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Offener Wettbewerb | 08/2004

Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum - Zentrale Universitätsbibliothek und Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin

Modell

Modell

4. Rundgang

Eingartner Khorrami Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau
Der Bau der Zentralen Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität ist einerseits ein anonymer Stadtbaustein am Rande der Friedrichstadt und andererseits als wichtiges öffentliches Gebäude ein Monument. Eine Balance zu schaffen im Spannungsfeld zwischen städtischer Textur und Objekt ist die Intention der Verfasser; mit städtebaulicher Selbstverständlichkeit und architektonischer Eigenständigkeit soll eine angemessene Haltung für den Neubau entwickelt werden, der, kontextuell im Stadtraum eingebunden, gleichwohl autonomes Haus bleibt.
Im Habitus ein großstädtisches Haus, ist durch die Proportion und die Maßstäblichkeit der Fassaden die Sondernutzung des Gebäudes jederzeit erkennbar und unterscheidet sich trotz spezifischer, orts-typischer Elemente aus dem Umfeld klar vom Erscheinungsbild der umgebenden Büro-, Wohn- und Hotelfassaden.
Durch die kompakte Form ergeben sich günstige wirtschaftliche Kenndaten.

Erschließung
Das Haus wird über insgesamt vier Eingänge erschlossen: Der Haupteingang für Besucher befindet sich an der südöstlichen Grundstücksecke an der Geschwister-Scholl-Straße. Ein über die gesamte Gebäudelänge entlang dem Bahnviadukt sich erstreckendes Foyer verbindet diesen Eingang mit einem weiteren Besucherzugang Richtung Max-Planck-Straße/ Bahnhof Friedrichstraße. Im Foyer befinden sich alle ohne Zugangskontrolle erreichbaren Infrastruktureinrichtungen des Grimm-Zentrums: Café, Zeitungsleseraum, Ausstellung, Informationsterminals, WCs und Garderoben. Die beiden Hörsäle sind als „Möbelstücke“ im Foyer so plaziert, daß sie - schaltbar - sowohl vom gesicherten, als auch vom nicht gesicherten Bereich aus genutzt werden können. An der nördlichen Grundstücksgrenze zur benachbarten Brandwand befinden sich die internen Zugänge, im Nordwesten auch die Anlieferzone und der Lastenaufzug. Der Direktionsbereich im 2. OG kann jedoch zusätzlich über eine interne Erschließungseinheit auch über das Foyer erreicht werden.
Wichtigstes inneres Erschließungselement neben der zentralen Aufzugsgruppe sind die beiden symmetrisch angeordneten offenen Treppenanlagen, die mit einläufigen Treppen alle Geschosse vom UG bis einschließlich 3. OG erschließen. Die großzügig dimensionierten geschlossenen vier Treppenräume, die auch als Rettungswege dienen, erschließen alle Geschosse. In den oberen Geschossen gibt es eingestreute einläufige Treppen, die kurze Verbindungen zwischen den Freihandbereichen ermöglichen. Die Buchgalerie im Lesesaal (die auch als Bibliographischer Apparat ausformuliert werden könnte) wird über Spindeltreppen vom Saal aus erschlossen. Kurze Distanztreppen von da aus führen ins 4. OG direkt zu den Carrels.
Alle Geschosse werden an zentraler Stelle vom Buchtransportsystem angefahren.

Organisation
Grundsätzlich ist das Gebäude geschoßweise horizontal und innerhalb der Geschosse ringförmig um den zentralen Lesesaal bzw. die Gebäudemitte organisiert. Im Erdgeschoß sind nach der Zugangskontrolle der zweigeschossige Leihstellenraum und die Lehrbuchsammlung angeordnet, ebenso ein Teil der Katalogfunktion in Form von Online-Rechercheplätzen. Entlang der beiden Gebäudeschmalseiten befinden sich die Bereiche Dokumentenanlieferung, der Technische Bereich und andere Mitarbeiterräume. Das erste Obergeschoß ist im Benutzerbereich ganz den historischen Beständen vorbehalten, kranzartig um diesen Bereich befindet sich die Betriebsabteilung, organisiert als natürlich belüftete Büroräume an den drei Außenfassaden. Im 2. Obergeschoß sind die EDV- und CMS-Einrichtungen konzentriert, in Grundrißmitte befindet sich der zentrale PC-Saal, der über Oberlichter und seitliche Treppenlichthöfe belichtet wird. An den kurzen Fassaden entlang wiederum sind die internen Räume angeordnet, Richtung Westen die Direktion, Richtung Osten die EDV-Abteilung. Ab dem 3. Obergeschoß nach oben bis zum 5. Obergeschoß entwickeln sich die Lesesäle mit Freihandbestand, dreigeschossigen zentralem Lesesaal und eingestreuten Leseplätzen sowie den Carrels und Gruppenarbeitsräumen.
Im 3. Obergeschoß, in unmittelbarer Nähe zum Zugang zum zentralen Lesesaal, befindet sich der Katalog (der in Verbindung zum Bibliographischen Apparat stehen soll, welcher wiederum in Nähe des Lesesaals sein soll, und deshalb nicht im EG, sondern im schnell zu erreichenden 3. OG angesiedelt ist). Ebenso sind die Bereiche Aktuelle Zeitschriften und Mikroformen auf dieser Ebene.
Im Untergeschoß befinden sich Kompaktmagazin und der größere Teil des Freihandmagazins, ein Teil des Freihandmagazins ist im 2. OG angeordnet.
Das Gebäude erfährt somit eine gewisse funktionale Zäsur zwischen 2. und 3. Obergeschoß: Der „klassische Bibliotheksbereich“ mit Lesesaal und Freihandbestand konzentriert sich in den oberen Geschossen mit Blick über das Bahnviadukt hinweg, die vielfältigen Infrastruktur- und Betriebseinrichtungen sowie Sondersammlungen sind im dreigeschossigen Sockel der Bibliothek untergebracht.

Lichtkonzept
Die großen Gebäudetiefen werden neben der stark verschattenden Fassade über den zentralen Lesesaal sowie über zwei symmetrisch angeordneten Treppenlichthöfen von oben belichtet. Die beiden Treppenanlagen entwickeln sich vom Erdgeschoß an geschoßweise nach außen versetzt, so daß bereits der zweite Treppenlauf Oberlicht erhält. Die Treppenanlagen enden im Lesesaalgeschoß und öffnen sich zu großzügigen Lichthöfen in den darüberliegenden Geschossen, zu denen Carrels und Arbeitsplätze orientiert werden. Weitere Carrels und offene Arbeitsplätze orientieren sich in den oberen Geschossen zum Luftraum des Lesesaals und erhalten so indirekt Licht von oben.
Für die historischen Bestände wird der Einfall von Tageslicht gänzlich vermieden; der historische Bereich orientiert sich deshalb ausschließlich zum künstlich belichteten Luftraum über der Leihstelle.

Fassade
Um den Buchbestand möglichst geringer direkter Sonneneinstrahlung auszusetzen, ist die Fassade mit tiefen, schrägen Leibungen als sich selbst verschattendes Relief konzipiert. Darüberhinaus sorgt Sonnenschutzglas für eine Reduzierung der Sonneneinstrahlung. Dies bewahrt trotz ständigem Sonnenschutz jederzeit den Bezug nach draußen und erfordert geringe Unterhaltskosten. An der Innenseite wird zusätzlich ein zentral gesteuerter, textiler Blendschutz eingebaut.
Durch Wechsel der Fensterformate und der Fassadenprofilierung wird die erwähnte, horizontal verlaufende Zäsur im äußeren Erscheinungsbild des Hauses nachvollzogen. Das Haus erhält so auf abstrahierte Weise eine klassische Zonierung im Aufriß: Während im Sockel die Horizontale dominiert, tritt in den drei oberen Geschossen die Vertikale in den Vordergrund.

Die Fassade wird mit großen, vorgefertigten Architekturbetontafeln bekleidet. Die Elemente sind in sich geknickt und werden an den Stößen geschlossen verfugt. Für die verdeckt angeordneten Fensterprofile werden Systemprofile aus Metall verwendet. Die Bürofenster sind mit öffenbaren Fensterflügeln ausgestattet (siehe Detail).

Materialität
Der mineralisch-gläsernen äußeren Materialisierung steht ein hölzern und gedämpft wirkendes inneres Materialkonzept gegenüber. Im Foyer ist ein Steinboden vorgesehen, in den Bibliotheksgeschossen Teppich, in einzelnen Bereichen wie Lesesaal und historischem Lesesaal Parkett. Die beiden Treppenlichthöfe sowie der Lesesaal sind „inneren Fassaden“ bekleidet, die das Motiv der äußeren Fassade in modifizierter Form aufgreifen. Die Fassaden bestehen aus Holzwerkstoffen (lackierte MDF- oder Sperholzkassetten). Die Oberlichtfelder sind von innen mit einer opaken Staubdecke verkleidet.

Baukonstruktion
Das Haus ist als reine Stahlbetonkonstruktion konzipiert. Durch Treppenhäuser und bis ins Kellergeschoß geführten Lichthofwände entsteht eine U-förmige Aussteifungsstruktur, welche in Verbindung mit der Außenwand und der Massivdecken als sehr stabilitätswirksame Kastenkonstruktion für das Gesamtgebäude wirkt.
Das Gebäude erhebt sich über einem regelmäßigem Stützenraster von 10,65 x 7,70m. Die Deckenkonstruktion spannt als Durchlaufkonstruktion jeweils über die 7,70m-Felder. Die Deckenstärke beträgt 30cm. Die 10,65m-Spannweiten werden mit Unterzügen unterstützt, so daß in Gebäudelängsrichtung die Gebäudetechnik in den abgehängten Decken verteilt werden kann (Geschoßhöhe EG bis 5. OG je 4,00m). Eine Querverteilung der Technik ist in den Zonen entlang dem Lesesaal, über den Carrels, möglich. Die tragende Außenwand hat eine Stärke von 25cm, die Auflagerpunkte der Unterzüge in Längsrichtung werden mit Wandvorlagen verstärkt, die sich im Grundriß nach außen in den Fassadenhohlraum entwickeln.
Die versetzten Treppenhauswände werden mit einer zusätzlichen Stützenreihe im 1. OG abgefangen. Das zentrale Oberlicht wird mit Stahlbindern in Querrichtung überspannt.
Eine Einzelgründung der Stützen wird mit Bohrpfahlgründungen realisiert. Es werden schätzungsweise ca. 4-6 Bohrpfähle pro Stütze mit einer 1-1,5m dicken Kopfplatte erforderlich sein.
Gebäudetechnik/ Ökologisch-energetisches Konzept
Im Sinne eines ökologisch nachhaltigen Gebäudekonzepts wird durch die kompakte Form und das günstige Verhältnis von BRI und BGF ein wesentlicher Beitrag zum wirtschaftlichen Betrieb des Gebäudes geleistet. Gute Dämmung, haltbare und wartungsarme Materialien, der Verzicht auf aufwendige und Sonnenschutztechnik und natürliche Belüftung, wo diese möglich ist, sind die wichtigsten Merkmale des ökologischen Entwurfsansatzes.
Die Flächen für die Raumlufttechnik sind sinnvoll aufgeteilt in Keller und Dach. Sie werden über große zentrale Schächte miteinander verbunden. Die zentralen Schächte werden über Bodenkanäle vom Technikraum an der Westseite des Gebäudes angefahren. Neben den Schachtflächen befinden sich in allen Obergeschossen Technikräume für Unterverteilung etc.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Perspektive

Perspektive

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Innen-Perspektive

Innen-Perspektive