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Offener Wettbewerb | 08/2004

Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum - Zentrale Universitätsbibliothek und Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin

3. Rundgang

ATELIER STEINER

Architektur

Erläuterungstext



Zielsetzung
Zielsetzung ist der Ausdruck einer absoluten Wertschätzung gegenüber dem Buch als Kulturgut. So wird der Bibliothek in ihrer Bedeutung als Speichermedium unsere Zivilisation Ausdruck verliehen. Dabei wird die Kommunikation mit der Außenwelt und der Dialog unter den Bibliotheksbesuchern selbst gefördert. Der Baukörper wird in den Mittelpunk der Gesellschaft gestellt:
Ein schwebender, samtig wirkender, geheimnisvoll geschlossener Monolith als Hüter des Kulturschatzes Buch.
Der Lesesaal als weltoffene, Ein- und Ausblick zulassende, integrative Fläche.
Das Erdgeschoss freundlich und offen, mit Café und Büchershops, einladend und den Dialog aufnehmend.

Städtebau
Städtebaulich wird der Ort in drei Betrachtungsebenen aufgeteilt:
1. die Ebene aus der übergeordneten Perspektive ( Stadt und Stadtviertel) - der Monolith,
2. die der Höhe auf Straßenniveau (mittelbare Kanten wie Straßenraum und direkte Nachbarschaft) - der Lesesaal und
3. die direkte Bezugseben (Fußgänger und des direkten Aufenthalts) - das öffentliche Erdgeschoss.

Diese öffentliche unterste Ebene lebt mit der direkten Umgebung. Die eingeschwengte Eingangskante ermöglicht eine Platzähnliche Situation zwischen Bibliotheksgebäude und Bahnviadukt. Dieses wird durch Ateliers und Bars zum Leben erweckt. Darüber der große Lesesaal, von hier der Blick auf die vorbeifahrenden Zuge - die Welt gleitet vorbei -, zum nahen Bahnhof und zur direkten Umgebung. Der Lesende spürt die Stadt. Rückzugsmöglichkeit bieten dabei die zur künstlerisch gestalteten Brandwand orientierten introvertierten Lesezellen. Diese Zellen bilden den Gegenpol zur weltoffenen eher extrovertierten großen Lesesaalfläche. Über allem schwebt der Monolith. In seinem Inneren befinden sich der geschützt liegende, teilweise zugängliche Schatz - die Bücher. Die Besucher können in ihn hinaufsteigen und die Bücher „besuchen“, sie ausleihen und ihr Wissen aufnehmen.

Gebäudekonzept
Gebäudekonzeptlicher Grundgedanke ist die offene großstädtische freie Fläche des Lesesaals im Kontrast zum geschlossenen eigenen Inneren des Monolithen. Das Erdgeschoss ist dabei eher Bestandteil des Fußgängerraums und bespielt diesen. Das Café (im Sommer erfährt es eine Ausweitung nach außen zur Promenade) und Büchershop, öffentliche Internetzugänge und der Veranstaltungssaal bereichern das direkte Umfeld. Diese befinden sich in teilweise fließenden Grenzen zueinander. Über eine großzügige, breite Treppe kommt der Besucher in den Lesesaal. Hier beginnt der Benutzerbereich. Das Bahnviadukt ist visuell erlebbar aber akustisch abgekoppelt und ermöglicht ruhiges Lesen und kurzes Aufblicken auf die Welt die vorbeifährt. Um dann wieder einzutauchen in die Welt des Buches. Von hier ist ein weiteres Hinaufsteigen in die Welt der Bücher möglich: In den Monolithen hinein. Die Farbigkeit des Monolithen ist innen wie außen gleich gehalten: Schwarz bis anthrazirt bei samtiger Haptik. Es unterstreicht so das besondere, fast schon geheimnisvolle Wesen.

Nachhaltigkeit
Durch eine ressourcenschonende, umweltgerechte und energiesparende Planung soll der Verantwortung von Anfang an Rechnung getragen werden. Durch möglichst ausschließliche Verwendung von recyclebaren und schadstoffarmen Baumaterialien und einem passiven Energiekonzeptes wird dies erreicht. Die Konzeption für Tragwerk und Ausbau achtet besonders auf wiedertrennbaren Konstruktionen. Die Fassaden sind so konzipiert, dass sie leicht auszutauschen sind und neuen technologischen Standards angepasst werden können.

Tragwerk und Gebäudetechnik
Die Tragkonstruktion ist wie folgt konzipiert:
Wände: Massive Treppenkerne und Wände im EG und 1.OG (Eingang und Lesesaal). In den Hauptgeschossen 2 – 4 siehe Monolith.
Decke über EG: 2-achsig gespannte Stahlbeton Hohlkörperdecke. Deckendicke ca. 80 cm. Deckenlagerung auf Stahlbetonwände (Kerne und Wände), Stahlstützen (Fassadenebene) und 4 Stützen im Bereich der Haupttreppe.
Monolith: Ein Stahlmegatragwerk bestehend aus einer Kombination aus Fachwerkträger in der Hauptragrichtung und in der Außenhaut und Rahmenträger (Vierendelsystem) in der Nebentragrichtung. Die Decken in den Geschossen 2 – 4 bestehen aus 30cm dicke Spannbetonhohlplatte mit einer Spannweite von ca. 8,10 m. Die Decken in Verbindung mit dem Stahltragwerk bilden in der horizontale eine steife Deckenscheibe.

Aussteifung:
Die Aussteifung erfolgt über das Gesamtsystem Treppenkerne-Monolit.

Schallschutz:
Zum Bahnviadukt ist die Verglasung zweischalig ausgeführt: Zum einen um eine 100% schalltechnische Abkopplung zu erreichen, zum anderen um die Zwischenschicht klimatisch dem Gebäude zukommen zu lassen.

Energiekonzept:
Vorgesetzte Einfachverglasung mit permanenter Hinterlüftung und im Abstand von 70 cm die eigentliche thermische Trennung. So entsteht eine akustische Abkopplung und gleichzeitig eine Pufferschicht zur energetischen Nutzung. In dieser zweischaligen Fassade befindet sich ein flexibler Sonnenschutz und ein Lüftungssystem welches ausgleichend wirkt. Lüftungsklappen im Erdgeschoss und im Dachbereich sorgen für eine natürliche Durchlüftung über die Haupttreppenanlage und somit wird eine thermische Aktivierung der Massen erreicht. Die Zuluft wird über Erdkanäle vorkonditioniert und in den Lesesaal eingeblasen. Die Haus- und Klimatechnik soll sich auf dem Level des technischen mögliche befinden ohne dabei aber im Vordergrund zu stehen. Sie sieht sich in einer reinen Funktionsrolle.

Im Vordergrund steht der Kulturbau Bibliothek - ein sichtbarer und erlebbarer Speicher unser Zivilisation.