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Offener Wettbewerb | 11/2017

Neubau Bibliothek und Bürgerservice der Stadt

Außenperspektive 1

Außenperspektive 1

ein 3. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

MEURER GENERALPLANER GMBH

Architektur

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU //

Das Quartier rings um den Theaterplatz zeigt sich als ein vitaler Ort, der jedoch erhebliche städtebauliche Mängel aufweist. Der Stadtraum ist gegenwärtig ein Torso ohne klare stadträumlich erfahrbare Hierarchisierung von öffentlichen Räumen. Gleichwohl spannungsvoll ist das an diesem Ort vorgefundene historische Erbe (Baureste des ehemaligen Karmelitenklosters / Kreuzganggeviert) in seiner Überlagerung mit kulturellen Nutzungen (Konzerte/ Theater) der Gegenwart.

In diese baulich-kulturelle Hybridsituation hinein soll ein weiterer Stadtbaustein in Form einer Bibliothek / Bürgerservice entwickelt werden, der den kulturellen Aspekt dieses Standorts weiter stärkt.
Die Analyse des Quartiers führt zu einer klaren Setzung – der Schaffung eines sich aufeinander beziehenden räumlichen Ensembles aus Theater und Bibliothek. Der Neubau wird als markanter und selbstbewusster Baukörper im rechten Winkel zum Theaterbau platziert. Er bildet mit diesem fortan den „Theaterplatz“ - mit der Bibliothek als dessen östliche Platzkante. Die Gebäudehöhe des Neubaus spiegelt die Firsthöhe des Theaters.
Bereits in einer ersten Phase wird somit eine stadträumlich geordnete Situation geschaffen, welche auch in weiteren Ausbauschritten persistent bleibt. Die Baulücke in der Neugasse wird mit einem Wohn- und Geschäftshaus geschlossen, welches im Erdgeschoss eine Durchfahrt zum Bibliotheksbau vorsieht. Hier befindet sich auch die Tiefgaragenzufahrt für eine eingeschossige unter dem Neubau befindliche Tiefgarage für 30 Stellplätze. Die Trauf-und Firsthöhen der Nachbarbebauung werden durch eine Staffelung der Kubatur aufgegriffen.


KARMELITENPLATZ //

Die fehlende Raumkante des südwestlichen Engelplatzes wird durch einen zweigeschossigen Neubau hergestellt, der gewerblich oder gastronomisch genutzt wird. Möglich ist hier die Unterbringung des Lesecafés. Südlich hiervon wird im Bereich des ehemaligen Klosters ein neuer Stadtplatz definiert – der Karmelitenplatz.
Auf dem derzeit lediglich als Parkplatz genutztem Gelände entsteht zukünftig ein vielseitig nutzbarer Stadtplatz, der den westlichen Auftakt in das neue „KulturZentrum“ bildet.
Die Kombination aus vorhandenem Baumbestand und Neupflanzungen verleiht dem Platz einen grünen Charakter, der im Zusammenspiel mit drei Rundbänken und der möglichen Bestuhlung des Lesecafés zum Verweilen einlädt.
Ein weiteres prägnantes Merkmal des Platzes sind die Bodenintarsien, welche sich durch ihre Gestaltung aus dunklerem Natursteinpflaster im Belag abzeichnen. Diese stellen den Verlauf der ehemaligen Mauern des Karmelitenklosters dar und sind Zeichen für die Namensgebung des Platzes.
Während der „KulturArena“ kann der Platzbereich auch weiterhin als temporäre Aufstellfläche für die Logistik genutzt werden.

Neben den Intarsien greift auch der Umgang mit dem ehemaligen Kreuzgang den Genius Loci auf und verbindet ihn mit der heutigen Nutzung des Ortes im städtebaulichen Rahmen. Im direkten Zugangsbereich der Bibliothek entsteht im Bereich des ehemaligen Klostergartens ein Lesegarten als Rückzugsort. Der historische Verlauf des Kreuzganges wird in Form von Stahlstäben aufgegriffen und bildet den räumlichen Filter zwischen offenem Platzbereich und introvertiertem Garten.


THEATERPLATZ //

Der leicht überhöhte Theaterplatz wird als frei bespielbarer Stadtplatz gestaltet, der sich in zwei Ebenen gliedert. Zum Zwecke des Tribünenaufbaus während der Kulturarena entsteht die markante Absenkung des Halbrunds. Diese wird so hergestellt, dass die bisherige Bestuhlungsform uneingeschränkt verwendet werden kann.
Der südliche Platzbereich nimmt während dieser Zeit weiterhin die Funktion als Zuschauer- und Veranstaltungsbereich ein. Der nördliche Teil bietet Raum für eine Erweiterung der Zuschauerkapazitäten oder für Verkaufsstände während des Festbetriebs.

In der veranstaltungsfreien Zeit ist die befestigte Platzfläche multifunktional nutzbar. Der erforderliche Höhenunterschied innerhalb des Platzes übernimmt hier eine dauerhafte Funktion als Stadtmobiliar in Form von zwei Sitzstufen. Ergänzt wird die Stufenanlage durch ein ihr vorgelagertes Wasserspiel aus Fontänen, welches den Platz belebt. Während Veranstaltungen kann dieses außer Betrieb genommen werden.
Zudem wird der Platz durch eine bewegliche Möblierung bespielt, die von Besuchern oder für Veranstaltungen der Bibliothek und des Bürgerservices genutzt werden kann und eine individuelle Aneignung des Stadtraums ermöglicht.

Den nördlichen Abschluss des Theaterplatzes bildet eine Freitreppenanlage, welche die vorhandene Topographie vermittelt und sich als Raumkante „platzabschließend“ und „fassend“ verhält. Gleichzeitig schneidet sich eine Rampe in die Treppe ein, um das höher liegende Platzniveau auch von der Schillerstraße aus barrierefrei zu erschließen.

Ergänzend zu dem bisher vorhandenen Wegenetz entsteht eine neue Verbindung parallel zur Neugasse, hier wird durch die Pflanzung einer Baumreihe die Privatsphäre der Bewohner gesichert. Der Fußweg vernetzt das östliche Entrée mit dem Platz am Kulturforum, welcher im Osten der Klosterreste liegt und den historischen Brunnenschacht in die Gestaltung integriert. Auch hier sind, wie auf dem Karmelitenplatz, Rundbänke und Baumplanzungen zur Steigerung der Aufenthaltsqualität vorgesehen. Insgesamt entsteht eine Abfolge unterschiedlicher Plätze und Aufenthaltsbereiche, die das neue Kulturzentrum beleben.

Die Erschließung aller Gebäudebereiche und Außenanlagen wird barrierefrei in Form von Rampen oder Aufzügen gestaltet. Alle Besucherbereiche sind somit für Mobilitäts-und Sehbehinderte ohne fremde Hilfe erreichbar und nutzbar.


BIBLIOTHEK // BÜRGERSERVICE

Die Erschließung des Neubaus kann grundsätzlich von drei Seiten erfolgen - aus Richtung Karmelitenplatz kommend auf dem Niveau des ehemaligen Klosters, aus Richtung Neugasse kommend und vom Theatervorplatz aus.
Die Topographie des Theaterplatzes bestimmt das obere Eingangsniveau zur Bibliothek. Ihre Lage im Stadtraum und innerhalb der z.T. beachtlichen Höhenunterschiede des Geländes liefert ferner eine sinnfällige Option zur Gestaltung einer singulären Eingangssituation.
Von hier aus besteht eine direkte Erreichbarkeit des Veranstaltungssaals. Die Splittung in zwei Zugangsniveaus führt zu der Leitidee eines „kommunizierenden Gebäudes“ in welchem die beiden Hauptfunktionen (Bibliothek und Bürgerservice) räumlich-visuell zusammengefasst werden, jedoch funktional getrennt genutzt werden. Das Eingangsfoyer von Bibliothek und Bürgerservice befindet sich auf der Ebene Karmelitenplatz. Ein gemeinsamer Zugangsbereich verteilt die Besucher im weiteren Verlauf des Foyers auf die beiden Hauptnutzungen. Dabei sind die Bereiche des Bürgerservices nach Osten orientiert, wohingegen die Bibliotheksbereiche zum Theaterplatz nach Westen ausgerichtet sind. Das in Gebäudelängsrichtung ausgerichtete gebäudehohe Atrium trennt diese beiden Funktionen voneinander. Dennoch werden vielfältige Blickbeziehungen über offene Ebenen und Gänge aufgebaut, sodass sich über die Höhe des Gebäudes ein Dialog ergibt.

Im oberen Teil des Atriums befindet sich ein über dem Atrium „schwebend“ angeordneter Saal. Dieser kann von beiden Nutzungen (Bibliothek und Bürgerservice) erreicht werden.

Die unterschiedlichen Anforderungen an die Ausbildung von Raumhöhen werden geschickt genutzt um gegenüber der Wohnbebauung Neugasse eine Terrassierung des Gebäudes zu ermöglichen. Diese ermöglicht eine harmonische Vermittlung der Gebäudehöhen unter Einhaltung der benannten Abstandsflächen.

Das erste Obergeschoss des Bibliotheksneubaus ist zum Teil als Glasfassade ausgebildet um eine direkte visuelle Beziehung zum Platzgeschehen aufbauen zu können. Der in dieser Ebene angeordnete Vortragsaal kann vom Platz direkt erreicht werden.

In den Obergeschossen sind die Jugendbibliothek wie auch die Kinder/Eltern-Bibliothek jeweils zweigeschossig angeordnet. Sie sind über offene Treppen wie auch über Aufzüge aus dem Erdgeschoss barrierefrei erreichbar.
Im ersten Untergeschoss befindet sich die großräumige Freizeitbibliothek, welche über einen Tiefhof wie auch über das zentrale Atrium belichtet wird. Im zweiten Untergeschoss befinden sich die Technikzentrale und Magazinräume. Im obersten Geschoss sind Technikflächen (RLT) vorgesehen. Ebenfalls befindet sich hier eine Zugangsmöglichkeit zur östlich (?) orientierten Dachterrasse.

Die Nutzungsbereiche des Bürgerservices werden über Aufzüge und Treppen aus der Ebene des Frontoffices erreicht. Sie bilden über den Verlauf der Geschosse die östliche Raumkante des Atriums. Vom Verteilerflur und den Wartebereichen aus sind Einblicke in die Bibliothek, die Lese- und Präsentationsbereiche möglich. Auf diese Weise kann eine Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Nutzungsbereichen auf visueller Ebene aufgebaut werden, ohne die Nutzungen zu stören.

Das Rettungswegekonzept des Gebäudes basiert auf der Anordnung zweier gegenüberliegender Sicherheitstreppenhäuser mit Schleuse/Vorraum und direkter Zuordnung zu den beiden Hauptnutzungsbereichen. Hiermit entfällt die Notwendigkeit der Vorhaltung eines 2. baulichen Rettungswegs.

Das Gebäude weist ein Energiekonzept auf, welches die Komfort- und Behaglichkeitsansprüche der Nutzer befriedigt, die Integration natürlicher Klimatisierung sowie effizienter und umweltschonender Versorgungskomponenten ermöglicht und so nachhaltig einen wirtschaftlichen und ökologischen Betrieb des Gebäudes ermöglicht.
Die vom Auslober vorgeschlagene Mischung aus Nutzung der anliegenden Fernwärme und Nutzung regenerativer Energien wird weiterverfolgt.
Eingesetzt werden Flächenkollektoren und die Koppelung an eine Wärmepumpe, die eine Aktivierung der Gebäude-Massen bewirken. Diese (Betondecken und -wände) tragen somit aktiv zur Klimaregulierung bei und wirken auch durch die Trägheit der Masse hohen Temperaturschwankungen entgegen. Aus diesem Grund werden die massiven Bauteile überwiegend sichtbar (unverkleidet) belassen. Die in der Tiefe geschichtete Neubaufassade und die tiefsitzende Fensterebene des Bürgerservice bilden einen konstruktiven Sonnenschutz durch Eigenverschattung, was in Verbindung mit der kompakten Bauform zu einem geringen Energieverbrauch beiträgt. Im Fensterbereich sind, ohne den Ausblick zu behindern, opake Lüftungspaneele integriert, welche eine natürliche Belüftung ermöglichen und die Nachtauskühlung des Gebäudes im geöffneten Zustand unterstützen. Eine hygienische Lüftung, welche sich am notwendigen Maß der Frischluftzufuhr in den jeweiligen Räumen orientiert, ist im Bereich der Fensterlaibungen/ Außenwände vorgesehen. Über Doppelböden werden die Räume installiert und mittels Bodenkanälen mit Quellluft versorgt. Diese Form der Zuluft ermöglicht eine strömungsfreie und energiesparende Versorgung mit Frischluft, die sich durch reine Thermik im Raumvolumen verteilt.
Das Regenwasser wird in das Regenwassernetz des Zweckverbands der Stadt Jena eingeleitet. Zur Reduzierung und Pufferung der Einleitmenge sind die Dächer, dort wo keine Terrassen vorgesehen sind, als Gründächer ausgebildet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Entwurfsidee, Leitgedanke
Kerngedanke der Arbeit ist das Setzen eines mehrgeschossigen Solitärs, der alle geforderten Funktionen aufnimmt. Er formuliert kraftvoll eine neue Ostfassade des Theaterplatzes. Der zwei-geteilte Theatervorplatz dient auf seiner oberen Ebene auch weiterhin Theater- und Kulturarena-Veranstaltungen, während sich die untere Ebene - vermittelt über ein noch näher zu definierendes Einzelgebäude mit Lesecafé - dem Platzraum des Engelplatzes zuwendet. Zum Engelplatz und zur Neugasse hin erfolgen Quartiersabrundungen durch Wohn- und Geschäftshäuser.

Architektonische und städtebauliche Qualität/ Freiraum
Der klare Kubus mit seiner durch Lamellen vereinheitlichten Fassade lässt eine hohe architekto-nische Qualität erwarten. Besonders betont werden Eingangsbereich und die wichtigen Funktions-räume der Bibliothek durch großflächige Verglasungen. Zwei Dachloggien wenden sich der umgebenden Stadtlandschaft zu. Die Fassade besteht aus vertikal orientierten Faserzement-lamellen, die entsprechend eingefärbt werden können.

Der Theaterplatz bildet einen im Freien liegenden Zuschauerraum und verbindet das neue Gebäude mit der Theater- und Kulturarena-Nutzung. Der Entwurf überzeugt mit der nördlich anschließenden Freitreppe, die eine barrierefreie Nutzung inkludiert. Die untere Ebene bildet einen neuen Kloster-platz, in dem mit Grundrissandeutungen auf das ehemalige Karmeliterkloster und den Gasthof zum Engel verwiesen wird. Den Zugangsbereich zum Engelplatz hin bildet ein neuer Brunnenplatz, der bis an die Gebäude heranreicht und durch drei Bäume beschattet wird.

Die Belichtung des Untergeschosses der Bibliothek erfolgt auf der Ostseite über eine Membran, gebildet aus einem Lichtband, einer Fußwegeverbindung und einen den Gebäuden an der Neugasse zugeordneten Grünstreifen – und vermittelt damit den Maßstabssprung.

Funktionale Qualität
Die Zusammenfassung von Bibliotheksnutzung und des Bürgerservice in einem Gebäude ermöglicht maximale funktionale Synergien. An ein gemeinsames Foyer schließen sich die Hauptnutzfläche und Gemeinschaftsräume zum Theaterplatz und der Empfang und die Büroräume des Bürger-service zur Neugasse hin an. Die Fuge bietet einen mehrgeschossigen Bewegungs- und Transit-raum. In den weiter oben gelegenen Geschossen sind weitere Gemeinschaftsräume eingehängt. Eine Dachterrasse steht für vielfältige Nutzungen, wie Veranstaltungen, zur Verfügung.

Die Raumhöhen differieren anforderungsgerecht zwischen Bibliotheks- und Bürgerservice-Nutzung. Im Untergeschoss sind Teile der Bibliothek - die Freizeitbibliothek - untergebracht, die lediglich über ein Oberlichtband seitlich belichtet werden und dadurch von den zukünftigen Nutzern sehr kritisch gesehen werden.

Für die Bibliothek wäre es wichtig, dass das Lesecafé Teil des Gesamtkonzeptes wird und nicht separat am Engelplatz gelegen ist.

Erfüllung Raumprogramm
Die Erfüllung der Kennzahlen entspricht den Anforderungen. Einige Büros des Bürgerservice und die Wartebereiche auf einer Ebene sind flächenmäßig zu gering bemessen.

Technische Realisierbarkeit
Der freistehende Kubus verspricht durch die Vermeidung jeglicher Anbaunotwendigkeit an die vorhandene Bausubstanz eine gute Realisierbarkeit.

Wirtschaftliche Realisierbarkeit
Der Kubus weist ein optimales Außenwand-/ Volumenverhältnis auf. Dies lässt günstige Bau-, Unterhaltungs- und Wartungskosten erwarten. Die Tiefgarage im 2. Untergeschoss ist mit erhöhten Kosten verbunden. Die ergänzende Quartiersrandbebauung optimiert die Gesamtwirtschaftlichkeit.

Fazit
Insgesamt stellt die Lösung für die gestellte Aufgabe eine sehr stringente und das städtebauliche Umfeld hin zu einem Kulturquartier entwickelnde Lösung dar. Nachteile aus dem anzuerkennenden Streben nach einem wirtschaftlichen Grundriss wären durch Optimierungen ausgleichbar (etwa Gebäudeerweiterung nach Süden und Westen, geringfügiges Anheben). Besonders hervorzuheben ist die selbstverständliche und klare Fassadengestaltung, einhergehend mit der alle stadträumlichen Belange hervorragend aufnehmenden Gestaltung der Außenräume.
Lageplan

Lageplan

Außenperspektive 2

Außenperspektive 2

Innenraumperspektive

Innenraumperspektive

Nutzung des Kulturforums

Nutzung des Kulturforums

Nutzung während der Kulturarena

Nutzung während der Kulturarena

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2

Plan 3

Plan 3

Plan 4

Plan 4

Plan 5

Plan 5