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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2008

:erlebnisraum römerstraße

Teilnahme

Planungsbüro DTP Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

architektur und medien

Architektur

Arndt und Seelig

Design

Erläuterungstext

LANDSCHAFTSLINIEN | DEN RÖMERN AUF DER SPUR

OBSERVATION

Konsequent geradeaus verliefen in der Antike die Fernstraßen des römischen Reiches, auch unter in Kaufnahme von ungünstigem Gelände. Noch heute sind diese historischen Achsen als kulturraumprägende Landschaftslinien sichtbar, die in ihrer Stringenz und Präzision beeindruckende Zeugnisse antiker Ingenieurleistungen darstellen und als ein einzigartiges und unverwechselbares Zeugnis der kulturhistorischen Entwicklung des Rheinlands dienen.

Heute gibt es sichtbare und nicht mehr sichtbare Abschnitte der Trassen, die es kulturtouristisch zu erschließen und animieren gilt. Besucher sollen sich auf den Weg machen, Zeichen und Spuren der Römer zu entdecken, landschaftliche Besonderheiten zu erleben und Ausgrabungen, Bodendenkmäler und historische Orte anderer Zeitstellung in der Nähe der Römerstraßen aufzusuchen.

Das Leitelement Linie ist in diesem Entwurf Konzept und Programm. Die Linie zeichnet nach, faltet sich auf, wird zur Sehhilfe, um vorhandene Landschaftsräume neu zu erleben. Neben der physisch nachvollziehbaren Linie im Raum wird auf einer zweiten Ebene eine imaginäre Gedankenachse geschaffen, die Raum für neue Bilder und emotionale Erlebnisse schafft.


Ein robustes, auf wenige Komponenten reduziertes Modulsystem ermöglicht das Schaffen von wiedererkennbaren, nachhaltig wirksamen Orten, die in ihrer Wiedererkennbarkeit den unterschiedlichen Landschafts- und Stadtpassagen der Via Belgica, der Agrippastraße und der Limesstraße neue Impulse setzen. Emotional aufgeladen durch Informationen zur Geschichte und Archäologie sowie ungewöhnliche Raumerlebnisse werden kognitive Orte geschaffen, die für Touristen und Anwohner den Anreiz bilden, den überformten Landschaftsraum mit andere Augen wahrzunehmen und die spannenden Spuren der Römer zu verfolgen.

Für die Realisierung wird unter Kostengesichtspunkten eine Standardisierung der Fertigung hinsichtlich Bauweise und Materialität der Komponenten konzeptionell berücksichtigt.

Vier „Sehhilfen“ inszenieren die Römerstraßen:

Die Linie:
Eine Linie aus 1.80 m breiten, anthrazitfarbenen Betonplatten zeichnet den Verlauf der Römerstraßen in erkennbaren Abschnitten nach. Die Linie löst sich in innerstädtischen, prägnanten Passagen in Schwellen auf und erinnert so auf Alltagswegen wie beiläufig an die Viae romanae. Die Schwellen werden in die vorhandenen Wegebeläge wie Intarsien eingelegt und geben dem Weg einen neuen Rhythmus. Sie dienen als visuelle Sehhilfe und sind durch ihre andersartige Oberfläche auch taktil erfahrbar. In heterogenen Stadtpassagen und Gewerbegebieten wird die Linie mit säulenförmigen Bäumen nachgezeichnet. Im Dreierverbund gepflanzt weisen die Bäume subtil auf die jeweilige Via hin.

Im Wald, wo der Verlauf der ehemaligen Straßentrasse unter Umständen kaum mehr nachvollziehbar ist, kann in Abschnitten mittels „Baumsocken“ der Linienverlauf markiert und damit erlebbar gemacht werden.

An einigen ausgewählten Einstiegspunkten des Systems oder im Umfeld der Mansiones wird die Linie selber zum narrativen Informationsträger. Lateinische Phrasen (Beschriftung mittels Fahrbahnmarkierungsnägeln) stellen in assoziativen Deutungen Bezüge zwischen der römischen Kultur und der Gegenwart her – erzählen vom „unterwegs sein" – dem Fortschritt im Wortsinn, Ethik, Modernismus und anderem.



Der Peiler:
Ein Stück aufgefaltete Linie, eine große aufgestellte Betonplatte mit Sehschlitz, lenkt den Blick gezielt auf die Trasse in der Landschaft. In gebührender Distanz findet der Peiler ein Gegenüber, zwischen beiden spannt sich die imaginäre Linie auf. Ein interessantes Raumerlebnis entsteht.
Aus der Entfernung sind die Peiler Landmarken.

Die Treppe:
Die Treppe, eine Stahlskelettkonstruktion mit Betonstufen, wirkt wie beiläufig in die Trasse gestellt und als alltägliches Mobiliar in ungewohnter Umgebung als ein kognitiv dissonantes Element. Sie ist ein Ort der Entschleunigung, ein Punkt zum Verweilen.

Das Pult:
Das Zeitpult verortet den Besucher in Zeit und Raum. An Stellen mit archäologischen Nachweisen oder gar Funden gibt das Zeitpult plakativ aufbereitete Informationen über die Via, die Vici oder weitere römische Spuren. Es weist daneben auf weitere Sehenswürdigkeiten im näheren Umfeld hin. Als Material wird auch hier armierter Beton eingesetzt.

Durchgehend markiert wird die Römerstraße mit dem Meilenstein. Als schlanke Betonstele mit farbig aufgetragenem Streckenplan und Etappen- Verortung bietet er Orientierung (Anmutung Linienverlauf ÖPNV).

Kennzeichnung und Wegweisung
Die Kennzeichnung der Trassen erfolgt über die einfache Bezeichnung der Trasse mit entsprechender Farbcodierung – zurückhaltend und eindeutig. Um dem Trend der fortschreitenden "Logoisierung" der Landschaft entgegenzuwirken, wird bewusst auf ein grafisches Symbol mit Logocharakter verzichtet. Das farbige Quadrat mit der "Schablonen-Typografie" besitzt eine starke Signalwirkung, um den Reisenden sicher zum Ziel zu leiten. (Dieses Prinzip der Farbcodierungen ist Standard in allen ÖPNV-Netzplänen und verweist als Analogie auf die rationellen Verkehrsplanung der Römer.)

Ein eigenständiges System von Wegweisern für die drei Römerstraßen wird in Teilabschnitten ergänzt durch das regionale Radwegebeschilderungssystem NRW. Als Stempel benutzt, kann das Zeichen der jeweiligen Via auch als Emblem in den Beton geprägt werden oder mittels Schablone und Fahrbahnmarkierungsfarbe direkt aufgetragen werden.

Rahmen, Fenster und Schriften können mit Licht akzentuiert werden. Das Licht dient zur Unterstützung der jeweiligen Linie, Erläuterung oder Richtung. Künstliches Licht wird dort eingesetzt, wo Strom anliegt. An Orten, die nicht vernetzt sind, kommen selbst- und nachleuchtende Materialen zum Einsatz. Zu Festen oder Märkten ist Licht temporäre nächtliche Okkupation und Event.



NAVIGATION

Die Mansiones sind die Einstiegsorte in den Erlebnisraum Römerstraße, sie dienen dem „rasten + sich rüsten“. Hier kann der Besucher parken und vom Auto auf das Fahrrad umsteigen, um seine Entdeckungsreise der Römerstraßen zu beginnen. Die Mansiones sind Orte, in der Regel etwas abseits der Linie, wo ein "Aufladen" auf allen Ebenen stattfinden kann: Kräfte sammeln, "Futter fassen", Informationen abrufen.
Die Ausstattung mit einer Mindestinfrastruktur (Wetterschutz, Parkmöglichkeiten, Trinkwasser, Schatten, Sitzmöbeln) kennzeichnet sie. Konstruktiv wird ein einfaches Stahlskelett zweiseitig mit einer Trespa-Haut verkleidet. Die kompakten Mansiones können bei Bedarf durch zusätzliche Raummodule.
erweitert werden.

Außer den an den Mansiones bereitgestellten Basisinformationen zum System Römerstraßen können hier Besitzer von Handys mittels Bluetooth tiefergehende Textinformationen, Film- und Audioclips zum jeweiligen Streckenabschnitt laden. Besitzer von Navigationsgeräten erhalten eine differenzierte Routenplanung zu Teilabschnitten der Römerstraße, die landschaftsräumliche und dreidimensionale Darstellungen enthält.

Die Linie Römerstraße ist eingebettet in eine Landschaft und wird nicht nur vom Weg aus, sondern auch aus der Entfernung betrachtet. Die Entfernung realisiert sich durch Panoramatürme, die einen interessanten Weitblick bieten sowie auch durch virtuelle Viewpoints in Internetseiten, die orts- und zeitunabhängig einen Blick auf die Straßen ermöglichen. Die Viewpoints können zeitgenössische oder auch historische Zustände des jeweiligen Ortes zeigen. Im Blickpunkt ist der Streckenabschnitt und seine Geschichte, die durch weitere Medien wie Video, Audio und Text ergänzt wird.



OKKUPATION

Die Landschaftslinien werden erst durch die Bespielung neu belebt. Ziel ist es, die Linien der Römerrouten neu zu „besetzen“ (Okkupation). Ein Programm mit vielfältigen Aktivitäten, Events aber auch eher alltäglichen Angeboten längs der Landschaftslinien und im näheren Umfeld wird die Attraktivität der Römerrouten steigern.

Mögliche Spiele auf den Linien orientieren sich an römischen Vorbildern, den „Ludi romani“.

Ludi Pilae (Ballspiele) Ludi Curriculi Captationisque (Lauf- und Fangspiele)
Ludus Puerilis Absconsorius (Blinde Kuh) Ludus Equester Meta Attacta (Reiterkampf)
Circulus Volvendus (Reifentreiben) Ludus Clavi (Nagelspiel)
Ludi Nucum (Spiele mit Nüssen)

Die Ludi werden durch neuzeitliche Spiele ergänzt:
SwinGolf
Römer-Marathon
Inliner-Marathon


Thematische Märkte bilden temporäre Attraktionen.

Orientiert an den Daten der römischen Feiertage können auch Bezüge zur römischen Kultur- und Lebensweise hergestellt werden:
Januar: Dienstantritt der im Dezember gewählten Konsuln
13. bis 21. Februar: Parentalia - zu Ehren der verstorbenen Ahnen
17. März: Agonium - zu Ehren von Mars
April: Veneralien - zu Ehren von Venus
25. April: Robigalia - zu Ehren von Robigus - mit Wettlauf
23. Juni: Tag des bösen Omens: Jahrestag der Schlacht am Trasimenischen See,
(römische Niederlage durch Hannibal)

Feldergärten (Selberpflücken und -ernten), offene Höfe mit Direktvermarktung von ‚Slow-Food’- Produkten, „Römercafés“ etc. an den Linien und in naher Umgebung sind nachhaltige und frequenzsteigernde Angebote für Touristen und Anwohner.