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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2018

Umbau und Erweiterung Rathaus Unterensingen

Lageplan

Lageplan

2. Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

Muffler Architekten

Architektur

Helmut Hornstein

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Situation


In der "Historischen Mitte" von Unterensingen um Rathaus, Michaels-Kirche mit Friedhof, Pfarrscheune und Adelberger Hof soll die neue Verwaltung entstehen. Bestimmt wird der bestehende Ort durch die einfache bauliche Struktur der Bestandsgebäude und die ausgeprägte Hangsituation. Besonders prägend ist der im Süden angrenzende Bereich des Friedhofes, welcher sich topographisch, vom historischen Friedhofsbereich um die Michaels-Kirche nach Süd-Osten abtreppt. Im Norden bestimmt die Friedhofsstrasse mit den an sie angrenzenden einfachen Gebäuden das Bild. Das bestehende historische Rathaus liegt am Hochpunkt des für die Bebauung vorgesehenen Geländes. An dieses angrenzend soll sich die Baustruktur des Erweiterungsbaus entwickeln. Ziel der Bauaufgabe muss es sein, einen markanten und bestimmenden Punkt im bestehenden Gefüge zu schaffen, der das historische Rathaus und seine Erweiterung als "Neuen Ort" für die Gemeinde definiert. Es soll ein Ort der Begegnung und Kommunikation entstehen.


Konzeption

Der Entwurfsvorschlag setzt sich zum einen mit dem topographischen Gepräge des Baugrundstücks und zum anderen mit der Baulichkeit des historischen Rathaus auseinander. Wir denken, dass das Neue die notwendige Klarheit aufweisen muss, mit einem ganzheitlichen Baukörper die Topographie definiert, keinen Sockel als solchen und keine Terrassen bildet, sondern einfach nur Bauwerk ist. Zwischen diesem und dem historischen Rathaus bildet sich ein kleiner Platz, der zum Landschaftsraum des Friedhofes sich weitet und die Eingangssituation für das historische Rathaus und den Erweiterungsbau bildet. Es entsteht eine Situation mit Aussichtsqualität. Über die Platzfläche öffnet sich grosszügig die Eingangssituation zum Erweiterungsbau. Zum historischen Rathaus wird der bestehende Zugang aufgenommen. Der Baukörper des Erweiterungsbaus entwickelt sich über das Eingangsgeschoss und zwei Obergeschosse, sowie im Sockelbereich über zwei Untergeschosse, welche die dienenden Funktionen der Technikräume und das Parkieren aufnehmen. Der Baukörper erhält ein Satteldach mit unterschiedlichen Dachgefällen. Zum Geländetiefpunkt steiler und zum Platz hin flacher. Die Materialität der Hüllfläche ist homogen. Der bestehende Baukörper des historischen Rathauses stellt sich mit seinem Volumen in den Platz ein. Eine zusätzliche Erschiessung des 1. Obergeschosses wird an der Kirchstrasse vorgeschlagen, die somit auch den 2. Fluchtweg aus dem Ratssaal schafft. Ziel des Konzepts ist es ein Bauensemble zu schaffen, welches markant die öffentliche Bedeutung des Bauvolumens definiert.


Gebäudestrukturen

Im historischen Rathaus werden im Erdgeschoss zum Eingangsplatz hin das Trauzimmer sowie zur Kirchstrasse hin dessen Nebenräume angeordnet. Der Ratssaal mit entsprechender Vorzone wird im 1. Obergeschoss situiert. Die Erschliessung erfolgt über die bestehende Treppenanlage vom Erdgeschoss. Eine zusätzliche Eingang wir über eine Aussentreppe und eine Hebeplattform von der Kirchstrasse aus vorgeschlagen. Hierdurch wird ein zweiter Fluchtweg für das Bestandsgebäude gesichert. Die Fraktionsräume sind im 2. Obergeschoss vorgesehen. Die Gebäudestruktur wird sorgsam saniert und Historisches wieder hergestellt. Die Eingriffe beschränken sich auf Notwendiges der Funktion.

Der Erweiterungsbaukörper, vom Eingangsplatz erschlossen situiert im Erdgeschoss einen Foyerbereich. Dem Foyerbereich zugeordnet ist das Bürgerbüro, welches sich wie selbstverständlich zum ankommenden Besucher öffnet. Weiter sind im Erdgeschoss das Ordnungsamt und das Personalamt angeordnet. Eine offene Treppenanlage, welche in das Foyer eingestellt ist, erschliesst publikumsnah die Obergeschosse. Neben dieser wird eine geschlossene Verbindungstreppe über alle Geschosse im nordwestlichen Grundrissbereich angeordnet. Dieser zugeordnet sind die notwendigen sanitären Anlagen für Besucher und Personal. Über die offene Geschossverbindung, welche den Foyerbereich in die Obergeschosse weiterführt, werden das 1. Obergeschoss mit den Räumlichkeiten für Bürgermeister, Hauptamt, Standesamt und Bauamt angeordnet. Das 2. Obergeschoss nimmt dem gesamten Bereich Finanzen / EDV auf. Die Büroräume der einzelne Bereiche organisieren sich um den Luftraum des Foyers. Im 1. Untergeschoss sind Archiv, Registratur und die notwendigen Technikräume geplant. Im 2. Untergeschoss die Garage für die PKW-Stellplätze und die notwendigen Fahrradstellplätze. Diese werden über den Zugangsbereich zum Friedhof erschlossen.


Konstruktion und Material

Die tragende Konstruktion des Gebäudes ist als Stahlbetonkonstruktion mit Stützen, Wandscheiben und Flachdecken vorgeschlagen. Hierdurch bestimmt sich das tragende System des Grundrisses. Die Bürozwischenwände sind als Montagewände vorgeschlagen und unterstützt durch ihre mögliche Flexibilität die Offenheit für zukünftige Veränderungen der Ausbaustruktur. Das einfache Baukörperkonzept zeigt nach Aussen ein klares aber bestimmtes Bild. Eine geschlemmte Klinkerfassade unterstützt diesen klaren baulichen Eindruck. Die horizontal gesetzten Fensteröffnung ermöglicht eine variable Struktur der notwendigen Raumtrennungen. Der Eingangsbereich öffnet sich zum Platz. Eine grosszügige Fensteröffnung nach Süden verbindet den Innenraum des Erdgeschosses mit dem Aussenraum und stellt Sichtbeziehungen über den Eingangsplatz hinweg zum übergeordneten städtebaulichen Umfeld her.

Sämtliche Wandflächen zum Innenraum des Hallenbereichs werden mit Wandverkleidungen aus Weisstannenholz mit akustisch wirksamer Oberfläche verkleidet. Der helle Holzton lässt ruhige und zurückhaltende Innenräume entstehen. Die Bodenbeläge sind im öffentlichen Bereich der Erschliessungsflächen als Natursteinbeläge vorgesehen. Im Bereich der Büroräume werden Teppichbeläge vorgeschlagen.

Grundsätzlich sollen sämtliche Baukonstruktionen aus dauerhaften, biologisch unbedenklichen und ökologisch sinnvollen Materialien, konstruiert und gestaltet werden. Dies vor allem im Hinblick auf die nachhaltige Gebäudebewirtschaftung und deren Unterhaltung. Handwerkliche Qualität, vertraute Materialien, mit schönen Fügungen sollen das klare Grundrisskonzept unterstützen.




Grünraumkonzept

Die Ortsmitte wird durch einen Platz ergänzt, der zwischen dem historischen und dem neuen Rathaus angeordnet ist. Er wirkt als Terrasse und bietet interessante Sichtbeziehungen. Sparsam eingesetzte Elemente, einer "lange Bank" und eines Baumes, setzen Akzente. Der Platz und eine seitlich angeordnete Rasenfläche mit steineren Intarsien bieten differenzierte Aufenthaltsqualitäten. Durch die zurückhaltende, angemessene Gestaltung der Seitenbereiche entlang der Straßen werden Verkehrsflächen zum öffentlichen Raum und tragen zur Identität der Ortsmitte bei. Der Kreuzungsbereich Kirchstrasse - Schulstraße wird mit einem Brunnen beziehungsweise einer Brunnenstele zu einem Ort mit eigener Prägung. Der Eingangsbereich zum Friedhof wird freigestellt und erfährt damit eine deutliche Aufwertung.
Alle Freiflächen fügen sich in die Kleinteiligkeit des Ortskerns ein. Es entsteht eine spannende Abfolge von Straßen, Plätze und Wegebeziehungen.


Energiekonzept -Ökologisches Konzept

Der Baukörper als kompaktes Volumen weist für die Nutzungsinhalte eine optimierte und baulich reduzierte Hüllfläche auf. Dadurch werden geringe Wärmeverluste und Investitionen bezüglich der Gebäudehülle erreicht. Die thermische Behaglichkeit wird unter den geforderten Nutzungsbedingungen im Sommer und Winter sichergestellt. Hierzu wird eine bewusste Auswahl an Baukonstruktion und Baumaterialien vorgeschlagen. Der bauliche Wärmeschutz der beheizten Zonen orientiert sich am Passivhausstandard mit folgenden Bauteilqualitäten:

- hohe Wärmedämmung der opaken Flächen < 0,20 W/qmk
- hohe Wärmedämmung transparenter Bauteile < 1,0 W/qkm
- konsequente Vermeidung von Wärmebrücken < 0,01 W/qmk
- luftdichte Ausführung der Gebäudehülle von n50< 1.0 h -1

Die zu öffnenden Bauteile der Fassadenkonstruktion werden auf ein notwendiges Mass begrenzt. Je nach Himmelsrichtung werden Sonnenschutzelemente als Markisen vorgeschlagen.

Gebäudetechnik - Heizung / Kühlung • Die Wärmeversorgung erfolgt über eine Sole-Wasserpumpe. Die Wärmepumpe (WP) wird ausserdem zur passiven und zur aktiven Kühlung verwendet. Bei der passiven Kühlung wird das Temperaturniveau des Solekreislaufes genutzt, die Temperaturen der Sole sind nicht zu beeinflussen und steigen bei reinem Kühlbetrieb an. Die Wärmepumpe hat jedoch auch alle Vorzüge einer konventionellen Kältemaschine und kann Kaltwasser bis zu einer Vorlauftemperatur von 6°C erzeugen. Zur Rückkühlung des Kältekreislaufes wird ebenfalls die Sole genutzt. Mit der dann wärmeren Sole wird das Erdreich in den Sommermonaten als Wärmespeicher genutzt bzw. regeneriert. Die Wärmeverteilung erfolgt über das baukörperaktivierte Bauteil der Deckenflächen über Erdgeschoss und Obergeschossen. Zur Abdeckung der Spitzenlast wird aus Wirtschaftlichkeitgründen eine Zusatz Gasheizung vorgeschlagen.

Gebäudetechnik - Lüftung • Die Raumbereiche der Büros erhalten eine entsprechende Raumlüftung, welche die hygienisch notwendige Grundlüftung der Räume sicherstellt. Die Fenster können bei Bedarf (kurzzeitig) beliebig geöffnet werden.

Regenerative Energiegewinnung • Über den Vorschlag der Integration von Photovoltaikelemente in die Dachfläche soll ein Ertrag erwirtschaftet werden, der rechnerisch mindestens den Betrieb der haustechnischen Anlagen mit elektrischer Energie gewährleistet. Zur Erwärmung des Brauchwassers wird eine Thermische Solaranlage vorgeschlagen, die über entsprechende Wärmetauscher die Warmwasserversorgung sichert.

Das anfallende Regenwasser soll in einer Zisterne gesammelt und dem Gebäude als Grauwasser zur Verfügung gestellt werden. Das Grauwasser wird für die WC-Spülung verwendet.

Über die vorgeschlagenen baukonstruktiven Ausbildungen in Passivhausstandard und die möglichen technischen Gebäudeausrüstungen soll ein Energieverbrauch von 10 KW h/qmA erreicht werden. In Anbetracht der möglichen Energieeinspeisung ist hierdurch die CO2-Neutralität gegeben.


Wesen der Aufgabe

Das bauliche Konzept des Entwurfsvorschlags soll aufzeigen, dass die funktionalen Anforderungen der Bauaufgabe, das Einordnen in gewachsene bauliche Strukturen unter Einbeziehung der landschaftlichen Gegebenheiten, einen "Neuen Ort" im städtebaulichen Gefüge der "Historischen Mitte" von Unterensingen entwickelt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Als Gesamtidee entwickelt der Verfasser ein neues Gebäude mit einem sehr großzügigen inneren Erschließungsbereich, der alle Funktionsbereiche gut auffindbar macht.
Für sich genommen ein gut organisiertes Rathaus, das jedoch dem städtebaulichen Kontext nicht gerecht wird.

Das gewaltige Volumen des geplanten Gebäudes übertrifft die Größe der umgebenen Gebäude deutlich. Trotz Aufnahme der Straßenfluchten kann sich der neue Baukörper nicht in die Umgebung einfügen.
Der Maßstäblichkeit der umgebenen Bebauung wird hier in keiner Weise Rechnung getragen.

Durch die freie Gebäudeform mit der Übernahme außenräumlicher Bezüge wird ein eigenständiges Gebäude geschaffen, das der gewünschten Funktion gut gerecht wird. Durch den räumlichen Abstand zum bestehenden Rathaus bleibt die Eigenständigkeit des bestehenden Gebäudes gewahrt. Die Fassadengestaltung und die Lochfassade erscheinen angemessen.

Der Verfasser entwickelt einen gut proportionierten Vorplatz zwischen dem historischen Rathaus und dem Neubau, mit guter Aufenthaltsqualität durch Baumpflanzung und Sitzelement. Durch die exponierte Lage entstehen interessante Sichtbezüge talwärts. Die Anbindung zum Friedhofsgelände wird positiv bewertet.

Die Erschließung der beiden Gebäude erfolgt über den Rathausplatz. Beide sich gegenüberliegenden Zugänge sind gut auffindbar und korrespondieren. Die barrierefreie Erschließung des Sitzungsaals erfolgt zurückhaltend über eine Treppe und eine Hubplattform. Das Vordach und die Öffnung der historischen Fassade erscheinen jedoch völlig überzogen.

Die Erschließung des Rathausvorplatzes erfolgt wie seither über die Kirchstraße. Die innere Erschließung des neuen Gebäudes besteht aus einem abgeschlossenen Treppenhaus und einer überdimensionalen offenen Treppenlösung.

Der Entwurf fällt durch eine deutlich überzogene Kubatur auf, die durch überdimensionale Erschließungsbereiche und eine offene Eingangshalle über alle Ebenen entsteht. Eine wirtschaftliche Realisierung ist auf Grund der Größe des Gebäudes nicht gegeben.

Die Barrierefreie Erschließung des Ratssaals im Altbau ist im Detail überzogen. Der Baukörper insgesamt in der zentralen Ortsmitte Unterensingens führt auf Grund der Dimensionen zu einer Marginalisierung der angrenzenden Kulturdenkmale.
Tiefgarage

Tiefgarage

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Ansicht Nord-Westen

Ansicht Nord-Westen

Ansicht Süd-Osten

Ansicht Süd-Osten

Ansicht Süd-Westen

Ansicht Süd-Westen

Längsschnitt

Längsschnitt

Fassadendetail

Fassadendetail

Perspektive von Süden

Perspektive von Süden

Modellfoto

Modellfoto