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Einladungswettbewerb | 01/2019

Neubebauung Färberstraße 5 + 9 in Balingen

3. Preis

Preisgeld: 4.500 EUR

Peter W. Schmidt Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Mit dem Entwurf der beiden Wohn- und Geschäftshäuser an der Färberstraße, wird in zentraler Lage der Balinger Innenstadt eine Neubebauung vorgeschla-gen, mit der im Rahmen der Gartenschau 2023 an der Kulturachse ein archi-tektonisches Zeichen gesetzt wird. Die Färberstraße war vor dem großen Stadtbrand 1809 im Bereich des zu überplanenden Grundstücks mit gereihten Häusern giebelständig bebaut. Der klassizistische Stadtgrundriss entwickel-te dann eine Blockstruktur für die Innenstadt, die im engeren Bereich noch vorhanden ist, aber durch große Volumina und veränderte Auslegungen nicht mehr die Disziplin aufweist, wie es ursprünglich gedacht war. Aus dieser Wahrnehmung heraus, haben wir uns dafür entschieden, die Mittelparzelle mit einem giebelständigen Haus zu bebauen, das im Unterschied zu dem denkmalge-schützten, angrenzenden Gebäude und dem Eckgebäude Färberstraße 9 keinen Walm aufweist, sondern den Giebel flächig zur aufgehenden Fassade entwi-ckelt und auf subtile Weise das mittlere Glied des Baublockes hervorhebt. Die Gebäude sind streng nach den Vorgaben der Gestaltungsrichtlinien im Zusammenhang mit der Ausweisung des Sanierungsgebiets entwickelt. Die ruhi-ge, wohlproportionierte Fassadengestalt orientiert sich an den markanten werthaltigen Gebäuden in der Balinger Innenstadt und leitet daraus die pro-portionale Gliederung ab. Beide Parzellen erhalten auf unterschiedlichem Niveau im Erdgeschoss einen Laden. Die Ladeneinheiten sind mit bodentiefen Fenstern belichtet. Aufgrund des gemeinsamen Treppenhauses, das zu einer wirtschaftlichen Erschließung der oberen Wohneinheiten führt, sind sie großräumig geschnitten. Jeder Ladeneinheit ist eine kleine Spange mit die-nenden Räumen zugeordnet. In den Obergeschossen werden großzügige Wohnein-heiten entwickelt, die über das bereits erwähnte gemeinsame Treppenhaus erschlossen werden. Der behindertengerechte Zugang erfolgt rückseitig über eine Rampenerschließung. Auf kurzem Weg kann ebenso über den für die Bebau-ung typischen Bauwich zugegangen werden. Die Typologie der Wohnungen in den Obergeschossen ist Ausdruck der Überlegung, die Wohnung mittels einer Diele zu erschließen. Ein Minimum an Flurflächen sorgt für einen großzügigen Woh-nungszuschnitt, der ein Maximum an Entfaltung für die zukünftigen Bewohner ermöglicht. Den Wohneinheiten im 2. Obergeschoss sind die Dachgeschosse über innenliegende Wohnungstreppen zugeordnet. Die Entscheidung, sich an der stadtbildgebenden Körnung und Ablesbarkeit der Parzellen zu orientie-ren, führt zu einer äußerst ruhigen äußeren Gestalt der Gebäude. Sie strahlt in der heterogenen Umgebungsbebauung, die weiter östlich der Fär-berstraße deutlich zu Tage tritt, Ruhe und Souveränität aus. Der zeitlose Charakter der Gebäude wird mittels einheitlicher Fensterformate, weiß ver-putzten Fassaden und einer Biberschwanzdoppeldeckung unterstrichen. Die Gauben sind rechteckig stehend aufgesetzt und wie die Gesimse und Regen-fallrohre mit einer Blechverkleidung vorgesehen. Der präzise und unverwech-selbare Eindruck gibt einer Parzelle unweit des Marktplatzes eine Wertig-keit, die in ihrer Fassadengliederung und Proportionierung klassizistische Anmutung erfährt, in ihrer Ausbildung der städtebaulichen Figur sich jedoch an der Stadtanlage vor dem großen Balinger Stadtbrand orientiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorliegende Entwurf berücksichtigt die städtebauliche Körnung von Balingen und fügt die gut proportionierten Baukörper sensibel in den Stadtgrundriss ein. Der Planverfasser schlägt abweichend vor, das Mittelhaus giebelständig auszubilden und bezieht sich damit auf den Städtebau vor dem Stadtbrand. Es wurde sehr kontrovers diskutiert, ob von der typischen Bebauung des klassizistischen Stadtgrundrisses, mit traufständigen Mittelhäusern und Eckhäusern mit Walmdach, abgewichen werden kann.
Die beiden einzelnen Baukörper sind optisch klar voneinander getrennt und doch über eine Glasfuge miteinander verbunden. Positiv bewertet wird der zusätzliche direkte Wohnungszugang von der Färberstraße, was allerdings zu Lasten der flexiblen Schaltbarkeit der beiden Läden im Erdgeschoss geht. Die Tiefe der zurückversetzten Fugen wird kritisch gesehen und wäre zu überdenken.
Die ruhige, gut gegliederte Fassade mit den stehenden Fensterformaten überzeugte die Jury. Allerdings wurde bemängelt, dass die Ladeneingänge wenig artikuliert sind. Die klare Gestaltung und ruhige Form der Hoffassaden werten den Innenhof auf.
Eine Empfehlung wäre, zu prüfen, ob der Mittelbau nicht ebenso als Walmdach oder traufständiges Satteldach ausgeführt werden könnte - ohne die Klarheit und Eigenständigkeit des Entwurf zu verlieren - um dem Stadtbild und auch dem gegenüberliegenden denkmalgeschützten, eingeschossigen Gebäude gerecht zu werden. Ebenso ist der Walm zum Hofdurchgang zu überdenken.
Die Tiefgarage ist gut organisiert und bietet trotz Rampe genügend Stellplätze für Kfz und Fahrräder, die sogar durch weitere Doppelparker noch ausbaubar wären. Die Zugänglichkeit des Fahrradabstellraums ist etwas umständlich gelöst.
Die Wohngrundrisse sind sehr klar strukturiert und strahlen eine hohe Wertigkeit aus, die an gutbürgerliche Gründerzeitwohnungen erinnern. Jeweils großzügige Dielen erschließen die 7 gut belichteten Wohnungen. Bodentiefe Fenster ersetzen die Balkone im Süden und Osten, im Innenhof finden sich Loggien im Mittelhaus, die auch der Belichtung der Dielen dient. In den Dachgeschossen finden sich jeweils attraktive Maisonette-Wohnungen.
Insgesamt ein durchgängig gut gestalteter, konsequenter Entwurf, der die Jury auch durch die interessante Grundrissgestaltung überzeugt hat. Leider liegen die wirtschaftlichen Kennwerte (Wohnfläche, NGF, BGF) am unteren Ende der eingereichten Beiträge.