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Preis 4 / 4

Einladungswettbewerb | 01/2017

Speicher III Hafenweg 32 - Erweiterung Verlagsgebäude Coppenrath Verlag

Würdigung / Belobigung

IAA Architecten

Architektur

Erläuterungstext

Es gibt nicht immer die Möglichkeit ein Haus für einen besonderen Auftraggeber zu bauen. Manchmal können wir nur ein Gebäude gestalten nach objektiven Kriterien; wirtschaftlichen, funktionellen und rationellen. Hier aber waren wir beeindruckt durch die Persönlichkeit von Herr Hölker. Wo er dieses selbst eher bescheiden darstellt, sind wir der Meinung, dass die Außergewöhnlichkeit des Verlages, die Außergewöhnlichkeit von Herr Hölker für Münster wichtig ist.

Eine Stadt ist mehr als ein Ensemble von Plätzen, Straßen, Kanälen und Gebäuden. Dieses ist nur der steinerne Niederschlag aus der Konstellation wo Menschen zusammen leben und arbeiten. Diese Menschen bestimmen das, was eine Stadt ist. Man kann nicht eine ganze Stadt persönlich gestalten, aber wenn sich so wie hier eine richtige Chance bietet, dieses auf eine angemessene Art zu tun, müssen wir diese Chance nutzen.

Am Hafen sind sehr viele architektonisch verantwortlich gestaltete Häuser gebaut worden. Eine gewisse Einheitlichkeit in der modernen Architektursprache ist überall erkennbar.
Herr Hölker bewohnt mit seinem Verlag die schönen alten Speicher und hat jetzt die Gelegenheit, das Nachbargrundstück zu bebauen. Vielleicht nicht nur, weil er es als Erweiterung braucht, sondern weil es viel mehr die Möglichkeit bietet, anschließend an seine Häuser hier ein Ensemble zu schaffen, das eine schöne Identität an diesem Ort bietet, der für viele Jahre die Verbindung zwischen dem Verlag und der Stadt auf eine sehr schöne Art festlegt: die Coppenrath / Spiegelburg, einem wohlverdienten Standort am Hafen.

In unseren Städten besteht die Mehrheit der Gebäude aus Häusern und Büros. Besondere Gebäude gibt es nur wenige; Kirchen, Schulen, schöne Hauser bilden die Ausnahmen in unserem Städtebau. Viele Häuser sind entworfen als generische Gebäude , in denen eine Nutzung auf viele verschiedene Arten möglich ist. Nur wenn man in diese Gebäude eintreten darf, kann man erfahren, welche neuen Welten sich dahinter verbergen.
Das geschieht auch mit demjenigen, der zum ersten Mal in die Hölkerische Welt eintaucht und vor Staunen und Bewunderung nicht mehr weiß, wo er hinschauen soll. Eine reine Märchenwelt, verschlossen in einem schönen, alten Speicher. Diese gemütlichen, angenehmen Räume passen zur romantischen Einrichtung. Eine vollkommen eigene Welt ist bis ins letzte Detail persönlich gestaltet geworden.
Aus unser Sicht bleibt da aber leider diese Welt dem öffentlichen Raum zu sehr verschlossen. Weil es hier um eine Erweiterung geht, können wir ein Ensemble von mehreren Gebäuden planen und die Möglichkeit nutzen, diesen letzte Teil im Ensemble völlig offen zur Außenwelt zu gestalten.
Da wo Coppenrath seine Besucher empfängt, wo der Verlag sich zeigen kann, sehen wir die Möglichkeit, dieses auch in extrovertierter Form zu zeigen.
Die bestehenden Häuser bieten den Schutz der Verschlossenheit, dieses neue Haus kann darum die Umkehrung sein. Damit zeigt es sich der Gemeinschaft als das sehr besondere Coppenrath/Hölker Haus am Hafen. Es wird leuchtend da stehen, sichtbar für alle. Am Hafen wird es ein Orientierungspunkt sein.

Bewusst haben wir das Gebäude nur so groß gemacht, wie es uns an diesem Standort gut erscheint. Die städtebauliche Konfiguration, das Maß und die Platzbildung ist uns hier wichtiger als die Maximierung des Volumens. Wir haben das optimale Verhältnis gesucht zwischen Volumen, Transparenz, Platzbildung, freier Sicht auf die existierenden Gebäude. Sogar eine klassische Kompositionsfrage glauben wir hier gelöst zu haben.
Da weichen wir ab von den Optimierungsvorschlägen aus dem Wettbewerbsverfahren. Weil unserer Meinung nach hier die Möglichkeit geboten wurde, eine Optimierung in städtebaulicher, kompositorischer Hinsicht als die wichtigste Leistung zu sehen, haben wir diese ergriffen.

Ein einfacher gläserner Kubus in den gleichen kompositorischen Verhältnissen wie der Speicher zeigt sich als die dritte Identität. Die Doppelglasfassade macht den Blick nach außen und den Blick nach innen möglich. Die innere Welt ist erfahrbar, eine märchenartige Stützenwelt, farbig und frei gestaltet. Luftraume liegen wie amorphe Tiere in den Geschossen, Treppen bewegen sich anscheinend frei durch den Raumen.
An den Fenster ist ein kartografisches Muster von Märchenwelten aus fernen Ländern angebracht, die einerseits eine Beschattung bilden und auch eine gewisse Distanz zwischen Innen und Außen gewährleisten.
Um das Gebäude herum ist eine skulpturale Welt geschaffen, die das Haus frei im Raum platziert und einen angenehme Welt schafft, wo es den Zutritt ins Haus gibt.
Diese märchenhafte Gestaltung findet seine Begründung in der Erweiterung der Coppenrath-Welt, wie sie jetzt so sorgfältig gestaltet worden ist. Dies ist eine klare kunsthistorische Aussage, wie die Künste zusammen passen. Der klassische Unterschied zwischen den Hohen Künsten und den ‘niedrigen’ ist bei Coppenrath, glauben wir, bewusst und sehr beeindruckend aufgehoben worden und dieses Statement ist sehr deutlich und sicher umgesetzt. Das ist mutig und selbstbewusst getan, sogar mit Verzicht auf das übliche bürgerliche gute Geschmackempfinden, und wir glauben, dass dieses nicht genug zu schätzen ist.
Deswegen schlagen wir vor, diese Herangehensweise auch als Leitmotiv für die Architektur des neuen Hauses zu aufzunehmen. Wir sind der Meinung, dass es hier eine Berechtigung gibt, ohne Hemmungen diese Märchenwelt als Gestaltungsprinzip zu nutzen, weil es in der DNA des Auftraggebers so fest eingeschlossen ist. Damit bezieht sich diese Architektur auf die Gedanken und die Lebensart dieses besonderen Auftraggebers, der nicht nur in Münster jene Besonderheit darstellt. Wir sind fest davon überzeugt, dass ein besonderes Unternehmen, gestiftet von einem besonderen Menschen, eine besonderes Gebäude rechtfertigt an diesem sehr schönen Standort in Münster.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der narrative, originale Entwurfsansatz weist der Arbeit eine hohe baukünstlerische Eigenständigkeit zu. 1. und 2.BA werden in einem Baukörper zusammengebunden. Die gläserne, energetische Baukörperhülle umschließt allseitig alle Geschosse. Für den Betrachter wird dabei die Innenwelt zur Außenwelt. Die verbliebenen freien Platzflächen, sowohl nach Osten als auch nach Westen, werden zu einem Skulpturenpark. Die einzelnen Nutzungsebenen sind nur schematisch dargestellt. Die Erreichbarkeit der Tiefgaragenebenen scheint der Jury nur bedingt gegeben zu sein. Über Treppen und Rampen werden die Fußgänger auf die angehobene Eingangsebene geführt. Dem zukünftigen Baukörper wird über die große skulpturale Form eine deutliche Aufmerksamkeit assistiert. Eine Realisierung scheint nur mit erhöhten Baukosten möglich, zudem ist die Jury der Meinung, das eine transparente Glasarchitektur keine adäquate Antwort auf die Bebauung im Hafen darstellt. Die Gebäudedaten weisen diese Arbeit dem mittleren Bereich zu.
Preis 4 / 4