modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 07/2019

Neubau BürgerRatHaus in Essen

1. Preis / Nach Überarbeitung / Zuschlag

agn Niederberghaus & Partner GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Leitender Grundgedanke ist die bauliche Reaktion auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und Anforderungen des Ortes, welche geprägt sind von geradezu gegensätzlichen Situationen: Entlang der nördlich verlaufenden Steeler Straße grenzen vornehmlich drei- bis fünfgeschossige Wohnungsbaustrukturen an, während im Süden entlang der Bernestraße bzw. Varnhorststraße die mehrspurigen Straßenzüge und großmaßstäbliche Baustrukturen und Hochhäuser prägend sind.
Darauf reagiert der Entwurf in sinnfälliger Weise: Gegenüber der umliegenden direkten Nachbarschaft nimmt der Neubau mit seiner überwiegenden Viergeschossigkeit die entsprechenden Höhenentwicklungen auf und integriert sich somit in die vorhandenen Strukturen. Aus diesem Basisbauwerk entwickelt sich dann an der Bernestraße ein 15- geschossiger Turm, der den Neubau im städtebaulichen Gesamtgefüge der Stadt Essen verortet und dem BürgerRatHaus hier seine Adresse verleiht. Zudem ist es als Landmarke vom Burgplatz aus sichtbar, womit eine einfache Orientierung und direkte Wegeführung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Essen aus der Innenstadt heraus gewährleistet ist.
Die Baumassenverteilung reagiert auf die unterschiedlichen Potenziale der verschiedenen Grundstücksbereiche und bietet die Grundlage für eine klare und hochfunktionale Gebäude- und Organisationsstruktur des Neubaus. Das Ergebnis dieses differenzierten Lösungsansatzes ist die Vermittlung der unterschiedlichen baulichen Maßstäbe vor Ort. Das neue BürgerRatHaus integriert sich in die vorhandenen Strukturen des Quartiers bei einem gleichzeitig eigenen, prägnanten und signifikantem Ausdruck, der seiner Bedeutung und Funktion für die Stadt Essen und seine Bewohnerinnen und Bewohner in angemessener Weise Rechnung trägt.

Äußere Erschließung
Auf der westlichen Seite entsteht in Sichtweite der Innenstadt und des Burgplatzes im Zusammenspiel mit der in Teilen denkmalgeschützten Nachbarbebauung ein angemessenes Entree für das neue BürgerRatHaus. Dieser Bereich kann zukünftig auch über eine Fuß­ und Radbrücke über die Bernestraße hinweg direkt mit der Innenstadt verbunden werden. Die verschiedenen Zugangssituationen werden über die durchgesteckte Passage hell und großzügig miteinander verknüpft, sodass der neue Ge­bäudekomplex nicht als Barriere, sondern vielmehr als neues funktionales Verbindungselement der städtischen Verkehre verstanden werden kann. Die Tiefgarageneinfahrt liegt am westlichen Rand des Grundstücks, da dieser Bereich aus dem großen Kreisverkehr heraus erschlossen werden kann und somit eine Anbindung des Neubaus aus allen Ver­kehrsrichtungen gewährleistet.

Organisation/ Funktionalität
Die helle, einladende und lichtdurchflutete Passage mit einer lichten Raumhöhe von 4,50 Metern ist das Verbindungselement der verschiedenen Zugangsbereiche und somit der zentrale Verteiler für Besucherinnen und Besucher und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gleichzeitig bildet sie die Schnittstelle zwischen den verschiedenen Bereichen des Neubaus:
Im Westen befinden sich auf fünf Geschossen die öffentlichen Bereiche der Frontoffice, also der Beratungsstellen für die Bürgerinnen und Bürger. Im Osten ist das Backoffice angegliedert. Der Neubau wird somit klar, übersichtlich und funktional sinnfällig gegliedert, was zu einer einfachen Orientierung und zu kurzen Wegen innerhalb der Funktionsbereiche führt. Diese klare Trennung von öffentlichen und internen Bereichen wird über alle Geschosse eingehalten, von den unterschiedlichen Garagenbereichen für Besucherinnen und Besucher und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Untergeschossen über die Zugangssituationen im Erdgeschoss bis in die Funktionsbereiche in den Obergeschossen.
Von dem Foyer, welches sich im Erdgeschoss über die volle Breite des Gebäudeteils zum Vorplatz hin öffnet, gelangt man über den zentralen Empfang in den Bereich des Frontoffice. In dieser Ebene befinden sich erste Beratungsbereiche. Über eine großzügige, tagesbelichtete Freitreppe gelangt man in die vier weiteren Geschosse der verschiedenen Beratungsbereiche. Entlang der Längsfassaden sind die abgetrennten Beratungsräume für vertrauliche Gespräche aufgereiht. Die offen gestaltete Mittelzone nimmt die Gesprächsmodule für nicht vertrauliche Gespräche auf. Dieser Bereich kann flexibel konfiguriert werden und bietet ausreichend Raumangebot für ergänzende Nutzungen wie Warte-, Spiel und Kommunikationszonen.
Östlich der Eingangspassage befindet sich der Bereich des Backoffice, wobei das Erdgeschoss neben den Zugängen zu den Erschließungskernen übergeordnete Nutzungen wie den Schulungs- und Konferenzbereich, das Fitnesscenter, Facility Management und Housekeeping aufnimmt.
Über drei Erschließungskerne gelangt man in die Obergeschosse, die als reine Büroebenen konzipiert sind: Die Obergeschosse 1-3 als Ring mit je sechs Nutzungseinheiten bzw. drei „Heimatbereichen", die Obergeschosse 4 -14 als Turm mit zwei Nutzungseinheiten bzw. einem „Heimatbereich". Dabei ist jeder Organisationseinheit ein Treffpunkt zugeordnet: Das Herz einer jeden Einheit in unmittelbarer Nähe der Erschließungskerne. Hier befinden sich die übergeordneten sozialen Funktionen wie Projektraum, Meeting-Point und Teeküche. Im Bereich des Turms sind die Treffpunkte jeweils zweier Geschosse über einen Luftraum verbunden, um das vertikale Motiv des Turmes zu unterstreichen und für die Nutzer erlebbar zu machen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auszug Preisgerichtsbeurteilung
Der Entwurf zeichnet sich laut Preisgericht durch die gekonnte Vermittlung zwischen dem mit Hochhäusern bebauten Varnhorstkreisel und der wertvollen und denkmalgeschützten Bausubstanz aus Alter Synagoge Essen, Alt-Katholischer Friedenskirche und Katholischem Stadthaus aus. Auch dank gut proportionierter und zugleich klar orientierter Freiräume erfahre das gesamte Quartier eine deutliche städtebauliche Aufwertung. Der klare Bezug zum Burgplatz eröffne Potenziale für zukünftige städtebauliche Entwicklungen.
Besonders überzeugt zeigte sich das Preisgericht von der klaren Zuordnung der Funktionsbereiche an die Zielgruppen der Bürgerinnen und Bürger und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Umsetzung der geforderten Trennung von Front­und Backoffice. Ausdrücklich würdigte die Jury auch den bewussten Umgang mit dem enormen Bedarf an Büro- und Besprechungsflächen auf einem aufgrund der unterschiedlichen Niveaus und der Abmessungen nicht gerade einfach zu beplanenden Grundstück .
Der vorgeschlagene.“Stadtbaustein“ biete eine hervorragende Antwort auf die unterschiedlichen städtebaulichen, funktionalen und architektonischen Fragestellungen der Planungsaufgabe