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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2017

Institut für Musik | Erweiterung des Instituts für Musik der Hochschule Osnabrück um Vortrags-, Seminar- und Probenräume

Preisgruppe / Zur Überarbeitung aufgefordert

Preisgeld: 15.000 EUR

Bez+Kock Architekten Generalplaner GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Konzept
Ein Solitär besetzt das Grundstück so, dass er zusammen mit den beiden bestehenden Gebäuden einen Campus bildet und hierzu gleichermaßen Auftakt wie Abschluss ist. Durch seine Polygonalität bildet der Baukörper vielfältige Außenräume und schafft einen unprätentiösen Übergang zur kleinteiligen Wohnbebauung der Nachbarschaft. Als Skulptur verleiht das neue Gebäude der Funktion in seinem Inneren einen angemessenen und charaktervollen Ausdruck. Das Innere wird geprägt durch die räumlich inszenierte Verbindung der beiden, auf unterschiedlichen Niveaus liegenden Eingänge, sowie den in den Gebäudeecken befindlichen, meist mehrgeschossigen Tanz- und Probesälen.

Funktion
Der Haupteingang befindet sich auf dem Niveau des Innenhofes der vorhandenen Hochschulgebäude und orientiert sich zur Caprivistraße hin. Ein zweiter, kleinerer Eingang erreicht das 1. Obergeschoss des Hauses, von der Bergseite aus und ist mit Parkplatz und Anlieferung direkt verbunden. Im Inneren entwickelt sich aus der räumlichen Verbindung der beiden Eingänge ein Foyer, welches das gesamte Gebäude durchzieht und es zu einer räumlichen Einheit werden lässt. Die großen Aufführungs-, Tanz-, und Bewegungsräume besetzen jeweils die Ecken des Gebäudes und erstrecken sich, ihrer Bedeutung entsprechend über ein bis drei Geschosse. Sie sind an der Fassade über einseitig einspringende, großzügige Verglasungen bzw. im Falle des großen Saales einen Fassadenrücksprung in verwandter Geometrie gekennzeichnet. Zwischen Haupteingang und großem Saal spannt sich im Erdgeschoss das Hauptfoyer auf, welches sich über den Treppenlauf nach oben verjüngt und durch ein Oberlicht zenital belichtet wird. Im hangseitigen Teil des Erdgeschosses befinden sich die Umkleiden, die durch die direkte Flurverbindung zur Saalbühne auch als Künstlerumkleiden für Veranstaltungen genutzt werden können. Die Einzelprobenräume befinden sich in den beiden Obergeschossen zwischen den Tanzräumen. Im innenliegenden Kern befinden sich in allen Geschossen, Toiletten, Lager- und Haustechnikräume. Im Bereich des Parkplatzes befindet sich auch die Anlieferung des Gebäudes, die über einen großen, flügeltauglichen Lastenaufzug direkt mit dem Bühnenbereich des Aufführungssaales verbunden ist. Hinreichend Stauraum und ein lärmgepuffertes Tor ermöglichen effektive und nachbarschonende Anlieferung.


Fassade und Materialität
Das skulptural aufgefasste Gebäude ist als verputzter Massivbau konzipiert, dessen Oberfläche dank durchgefärbter, heller Pigmentierung und Besenstrichbearbeitung eine lebendige Textur mit reichem Licht- und Schattenspiel erhält. Es ist im Regelfall einschaliges, hochgedämmtes Ziegelmauerwerk, an den Fassaden der kleinen Proberäume, zur Integration der dort vorgesehenen Fenster eine zweischalige Konstruktion, mit ebenfalls verputzter Dämmziegelvormauerung vorgesehen. Die erforderlichen Wanddicken gewährleisten auch den erforderlichen Schallschutz gegenüber der Nachbarschaft. Die großen Verglasungen der Tanzsäle unterstreichen durch ihre einseitig nach innen gezogene Lage die Skulpturalität und Massivität des Gebäudes. Die Verglasungen erhalten einen aussenliegenden Sicht- und Sonnenschutz, der mechanisch regelbar ist und sowohl sommerlichen Wärmeschutz, als auch die gewünschte Diskretion ermöglicht.

Raum- und Bauakustik
Die entsprechend der Nutzung hohen Anforderungen an die Raumakustik und den Schallschutz sind im Entwurf konsequent berücksichtigt: So wird das Gebäude in einer Stahlbeton-Massivbauweise und einer Lochfassade errichtet, was effiziente und wirtschaftliche Schallschutzlösungen ermöglicht. Der große Veranstaltungsraum ist von den übrigen Musikräumen über akustische Pufferzonen (Korridor, Treppenraum mit u.a. elastisch gelagerten Läufen) räumlich abgesetzt. Die massive Außenwand mit vorgesetzter Betonfassade bietet in Verbindung mit der mechanischen Lüftung (Quellluft und damit sehr leise) den notwendigen Schallschutz zur westlich gelegenen Bebauung. Der nahegelegene Aufzug wird vom Saal entkoppelt. Die Raumproportionen und nicht streng parallele Wände eröffnen in Verbindung mit akustisch abgestimmten Wand- und Deckenverkleidungen sowie Bodenaufbau für die unterschiedlichen Nutzungen hervorragende raumakustische Bedingungen. Eine Anpassung der Akustik über variable Maßnahmen ist angestrebt. In sämtlichen Tanz-, Bewegungs- und Musikräumen und –sälen werden tief abgestimmte schwimmende Estriche ausgeführt. Für eingeschossige Proberäume bietet sich eine hochschalldämmende, schwere Trockenbauweise mit typischen Wandstärken von etwa 25 cm an. Wenn erforderlich, werden ergänzend Trockenbauvorsatzschalen bzw. leichte Raum-inRaumbauweisen vorgesehen. Schräggestellte Wände, teilabsorbierende Deckenbereiche und modulare und ggf. auch austauschbare Akustikverkleidungen (Breitbandabsorber, Bassabsorber, schallstreuende Elemente) im Wandbereich sorgen für sehr gute raumakustische Probenbedingungen. Auch für diese Räume ist eine leise mechanische Lüftung vorgesehen, wobei die Medienerschließung vom Flur erfolgt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen eigenständigen polygonalen Baukörper vor, der die unterschiedlichen Anforderungen aus Städtebau, Freiraum und der Architektur auf eine nachvollziehbare Weise erfüllt.

Das solitäre Gebäude bietet durch seine leichte Verdrehung von der baulichen Kante angrenzender Gebäude einen beiläufigen Übergang von der Straße in das Innere des Grundstücks und ist gleichsam ein räumlich wirksamer Bestandteil des vorhandenen Campus. Damit wird der Neubau ein Haus der Stadt und ein Haus der Hochschule zugleich.

Dieser städtebauliche Gedanke wird durch die Anordnung des Haupteingangs gestärkt. Der Haupteingang ist einerseits aus dem Straßenraum gut erkennbar - damit stellt er die öffentliche Bedeutung der Institution heraus - andererseits ist er zum Inneren des Campus geöffnet und bindet damit die bestehenden Gebäude der Hochschule sehr geschickt in das neue Gesamtensemble ein. An dieser Stelle sollte noch darauf hingewiesen werden, dass das wahrnehmbare Volumen durch die polygonale Gebäudeform reduziert wird und das Haus hierdurch einen gelungenen Übergang von der kleinteiligen Bebauung zur ehemaligen Frauenklinik, heute Hochschule Osnabrück, bildet. Die Anlieferung erfolgt ganz beiläufig vom Norden des Grundstücks. Positiv zu bewerten ist der geringe Anteil von befestigten Flächen für die Parkierung.

Die innere Organisation erfüllt weitgehend die an die Auslobung geknüpften funktionalen Anforderungen. Das an den Haupteingang angrenzende Foyer ist gut dimensioniert. Insgesamt ist die Raumfolge Haupteingang, Foyer und Saal sehr attraktiv gestaltet und das Haus damit über seine hochschulinterne Nutzung hinaus sehr gut für öffentliche Veranstaltungen geeignet.

Ein besonderes Element bildet die großzügige angelegte, gleichzeitig gut dimensionierte Treppenanlage, die vielfältige Blickbezüge in einem durch Tageslicht geprägten Inneren erlaubt und die Kommunikation fördert. Die größeren Räume für Tanz- und Bewegung zeigen gute Proportionen auf. Sie sind an prominenten Stellen positioniert. Durch die großen Öffnungen sind sie an der Fassade erkennbar und bieten einen interessanten - womöglich nicht immer gewollten - Einblick in die inneren Aktivitäten des Hauses. Die Proberäume sind ebenso an der Außenfassade gelegen. Die Möglichkeit einer guten Tageslichtnutzung bei gleichzeitiger Einhaltung aller akustischen Maßnahmen wäre zu konkretisieren. Die Lage der Umkleiden wird bemängelt.

Die Fassade in pigmentierter und scharrierter Betonoberfläche verleiht dem Haus eine monochrome, changierende Wirkung. Sie wirkt zwar einfach, jedoch ist sie nicht einfach zu realisieren und erfordert eine anspruchsvolle und gleichermaßen raffinierte Detailausbildung sowie Realisierung.

Insgesamt würdigt das Preisgericht die stadträumliche Verträglichkeit des vorgeschlagenen Gebäudes, das durch seine unverwechselbare, eigenständige Erscheinung und zugleich in einer angemessenen Weise die besondere Bedeutung der innovativen und modernen Institution über die Grenzen der Region hinaus zum Ausdruck bringen kann.


Die Hinweise aus der Preisgerichtssitzung wurden bearbeitet. Leider führen einige der Änderungen nicht zu den erhofften Verbesserungen. So führen die funktionalen Verbesserungen im Entwurf an mehreren Stellen zu Überschreitungen und Unterschreitungen des Raumprogramms. Von Nachteil ist, dass das Tonstudio unterhalb des großen Tanzraums positioniert ist. Das ansonsten großzügig wirkende Foyer erzeugt mit dem niedrigen Eingangsbereich (Süd) auf ca. 18 m eine nicht gewünschte Wirkung.

Die erhofften Aussagen in Bezug auf die Tageslichtversorgung durch die reduzierten kleinformatigen Lochfenster werden ebenso vermisst, wie auch gestalterisch und funktional überzeugende Vorschläge für den Sonnen- und Sichtschutz bei den großen Tanz- und Bewegungsräumen. Hinzu kommen die gewählten Fensterformate der Tanzräume, die hinsichtlich der Größe und Unterteilung schwer umsetzbar sind. Der vorgeschlagene Außenwand- bzw. Fassadenaufbau ermöglicht scheinbar eine einfachere Bauweise, in der dargestellten Form ist er jedoch nicht realisierungsfähig und bedarf einiger konstruktiver Präzisierung. Ein TGA-Konzept ist nicht erkennbar, vorgesehene Flächen und Geschosshöhen erscheinen zu gering.

So bestechend der eigenständige, polygonale Baukörper auch scheint, angestrebte Verbesserungen und Umorganisation innerhalb des kompakten Gefüges erscheinen aufwändig und folgenreich.