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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

Technische Hochschule Köln, Ersatzneubau Campus Deutz - Gebäude A

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 36.000 EUR

wulf architekten

Architektur

BRUTAL & Delikat I Visual Narrative

Visualisierung

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

Generisch und spezifisch, Flexibilität und Identität, Vorhanden und Imaginär
Der Entwurf versteht sich als Neuinterpretation des durch den Masterplan vorgegebenen Baufelds, zur Schaffung eines Ortes der gleichzeitig generisch flexibel und spezifisch identitätsstiftend ist, um einen Raum zu bilden, der qualitätsvoll und charakteristisch der kreativen und dynamischen Nutzung einer Hochschule auch in Zukunft genügt – und das mit einfachen und robusten Mitteln.

Typologie und Städtebau
Im Rahmen des Masterplans wird das Neubauvolumen neu gedeutet, um aus der gegebenen, unregelmäßigen Grundstücksform das Beste für eine flexible, zukunftsorientierte Nutzung herauszuholen: Drei ineinandergeschobene Körper umschließen die Bibliothek. Das Parkhaus wird als einer dieser Körper selbstverständlicher Teil des Ensembles. Der Hochpunkt kann sich im ursprünglichen Sinne des Masterplans als einer von 4 gleichwertigen Hochpunkten behaupten, die den Campusplatz markieren.

Raster und Flexibilität
Trotz der unregelmäßigen Form des Grundstücks ist jeder Körper nach einem rechtwinkligen, regelmäßigen Raster aufgebaut, das auf die jeweilige Nutzung abgestimmt ist. Es wird ein flexibler Rahmen für kreative und innovative Workshop- und Co-Working Konzepte mit Werkstattcharakter geschaffen, offen, interdisziplinär und zukunftsgewandt. Die dadurch gewonnene Flexibilität ist entscheidend für dynamische und kreative Prozesse, aber auch für die Nachhaltigkeit und die Weiterentwicklungsfähigkeit eines Gebäudes. Nur ein orthogonales Raster lässt sich in Zukunft ohne unangemessenen Aufwand flexibel und innovativ bespielen, und bildet damit die essenzielle Basis für ein Gebäude mit kreativer und dynamischer Nutzung.
Die durch die Überlagerung der Raster an wenigen Stellen entstehenden Versatzstücke werden für „flüssige“ Nutzungen wie Treppenhäuser und Technikräume genutzt, und sind somit nicht abhängig von der zukünftigen freien Bespielbarkeit der Struktur. Das entstehende Dreiecksthema gibt der Struktur bewusst spezifischen Charakter, erlebbar in den Treppenhäusern und den Lufträumen.

Fassade
Aus dem Raster des Grundrisses ist eine Fassadentypologie abgeleitet, die für das Gesamtensemble verwendbar ist und doch die einzelnen Baukörper individuell ablesbar macht. Dies gilt auch für die Fassade des Parkhauses. Mit den Elementen dunkelgrau durchgefärbten Betonfertigteilen und Fensterprofilen soll die Fassade eine Reminiszenz zur industriellen Vergangenheit des Gebiets herstellen und den Charakter einer Denk-Fabrik erhalten.
Das Zusammenspiel von regelmäßigen Rastern und Fensterunterteilungen kann so auch ein Regelwerk für eine kohärente zukünftige Entwicklung des Campus geben, ohne eine Materialität oder Architektursprache vorzuschreiben.
Ein durchgehendes Sockelband mit Schriftzug fasst den Campus nicht nur räumlich, sondern auch thematisch zusammen.

Wirtschaftlichkeit
Die Tragstruktur versteht sich als robuste Infrastruktur, die vielseitig bespielbar ist. Die Technik ist offen geführt, und die Systeme nach Lebensdauer getrennt. Das Tragwerk kann ohne Unterbrechung abgetragen werden.
Elementiert, seriell und vorfabriziert ist die Struktur wirtschaftlich in der Erstellung, Robustheit, Nutzungsflexibilität und Kompaktheit versprechen nachhaltigen und wirtschaftlichen Betrieb.

Technik und Energie
Das Konzept setzt auf einfache und direkte Mittel und auf nach Lebensdauer getrennte Systeme: Tragwerk, Ausbau, Technik und Nutzung sollen so weit wie möglich unabhängig voneinander flexibel verändert und angepasst werden, um eine lange und nachhaltige Lebensdauer des Gesamtgebäudes zu ermöglichen. Technikflächen sind im EG und OG, hauptsächlich im Bereich des Parkhauses oder Verteilt auf die Geschosse vorhanden und durch zentral angeordnete Technikschächte verbunden. Im Sinne einer nachhaltigen Konzeption sind geplant, Anlagen, die für den Betrieb zwingend erforderlich sind, so einzusetzen, dass ohne zusätzlichen Aufwand ein Maximum an Effizienz für den Gesamtkomplex erzielt wird. Ferner wird durch einfache und bewährte Systeme auf das Energiepotential der Außenluft und vorhandener Energieträger zugegriffen. Das Flachdach ist für die Installation einer PV-Anlage ausgestattet.
Fensterlüftung / Nachtauskühlung: Wenn möglich, sollen die Räume natürlich belichtet und belüftet werden. Nachtauskühlung und maximierter Anteil an Speichermasse versprechen eine gute passiv-Performance. Die inneren Atrien funktionieren als Speicher und interner Klimapuffer. In Bereichen von Verkehrslärmbelastung, wo Fensterlüftung nicht möglich ist, soll über in die Fassade integrierte Frischluftmodule belüftet werden. Die Abluft erfolgt in allen Bereichen zentral an den Kernen und mit WRG.
Einfache und robuste Materialien, außenliegender Sonnenschutz, innenliegender Blend- und Sichtschutz, sowie abgestimmte Akustik und Beleuchtungselemente sorgen für hohen Komfort an den Arbeitsplätzen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der konzeptionelle Grundgedanke sieht einen Hochpunkt vor, der sich über der Spitze dreier ineinander geschobenen Gebäudeteile erhebt. Der Hochpunkt ist konstruktiv und gestalterisch über alle Geschosse erkennbar. Er ist konsequent umgesetzt. Die Klarheit des städtebaulichen Konzepts in einer Verschneidung orthogonaler Baukörper setzt sich in den Grundrissen fort. Der Entwurf sieht abhängig von der Nutzung drei separate Eingänge vor. Der Eingang von Gebäude A ist deutlich akzentuiert.
Die interne Erschließung und die Raumfolge erzeigt eine intuitiv verständliche Wegeführung. Es ergeben sich großzügige Räume und kurze Wege. Die Anlieferung funktioniert gut. Das Raumprogramm ist wie auch die funktionalen Zusammenhänge weitestgehend erfüllt. Die große Tiefe des Gebäudeteils am Deutzer Ring wird kritisch diskutiert, die Funktion der dort angeordneten zweigeschossige Laborräume ist einschließlich seiner Belichtung gut gegeben. Durch die Anordnung der Einzelbüros am Gebäudehohen Luftraum entstehen Arbeitsplätze mit hoher Qualität und eine Erschließung über unbelichtete Mittelflure wird geschickt vermieden. Der Verzicht von Trennwänden lässt eine flexible und offene Bürolandschaft, sowie deren gute Belichtung über den Luftraum zu. Die sachliche Struktur des Entwurfs findet in den Fassaden einen überzeugenden Ausdruck.
Dem Entwurf gelingt es, das Gestaltungsziel der TH Köln auf eine selbstverständliche Art umzusetzen. Das teilweise geschlossene Fassadenband im Erdgeschoss wird dagegen kontrovers diskutiert. Die Materialität wird in seiner Schlichtheit gewürdigt – der Charakter einer technischen Hochschule ist unverkennbar.
Gleichwohl wird die Abweichung von den Gestaltungsrichtlinien festgestellt. Die Interpretation dieser und der so entstehende, an Industriearchitektur erinnernde Ausdruck ist jedoch gelungen. Noch offen ist das Erscheinungsbild des Parkhauses – die vorgeschlagene Lösung erscheint noch sehr schematisch.
Die Wirtschaftlichkeit des Entwurfs scheint gegeben. Die Energieeffizienz ist bei allen Entwürfen aufgrund der schwierigen Geometrie des Quartiers suboptimal. Die baupolitischen Ziele des Landes NRW können voraussichtlich erfüllt werden. Das vorgeschlagene systemorientierte Bausystem verspricht eine kostengünstige und gute Realisierbarkeit.
Die vorliegende Arbeit überzeugt sowohl konzeptionell, gestalterisch und konstruktiv. Der Arbeit gelingt es, das Konzept der strukturellen Einfachheit bis in die Tiefe überzeugend durchzuarbeiten.