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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2019

Freianlagenplanung auf der Hafeninsel Gernsheim

Anerkennung

Preisgeld: 2.000 EUR

BIERBAUM. AICHELE. landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Entwurf für das Gernsheimer Hafenareal zeichnet ein Gesamtbild, das auf die Lage am Rhein Bezug nimmt und Aufenthaltsqualität erhöht. Gleichzeitig trägt es den bestehenden Nutzungsstrukturen Rechnung.
Das Hafenareal ist durch seine Nähe zum Naturschutzgebiet Hammeraue, den Sportplätzen und dem Rheinpark sehr gut in die Gernsheimer Freiraumstruktur eingebettet. Es ist ein beliebtes Ausflugsziel der Bürger*innen. Die Nähe zwischen Innenstadt und Rhein sowie der Hafenbetrieb sind Alleinstellungsmerkmale, die Besucher*innen aus der Region ansprechen.
Der Entwurf gliedert das Hafenareal in vier Bereiche. Diese sind mit unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten belegt. Die Rheinstraße bildet einen Alleencharakter aus. Gleichzeitig übernimmt sie als Zubringer zur Fähre die Funktion eines Stadteingangs. Sie muss einen hohen repräsentativen Anspruch erfüllen. Sie wird auf der Südseite um einen Gehweg ergänzt. Der Grünstreifen wird verbreitet und die Fahrbahn der Rheinstraße damit auf das Maß von ca. 5,50m reduziert, was zu angepassten Fahrgeschwindigkeiten beiträgt. Der Baumbestand der Rheinpromade entfaltet durch Ergänzungen seine Gesamtwirkung als Allee. Der Kohlenweg bleibt Hauptstrang der fußläufigen Erschließung mit Blickbezug zum Hafenbecken. Die Kreuzung zur Wormser Straße stellt den Übergang in die historische Kernstadt dar und wird mit nur vier Fahrtrichtungen vereinfacht. Ein Platzbereich bildet den neuen Übergang zwischen Schöfferplatz und Rheinstraße und kann der Wiederbelebung des umgebenden baulichen Ensembles neue Impulse verleihen. Ein einheitlicher Pflasterbelag im Kreuzungsbereich sorgt für eine erhöhte Aufmerksamkeit, angepasste Geschwindigkeiten und leitet in die Kernstadt über. Eine Ampelanlage regelt den Verkehr. Den Endpunkt der Rheinstraße bildet rheinseitig eine Platzfläche, die einen Baumsolitär trägt.
Der Festplatz dient weiterhin als eine von zwei größeren Stellplatzanlagen. Die Parkbuchten werden auf dem Belag aufgezeichnet um eine bestmögliche Ausnutzung zu gewährleisten. Im westlichen Teil wird der Festplatz mit einem Baumdach überstellt. Das Baumdach spendet Schatten sowie Verdunstungskühle und schafft dadurch ein angenehmes Klima. Zusätzlich wertet es das Erscheinungsbild des Platzes auf. Im östlichen Bereich wird die Fläche als Festplatz freigehalten.
Die Freiräume der Rheinwiesen werden im Übergang zur freien Landschaft aufgewertet. Der Bereich ist Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Lediglich die Wasserschutzpolizei nutzt die Wege als Zufahrt. Die Rheinwiesen sind in Fortsetzung des Rheinparks zur freien Bespielbarkeit und zum Aufenthalt im Freien vorgesehen. Die bestehende Skateanlage ist integriert. Der Damm, der die Wiese bislang vom Rhein abschirmt entfällt. Die Wiese wird über ein terrassiertes Ufer direkt an den Strom herangeführt. Im Hochwasserfall entsteht zusätzlicher Retentionsraum. Die Streuobstbestände werden ergänzt und bieten den Bürgern weiteren Erholungsraum. In unserer Zukunftsvision wird durch einen schwimmenden Rahmen eine kleine Badeanstalt ausgebildet, die es ermöglicht sicher im Wasser des Rheins zu schwimmen.
Die Hafenspitze bildet den Kernbereich des Hafenareals und ist in Zusammenhang mit dem bestehenden Gastronomieangebot Hauptausflugsziel. Bezüge zum Wasser werden in verschiedener Form ausgebildet. Die Fährwiese ist terrassiert und lädt zum Aufenthalt am Wasser ein. Die Terrassierungen erzeugen ebene Rasenzonen, die auch im Festbetrieb gut genutzt werden können. Die Terrassenstufen sind gleichzeitig Sitzelemente und Ufersicherung. Den Auftakt zur verkehrsfreien und dem Strom zugewandten Seite der Hafenspitze bildet ein durch Ufermauern bastionsartig gefasster Platz. Blickbeziehungen in die Ferne und zum Fährbetrieb werden dadurch ermöglicht. Der Wirtschafsweg am unteren Ende der Böschung wird ausgebaut und zu einem vollwertigen Wegeband aufgewertet. Die Erschließung am Wasser folgt der Hafenmole nach Norden. Im Bereich der Hafenspitze entsteht eine Sitzstufenanlage, die den direkten Zugang ans Wasser ermöglicht. Der untere Uferweg steigt hier allmählich an. Die Inwertsetzung der Hafenspitze schafft einen ruhigen und kunstvoll inszenierten Endpunkt. Das verwobene Platanenpaar bildet die Landmarke des Ortes und wird durch ein solitäres Sitzmöbel betont.
Im Hafenbecken wird ein Steg den Bootsanlegestellen vorgelagert. Dieser ist frei begehbar und bietet eine weitere Möglichkeit auf das Wasser zu gelangen und die beeindruckende Hafenkulisse zu erleben. Der Steg dient auch als Ein- und Ausstiegspunkt für Kanuten oder andere Wassersportler.
Das Verkehrskonzept baut auf das Vorhandene auf und versucht über die bauliche Ausgestaltung Nutzer gezielter als bisher zu lenken und zu sensibilisieren.
An der Kreuzung zur Rheinfähre wird ein breiter Bereich als Shared-Space-Fläche über Aufpflasterungen optisch hervorgehoben. Durch eine moderate Verbreiterung der Straße gegenüber dem Fährhaus ist genug Raum zum Begegnungsverkehr. An besucherstarken Tagen sorgt die Masse an Fuß- und Radverkehr für eine Entschleunigung des motorisierten Verkehrs.
Zufahrender Fährverkehr wird an der Aufweitung des Festplatzes als Linksabbieger von der Rheinstraße abgeleitet. Die Umfahrung des Festplatzes ermöglicht eine Entzerrung des Verkehrs im Kreuzungsbereich an der Fähre. Durch eine Beschilderung und / oder elektronische Anzeige wird den Nutzern der Fähre die neue Wegeführung angezeigt und Informationen zur nächsten Abfahrtszeit geliefert.
Stellplätze werden nur noch an zwei Standorten im Hafengebiet angeboten. Die Hafenspitze verfügt über 70 und der Festplatz ca. 170 Stellplätze. Im Bereich der Bootsstege ist es in ausgewiesenen Ladezonen erlaubt zum Be- und Entladen für 30 Minuten zu halten. Uneingeschränkt dürfen Feuerwehr und Wasserschutzpolizei diese Zonen nutzen. Fahrradstellplätze werden unmittelbar bei den Gastronomieangeboten und im Bereich der Rheinwiesen vorgesehen.
Die bestehenden Gastronomieangebote werden durch den Entwurf gestärkt und können um weitere Angebote ergänzt werden. Alle Platzflächen bieten auch die Chance durch Foodtrucks und mobile Verkaufsstände das Angebot temporär zu erweitern.
Das Hafenareal wird im Jahresverlauf durch diverse Veranstaltungen genutzt. Das Fischerfest ist die größte Veranstaltung. Der Festbetrieb bringt besondere Anforderungen mit sich und kann mit dem Entwurf wie gewohnt stattfinden. Großflächige Angebote im Bereich des Baumdaches können verlagert werden, da die Plätze im Bereich der Hafenspitze aufgeweitet werden. Die Rheinwiesen stehen weiterhin als Wohnpark für die Schausteller zur Verfügung. Die räumliche Ausdehnung soll in einem verträglichen Rahmen stattfinden. Zugmaschinen, Auflieger und Hänger können alternativ seitlich entlang der Pfälzer-Straße abgestellt werden.
Im Bereich der Hafenspitze wird in geringem Umfang in den Retentionsraum eingegriffen. Durch den Rückbau des vorgelagerten Damms der Rheinwiese werden die Verluste ortsnah ausgeglichen.
In unserer Vision des Hafenareals nimmt der Anteil an Grünflächen und Bäumen eine zentrale Rolle bei der Gestaltung ein. Auch Schotterrasen erhöht als befahrbarer Belag den Grünanteil. Der Entwurf behält bestehende Flächenzuordnungen bei. Er ist modular und in unterschiedlicher gestalterischer Qualität umsetzbar. In den Shared-Space-Flächen sind Belagswechsel unverzichtbar. Die durchgängige Uferkante wird durch ein umlaufendes Band akzentuiert. Das bestehende Natursteinband bleibt dazu erhalten und um eine großformatige Plattenreihe ergänzt. Alle Ausstattungselemente wie Leuchten, Bänke, Papierkörbe werden innerhalb dieses Bandes angeordnet.
Der Entwurf zur Umgestaltung der Hafenspitze in Gernsheim zeigt, wie der Charakter eines jahrzehntelangen industriell genutzten Hafenareals dem Betrachter sichtbar bleiben und darüber hinaus auf der gesamten Hafenspitze und den angrenzenden Flächen der Rheinwiesen Potentiale ausgeschöpft werden können, die den heutigen Bedürfnissen Erholungssuchender entsprechen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee einer ausdifferenzierten Erschließung der Wasserlagen bei Erhaltung des industriell und kleinteilig geprägten Gebietscharakters überzeugt die Jury. Der kreative Umgang mit der Topografie stellt einen eigenständigen Beitrag zur Gestaltung des Uferbereiches am Fähranleger dar. Allerdings wird die Topographie zulasten des zur Verfügung stehenden Retentionsraums verändert. Aufgrund der restriktiven Haltung der Genehmigungsbehörde erscheint diese Maßnahme schwer umsetzbar.

Der Auftakt der Rheinstraßen-Achse am Ufer und die Ausbildung einer Eingangssituation am Fähranleger sind gut gelöst. Die Anbindung an die Innenstadt und den Schöfferplatz sowie die Ausbildung der Allee sind demgegenüber nicht konkret ausformuliert.

Der Bereich um den Fähranleger wird durch großzügige Rasenstufen und einen Aussichtsbalkon Richtung Rheinufer flankiert. Die Gastronomie im Fährhäuschen erhält eine neue stadtseitige Terrasse für Außensitzplätze. Ein grüner Balkon leitet von den Rasenstufen auf den eigentlichen Bereich der Hafeninsel über. Ein neuer unterer Uferweg ermöglicht mit der Promenade auf bestehendem Niveau ein differenziertes Erleben der Rheinlage. Demgegenüber wird die östliche Hafeninsel sowie die Inselspitze wenig überzeugend und prägnant entwickelt.

Die vorgeschlagene Verkehrsführung im Bereich des Fähranlegers wird im Preisgericht kontrovers diskutiert.

Den dargestellten Elementen zur Erschließung der Wasserlagen fehlt ihre wasserbauliche Überprüfung in Bezug auf Nutzbarkeit und Widerstandsfähigkeit bei wechselnden Wasserständen (unterer Uferweg,Steiger).

Insgesamt fehlt der Arbeit eine übergeordnete und ablesbare Idee und ein überzeugendes Angebot für verschiedene Nutzergruppen.

Die Einhaltung des Kostenrahmens durch die dargestellten Maßnahmen wird angezweifelt.