modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 08/2018

Kultur- und Bildungszentrum in Leeste

2. Preis

Preisgeld: 9.800 EUR

kbg architekten bagge grothoff halupzok

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau / Kubatur / Charakter / Leitidee
Der Ortsteil Leeste ist als Dorf zu verstehen. Das neue Kultur- und Bildungszentrum im Ortskern soll einen angemessenen Charakter erhalten. In der Formensprache der Neubauten werden deshalb traditionelle Gebäude- und Dachformen wie z.B. Krüppelwalmgiebel typischer norddeutscher Bauernhöfe und Scheunen aufgenommen und neu interpretiert.
Die unterschiedlichen Dachformen der umliegenden Gebäude finden sich in den Neubauten wieder, erhalten aber eine ausdrucksstarke und skulpturale eigene Identität.
Der ortsbildprägende Bestandsbau an der Leester Straße wird jeweils an den Eckpunkten freigestellt, sodass die Kubatur des Altbaus ablesbar ist und der zentralen Bedeutung des Gebäudes für das Dorf Leeste gerecht wird.
Der Neubau der Bibliothek nimmt die Traufkante und Dachneigung des Bauernhauses auf. Das Gebäude wird hier mit einem beidseitigen geringfügigen Rücksprung nach Osten verlängert. Zum Henry-Weetjen-Platz entwickelt sich der Neubau traufständig in seiner Höhe, bildet eine Raumkante und erhält somit eine angemessene Stellung zum Platz.
Mit den großen und einladenden Glasfassaden im EG, sowie der Loggia im 1.OG. öffnet sich das Gebäude und tritt in einen Dialog mit dem Platz. Der Giebel dreht sich leicht in Richtung Kirche und zum Besucherverkehr aus Nordosten.
Der Neubau der VHS wird über einen zurückspringendem Zwischenbau and den Altbau angeschlossen. Beide Gebäudeteile wirken in der Straßenansicht als eigenständige Gebäude. Alt und Neu stehen in direktem Kontext und bereichern einander in ihrer jeweiligen Architektursprache. Durch die Grenzbebauung zur Straße wird eine Vorzone geschaffen. Zur nördlichen Grundstücksgrenze und Alten Wache entsteht eine Durchwegung. Das Gebäudeensemble lässt durch die Positionierung der Neubauten einen attraktiven Innenhof entstehen, der sich als Komplement zum Henry-Weetjen-Platz etwas kleiner und intimer darstellt.
Die Hauptzugänge von Cafe, Bibliothek und VHS sind bewusst an diesem Innenhof platziert. Wegeführung und Gebäudestellung leiten den Besucher zu den Eingängen. So wird der Innenhof zu einem lebendigen Mittelpunkt, an dem verschiedene Nutzungen verschmelzen und sich eine Aufenthaltsqualität mit Möglichkeit der Kommunikation und Verweilen anbietet. Das Café ist sowohl zum Innenhof als auch zum Platz mit Kirche, Pfarrheim und Augenklinik orientiert, sodass die Dorfmitte belebt wird.
Durch das neue Kultur- und Bildungszentrum als Einheit der unterschiedlichen Nutzungen, die sich durch ihre räumliche Zuordnung gegenseitig unterstützen und verstärken, kann eine offene und lebendige neue Ortsmitte in Leeste entstehen.

Materialität
Als Fassadenbekleidung und als Bedachung ist ein Ziegelstein vorgesehen. Das Material nimmt Bezug zu dem traditionellen Verblendmauerwerk der Region. Die überlappende Anbringung erinnert an Holzverkleidungen wie sie an Ställen und Scheunen zu finden sind. Die einheitliche Textur auf Fassade und Dach stärkt den skulpturalen Charakter des Gebäudeensembles und wirkt identitätsstiftend. Im Inneren überwiegen helle und natürliche Materialien. Als Bodenbeläge sind Industrieholzböden vorgesehen die einer starken Beanspruchung standhalten. Im Bestandsgebäude wird das Holzständerwerk sichtbar gemacht. Pfostenriegelfassaden sind innenseitig aus Eichenholz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zieht ihre Maßstäblichkeit aus der direkten Umgebung besonders aus dem Bestandsbau. Der Bestandsbau wird verlängert und knickt zum Henry-Wetjen-Platz mit einem erhöhten Kopfbau ab, der mit den weiteren Platznachbarn maßstäblich korrespondiert. Die Volkshochschule bekommt einen eigenen Bau in den Dimensionen des Bauernhauses. Beide Baukörper bilden gemeinsam mit der alten Wache einen gemeinsamen privaten Platz, der mit dem Henry-Wetjen Platz ein Kontinuum formt. Durch einen Versatz zum Altbau entsteht ein gefasster Vorbereich vor dem Bauernhaus. Von der Leester Straße zum Henry-Wetjen Platz ist das Ensemble durchlässig.
Die Arbeit nimmt die Giebelform von historischen Walmdachhäusern auf und macht daraus ein wiedererkennbares Thema, das durch weitgehend geschlossene Obergeschosse eine gewisse Monumentalität trotz der etwas zu klein geraten wirkenden Baukörper ausformuliert. Der Gesamteindruck des Ensembles und insbesondere die expressive Dachform wird in der Jury – unter unterschiedlichen Aspekten - sehr kontrovers diskutiert.
Die vorgeschlagene Fassade aus traditionellem Ziegel harmoniert mit der klassischen Ziegelfassade des Bauernhauses ohne sich anzubiedern und bleibt eigenständig. Ein gläsernes Erdgeschossband führt von der Leester Straße über den inneren Hof zum Henry-Wetjen – Platz, bildet von allen Seiten eine einladende Geste, verbindet damit die Außenräume miteinander und macht aus dem Haus ein eindeutig öffentliches Gebäude. Der sparsame Umgang mit Fenster in Wänden und Dach wird der skulpturalen Wirkung gerecht, die Öffnungen in der Südfassade werden unterschiedlich bewertet. Insgesamt schafft der Bau eine explizite Atmosphäre mit angemessener Stimmung.
Der Kinderbereich im 2.OG wird nur mit hohen Personalaufwand zur Beaufsichtigung funktionieren und wird daher kritisch gesehen. Die Aufteilung der beiden Funktionen Bibliothek und VHS in zwei ablesbare Baukörper wird von der Jury positiv bewertet. Der Eingang der Bibliothek und die vertikale Erschließung sollten in einem öffentlichen Bau attraktiver gestaltet sein. Die Jury sieht es kritisch, dass der private Innenhof die Haupterschließungen des Gebäudes aufnimmt. Der Bestand wird freigestellt und weitestgehend erhalten, er bildet die Grundlage für der den Maßstab, bleibt in der inneren Struktur aber leider nicht als räumliche Einheit erhalten. Die VHS kann als separater Bauabschnitt realisiert werden. Beide Gebäudeteile sind bis ins oberste Geschoss barrierefrei erschlossen. Das separate WC-Häuschen wird als räumliche Geste positiv bewertet, funktional auf Grund der Lage aber kritisch gesehen.