorgesehene Grundstück am Rande der Altstadt von Durlach weist
ein heterogenes Umfeld auf: von Resten älterer Blockrandbebauung über Wohnblocks der
siebziger Jahre bis hin zur gegenüberliegenden Werkhalle der Maschinenfabrik. Das
Gassensystem der Altstadt findet an der Pfinzstraße sein Ende, die nördliche
Wohnbebauung ist gekennzeichnet durch stichartige Erschließungswege und autofreie
Wohn-Höfe.
Unsere Überlegungen basieren auf zwei Beobachtungen:
1. Die Orientierung des Grundstücks lässt zwei Bereiche entstehen - eine ruhigere,
hofartige Zone im Norden, introvertiert und durch die umliegende Bebauung geschützt,
und eine straßenbegleitende, öffentlichere Bebauung im Süden, die ganz
unterschiedliche Qualitäten aufweisen.
2. Das Grundstück liegt an der Schnittstelle unterschiedlichster Körnungen, von
Einzelgebäuden über Haus-Hof-Anlagen bis hin zum Blockrand, zu großmaßstäblichen
Solitären und Zeilenbebauung. Die Wahrnehmung des Passanten orientiert sich jedoch
an der eher kleinmaßstäblichen Bebauung der Altstadt, daher scheiden Großformen für
eine Überbauung aus.

Typologie
Die Bebauung trägt den unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung und unterscheidet in
Gartenhäuser und Straßenriegel. Während letzterer ein eher städtisches Wohnen mit
umlaufenden Balkonen, Laubengängen und kleineren Appartements vorsieht, sind die
Gartenhäuser als klassische Zweispänner organisiert. Durch die leichte Staffelung der
Baukörper werden der Hofraum gegliedert und den Wohnungen besondere Ausblicke
zuteil. Die Kleinteiligkeit der Anlage erleichtert eine individuelle Adressbildung, der
Quartiershof bindet die einzelnen Gebäude zu einem Ensemble zusammen. Alle
Wohnungen sind barrierefrei zugänglich.

Städtisches Wohnen im Wohnregal
Der nach Süden ausgerichtete Riegel entlang der Pfinzstraße mit Blick zur Altstadt dockt
über vorgelagerte Freibereiche mitsamt seiner Erschließung an die westlich gelegene
Brandwand der bestehenden Wohnbebauung an. Basierend auf einem Schottensystem,
sind alle Wohnungen als Nord-Süd-Typen ausgebildet und querlüftbar. Über einen
Laubengang werden maximal bis zu drei Wohneinheiten erschlossen. Zum Hof orientiert,
entsteht hier eine halböffentliche Filterzone, die vielfältige Aktivitäten der Bewohner
zulässt. Im Süden steht jeder Wohnung eine baulich separierte Loggia zur Verfügung, die
trotz der Straßenlage ein hohes Maß an Privatheit zulässt. Durch die Ausbildung einer
eher harten Fassade zur Straße im Süden und der weicheren Filterzone im Norden
werden die differenzierten Qualitäten der Außenräume gestalterisch genutzt.

Dörfliches Wohnen im Gartenhaus
Die Ost-West-orientierten „Gartenhäuser“ spielen ihre Lagegunst durch eine gestaffelte
Anordnung aus und rhythmisieren den Hofraum. Sie weisen pro Etage eine größere und
eine kleinere Wohneinheit auf. Mit sieben Wohneinheiten sind die Häuser übersichtlich,
was einer positiven Adressbildung entgegenkommt. Aufgrund der klassischen
Binnenerschließung als Zweispänner sind auch andere Wohnformen möglich, ebenso ist
das Einfügen einer weiteren Kleinwohnung denkbar. Durch den unmittelbaren
Freiaumbezug über die grossen Balkonflächen, deren versetzte Anordnung eine optimale
Belichtung der Grundrisse ermöglicht, haben die durchgängig dreiseitig belichteten
Wohnungen einen hohen Wohnwert.

Erschließung
Die Wohnanlage verfügt über ein internes Erschließungs- und Wegenetz, das feinmaschig
mit den örtlichen Wegen verbunden ist; damit ist gewährleistet, dass der neue
Stadtbaustein sich optimal in die bestehende Bebauung einfügt. Tendenziell hierarchielos,
ermöglicht dieses Wegesystem, auch künftige Bauabschnitte problemlos zu integrieren.
Es nutzt die ortstypischen Blockrand-Lücken, um in Richtung Altstadt vielfältige
Anknüpfungspunkte auszubilden. Mittelpunkt ist der Hofbereich, von dem aus sämtliche
Wohneinheiten erschlossen werden; an der Pfinzstraße selbst gibt es keine Haus-
Eingänge. Durch die Ausbildung einer Quartiers-Tiefgarage, die von Norden angefahren
wird, bleibt der Hof autofrei.

Aussenraum
Der öffentliche Aussenraum ist durch ein System aus leichten Niveauversprüngen
gegliedert, die präzise öffentlichere und privatere Freiräume definieren. Er greift damit die
bekannten und geschätzten Qualitäten der Freiräume in der Durlacher Altstadt auf; das
neue Wohnquartier ist im Gegensatz zur Altstadt jedoch stark durchgrünt. Dieses System
wird ergänzt und teilweise überlagert von einem zweiten, dem der privaten Aussenräume
in Form von Terrassen, Balkonen und Laubengängen. Dabei wird zwischen den
Gebäudetypologien unterschieden: der Riegel erhält, einem Wohn-Regal gleich, grosse
Balkonflächen, die im Norden als Stege eine Laubengang-Erschließung ermöglichen. Die
Gartenhäuser verfügen über differenzierte, versetzt angeordnete Balkone und Loggien,
die unterschiedliche Ausblicke ins Quartier ermöglichen und so angeordnet sind, dass
eine optimale Belichtung der einzelnen Wohnungen bei geringstmöglicher Verschattung
gegeben ist. Alle Gebäude verfügen über Penthouse-Wohnungen mit grosszügigen
Dachterrassen, die einen Blick auf Durlachs Altstadt und zum nahen Turmberg
ermöglichen.

Bauabschnitte
Da die Zukunft der noch bestehenden Gebäude an der Pfinzstraße ungewiss ist, sieht der
Entwurf eine schrittweise Weiterentwicklung in Bauabschnitten vor, ohne dass diese
zwingend erfolgen muss. Die straßenbegleitende Bebauung kann fortgeführt werden, die
vier Gartenhäuser können um ein fünftes ergänzt werden. Beide Maßnahmen fügen sich
ganz selbstverständlich in die Quartiersplanung ein und sind zeitlich unabhängig zu
betrachten.

Energetisches Konzept
Die Bebauung wird unter strikter Beachtung der Nachhaltigkeit ausgeführt, sowohl was die
Auswahl der Baustoffe als auch das Energiekonzept angeht. Aufgrund der Größe der
Wohnanlage scheint die Versorgung über ein BHKW sinnvoll. Alle Wohneinheiten
verfügen über Niedertemperatur-Heizungen und sind hoch wärmegedämmt. Die
Flachdächer eignen sich zur solargestützten WW-Bereitung ebenso wie zur
Stromgewinnung über Photovoltaik. Durch die gestaffelte Anordnung der einzelnen
Baukörper wird die Verschattung untereinander reduziert; die großteils dreiseitige
Belichtung der Wohnungen mindert außerdem den Einsatz von Kunstlicht. Die Stellung
der Baukörper befördert die natürliche Durchlüftung im Quartier, alle Wohnungen lassen
sich querlüften.

Materialität
Um die Ensemblewirkung der Wohnanlage nicht zu beeinträchtigen, werden die
Fassadenflächen einer einheitlichen Gestaltung unterworfen. Alle Gebäude verfügen über
eine helle Putzfassade mit Steinsockeln.