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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2019

Wohnen findet Stadt - Elisabethstraße / Bachstraße in Düsseldorf

1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

WIENSTROER ARCHITEKTEN STADTPLANER PartGmbB

Architektur

scape Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Görtzen Stolbrink & Partner mbB, Beratende Ingenieure für Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

„Das Stadt-Haus“

Die Bebauungsdichte im Stadtteil Bilk ist sehr hoch, die Baublöcke sind hermetisch geschlossen, der Anteil von Vegetation im Außenraum ist trotz Florapark gering und die öffentlichen Nutzflächen sind steinern und wenig einladend. Die Innenhöfe sind meist durchgängig bebaut und mit unterschiedlichsten Nutzungen fast 100% aufgefüllt.
Den neuen Blockrand entwickeln wir als erweiterte mäandrierenden Wohnschleife auf einem breiten durchgängigen Sockel mit Schul-, Kita- und anderen Sonderfunktionen. Zur Entfaltung von sozialem Leben und Gemeinschaftlichkeit halten wir den gesamten Innenraum frei von Bebauung.
Wie kann ein heute neu geplanter Baublock zukunftsfeste Antworten geben auf die hochgradig differenzierten Fragestellungen der hier gestellten komplexen Aufgabe. Die Mischung aus unterschiedlichsten Wohn- und Lebensformen, Schule und Kita, Pflege und Fürsorge für Menschen aus dem Viertel soll den Wohnstandort stabilisieren und vor allen Dingen die Lebensqualität steigern. Die Unité d’Habitation hatte dies Ende der 40ger Jahre schon versucht.

Die negativen äußeren Bedingungen dürfen nicht dazu führen, mit abweisender Haltung den zukünftigen Innenraum zu schützen. Der neue Blockrand muss sowohl nach Innen und als auch gleichermaßen nach Außen positive Wirkung auf die Umgebung entfalten.

Wohnungen und Dichte

Die hohe Dichte einer Blockrandbebauung erreicht man durch senkrecht zum Blockrand stehenden Erweiterungsbauten. Mit diesem Motiv entwickeln wir eine kammartige tieferen Baustruktur, die zu einem geschlossenen Blockrand verbunden werden. In den Außenbereichen der Kammstruktur positionieren wir die Erschließung als Schachteltreppen und erhalten dadurch 2 baulich voneinander getrennte Rettungswege. So gestalten wir 5 Wohncluster, deren Wohnungen sich um das Treppenhaus ähnlich einer Traube gruppieren. Es ensteht eine große Vielfalt von unterschiedlichen Wohnungen und deren Kombination. Die Eckbereiche werden als Sondertypen mit einer Laubengangerschließung verbunden. Alle Wohnungen reagieren auf besondere Weise auf die schwierige Mischung aus Schallschutzfragen und Belichtung. Die Regelgeschosse wiederholen sich in 5 Ebenen und eignen sich mit den kurzen Spannweiten und ihrer gleichmäßigen Geometrie für die Ausführung als Holzbau. Die Wohncluster lassen sich sowohl für Gruppenwohnungen, Wohngemeinschaften, Mini- oder Pflegeappartements und 2 bis 5 Zimmerwohnungen aufteilen. Oberhalb des Büros für „Ambulante Pflege“ können in den Laubengangtypen der Südecke insbesondere Pflegeappartements auch in unterschiedlichen Größen angeboten werden. Wohngemeinschaften für Jugendliche können in der nördlichen Gebäudeecke störungsfrei angeordnet werden. Die vorgeschlagenen Typen für das Gruppenwohnen werden in einem zusammenhängenden Gebäudebereich integriert und können je nach innerer Aufteilung 6 bis 8 Personen aufnehmen. Hier kann sowohl das Thema des pflegeorientierten Gruppenwohnens als auch des „Beginenwohnens“ mit eigenem Gartenhof auf dem Dach über EG realisiert werden.
Im weit zurückgesetzten Staffelgeschoss, welches an der Bachstraße und Bilker Allee 1- geschossig und an der Elisabethstraße 2-geschossig ausgebildet wird, bieten wir zusätzlichen Raum für größere 4 bis 5 Zimmerwohnungen und einige besondere 2-geschossig geplante 4 Zimmer Atelierwohnungen z.B. insbesondere für Künstler an. Damit tragen wir der städtebaulichen Position des Gebäudes an der Elisabethstraße in Bilk mit seiner besonderen Quartiersmischung Rechnung. Der Straßenraum wird aufgrund seiner Nord-Südausrichtung kaum verschattet. Der Fußgänger nimmt die Höhe des Gebäudes durch den großen Rücksprung des Dachgeschosses nicht als störend wahr.
Eine Realteilung ist in verschiedenen Aufteilungen möglich. Unser Vorschlag realisiert die Realteilung in 3 Hauptteile. Der zusammenhängende Mittelteil mit 62 Wohnungen und darunterliegender Kita liegt an der Elisabethstraße. Die Tiefgarage ist entsprechend aufteilbar. Weiter andere Aufteilungen sind möglich.

Konstruktion und Kosten

Das Erdgeschoss als breite Gebäudebasis wird genauso wie das Kellergeschoss als Massivbau aus Beton hergestellt. Die Erdgeschoss mit einer lichten Raumhöhe von 3 Meter wird mit einer zusätzlichen Konstruktionsebene zur Aufnahme von lastverteilenden Unterzügen ergänzt. In den Deckenfeldern dieser Tragebene können Rohrführungen oder Einbauten für den inneren Schallschutz erfolgen. Die Struktur ermöglicht eine einfache Lastübertragung und Aufnahme der wechselnden Rastermaße des Wohnungsbaus mit kurzen Spannweiten im Gegensatz zu Schul- oder Kindergartenrastern mit großen Raumclustern. Die Tagepflege, das Büro für Ambulante Pflege und weitere Funktionen wie Läden, kleinteilige Büro-und Werkstattflächen, ein Restaurant, das Quartiersbüro mit Gemeinschaftsraum und auch die Mobilitätsstation vervollständigen die Erdgeschosszone zu einer typischen Bilker Mischung.
Alle Gebäudeteile oberhalb der Erdgeschossebene werden als Holzbau realisiert. Die Außenwände werden zum Teil als Holzrahmenbau oder Massivholzkonstruktion je nach Belastungsfall hergestellt. Die Fassade wird hinterlüftet mit einer Putzträgerplatte und farbiger Strukturputzbeschichtung realisiert. Die Innenbekleidung erfolgt mit einer GK-verkleideten ausgedämmten Installationsschicht. Die Decken werden als Brettsperrholzdecken mit Industriesichtqualität und einer gebundenen Splittschüttung mit schwimmender Estrichauflage hergestellt. Die Holzbauweise berücksichtigt sowohl die Frage der Decarbonatisierung und Co2-Neutralität, die Aspekte des „Nachhaltigen Bauens“ und des einfachen späteren Rückbaus als auch der Wirtschaftlichkeit durch Verteuerung von Betonprodukten und der Geschwindigkeit und Umgebungsbelastung durch die Baustellenphase. Das gesteckte Baukostenziel ist aller Voraussicht nach auch z.B. durch den Verzicht auf Sonderkonstruktionen wie Schallschutzloggien und pflegeintensiven „Wintergärten“ einzuhalten. Ein späterer Wandel z.B. der feststehenden Verglasung als öffenbare Fenster, bedingt durch spätere Reduktion der verkehrlichen Schallemissionen als Folge von E-Verkehr ist dann problemlos möglich.

Freiraum

Das Freiraumkonzept folgt dem Prinzip des „Urban Jungles“. Die differenzierte Architektursprache wird im Innenhof auf allen Ebenen in eine üppige Landschaft übersetzt, die sich auch auf die großflächig begrünten Fassaden erstreckt. Befestigte Flächen werden auf ein Minimum reduziert, das Grünvolumen maximiert. Diese urbane Landschaft wird bewusst als Gegenwelt zur pulsierenden Großstadt gestaltet und steigert die Wohn- und Lebensqualität an diesem zentralen Ort. Das architektonische Konzept erlaubt es uns, den gesamten Innenhof von Bebauung freizuhalten und auch nicht durch notwendige Rettungsverkehre einzuschränken. Abgeschottet vom Umgebungslärm entsteht im Innenhof eine eigene Welt aus schattenspendenden, bizarren Bäumen, wilden Blütensäumen und darin eingebetteten Spiel- und Gemeinschaftsinseln. Alle Funktionen wie Wohnen, Sondernutzungen, Schule und Kita öffnen sich konsequent zur „urbanen Landschaft“. Der gesamte erdgeschossige Innenhof dient für die gemeinschaftliche Nutzung aller Bewohner. Hier können alle Bewohnerinnen und Bewohner die zur Verfügung stehenden Freiräume gleichermaßen nutzen und auch verändern und mitgestalten. Das milde Innenhofklima ermöglicht eine üppige, naturnahe Bepflanzung mit standortgerechten, blütenreichen, ein-und mehrjährigen Pflanzen. Klimabaumarten sorgen für eine exotisch anmutende Atmosphäre. Angebote wie Hängematten, eine flexible Möblierung und kommunikative Gemeinschafsbänke laden zur spontanen Aneignung, zum Gärtnern und zum Nachbarschaftstreff ein. Das Kitaaußengelände öffnet sich durch mehrere Tore flexibel zum Innenhof, so dass auch die Nutzung der anderen Spielangebote im Hof durch die Kita möglich wird. Andersherum könnte mittels eines Patensystemes analog zu den Düsseldorfer Spielplatzcontainerpaten auch das Kitaaußengelände während der Schließungszeiten und am Wochenende unter der Aufsicht der Paten für die Gemeinschaft geöffnet werden.
Die Dachgeschosszonen über dem EG dienen einerseits der gemeinschaftlichen Freiraumnutzung durch die direkt angeschlossenen Wohnbereiche und gleichzeitig der klimatischen Verbesserung der Microhöfe. Auch alle anderen Dachbereiche werden zum Zweck von Gartennutzungen für die Bewohner erschlossen; das oberste Dach wird extensiv begrünt. Alle Dächer dienen als Retentionsdächer und tragen zum Klimaschutz und Erhöhung der Artenvielfalt in der Stadt bei.

Schallschutz

Der Schallschutz wird durch eine einfache und mit geringem Aufwand herstellbare und zu pflegende Konstruktion und Struktur realisiert. Das Besondere ist, dass die Grundrissanordnung auch zur lauten Seite öffenbare Fenster erlaubt. Es werden auch Fenster zu schutzbedürftigen Räumen orientiert. Diese sind allerdings nicht öffenbar und über einen kleinen Balkon von außen zu pflegen. Der Balkon dient gleichzeitig als Erweiterung z.B. der abgeschlossenen Küchen oder Flure. Die auskragenden Balkone werden durch eine variierende Rahmenkonstruktion eingefasst. In die Balkonkonstruktion werden permanente Grünelemente integriert. Weitere schlanke vorgehängte Rahmenkonstruktionen im Bereich der Treppenhäuser nehmen großflächige Fassadenbegrünungen auf, die in einem bewässerten Pflanztrog in den Dachrand integriert über dem Erdgeschoss angepflanzt sind.
Die Strukturierung und Ausbildung der Fassade wirkt zur Straße wie ein „Eierkarton“, der die Reflexion des Schalls absorbiert und den Schallpegel reduziert. So verbessert auch das Gebäude den Straßenraum mit reduzierter Schallreflexion.
In Inneren sorgen die strukturierten Fassaden und gekerbten und nicht parallelen Außenfassaden für eine Verringerung der Schallreflexion im Innenhof und verbessern die Ruhe im Hofraum.

Brandschutz

Der Wohnkomplex ist der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen und wird mit einer eingeschossigen Großgarage unterbaut. Die Befahrung des Innenhofes wird vermeiden, da alle Rettungswege baulich sichergestellt werden. Hierzu sind an jedem Kern zwei innenliegende Treppenräume als Schachteltreppen vorgesehen. Diese werden jeweils unabhängig ins Freie geführt. Die Sondernutzungen sind erdgeschossig vorgesehen, so dass zusätzliche direkte Ausgänge ins Freie vorhanden sind.
Das Gebäude wird bis zur Decke über dem Erdgeschoss und in allen darüber liegenden Erschließungskerne feuerbeständig in massiver Bauweise errichten. Für die angrenzenden Wohnbereiche wird eine Holzbauweise entsprechend § 26 (3) BauO NRW vorgeschlagen.
Die Clusterbildung in der Schule entspricht der Düsseldorfer Schulbaurichtlinie. In der Kindertagesstätte verfügt jeder Gruppen- und Nebenraum über direkte Ausgänge ins Freie oder zu Rettungswegen, so dass ein nutzbarer Spielflur in allen Bereichen möglich ist. Aufgrund der eingeschossigen Planung der Tiefgarage ist eine selbsttätige Feuerlöschanlage nicht erforderlich.