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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2018

Zentralisierung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Lüneburg

2. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

Nickl & Partner

Architektur

Erläuterungstext

Zentralisierung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Die klassische Pavillonanlage der Psychiatrische Klinik Lüneburg mit ihren historischen Backsteingebäuden und dem alten Baumbestand versinnbildlicht das Bestreben der damaligen Erbauer nach optimaler Unterbringung der Patienten in einer harmonischen und naturnahen Umgebung. Der Neubau der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie für Erwachsene (KPP) übersetzt diese Qualitäten in moderne, an heutige Funktionsabläufe und Therapieansätze angepasste, Gebäude.

Zwei Pflegehäuser östlich des Hauses 48 werden jeweils zwei der vier neuen Stationen der KPP beherbergen. Sie sind nördlich und südlich einer zentralen Erschließungsachse angeordnet, welche die Ausrichtung des heutigen Hauteingangs aufgreift und als zentrale Erschließung von Neubau und Bestand weiterführt.
Die Neuplanung wird genutzt, um die Haupteingangssituation zu stärken, räumlich aufzuwerten und Wegeführungen eindeutiger zu machen. Von der Zufahrt Am Wienebütteler Weg kommend, werden die Besucher künftig zwischen Neubau und Haus 48 auf einen durch großflächige Verglasung gestalterisch markanten Empfangsbereich geleitet. Die Komposition des Neubaus als zwei versetzt zueinander liegende „Pflegehäuser“ verfolgt u.a. folgende Ziele: Gute Orientierungsmöglichkeit im Innenraum, gute Anbindung an den Außenraum, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit durch kompakte Baukörper (optimiertes A/V-Verhältnis) sowie die Positionierung aller neuen Stationen in gleicher räumlicher Nähe zum Haupteingang wie die bestehende Stationen.

Die zwei Parkplatzanlagen werden nördlich und südlich des Neubaus neu angeordnet. Von beiden Parkplätzen besteht eine direkter Fußweg zum Empfangsbereich zwischen Bestand und Neubau. Eine interne Zufahrt entlang der östlichen Grundstücksgrenze verbindet beide Parkplätze und dient als Zufahrt für die Notfallwagen zum Erdgeschoss des Haus 48. Ein separater Zugang steht den Besuchern der Tagesklinik an der Ostseite des Neubaus zur Verfügung.

ARCHITEKTONISCHES KONZEPT
Wesentlicher Gedanke des Entwurfes ist die Ausgestaltung eines einladenden, aufgewerteten Empfangsbereiches, der zentral zwischen Haus 48 und Neubau liegt. Es entsteht eine transparente, lichtdurchflutete Hauptachse, die gute Orientierungsmöglichkeit bietet und direkte Blickbeziehungen in die umgebende Landschaft sowohl in östlicher, südlicher und nördlicher Richtung zulässt. An diese zentrale Achse gliedern sich die zwei Pflegehäuser des Neubaus an. Sie beherbergen jeweils zwei Stationen, die rund um einen begrünten Innenhof organisiert sind:
Pflegehaus 1 EG: fakultativ geschlossene allgemeinpsychiatrisch Station mit 18 Planbetten bzw. 20 aufstellbaren Betten
1.OG: fakultativ geschlossene allgemeinpsychiatrische Station mit 18 Planbetten bzw. 20 aufstellbaren Betten
Pflegehaus 2 EG: fakultativ geschlossene gerontopsychiatrische Station mit 18 Planbetten bzw. 20
aufstellbaren Betten
1.OG: offene gerontopsychiatrische Station mit 22 Planbetten bzw. 24 aufstellbaren Betten
Hanggeschoss: gerontopsychiatrische Tagesklinik mit 15 Plätzen
Das natürliche Gefälle des Geländes wird ausgenutzt, um die gerontopsychiatrische Tageklinik auf einer eigenen Etage im Pflegehaus 2 unterzubringen. Besucher der Tagesklinik profitieren so von der Süd-/Ostlage, dem Blick in die Natur und dem direkten Zugang zum Garten. Eine Terrasse kann den Therapie- und Aufenthaltsräumen vorgelagert werden.
Die Komposition der Baukörper auf einem quadratischen Grundriss rund um einen begrünten Innenhof birgt viele Potentiale, z.B. barrierearme Zugangswege oder ebenerdige Zugänge in geschützte Außenbereiche für die geronto-psychiatrischen Stationen, Rundwege innerhalb jeder Station vorhanden, optimale Belichtungsverhältnisse auch der innenliegenden Räume sowie optimale räumliche Qualitäten für das Personal inkl. tagesbelichteter Stützpunkt mit einem guten Überblick über den Innenhof.
Zwei geschützte Gartenbereiche werden im Osten des Pflegehauses 1 angesiedelt und profitieren so von Morgen- und Mittagssonne. Zudem werden die Innenhöfe landschaftsplanerisch gestaltet und stehen Patienten und Personal zum Aufenthalt zur Verfügung.

Die Pflegezimmer werden über großformatige, holzgerahmte Fenster großzügig mit Tageslicht versorgt. Ihre niedrige Brüstungshöhe ermöglicht nicht nur den Blick der Patienten in den Außenraum, die Fensternische kann so auch als wohnliche Sitzbank für Besucher und Patienten dienen.

NEUORGANISATION DES HAUSES 48
Die Stationen des Bestandsgebäudes werden neu organisiert, saniert und dem baulichen Standard des Neubaus angepasst. Die Neuorganisation beruht auf folgenden Schwerpunkten: Eindeutigere gestalterische Zonierung (Bettenzimmer/Aufenthalt/Therapieräume/Arzträume) sowie Ausbau der Zimmer als Ein-bis Zweibettzimmer mit jeweils eigenem Badezimmer.

FASSADENGESTALTUNG
Über die Gestaltung der Fassaden wird dem Neubau sowohl ein eigenständiger Charakter verliehen, als auch die harmonische Integration von Neubau und Haus 48 in den Bestand unterstützt. Bewusst wird der Werkstoff Keramik als Referenz an die Klinkerfassaden von 1901 aufgegriffen - jedoch wird er neu interpretiert und als vorgehängtes, horizontales Band im Brüstungsbereich vorgeschlagen. Ergänzt von großformatigen Fenstern und vertikalen Holzlamellen entsteht ein modernes Fassadenbild, welches dennoch mit der Pavillonanlage und seinem Baumbestand harmoniert und Naturverbundenheit und Wohnlichkeit ausstrahlt. Eine Lüftungsbox in jedem Patientenzimmer erlaubt die individuelle Belüftung der Zimmer auch in den geschlossenen Abteilungen. Für die Fassadensanierung des Hauses 48 ist dieselbe Komposition aus Keramikleisten und Holzlamellen vorgesehen. Im Ergebnis werden Haus 48 und Neubau als Ensemble erlebbar und dennoch als eigenständige Bauten ihrer jeweiligen Epoche erkennbar sein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schaffen mit ihrem Beitrag und dessen städtebaulicher Setzung Am Wienebütteler Weg ein neues und angemessenes Erscheinungsbild der Psychiatrischen Klinik Lüneburg zum Stadtraum. Das Preisgericht wertet dies ausdrücklich positiv und sieht hierin einen gelungenen Beitrag zum Thema der Einfügung in den baulichen Kontext und der Stadtreparatur. Der vorhandene südliche Parkplatzbereich wird aufgegeben und in einen Grünraum umgewandelt. Die Stellplätze werden weiter an die südliche Grenze des Geländes verlagert. Diese Maßnahme wertet den Auftritt der Klinik zum Wienebütteler Weg deutlich auf. Die vorgeschlagene Zufahrt des südlichen Stellplatzbereichs, über die auch der Krankentransport erfolgen soll, überzeugt jedoch nicht. Der heutige Haupteingang wird aufgegeben, der neue Haupteingang orientiert sich konsequent in Richtung des denkmalgeschützten Klinikensembles. Der Hof vor dem Haupteingang ist sehr gut und angemessen proportioniert und stellt eine angemessene und einladende Eingangsgeste dar. Die Lage der Zugänge von Norden und Süden sowie die Positionierung des Empfangs sind folglich dem Grunde nach richtig gewählt. Die Ausformung und räumliche Qualität des Empfangsbereichs kann in der gezeigten Form jedoch noch nicht überzeugen. Das Foyer bedarf einer höheren Empfangsqualität und deutlich mehr Raum.

Innere Organisation/Funktionalität im Neubau:
Die Tagesklinik ist im Hanggeschoss mit einem zusätzlichen separaten Zugang gut angeordnet. Der Innenhof als Außenbereich für die Tagesklinik überzeugt. Die Stationen im Neubau sind übersichtlich und grundsätzlich gut organisiert. Die Zimmer sind gut proportioniert und richtig ausgerichtet. Zwei Stationen haben direkten Bezug zu geschützten Außenbereichen, dies wird aus Sicht der Nutzer positiv bewertet.

Innere Organisation/Funktionalität im Bestand:
Die Öffnung der Dunkelbereiche in den Stationsköpfen ist gelungen. Die Adressbildung in den Fluren ist nachvollziehbar, engt aber die Flure zu sehr ein, so dass diese Maßnahme nicht umsetzbar ist.

In Fragen der Ver- und Entsorgung wird der Status Quo erhalten, eine Verbesserung der heutigen, nicht befriedigenden Situation erfolgt somit nicht (die großen Anlieferfahrzeuge müssen nach wie vor rückwärts in den Anlieferhof fahren). Auch die Ver- und Entsorgung des Neubaus erfolgt über den heutigen Anlieferpunkt. Die einzige Verbindung zum Neubau erfolgt durch den öffentlichen Eingangsbereich. Hier liegt eine Schwäche der Arbeit, die im Fall einer weiteren Beauftragung einer zwingenden Überarbeitung bedarf.

Insgesamt stellt die Arbeit einen guten Beitrag mit einer gelungenen städtebaulichen Setzung und mit einer guten inneren Organisation dar, die weiterer Bearbeitung bedarf.