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Einladungswettbewerb | 02/2017

Ehemalige Maschinenzentralstation in der Hamburger Speicherstadt

Außenperspektive

Außenperspektive

2. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

BIWERMAU Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

Die bauzeitliche Gestaltung des Baukörperensembles im Umgriff des Kesselhauses entfaltete ihre illusionistische Wirkung durch mannigfaltige Wechselbeziehungen von akzentuierten Baukörperüberhöhungen in Form von Türmen, Erkern und Giebelmotiven der umliegenden Gebäude. Im Zusammenspiel formten diese einen qualitätvollen und dichten Stadtraum zwischen dem Kesselhaus, den umliegenden Speichern und der Maschinenzentralstation, mit dramaturgisch einzigartigen atmosphärischen Qualitäten des Zwischenraums am Fleet.
Der heutige Leerraum an Stelle des ehemaligen Kopfbaus der Maschinenzentralstation verliert durch die Öffnung des Raums zur vielbefahrenen Straße am Sandtorkai, sowie durch die vereinfacht wiederaufgebauten kriegszerstörten Speicherbauten jene atmosphärische Dichte des bauzeitlichen Ensembles.

Idee

An diesem Ort verfolgt die Konzeption das übergeordnete Ziel, das bestehende Fragment der Maschinenzentralstation weitgehend unangetastet zu belassen und die Schichten des baulichen Wandels sichtbar und erlebbar zu gestalten. Gleichermaßen soll eine bauliche Fassung des Ortes geschaffen werden, die die räumlichen Qualitäten der bauzeitlichen Bebauung wiederherstellt.
Die intendierte stadträumliche Schließung der Lücke ist in diesem Sinne nicht als Baukörperre-konstruktion gedacht, sondern als Neubebauung innerhalb der Grenzen der bauzeitlichen Kubatur. Im Ausdruck soll ein Haus entstehen, das sich hinsichtlich seiner Fassadengestaltung unauffällig in den Bestand integriert und in reduzierter und subtiler Form die Gestaltungsthemen der Speicherstadt neu interpretiert. Es soll Fragen aufwerfen, die die Neugier von Passanten und Besuchern weckt, mehr über die vielfältige Geschichte der Speicherstadt zu erfahren.

Architektur

Der Entwurf selbst sieht einen Baukörper vor, der vom Bestand der Maschinenzentralstation abgerückt platziert wird. Seine äußeren Kanten folgen dem Verlauf der bauzeitlichen Kubatur. Die einfach gehaltene Bauköperform wird bauplastisch durch Überhöhungen vertikal gegliedert und mit einer flachgeneigten Dachlandschaft überformt. Durch die vertikale Zäsur zum Bestand wird der Übergang von Alt und Neu verdeutlicht und die Schnittstelle des historischen Fragments der Brandwand nach Außen an der Fleet- und Straßenseite sichtbar freigelegt. Die heutige Brandwand der Maschinenzentralstation soll dabei zu ihrer ursprünglichen Form zurückgebaut werden. Demzufolge werden historische Übergänge, Auflagerfragmente und Dachstuhlkonstruktionen von der Sohle bis zum First erkennbar. Den wettergeschützten Raumabschluss der Fuge bildet eine von den Kanten zurückgesetzte Glaskonstruktion die durch transparente Brücken die Ebenen des Alt und Neubaus miteinander verbinden.

Der Neubau erwächst über den Fundamenten des ehemaligen Pumpenhauses der Maschinen-zentralstation als zeitgemäß interpretierte Speicherstadtkonstruktion in geschichteter Stahlbeton-Skelettbaubauweise mit tragendem monolithischem Ziegel-/Klinker-Außenmauerwerk. Über den mittigen Eingang auf der Stirnseite des Gebäudes wird die ehemalige Zugangssituation der Maschinenzentralstation wiederhergestellt.
Im Inneren inszeniert eine offene und transparente Gestaltung des Erd- und Galeriegeschosses eine räumliche Verzahnung der historischen Kellerräume und Maschinenfundamente zum darü-ber errichteten Neubau. Beim Übergang zur großen Maschinenhalle des Bestandes können Besucher so horizontal wie vertikal die Spuren der Zeitschichten des Gebäudes erfahren. Darüber hinaus werden speicherstadttypische Einflüsse, wie das kontrollierte Fluten der Kellerräume bei Hochwasser, sinnlich erlebbar. In der anschließenden Maschinenhalle verfolgt der Entwurf die Idee, den Großraum der Halle in seiner ursprünglichen Proportion wieder erlebbar zu machen. Hierzu werden die Einbauten der 60-er Jahre sowie die unzureichend tragfähige Sohle entfernt. Zur verbesserten Nutzbarkeit soll hier ein wasserundurchlässiger Kellerkasten aus Stahlbeton bis zur derzeitigen Ranghöhe hergestellt werden. Darüber liegende Öffnungen werden durch mobile Dammbalkenanlagen vor dem selten vorkommenden Hochwasserstand über Ranghöhe geschlossen.
In der Maschinenhalle sieht der Entwurf ein Galeriegeschoss als leichte Stahlskelettbaukonstruktion vor, die frei in den zweigeschossigen Raum eingestellt wird. Zur Brandwand an Block M hin verbindet eine Kernbebauung mit dienenden Funktionen die Ebenen des Bestandsbaus vertikal. Der Zusammenschluss aus Untergeschoss, Erdgeschoss und Galerieebene ist als Großgastronomie mit unterschiedlich zonierten Raumangeboten denkbar.

Die Obergeschosse des Kopfbaus bilden die Kontore zu den über Brücken rückwärtig angebun-denen Ausstellungs- und Wirtschaftsflächen des Bestandsbaus. Über den zum Fleet hin orientierten Treppenturm können alle Geschosse attraktiv und barrierefrei erreicht werden. Die jeweiligen Einheiten bieten Raum für frei gestaltbare Bürokonzepte. Atmosphärisch prägt die geschosshohe Verglasung zur Fuge und der industrielle Charme der haptischen Beton- und Ziegeloberflächen den Charakter eines modernen Loftbüros in der Hamburger Speicherstadt. Die allgegenwärtigen Blickbeziehungen zwischen Alt und Neu und die geführten Ausblicke zum Anleger und Fleet schaffen Büroflächen mit originärem Charakter.
Die angebundenen Ebenen des Bestandsbaus verbleiben weitgehend im Bestandszustand. Zum Erhalt und der energetischen Verbesserung werden Teilbereiche denkmalgerecht saniert. Ein Eingriff in die Fassaden ist nicht vorgesehen.
Der frei überspannte Dachraum der Maschinenzentralstation soll durch vereinzelte Dachober-lichter und eine Verglasung des freigelegten Stahlfachwerks der Stirnwand belichtet werden. Die Erneuerung der Dachhaut des geneigten Daches ist als wärmegedämmte und mit Kupferstehfalzblechen gedeckte Konstruktion gedacht.

Freianlagen

Im Zuge der Neugestaltung der Freianlagen vor dem Kesselhaus sieht der Entwurf eine Wiederherstellung des Anlegers mit Ponton und Treppenanlage vor. Ferner soll die Fläche zwischen Fleet und Kesselhaus frei von Parkplätzen gehalten und ausschließlich als öffentliche Freifläche und Veranstaltungsbereich genutzt werden. Hierzu sollen die historischen Materialien des Straßen- und Gehwegbelages und deren Kantsteine ergänzt werden. Zur verbesserten Nutzungsflexibilität und Barrierefreiheit der Freifläche verschleifen Gehwege und ehemalige Straßenführung zu einer niveaugleichen Ebene. Einzelne Bänke aus Weißbeton-Fertigteilen bieten Sitzgelegenheiten für Verweilende und können im Veranstaltungsfall in eine Reihenbestuhlung integriert werden.


Nachhaltigkeit

Die grundlegenden Überlegungen zur nachhaltigen Konzeption des Neubaus bilden die Schaf-fung einer nutzungsneutralen Gebäudestruktur, die mit einer haustechnischen Low-Tech Aus-stattung aktuelle Energiestandards erfüllt. Hierzu bildet eine hochwärmegedämmte Hüllfläche mit Fassadenaufbau aus monolithischem Außenmauerwerk und reduzierten Öffnungsanteilen, wärmegedämmten Stahl-Glas-Fassadenelementen und einer hochwärmegedämmten Dachfläche die Basis einer energiereduzierten Steuerung des Heiz- und Kühlbedarfs.
Die Kontorflächen werden über die Fensterelemente der Fassade natürlich be- und entlüftet. Zur Reduzierung der Innenraumtemperaturen werden diese zusätzlich zur Nachtauskühlung genutzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dieser Entwurf beeindruckt durch den selbstbewussten Auftritt in Erinnerung an das frühere städtebauliche Ensemble von Maschinenhaus und Kesselhaus aus unterschiedlichen Zeitschichten. Das stadträumliche Ensemble wird wieder durch einen eindeutig markierenden Turm zentriert, der auch früher schon der Höhenakzent im Fleetraum war.
Das Ensemble aus Alt und Neu erhält attraktive neue Adressen für die großräumige Parterrenutzung durch den Eingang im zentrierten Risaliten der Westfront, für die oberen Geschosse durch den Turm als separate Erschließung. Die Zeitschicht der erhaltenen Brandwand des Denkmaltorsos wird durch die belichtende Geländefuge deutlich sichtbar. Die Gründung auf den alten Turm- und Fassadenfundamenten ist sinnvoll. Die Backsteinarchitektur wirkt etwas zu abgeschlossen und grob, ist aber in Erinnerung an die Höhe und das Volumen des ursprünglichen Maschinenhauses für die Raumbildung vor Ort durchaus vertretbar und für die Wirtschaftlichkeit der aufwendigen Gesamtmaßnahmen von Vorteil.
Das Preisgericht debattiert den Entwurf kontrovers. Von einigen wird das vorgeschlagene Bauvolumen und die eindeutige Volumetrie des massiven Backsteinbaus als angemessen für den Maßstab der Speicherstadt und Vorteil für diesen besonders markanten Ort erachtet, von anderen wird der Bezug auf den skulpturalen Detailreichtum in der historischen Speicherstadt und des Maschinenhauses vermisst, insbesondere bei der Gestaltung des Turms.
Innenperspektive

Innenperspektive

Präsentationsplan 1

Präsentationsplan 1

Präsentationsplan 2

Präsentationsplan 2

Präsentationsplan 3

Präsentationsplan 3

Präsentationsplan 4

Präsentationsplan 4