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Einladungswettbewerb | 01/2018

Anbau / Umbau Renaissance-Schloss Augustenburg zu einem Senioren-Zentrum

3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

Feddersen Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Erläuterungstext

Ziele
Mit der baulichen Neufassung des Seniorenzentrums Schloss Augustenburg muss ein Balanceakt gelingen: Zum einen müssen die sehr raumgreifenden programmatischen Anforderungen optimal geordnet werden. Nur wenn die funktionalen Anforderungen des Seniorenzentrums ohne Kompromisse räumlich abgebildet werden, können die Ziele des Betreibers umgesetzt werden.
Zum andern muss die Rolle des Schlossensembles als identitätsstiftendes Kulturgut über die spezifische Nutzung hinaus gewahrt und wieder gestärkt werden. Die Integration und Vernetzung des neuen Seniorenzentrums im Stadtteil wird gelingen, wenn die Grötzinger „ihre Augustenburg“ „behalten dürfen“. Das neue Seniorenzentrum muss sich daher zurückhaltend und freilassend präsentieren.

Baukörper
Die solitäre Wirkung des Schlosses und die historisch belegte U-förmige Grundriss-organisation werden beibehalten. Der nördliche Ergänzungsbau hält Abstand und bleibt deutlich unter der Höhe des Hauptgebäudes.

Zwischen den beiden Baukörpern bleibt der Blick nach Westen frei. Im Erdgeschoss spannen sich lichte eingeschossige Foyers um den neuen „Kleinen Hof“.

Nicht von Nachteil scheint der Umstand, dass die Grundrissform durch den Grenzverlauf bestimmt wird. Dadurch wird der dominierenden Gestalt des Hauptgebäudes keine Konkurrenz gemacht. Gerade durch den irregulären Zuschnitt des Satteldaches erfährt der Ergänzungsbau – sozusagen das Nebengelass – aber eine plastische Dynamik, die es als signifikante und im nordöstlichen Bereich selbstbewusst bestimmende Ergänzung wahrnehmbar werden lässt.


Verdichtung
Während die Außenseiten des Hauptgebäudes überlieferte Dachformen erhalten, wird das Gebäude zum Innenbereich hin bis auf Firsthöhe aufgestockt. Damit entsteht dort ein sehr klarer und eigenständig gestalteter Hofraum. Die hohe Verdichtung vermag die städtebauliche Außenwirkung des Hauptgebäudes nicht zu beeinflussen, sie ist dennoch die Voraussetzung dafür, dass die nördliche Erweiterungsfläche mit der gebotenen Zurückhaltung bebaut werden kann.


Öffentliche und Private Räume
Der Eingangsplatz des Seniorenzentrums entsteht im Nordosten. Der räumliche Versatz ermöglicht eindeutige Zuordnung und unmissverständliche Adressierung. Der neue Platzraum verknüpft die unterschiedlichen Sphären von Kavaliershof, Seniorenzentrum und Künstlerhaus.

Hinter dem Eingangsfoyer liegt gut einsehbar der „Kleine Hof“ und bestimmt damit bereits die Atmosphäre des Eingangsplatzes. Als assistenzfrei zu nutzender Außenraum stellt er ein ideales weil niedrigschwelliges Bindeglied dar zwischen öffentlichem und halböffentlichem Raum.

Der Schlosshof verknüpft den halböffentlichen mit dem privaten Raum. Er steht den Bewohnern der angrenzenden Pflegegruppen als vollständig geschützter Aufenthalts- und Bewegungsraum zur Verfügung und bietet den Gästen des Restaurants einen kontemplativen Ort.

Einzigartig ist die Lage an der steil aufragenden westlichen Begrenzungswand. Dem historischen Vorbild folgend, entsteht eine terrassierte Anlage, die einem Großteil der Bewohnerschaft unmittelbare Teilhabe an diesem Ort ermöglicht. Sei es durch die Schaffung neuen Wohnraumes durch Ringschuss im 1. Obergeschoß und durch Nutzung der verbindenden Terrassen und Dachgärten oder durch Belichtung der zentralen Verbindungsspange im Erdgeschoss.

Der Kavaliershof schließlich bleibt ein Raum für Alle. Entscheidend, dass er durch das Seniorenzentrum nicht in „Beschlag“ genommen wird. Das denkmalgeschützte Kellergewölbe wird nicht eingebunden in die Programmerfüllung und steht für eine externe Nutzung zur Verfügung. Im Kavaliershaus entstehen Wohnangebote deren Verbindung zum Seniorenzentrum organisatorischer, aber nicht funktionaler Natur ist.
In hohem Maße wird das Seniorenzentrum von der öffentlichen Inanspruchnahme dieses Raumes profitieren.


Organisation
Die Wohnangebote verteilen sich auf verschiedene Orte im Ensemble bieten und damit vielfältige Angebote für unterschiedliche Bedürfnislagen.
Die Tagespflege liegt am Schnittpunkt von stationären und ambulanten Wohnangeboten mit unmittelbarer Anbindung an das Hauptfoyer und den „Kleinen Hof“.
Über die Erschließungsspange im Erdgeschoß werden die Aufzüge erreicht. Durch deren zentrale Lage können die Wohngruppen optimal und ohne störende Überlagerungen erschlossen werden.
Ein zusätzlicher Aufzug steht ausschließlich für betriebliche Zwecke zur Verfügung und verknüpft die Küche mit dem Restaurant und den Wohnbereichen.

Die Tiefgarage dient ebenfalls zur Anlieferung und Entsorgung. Kleinere Lieferwägen können direkt einfahren, die Lieferungen größerer LKW werden auf dem Eingangsplatz entladen und über einen Unterfluraufzug nach unten gebracht.


Fassaden
Die Außenfassaden des Hauptgebäudes und des Ergänzungsbaus erhalten französische Fenster. Mit ihrer alternierende Anordnung und dem eher moderat gehaltenen Öffnungsanteil reagieren sie auf das Fassadenbild des historischen Bestandes. Durch die Plastizität der in Fassadenfarbe gehaltenen geputzten Rahmen und der semitransparenten Ganzglas-brüstungen wird ein in seinen Mitteln reduzierter jedoch wertvoller Eindruck angestrebt.

Die Innenhoffassade wird dagegen als völlig eigenständiges Element entwickelt. Präzise vorgefertigte und hell gefärbte Betonfassadenelemte und warmtonige Holzverkleidungen an den Rückwänden der Loggien stehen bewusst im Kontrast zur handwerklichen Putzfassade der äußeren Fassaden und illustrieren die an dieser Stelle explizit zu Tage tretende Überformung des ursprünglichen Gebäudekörpers.

Beurteilung durch das Preisgericht

Durch seine große Kompaktheit bewahrt das Projekt den Charakter des Ortes und fügt sich respektvoll ein. Die U-Figur verstärkt die Solitärform des Schlosses, genauso wie das Einrücken und die Volumetrie des Nordflügels. Der Haupteingang mit großzügigen Dimensionen ist freundlich und schlüssig angeordnet. Er öffnet sich zu einem belebten öffentlichen Raum. Unglücklicherweise wird dieser Außenraum von einem Zugang zur Tiefgarage gestört und vom Ort isoliert.

Die U-Form ergibt einen Hof, der zu dem hohen westlichen Garten orientiert ist. Die Höhe der Geländemauer wird durch ein Terrassenspiel verringert.

Die Verteilung der Funktionen ist klar und ermöglicht eine einfache Orientierung. In verschiedenen Räumen fehlt es an Tageslicht (zum Beispiel die Gruppenräume oder die Gänge entlang der Zimmer). Auch fehlt es in den Fluren an Aufenthaltsqualität und Ausblicken.

Die Außenfassaden sind in harmonische Beziehung zur bestehenden Schlossfassade gesetzt, und stehen im Kontrast zu den Hoffassaden, welche offener ausgebildet sind. Die Fassaden des nördlichen Neubaus können die Qualität der Fassaden der Schlossanlage jedoch nicht erreichen.

Insgesamt handelt es sich um einen diskutablen und in sich schlüssigen Beitrag für die gestellte Planungsaufgabe.

Denkmalpflege:
Die geplante Erweiterung des Schlossflügels zum Hof bis zur doppelten Breite, sowie die rückwirkende Aufstockung des Kulturdenkmals lassen erhebliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit erwarten. Die Umsetzung der Planung würde aus technischen Gründen zum Abbruch des gesamten Dachstuhls des Schlossflügels sowie dessen Rekonstruktion auf der Eingangsseite führen. Hierfür ist keine Zustimmung zu erwarten.