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Mehrfachbeauftragung | 09/2008

Mehrfachbeauftragung Erweiterung der Realschulen zur Ganztagsschule mit Aula in Nürtingen

4. Rang

arabzadeh.schneider.wirth architekten

Architektur

Erläuterungstext

Das bestehende Schulzentrum, in den 1970 Jahren gebaut, stellt eine Fügung von kubischen Elementen, sowohl in der zweiten, wie auch in der dritten Dimension dar.
Die sich ergebende flächige und heterogene Gebäudestruktur verzahnt sich mit der Landschaft der Neckaraue.
Die Antwort bei der Suche nach der richtigen Form der baulichen Ergänzung ergibt sich aus einer Analyse der funktionalen Anforderungen.
Ein Solitär im Bereich der verbleibenden Neckaraue wäre bautechnisch leicht umzusetzen, jedoch um den Preis einer nicht verträglichen Bebauung der Neckaraue, sowie einer mangelhaften Anbindung an den Bestand.
Nachdem die Mensa mit Ganztagesbetreuung das „pulsierende Herz“ des Schulzentrums darstellt, ist eine Anordnung dieser Funktionen im zentralen Eingangsbereich des Schulzentrums zielführend.
Dort ist die Mensa oder auch Aula leicht aufzufinden und stärkt die Schulgemeinschaft aus Schülern, Lehrern und Eltern. Eine im rückwärtigen Bereich gelegene Mensa / Aula hat möglicherweise eine schöne, naturnahe Einbindung, kann jedoch der gewünschten Zentralität nicht gerecht werden.

Die Anbindung der Klassenzimmer an die Realschulen im Verhältnis 6:3 zugunsten der GSR spricht ebenfalls für eine Unterbringung im vorderen Bereich.

Städtebau
Die erforderliche Baumasse wird komplett in der Nähe des östlichen Eingangs- und Pausenbereichs angeordnet. Das bestehende Hausmeisterhaus kann nicht erhalten werden.
Die vorhandene kubische Komposition des Bestands wird mit einer kraftvollen, stringenten und linearen Struktur in Form eines schwebenden Riegels parallel zur Mühlstraße ergänzt.
Dies führt zu einer städtebaulichen und architektonischen Aufwertung der Gesamtanlage. Der Zugang zu den Schulen wird durch die gebildete Torsituation verstärkt.
Der Außenbereich erfährt eine subtile Gliederung, ohne dass zusammenhangslose, isolierte Freibereiche entstehen.
Der Bestand wird nicht zugedeckt, statt dessen wird seine Bedeutung als Hauptgebäude mit adressenbildender Funktion deutlich verbessert.

Mensa / Aula / Küche
Mensa/ Aula mit Küche und Nebenräumen erhalten ihren Platz an zentraler Stelle im Pausenhof. Ein stringenter, dem Duktus des Bestandes folgender Baukörper beherbergt Mensa und Küche samt notwendiger Infrastruktur.
Die Lage im Erdgeschoß, unmittelbar an die Zuwegung zu den Eingangsbreichen der beiden Schulen angrenzend, ist in idealer Weise geeignet, dem hohen Anspruch an die Zentralität dieser Funktion gerecht zu werden.
Der Speiseraum orientiert sich mit drei Seiten zum Schulhof und ermöglicht eine flexible und attraktive Außenbestuhlung, nach Osten überdacht, nach Süden unter Bäumen.
Die Mensa ist integraler Bestandteil des Schulzentrums mit eindeutiger und insbesondere neutraler Adresse und Orientierung und wird zum gemeinsamen Kristallisationspunkt für beide Schulen. Sie erfüllt die Funktion als Aula und Veranstaltungsbereich außerhalb der üb-lichen Schulzeiten, indem eine räumliche Trennung vom Schulbereich jederzeit möglich ist.
Die Ver- und Entsorgung der Küche erfolgt störungsfrei im Nordosten.

Klassenräume / Ganztagesbetreuung
Der aufgeständerte Riegel beherbergt im südlichen Bereich die Klassenzimmer einschließlich der naturwissenschaftlichen Räume, im nördlichen Bereich die Räume der Ganztages-betreuung. Durch die konsequente Anordnung der Klassenräume im 1. Obergeschoß ist die Erschließung über die bestehenden Eingangshallen vorgegeben.
Die überwiegende Mehrzahl der Klassenzimmer orientiert sich nach Osten. Die naturwissenschaftlichen Räume und insbesondere die Räume der Ganztagesbetreuung orientieren sich idealerweise nach Westen.
Die Anbindung an die beiden Realschulen erfolgt paritätisch über zwei transparente Verbindungsstege. Dies ermöglicht einen Rundlauf durch das gesamte Schulzentrum und bedeutet für beide Schulen eine direkte Anbindung der neuen Räume an ihren Bestand. Größere bauliche Eingriffe in die Struktur des Bestandes sind für die Umsetzung der Anbindungen nicht erforderlich.
Eine im Gelenk des Neubaus eingestellte Treppe schafft eine direkte Verbindung zur darunter liegenden Mensa. Die Lage der Treppe wurde so gewählt, dass daraus keine Adressen¬bildung abgeleitet wird, wenngleich die Anbindung der nördlich gelegenen Lehrerparkplätze sowie der gedeckten Fahrradabstellplätze zu einer Nutzung durch Schüler und Lehrer führen kann, sofern sie im Neubau untergebracht sind.

Werken
Die beiden geforderten Werkräume mit zentralem Maschinenraum werden an den bestehenden Werkbereich angegliedert, indem parallel zur Mühlstraße ein Anbau gestellt wird. Ein Werkhof, welcher in Teilen überglast werden könnte, ergänzt das Raumprogramm und kom-plettiert das Ensemble.

Barrierefreiheit / Aufzug
Im Bereich der Außenanlagen wird über Rampen die notwendige Barrierefreiheit hergestellt. Im Bestand wird vorgeschlagen, den Aufzug im Bereich der Halle 3 (NRS) anzuordnen. Durch eine Verschiebung der Differenztreppe nach Norden entsteht der notwendige Bewe-gungsraum für einen Aufzug, welcher alle Ebenen anbindet. Damit wäre eine Barrierefreiheit im gesamten Bereich des 1. und 2. Obergeschosses gewährleistet.
Die EG-Halle im Bereich der GSR ist über den Einbau einer Rampe oder eines Treppenliftes im Bereich der Differenztreppe barrierefrei zu gestalten.

Materialität
Die Ergänzung der Neckarrealschule erfolgt in Bezug auf Architektur und Materialität auf Augenhöhe. Die orthogonale Anordnung der Erweiterung folgt dem Duktus des Bestandes.
Wenige und knappe Details bestimmen das Erscheinungsbild des Neubaus.
Eine vorgehängte Fassade aus schiefergrauen Faserzementplatten unterstreicht die Linearität des schwebenden Riegels und führt zu einem repräsentativen und eleganten Erscheinungsbild der Realschulen.
Die Innenräume erhalten ein warmes, wohnliches Inneres, welches geprägt ist von strukturierten Schalungen aus naturbelassenem Nadelholz an Wänden und Decken. Der Bodenbelag ist als eingefärbter Holzestrich vorgesehen.

Tragwerk
Das Tragwerk des Anbaues besteht aus Stahlbetonflachdecken und Stahlbetonstützen. Das regelmäßige Stützenraster beträgt ca. 8,00 m auf 8,00 m. Daraus ergibt sich eine Plattendicke von ca. 38 cm. Um Gewicht und Kosten zu sparen, können die Platten als „Cobiax-Flachdecken“ ausgeführt werden.
Die Schrägstützen im Außenbereich des Erdgeschosses sind mit einem im Boden liegenden Stahlbetonbalken verbunden. Der Gebäuderiegel liegt auf einem Rahmentragwerk. Dieser Rahmen nimmt neben den Vertikallasten aus den beiden Flachdecken auch Horizontallasten aus Wind, Schiefstellung und Erdbeben auf.
Die Aussteifung des Tragwerkes gegen Horizontalkräfte ist durch die Rahmen gegeben. Für die orthogonale Richtung stehen im Bereich der Nebenräume ausreichend viele Wandscheiben zur Verfügung. Die Decken wirken als Scheiben. Nürtingen liegt in der Erdbebenzone 1. Die rechnerische Intensität aus Erdbeben wird gemäß der Karte der Erdbebenzonen als relativ gering eingeschätzt

Energiekonzept
Es wurde ein Energiekonzept entwickelt, das dem Anspruch der Nachhaltigkeit bezüglich Schonung unserer Energie-Ressourcen und der Betriebskosten entspricht.
Die nach Osten und Westen orientierten Klassenräume ermöglichen in Verbindung mit einem hohen Verglasungsanteil eine nahezu optimale Nutzung von Tageslicht und passiver Solarenergie. Die Nutzung des natürlichen Tageslichts wird durch ein tageslichtreflektierendes Sonnenschutzsystem an den Fenstern erhöht. Präsenzmelder und eine tageslichtab¬hängige Beleuchtungsstärke-Regelung reduzieren darüber hinaus den Stromverbrauch für Kunstlicht erheblich.
Um die Verkehrslärm-Immissionen der nahen Straße und den Lüftungswärmeverlust zu minimieren, sollen die Klassenräume mit einer mechanischen Be- und Entlüftung mit Wärme-rückgewinnung versehen werden. Diese Lüftungsanlage gewährleistet weiterhin den für eine hygienische Raumluft erforderlichen Luftwechsel, ohne die Fenster während des Unterrichts zu öffnen.
Ein auf den Wärmebedarf schnell reagierendes Heizsystem in Verbindung mit Präsenzmeldern und Fensterkontakten ermöglicht es, die einzelnen Räume lediglich während ihrer tat-sächlichen Nutzung zu beheizen. Diese Regelstrategie führt zu einer erheblichen Heizenergieverbrauchs-Reduzierung und „erzieht“ die Nutzer des Gebäudes zu einem bewussten Umgang mit Energie.
Die Abluftanlage der Küche und die Außenluftüberströmöffnungen werden mittels eines „Kreislaufverbundsystems“ miteinander verbunden, so dass die einströmende Außenluft über Luft/ Wasser-Wärmetauscher, die über einen Wasserkreislauf mit dem in der Abluft befindli-chen Luft/Wasser-Wärmetauscher verbunden sind, vorgewärmt wird. Dieses System reduziert die aufgrund der sehr hohen geforderten Luftwechselraten entstehenden Lüftungswär-meverluste erheblich.
Ein solarstrahlungsabhängig gesteuertes Sonnenschutzsystem und die massiven Innenbauteile, die über den Tag Wärme aufnehmen und speichern, verhindern einen übermäßigen Anstieg der Raumlufttemperatur während sommerlicher Hitzeperioden. Die raumhohen opaken Lüftungsflügel erhalten außenliegende, feststehende Lamellen, die eine sommerliche Nachtlüftung ohne die Gefahr von Schlagregeneintrag und Einbruch ermöglichen. Das Dach kann als Aufstellfläche für Photovoltaik-Module zur regenerativen Stromgewinnung genutzt werden, da es ganzjährig unverschattet ist.

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