modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 05/2009

Ellwangen Marktplatz - Städtebaulicher Ideen- und Realisierungswettbewerb

5. Preis

Kienleplan GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau/Architektur
Das städtebauliche Konzept wird bestimmt durch den Maßstab und die Vernetzung der historischen Stadträume. Die neuen Gebäude entlang dem Sebastiansgraben schließen die städtebauliche Kante zwischen historischer Altstadt (Stadtmauer) und nördlich anschließender ‚Neustadt‘. Die Körnung entwickelt sich aus der vorgefundenen Bebauung. Das Eckgebäude Sebastiansgraben/Obere Brühlstraße in 3-geschossiger Bauweise, das langgestreckte Gebäude Obere Brühl in 2-geschossiger Bauweise. Im Übergang zum Kino und Verbrauchermarkt wird eine oberirdische Parkgarage mit insgesamt 3 Ebenen vorgeschlagen, welche die Baumassen der angrenzenden Volksbank und des Verbrauchermarktes aufnimmt.
Der heute funktional in Marktgeschehen und Verkehrsbereich geteilte Markplatz wird wieder zu einem einheitlichen, durchgängigen Platz transformiert.

Café/Infopavillon
Der Halbkreis des Marktplatzes mit dem spannungsvollen Gegenüber von geistlicher Macht – Basilika- und weltlicher Macht – Stiftsrathaus (heute Landgericht) ist ein wunderbar ausbalancierter historisch-städtebauliches Ensemble. Die Solitärstellung des ehemaligen Rathauses vor dem Borgen der Bürgerhäuser darf durch einen neu in den Platz gestellten Baukörper nicht angetastet werden. Deshalb wird vorgeschlagen den Neubau des Marktpavillons an das westliche Ende des ‚Bürgerbogens‘ anzudocken. Die Nutzflächen des schlanken Baukörpers (8x17 m = 140 m²) vor der Kreissparkasse werden auf 2 Ebenen verteilt, auf Platzniveau Café und Infopavillon von Norden barrierefrei erschlossen und im UG Küche, Lager, Technik und Toiletten.
Das sehr starke Platzgefälle in diesem Bereich erlaubt die ebenerdige Anlieferung des UG’s vom Karl-Wöhr-Platz. Gleichzeitig wird mit dem um ca. 50 cm angehobenen Platz zwischen Pavillon und Kreissparkasse die unschöne Schleppstufen-Eingangssituation bereinigt. Die Architektur des Pavillons ist transparent und leicht – Materialien Stahl, Glas und textiler Sonnenschutz.

Die Historie ist an dieser Stelle durch das Bank-Gebäude bereits deutlich gestört. Bewusst
Der Jeningengarten und der Philipp-Jeningen-Platz werden mit ihren gewählten Oberflächen und raumbildenden Elementen in den historischen Kontext eingebunden. Der Marktplatz bezieht seine städtische Qualität durch die historische Gebäudekulisse und seiner Zentralität. Daher wird die Anbindung des Marktplatzes von Norden über den Sebastiansgraben umso wichtiger. Die barrierefreie Erschließung zwischen dem neu geplanten Parkdeck über Jeningengarten und Philipp-Jeningen-Platz zum Marktplatz und damit verbundene kurzen Wege erhöht die Attraktivität Ellwangens an zentraler Stelle.

Landschaft und Freiraum
Die heutige Situation entlang dem Sebastiansgraben wird dominiert von ruhendem Verkehr. Die historisch wichtige Stadtmauer, sowie der Klostergarten sind in ihrer raumbildenden Wirkung nicht mehr wahrnehmbar. Der Jeningengarten ist zu einer wenig attraktiven Restgrünfläche verkommen.
Umso wichtiger wird der Umschluss der historischen Altstadt über einen nahezu durchgängigen Grüngürtel (Schöner Graben – Sebastiansgraben). Zum einen wird damit der historische Stadtraum wieder erlebbar, zum anderen erfährt der Sebastiansgraben als zentrales Verbindungselement zwischen den Grünräumen Jagstaue und Schlossberg und als innerstädtischer Freiraum eine angemessene Aufwertung. Die Freiflächen des Klostergartens werden von zufälligem Bewuchs befreit und werden historisierend als formaler Rosen- und Staudengarten interpretiert.
Das Thema ‚Wasser in der Stadt‘ spielt in Ellwangen eine wichtige Rolle. Wesentliche Straßenknoten sind mit Brunnen unterschiedlichster Spielart besetzt. Die Erlebbarkeit von Wasser wird durch die Öffnung des verdolten Stelzenbaches erreicht. Der städtisch geprägte Wasserlauf mit seinen harten Ufern unterstreicht die historische Zäsur der (Stadt-) Grabenzone.
Spuren
Die wechselvolle Entwicklung des Marktplatzes soll nicht in Vergessenheit geraten. Die unterschiedlichen Stadien werden mit Hilfe verschieden interpretierter Belagsoberflächen in die neu gestaltete Platzfläche eingewoben. Baulichkeiten der historisch nachgewiesenen Kapellen werden neu in mit Wasserspielen besetzte Sitzpodeste interpretiert. Exemplarisch werden die wesentlichen Stadien aus dem 18. und 19. Jahrhundert dargestellt, welche das Platzgefüge in ihrer Ausgestaltung wesentlich prägten.
Die Basilika in ihrer inhaltlich-historischen Funktion und als Keimzelle der städtebaulichen Entwicklung Ellwangens verbleibt im historischen Kontext. Alle raumwirksamen Blickbeziehungen und städtebaulich wichtigen Bezugs- und Entwicklungsachsen werden durch die Freistellung des Marktplatzes wieder erlebbar. Die historisch bedeutsame Platzkulisse der ehemaligen Stiftsherrenhäuser prägt die gesamte Platzsituation und korrespondiert mit den historischen Spuren.
Verkehr
Die vorhandene verkehrliche Situation wird zeitgemäß weiterentwickelt. Der bislang der Parkierung und dem Park-Suchverkehr geopferte Marktplatz erlebt eine wahre Renaissance einer offenen, für alle Verkehrsteilnehmer gleichwertigen Platzfläche. Zur wesentlichen verkehrlichen Beruhigung wird eine an zentraler Stelle, östlich der Basilika angeordnete Tiefgarage mit insgesamt ca. 60 Stellplätzen vorgeschlagen. Deren Zu- und Abfahrt erfolgt über die Priestergasse. Ein barrierefreier Zugang auf den Marktplatz erfolgt über einen Aufzug, integriert in ein zentrales Treppenhaus im Vorfeld der ehemaligen Stiftsherrenhäuser. Der gesamte Marktplatz wird als verkehrsberuhigte Zone vorgeschlagen. Kurzparker (ca. 30 Stellplätze) finden sich im Vorfeld der historischen Stadtkulisse. Dadurch erfährt die Zufahrt zum Marktplatz eine wesentliche Beruhigung. Die zentrale Erschließung Marktplatz, also Zu- und Abfahrt, wird über die Oberamtstraße im Zweirichtungsverkehr organisiert. Die bisherige Zufahrt Apothekergasse wird ebenfalls verkehrsberuhigt und wird nur noch für Anwohner und Anlieferungen im Einrichtungsverkehr freigegeben.
Der Durchgangsverkehr zwischen Priestergasse über Philipp-Jeningen-Platz zum Marktplatz wird vollständig unterbunden. Der östliche Teil der Priestergasse, ab Höhe Priestertörle, wird nur für Anwohner freigegeben, Einbahnverkehr in Richtung Oberamtsstraße.
Alle Verbindungen zum Marktplatz, auch die Priestergasse, werden mit dem bereits in der Spitalstraße liegenden Pflasterplatten vorgeschlagen, um im historischen Umfeld eine einheitliche Oberflächengestaltung zu erzielen. Der Marktplatz grenzt sich deutlich durch einen richtungslosen Wildpflasterbelag ab. Die Einfassungen zu den angrenzenden Baulichkeiten werden mit großformatigen Natursteinplatten vorgesehen. Die Lenkung der zufahrtsberechtigten Fahrzeuge auf dem Marktplatz erfolgt mittels einer durchgängigen Muldenrinne. Daran anschließend sind die Kurzparker-Stellplätze angeordnet. Weitere Markierungen für den Individualverkehr sind keine vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch eine Neugestaltung des Vorbereichs der Stiftshäuser. Dazu wird eine lockere Baumreihe relativ nah an die Häuser herangerückt und mit der Parkierung kombiniert. In der perspektivischen Darstellung wird das Potential dieses Ansatzes deutlich. Im Lageplan erscheinen die Proportionen (Flächen vor den Gebäuden) dagegen etwas beengt. Durch die Neuordnung entsteht eine große
Platzfläche, die die Verfasser bis zum Custoriengebäude vorziehen wollen. Die Basilika erhält so im östlichen Apsisbereich eine deutliche Aufwertung.
Die Verfasser bespielen den neuen Platz mit historischen Motiven/Interpretationen (vermutete Fundamente als Pflasterbänder, Standort ehemaliger Kapellen als erhöhte Wasserbecken). Dadurch entsteht der Eindruck einer belebten Platzfläche, wobei die Angemessenheit der Gestaltungsmittel im Preisgericht umstritten ist. Insbesondere müsste geprüft werden, ob das zentrale erhöhte Wasserbecken
nicht bei Veranstaltungen wie den Pferdetagen hinderlich ist.
Der Eingangsbereich von Basilika (von Westen) und Evangelischer Stadtkirche wird durch ein Freiräumen und die Anordnung des Servicegebäudes vor der Sparkasse angenehm aufgewertet.

Die Verfasser schlagen eine Tiefgarage am östlichen Platzende vor, wodurch der Bereich und die Geschäftslage an der Apothekergasse gestärkt wird.
Die Untergrabung der ehemaligen Kapelle führt zu Eingriffen in archäologische höchst brisante Räume und wird vom Preisgericht daher kritisch beurteilt.
Im Bereich des Sebastiansgrabens gelingt es den Verfassern, die unterschiedlichen Freiräume zu einem zusammenhängenden Grünzug zusammenzubinden.
Dazu schlagen die Verfasser eine Baumreihe entlang der Straße und Freilegen des Stelzenbachs neben der Straße vor. Die südlich angrenzenden Freiräume können je nach ihrer Begabung als private oder öffentliche Grünflächen genutzt werden. Positiv wird hervorgehoben, dass die historischen Gärten im Umfeld der Kirchen formal anders behandelt werden als der Grünzug am Sebastiansgraben.
Auch die Verknüpfung nach Norden zur Oberen Brühl erscheint angemessen.
Ohne die Tiefgaragen im östlichen Platzbereich fehlen marktplatznahe Stellplätze, die zu Lasten der Gestaltqualität im Bereich Sebastiansgraben angeordnet
werden müssten. Die Stellplatzsituation am Marktplatz (37 Stellplätze) ist nicht voll befriedigend.