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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2007

Kooperatives Planungsverfahren Landschaftspark Belvedere

Konzeptplan

Konzeptplan

1. Preis

Lohrberg Stadtlandschaftsarchitektur

Landschafts- / Umweltplanung

  • Mitarbeitende:

    Dirk Meiser, Axel Timpe, Christiane Humborg, Dr.-Ing. Landschaftsarchitekt Frank Lohrberg Dipl.-Ing. Landschaftsarchitektin Christiane Humborg Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt Dirk Meiser Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt Axel Timpe Cand. -Ing. Tabea Schmid

Erläuterungstext

Landwirtschaftspark Belvedere


Grüngürtel und Landwirtschaftspark
Der Landschaftspark Belvedere bildet den Lückenschluss im Äußeren Grüngürtel Köln und stellt gleichzeitig die Verbindung her zu der westlich der Autobahn A1 gelegenen offenen Agrarlandschaft. Er ist Verbindungsstück und Gelenk in dem übergeordneten Freiraumkonzept RegioGrün der Regionale 2010. Aus dieser Position heraus entwickelt sich die räumliche Grundstruktur und das Thema des Landschaftsparks.
Zunächst wird das den Grüngürtel in Gänze prägende Gestaltungsprinzip übernommen, wonach Waldparzellen den Grüngürtel nach Außen hin abschirmen und nach Innen hin die wichtigen Erholungsflächen rahmen. Diesem Prinzip folgend erhält auch der Landschaftspark Belvedere einen starken Rahmen aus Waldparzellen. Dazu wird der Bestand leicht ergänzt, der mit Gehölzen bewachsene Autobahndamm geht in der Rahmenfigur auf.

In den Waldrahmen schreibt sich die östliche Spitze des Agrarlandschaftskorridors ein, wodurch der Landschaftspark sein Thema findet. Anders als in angrenzenden Grüngürtelbereichen ist dies nicht die alleinige Erholungsnutzung mit Wiesen-, Wasser-, Spiel- und Sportflächen. Hier wird vielmehr die landwirtschaftliche Nutzung zum Thema gemacht, kultiviert und in Szene gesetzt. So erhält der Äußere Grüngürtel einen neuen Baustein, der sich formal in die Gesamtfigur integriert, der aber thematisch neue Wege geht. Ein Landwirtschaftspark entsteht, dessen Räume zweierlei leisten: zum einen Produktionsstätte zu sein, zum anderen aber auch Erlebnisraum für Erholungssuchende.

Mit dem Max-Plank-Institut steht dazu ein idealer Partner zur Verfügung. Das Institut beackert bzw. „bespielt“ bereits heute den Großteil der Flächen des Parks, es steht den Anliegen der Erholungssuchenden offen gegenüber und begreift darüber hinaus auch das Erscheinungsbild seiner Felder als Teil seiner Öffentlichkeitsarbeit. Diese seltene Kooperationschance sollte konsequent genutzt werden, um über die Regionale 2010 einen neuen Typ Park aufzubauen, in dem es weniger um eine Anreicherung mit klassischer Erholungsinfrastruktur geht, sondern vielmehr um eine Inszenierung der landwirtschaftlichen Nutzung.

Räumliches Gerüst, Erschließung und Anbindung
Durch den Waldrahmen, der die agrarische Nutzung gleichsam einfängt, entsteht ein lebendiger Kontrast zwischen geschlossenen Randbereichen des Parks und einer offenen Mitte, in der das MPIZ mit dem Gut Vogelsang im Sinne einer „Domäne“ besonders zur Geltung kommt.

Der Äußere Grüngürtel findet neben dem Waldrahmen durch einen neuen Hauptweg, den „Parkweg“ zu neuer Geschlossenheit. Dieser Parkweg verläuft auf der Belvederestraße und dem Vogelsang-Weg. Im Süden knüpft er an die Grüngürtelflächen von Müngersdorf an, im Norden wird eine neue Anbindung an die Grüngürtelflächen von Bocklemünd geschaffen.
Entsprechend seines historischen Verlaufs erschließt der Parkweg die Festungsanlagen des ehemaligen Rayons und verbindet damit die für die Erholungsnutzung und die Umwelt- und Agrarpädagogik wichtigen Punkte Freiluga, Gut Vogelsang und Fort IV. Zur Herausstellung und besseren Ablesbarkeit des Weges wird der Parkweg in der offenen Flur von einer Baumallee begleitet. Hier erhält der Parkweg zudem parallel verlaufenden Rad- und Fußweg, so dass die Parkbesucher sicher durch den Park geleitet werden.

Die vorhandenen Wirtschaftswege, Rad- und Wanderwege, die Routen der Grünzüge ‚Am alten Rhein‘ und ‚Neue Energien‘ sowie der Jakobsweg werden zu einem Wegenetz ergänzt, das den Park in seiner Tiefe erschließt und gleich einem Spinnennetz in seiner Umgebung verankert. Wichtige Wege wie die nach Widdersdorf und Vogelsang werden ebenfalls durch Baumreihen betont und in ihrer regionalen Bedeutung unterstrichen.

Durch Gehölz- und Blühstreifen wird zur Regionale 2010 ein Rundweg um die „Domäne“ besonders herausgearbeitet. Der Rundweg teilt sich in einen „Waldweg“ in der östlichen und einen „Felderweg“ in der westlichen Hälfte des Parks.
Der Waldweg führt zur Kante der Niederterrasse, er eröffnet schöne Blicke auf das Gut Vogelsang und bindet den Hain mit den Ruinen alter Flagstellungen ein. Der Felder- Weg erschließt die Weite des Raumes, er führt durch das Patchwork der Felder, er ist der schöne Umweg.

Der Felderweg wird neben den Blühstreifen durch mehrere „Belvederes“ betont und in seinem Verlauf kenntlich gemacht. Die Belvederes stellen Aussichtspunkte dar, durch die die Parkbesucher neue Aus- und Einblicke in den Landwirtschaftspark erhalten. So wie der Park in Gänze ein Stück Agrarlandschaft überhöht, so verstehen sich auch die Belvederes als artifizielle Fortschreibung eines profanen Agrarelementes, nämlich dem eines Hochsitzes. Dessen Elemente (Stangenholz, Brettersitze) werden transformiert (Aluminiummasten, Holzplattformen) und neu komponiert. So entstehen leichte und dennoch auffällige Parkarchitekturen, die über ihre Funktion hinaus auch etwas von der Gesamtidee des Parks erzählen. Insofern verstehen sich die Belvederes auch als Informationsträger zur Regionale 2010.

Der Entwurf sieht vor bis 2010 vier Belvederes zu errichten, wobei jeder Aussichtspunkt ein eigenes Programm und eine eigene Gestalt erhält:
- Der Belvedere „Domblick“ bietet mit einer Plattform in 9 m Höhe einen imposanten Überblick über die Landschaft bis hin zum Kölner Dom. Gleichzeitig markiert der Aussichtspunkt auch die Wegeverbindung zum Regio-Grünzug am Alten Rhein.
- Ein ähnliches Thema hat der Belvedere „Blickfang“, er markiert die Verbindung zum Grünzug „Neue Energien“. Ein Fahnenmast signalisiert Besuchern, die sich über dem Grünzug dem Park nähern schon von Weitem den Eintritt in den Landwirtschaftspark.
- Der Belvedere „Felderblick“ liegt am Südrand des Grüngürtelwaldes und wird von einer Plattform gebildet, die leicht erhöht über der Flur liegt. Der Belvedere inszeniert so den Wechsel von geschlossenem Wald und offener Flur sowie den Panorama-Blick über die Felder nach Süden zum Gut Vogelsang.
- Der vierte Belvedere („Wanderblick“) ist als mobiler Aussichtspunkt konzipiert, der mit einem Traktor immer genau dort aufgestellt werden, wo sich das landwirtschaftliche Nutzungsmuster besonders eindrucksvoll zeigt.

Freiluga, Gut Vogelsang und Fort IV
Die durch vielfältige Nachnutzungen überformten Fortanlagen Freiluga, Gut Vogelsang und Fort IV sollen wieder in ihrem historischen Zusammenhang kenntlich werden. Dazu dient zunächst der Parkweg, der alle drei Bereiche mit gleicher Logik erschließt. Querwege führen ins Innere der Anlagen, wo eine größere Freifläche als öffentliche Mitte fungiert. Durch behutsame Eingriffe in den Gehölzbestand werden die einzelnen Räume klarer gefasst, so dass auch die Struktur der ehemaligen Fortifikationen wieder deutlich wird.

Bei der Freiluga bildet der historische Schaugarten die Mitte der Anlage, seine ursprüngliche Gestalt sollte wieder stärker herausgearbeitet werden. Vom Garten aus führen Stichwege und ein kleiner Rundweg zur ehemaligen Baumschule, so dass dieser Bereich in das pädagogische Konzept der Freiluga integriert werden kann. Der Charakter der Baumschule könnte dabei im Sinne eines Waldlabors bewahrt und neu interpretiert werden. Einzelne Quartiere bleiben erhalten, andere werden der Sukzession überlassen, wieder andere werden im Sinne eines Experimentes mit neuen Gehölzen bepflanzt, z.B. um das Repertoire an Stadtbäumen zu erweitern, welche an die Klimaerwärmung angepasst sind. Hinweisstationen, die an einem Nord-Süd-Hauptweg aufgereiht sind, informieren die Parkbesucher über Hintergrund und Entwicklung des Waldlabors.
Die Wegeanbindung

Dem Gut Vogelsang und insbesondere der Wissenschaftsscheune wird ein neuer Lehrgarten des MPIZ vorgelagert. Hier können alte aber auch neue landwirtschaftliche Produktionsformen gezeigt werden. Wege verbinden Hofgut, Scheune und Garten, stellen aber auch die Querverbindung zum Parkweg dar. Das Wäldchen auf dem ehemaligen Fort wird behutsam geöffnet und steht den Parkbesuchern als Picknickwiese zur Verfügung. Gehölzpakete rahmen den Gesamtkomplex aus Gut, Lehrgarten und MPIZ, so dass dieser zusammenhängender in Erscheinung tritt und der Kontrast zwischen (historischer) Bebauung und Gärten einerseits und offener Felderflur andererseits gestärkt wird.

Das Fort IV liegt heute noch in einer Hinterhofsituation. Der Entwurf schlägt daher vor, den Parkweg bis zur Bahnlinie nördlich des Forts zu verlängern und dort unter Ausnutzung des Fortifikationsreliefs eine Unterführung zu errichten. Dadurch erhält der Grüngürtel eine neue starke Wegespange und die Grünflächen um die St. Johannis-Kirche können schlüssig in den Grüngürtel integriert werden. Von diesem Lückenschluss profitiert auch das Fort (samt Sportanlage), das nun im Schnittpunkt mehrerer Wege liegt. Zudem wird die Freifläche an der Ostflanke des Fort gestärkt (einheitliche Schotterrasenfläche, Betonung der Eingänge, Freilegung der rahmenden Böschungskante zum Wald hin), so dass das Fort eine neue Adresse für die Öffentlichkeit erhält.

Inszenierung der landwirtschaftlichen Nutzung
Die bisherige Ansätze, die landwirtschaftliche Flächen aufzuwerten, bestanden vor allem darin, die Flur strukturell anzureichern, z.B. mit Hecken oder Ackerrandstreifen. Der hier vorgestellte Entwurf geht einen Schritt weiter und versteht die agrarische Nutzung selbst als Element des Parks. Bei der Umsetzung der Parkgestalt wird der Landwirt zur Schlüsselfigur.

Die vierte Frucht
Schon jetzt ist die Feldflur geprägt aus einem Ackerflächen-Muster, das sich aus der Fruchtfolge Weizen - Zuckerrübe - Gerste ergibt. Diese Fruchtfolge wird um eine vierte, blühstarke Frucht ergänzt, so dass das Patchwork der Felder deutlicher, farbenfroher und abwechselungsreicher wird. Die Feldbewirtschaftung wird zu einem Erlebnis für die Augen und durch sie verändert der Park sein Erscheinungsbild Jahr für Jahr.
Die vierte Frucht stellt dabei keine Einkommenseinbuße für den pachtenden Landwirt dar, da marktgängige Produkte angebaut werden sollten, insbesondere Raps und Sonnenblumen, je nach Marktlage evtl. auch Ackerbohnen, Topinambur oder Mohn. Nach der Gerste, in frühen Jahren auch nach dem Weizen, werden zudem verstärkt Zwischenfrüchte gesät, da diese im Herbst und in milden Wintern oftmals noch schön blühen (z.B. Ölrettich, Phacelia) und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit erhöhen.

Der Parkwirt
Die Einführung der 4. Frucht und die Ausdehnung des Zwischenfruchtanbaus erfolgt in enger Kooperation mit dem Landwirt. Stadt und Landwirt arbeiten auf der Grundlage eines Spektrums möglicher Fruchtfolgen und eines Blühkalenders „Spielregeln“ aus, nach denen der Landwirt dann die Parzellen in Eigenregie bestellen kann. Pflügt, grubbert und sät der Landwirt, so entsteht nicht nur ein Nutzungsmuster, sondern immer auch ein neues Parkbild. Über die Initialmaßnahmen der Regionale 2010 hinaus kann diese Kooperation weiter entwickelt und ausgedehnt werden (Blumen zum Selberpflücken, Maislabyrinthe, betreuter Gemüseanbau, spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche).
Für das MPIZ bietet die Rolle als Parkwirt neue Chancen, die eigene Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren und für eine Weiterentwicklung der agrarischen Nutzung zu werben.


Zusammenfassung
”What is, is the great guide to what ought to be“ Joseph Spence, 1751
Das Konzept orientiert sich stark an den vorhandenen Nutzungen und Elementen. Mit wenigen gezielten Eingriffen entsteht ein einprägsames Raumgefüge aus rahmendem Wald und offener und bunterer Flur. Die landwirtschaftliche Nutzung wird nicht substituiert, sondern ganz im Gegenteil zum Agens und zum Exponat des Parks. Ein Landwirtschaftspark entsteht. Das Wegenetz erschließt die interessanten Punkte des Parks und bindet diesen in seine Umgebung ein. Die Belvederes zeigen pars pro toto das Prinzip der Überhöhung der Agrarlandschaft als Park. Gleichzeitig verkörpern sie die Gesamtidee des Belvedere-Parks, in dem sie neue Ausblicke und Perspektiven auf Landschaft und Landwirtschaft eröffnen.
Gestaltungskonzept

Gestaltungskonzept

Blick vom Belverdere \"Domblick\"

Blick vom Belverdere \"Domblick\"

Die Belvederes

Die Belvederes

Landwirtschaftspark

Landwirtschaftspark