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Nicht offener, einphasiger, hochbaulicher Realisierungswettbewerb als kooperatives Verfahren | 04/2017

Entwicklung eines Wohnhauses für Senioren mit Einzelhandels- und Gastronomienutzung am Sand

3. Rang

LH Architekten Landwehr Henke + Partner mbB

Architektur

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Visualisierung

Erläuterungstext

Der Neubau an der Ecke Sand und Neuer Straße profitiert in außerordentlicher Weise von seiner Lagegunst. Inmitten der Harburger Innenstadt zwischen Binnenhafen und Rathausmarkt entsteht direkt am Marktplatz ein Neubau, der als Inbegriff qualitätsvollen, innerstädtischen Wohnens angesehen werden kann. Markt und Nahversorger, Rathaus und Kulturstätten in fußläufiger und barrierefreier Umgebung sind wesentliche Parameter dieser Qualität.

Leitidee
Leitidee für unseren Entwurf ist die Entwicklung eines Neubaus, der diese Lagegunst weitestgehend für sich zu nutzen weiß und stadtbildprägend und identitätsstiftend den Ort für seniorengerechtes Wohnen umwandelt. Drei Elemente spielen dabei eine besondere Rolle:

1. die Gebäudevolumetrie,
die sich durch die Aufnahme der Traufkante auch im Staffelgeschoß in die benachbarte Bebauungsstruktur der Baukörperfluchten und -höhen einfügt. Durch die Ablesbarkeit zweier Baukörper in der Neuen Straße anhand der Eingänge/Adressen sowie der unterschiedlichen Farbigkeit/Materialität der Bauteile wird der Neubau auch hinsichtlich seiner „Körnung“ oder Baukörpergröße in die Nachbarschaft integriert. Die Ausbildung des Turmbaukörpers an der Straßenecke, die durch ihren Rücksprung von den Straßenräumen aus der Nähe kaum sichtbar, übergeordnet zum Platz und zur Sichtachse aus dem Schloßmühlendamm aber zeichenhaft und durch seine schlanke Proportion sehr elegant die Identität des Ortes definiert.

2. die großzügige und landschaftlich geprägte Treppenanlage
von der Neuen Straße zum Marktplatz, die nicht nur funktionaler Übergang zweier unterschiedlicher Niveaus ist. Ihre differenzierte Ausgestaltung vermittelt zwischen Sockelgalerie der Nachbarbebauung und Außenterrasse des Neubaus genauso wie zwischen Neuer Straße und Marktplatz und entwickelt als spielerisch skulpturaler Stadtraum eine lebenswerte Aufenthaltsqualität

3. die aus der kleinteiligen Nutzung und Anforderung an Balkone konzipierten Geländer,
die als metallene Brüstungen aus gebogenen Elementen entfernt an filigrane Stahlkonstruktionen historischer Markthallen- und plätze erinnern und Assoziationen an Rippeln, Wasser und Wattenmeer hervorrufen

Nutzungen und Erschließung
Der Baukörper hat zwei Erschließungsebenen. Einerseits die Platzebene, von der die gewerblichen Einheiten auch im Untergeschoß erschlossen werden und andererseits die Neue Straße, von der mittels zweier Treppenhäuser die Wohnungen erschlossen werden. Zusätzlich erhält die südliche Stirnfassade in der Gebäudefuge zum Nachbarn am vielfrequentierten Treppenaufgang einen Zugang zu einer Gastronomiefläche. An der Stirnseite zum „Sand“ entsteht ein Zugang zu einer besonderen Gewerbeeinheit die zweigeschossig ein kleines Kaffee oder Dienstleistungsbüro beherbergen kann. Die LKW-Anlieferung mit Zufahrt aus der Neuen Straße und Ausfahrt zum Marktplatz befindet sich vollständig eingehaust im Gebäude.

Während die unteren Geschoße gewerblichen Nutzungen dienen, entstehen ab dem 2. Obergeschoß
in der Neuen Straße seniorengerechte Wohnungen. Sie entwickeln sich über l-förmigem Grundriss entlang eines zentralen Erschließungsflures. Der Flur wird mittig geteilt und mit einer Brandschutztür versehen. So entstehen zwei Gebäudeteile, die jeweils durch ein eigenes Treppenhaus mit Fahrstuhl erschlossen werden und trotz hoher Anzahl von Wohnungen eine angemessene Individualität in der Adressbildung gewährleisten. Zusätzlich wird damit die Bereitstellung jeweils zwei baulicher Rettungswege pro Geschoß erreicht. Eine Ausnahme für die Entfluchtung bilden die beiden Turmgeschoße für deren Wohnungen der 2. Rettungsweg über eine Anleiterung im Fassadenbereich nachgewiesen wird. Die Fahrstühle werden von Treppenläufen umgeben um eine Lautstärkeemission in die Wohnungen zu vermeiden. Das südliche Treppenhaus verbindet die Wohnungen mit den Nebenräumen im Gebäudesockel die wiederum Zugang zum Fahrradraum bieten und eine fahrradfreundliche, ebenerdige Erschließung am Marktplatz ermöglichen.
Im 1. Obergeschoß befindet sich neben der Gastronomiefläche der Gemeinschaftsbereich für Senioren, der in zwei Bereiche gegliedert ist, Anschluss an die Außenterrasse bietet und synergetisch mit der Gastronomie funktionieren kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag von LH Architekten definiert sich mit einer klaren und offenen Architektursprache zur Markfläche Sand. Sowohl die Treppenanlage also auch die großzügige öffentliche Terrasse mit anliegenden Gastronomie überzeugen in seiner Ausformulierung und Offenheit das Preisgericht. Der darüberliegende Gebäudekörper integriert sich mit seiner Maßstäblichkeit in das Umfeld. Die Architektursprache versucht die tatsächliche Größe des Gebäudes nicht zu kaschieren, gleichzeitig wird das Volumen aber durch einzelne architektonische Interventionen wohltuend belebt. Das Sockelgeschoss kann in seiner Anmutung zur Markfläche mit der gewählten Eingangsstrukturierung nicht überzeugen und wird vom Preisgericht als autark zum Rest des Gebäudes aufgefasst. Die Materialität der Fassade (Putz) wird vom Preisgericht in Frage gestellt und als nicht standortgerecht eingeordnet. Der Baukörper wirkt entlang der Neuen Straße mit seiner Strukturierung der Fassade und der Ausbildung des Erdgeschosses als verschlossen und weniger publikumsaffin. Die Grundrisskonzeption erkennt das Preisgericht an.