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Offener Wettbewerb | 06/2010

Parklandschaft Tempelhof / Tempelhof Parkland

Teilnahme / Wettbewerb

club L94

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

PARKLANDSCHAFT TEMPELHOF

GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG
Die ursprünglich bewaldete Fläche des heutigen Tempelhofer Feldes wurde jahrelang als Weide- und Ackerland genutzt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts diente sie neben der Funktion als Truppenübungsplatz erstmals freizeitlichen Aktivitäten. Die Berliner Bevölkerung traf sich hier für Picknicks, Spaziergänge, Turn- und Sportfeste, Versammlungen, Demonstrationen, Pferderennen, Fußball, Drachensteigen und Ballonfahrten. Der sogenannte Schlangenpfuhl war jahrelang ein beliebter Badesee und zog unzählige Menschen auf das Tempelhofer Feld, bevor es Anfang des 20. Jahrhunderts zum ersten Verkehrsflughafen Deutschlands ausgebaut wurde. 2008 wurde der Flughafen Tempelhof aufgrund des Neubaus des internationalen Flughafens Berlin Brandenburg geschlossen.

STÄDTEBAULICHE EINBINDUNG
Das Tempelhofer Feld wird begrenzt durch den Tempelhofer Damm im Westen, den Columbiadamm im Norden, das Quartier „Schillerpromenaden“ im Osten und dem S-Bahn-Ring im Süden. Es schließen sich Blockbebauungen der Gründerzeit in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln an. Im Westen grenzt die Fliegersiedlung mit ihrer Reihenhausbebauung und im Süden gewerblich und zum Teil weniger verdichtete Blockrandbebauung an.
Große zusammenhängende Grünräume schließen vor allem im Norden mit der Hasenheide und dem Friedhof am Columbiadamm sowie im Süden in Neukölln Kleingärten und Sportanlagen an.
Wie bei vielen Konversionen wandelt sich das Tempelhofer Feld von einem von Funktion bestimmten, unzugänglichen Ort, der städtische Verbindungen blockiert, zu einem großen innerstädtischen Freiraum, der die angrenzenden Stadtteile und bestehende Parkanlagen miteinander vernetzt.

FREIRAUMKONZEPT
Das inhaltliche Freiraumkonzept für die neue Parklandschaft Tempelhofer Feld setzt sich sowohl mit den ursprünglichen Landschaftstypologien Wald und Feld auseinander, als auch mit der historischen Nutzung als Flughafen und deren Relikten.
Das räumliche Freiraumkonzept besteht aus der Anlage von drei Ringen:
Der äußere Quartiersparkgürtel, der mittlere Parkgürtel und das innere Wiesenfeld bieten auf der Grundlage von offenen und besetzten Räumen, Dichte und Weite, Licht und Schatten unterschiedlichste und abwechslungsreiche Aufenthaltsqualitäten. Mit Hilfe der Ringe verwandelt sich die Stadtlandschaft Berlins über eine neue Parklandschaft in eine potentielle Naturlandschaft als zentrale Grünfläche des Tempelhofer Feldes.
Die bestehenden Wege Taxiway und Landebahnen werden durch einen dritten, durch die Ringe mäandrierenden Weg ergänzt, der wie eine Naht sowohl die Ringe als auch die angrenzenden Stadteile miteinander verbindet.

ENTWURF
Quartiersparkgürtel
Der Quartiersparkgürtel besteht aus neuen Quartieren für Wohnen und Arbeiten im Wechsel mit großen, baumbestandenen Parkwiesen, die sich fingerartig mit der angrenzenden Stadt einerseits und dem Parkring sowie dem Wiesenfeld anderseits verbinden. Die Parkwiesen werden mit einem Raster aus nicht einheimischen Bäumen überstellt, die im Kontrast zu den einheimischen Bäumen im mittleren Parkring stehen. Amberbaumwiese, Liriodendronlichtung, Zierkirschenhain sind nur einige Beispiele für das attraktive Vegetationskonzept. Auf den Parkwiesen finden die intensiveren Nutzungen wie wohnungsnahe Sport- und Spielplätze platz.
Die Landebahnen beginnen bzw. enden als kleine, baumbestandene Quartiersplätze. Sie werden in diesen Bereichen aufgebrochen und es entsteht ein Wechsel aus grünen und befestigten Teilen.
Im Südosten werden die bestehenden Parkstrukturen ergänzt und Teil des Quartiersparkgürtels. Größere Spiel- und vor allem Sportplätze werden in diesem Teil verortet und komplettieren das Freizeitangebot der Parklandschaft.
Zum zentralen Bestandteil des Quartiersparkrings wird das Umfeld des bestehenden Flughafengebäudes. Eine großer, locker mit märkischen Kiefern bestellter Strand kontrastiert das monumentale Gebäude und erzeugt ein ungewöhnliches Bild, das zu einer neuen, eigenen Identität des Ortes beitragen könnte. Sonnenhungrige werden mit Hilfe mehrerer „Beachbars“ am Wochenende und in den Abendstunden bei der „After Work Party“ ausgiebig „chillen“. Der mittlere Teil des ehemaligen Vorfeldes des Flughafengebäudes bleibt als befestigte Fläche bestehen und steht für Veranstaltungen (z. B. Berlin-Festival, Pyromusicale, Bread&Butter) zur Verfügung.

Parkgürtel
Der Parkgürtel bildet das zentrale Element der Parklandschaft. Parallel zum bestehenden Taxiway wird eine ca. 200 m breite Parkzone ausgebildet, die den Übergang der Stadtlandschaft zur Naturlandschaft im inneren des Tempelhofer Feldes definiert. Dichte Waldeinheiten wechseln sich mit lockeren Baumhainen und offenen Parkweisen ab. Die einheimischen Baumarten stehen im Dialog mit den „angereisten Bäumen“ auf den Parkwiesen. Birkenwäldchen und Pappelhaine, Buchenwald und Erlenhain, Eichenwald und Eschenhain können von den Bürgern Berlins gepflanzt werden. Dies könnte zu einer besonderen Identifikation des Bürgers mit dem Park führen und zudem zu einer prozesshaften Entwicklung der Parklandschaft beitragen. Über ein Entwässerungssystem wird das anfallende Oberflächenwasser aus den neuen (und alten) Quartieren in den mittleren Parkring geleitet und dient somit der optimalen Versorgung der Waldflächen.
Skater, Jogger und Radfahrer werden den Raum auf dem Taxiway komplett umrunden und den besonderen Reiz von Dichte und Offenheit mit den wechselnden Sichtbeziehungen wahrnehmen können.
Im Nordwesten vor dem ehemaligen Flughafengebäude legt sich der Tempelhofer See vor den Kiefernstrand. Hier öffnet sich der Raum in die weite Wiesenlandschaft. Füße Baden, Treetbootfahren und Modellbootrennen runden das Freizeitangebot ab.
Der Parkgürtel wird als Raum für die Daueranlagen der IGA vorgeschlagen. Durch sein radiales System wird die gesamte Parklandschaft über den Taxiway erlebbar und über den neu angelegten Parkweg ist er optimal mit der angrenzenden Stadt vernetzt. Das innere Wiesenfeld wird durch den Parkgürtel zusätzlich in Wert gesetzt und optimal vor zu starkem Besucherverkehr geschützt. Die temporären Anlagen der IGA könnten vor dem ehemaligen Flughafengebäude auf dem Tempelhofer Strand installiert werden und in Kombination mit dem Tempelhofer See einen attraktiven IGA-Auftakt bilden.

Wiesenfeld
Das Wiesenfeld bleibt die gut behütete offene, weite Mitte der Parklandschaft. Der stadtklimatisch wichtige Kaltluftsee dient auch künftig der Stadt Berlin als Frischluftzufuhr für die angrenzenden Stadtteile. Die fingerartigen Parkwiesen verbessern dabei zudem die Leitfähigkeit der Kaltluft. Das in den letzten Jahren entstandene Artenreservoir mit den
geschützten Biotopen und Lebensräumen für charakteristische Offenlandvögel wird weiterentwickelt und an definierten Stellen für Interessierte freigegeben. Einige der ehemaligen Wetterstationen des Flughafens werden in Vogelbeobachtungsstationen verwandelt. Die Bewirtschaftung für die große Magerrasenwiese wird auch weiterhin extensiv als Maht erfolgen und damit den Charakter der weiten, offenen Wiesenlandschaft stärken.
Die beiden ehemaligen Landebahnen bilden die zentrale Ost-West-Verbindung durch die Parklandschaft. Sie können und sollen wie bisher die intensiv genutzten Bereiche des Wiesenfelds bleiben. Ungewöhnliche und raumgreifende Sportarten wie Kite-Skating und Paragliding könnten auf den Landebahnen stattfinden und einen subtilen Zusammenhang mit der ehemaligen Nutzung der Parklandschaft bilden.

Der Mäander-Weg
Die Funktion des neu angelegten Mäander-Weges leitet sich von dem Schneidereihandwerk ab. Die Naht verbindet zwei Stoffe optimal und dauerhaft miteinander. Der mäandrierende Weg verbindet Bestehendes mit Neuem, Quartiere mit Grünräumen, Stadt mit Landschaft, Menschen mit Menschen. Er schafft neue Blickbeziehungen, spannende Raumsituationen und ist zentrales Erschließungselement der Parklandschaft in Ergänzung des Taxiways und der Landebahnen.