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Einladungswettbewerb | 04/2010

Geschäftshaus in der Neuhauser Straße 19 bis 21

Perspektive Neuhauser Straße

Perspektive Neuhauser Straße

2. Preis

Max Dudler GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Die Bayerische Bau und Immobilien GmbH & Co. KG, Eigentümerin des „Hauses am Dom“ in der Münchner Neuhauser Straße – der derzeitigen Karstadtfiliale – sieht vor, den Standort durch einen Neubau zukunftsfähig zu machen. Auf einer Fläche von rund 5000 qm soll ein dem prominenten und städtebaulich bedeutenden Standort entsprechendes Geschäftshaus mit einer Mischung aus Einzelhandelsflächen, Büros und Wohnen entstehen. Zwischen Stachus und Frauenkirche, auf der Südseite einer der meistfrequentierten Einkaufslagen Deutschlands, liegt das Wettbewerbsgrundstück innerhalb des denkmalgeschützten Ensemblebereichs Altstadt im so genannten Hackenviertel. Gegenüber der zukünftigen Hauptfassade liegt der Richard-Strauss-Brunnen, hier weitet sich der Straßenraum und gewinnt Platzqualitäten wodurch die Fassaden der im Süden gelegenen Häuser – samt deren Dachlandschaft – besonders plastisch in Erscheinung treten.

S T Ä D T E B A U
Der Entwurf folgt den Vorgaben des Bebauungsplans aus dem Jahr 1975, welcher Traufhöhen und Baulinien, Innenhofformat sowie Dachformen vorgibt. Er schlägt eine Gliederung des zukünftigen Baukörpers vor, die ihn, an der historischen Parzellenstruktur orientiert, in mehrere nebeneinander stehende Sektionen unterteilt. Der Entwurf nimmt diesen Vorschlag auf, wodurch das überlieferte kleinteilige Fassadenbild der Straßefronten der Neuhauser Straße erhalten und in einem zeitgenössischen Beitrag diversifiziert wird: Vier Zugänge von der Neuhauser Straße entsprechen darin vier Adressen – vier, durch minimale Versprünge voneinander abgesetzte „Häuser“, die jedoch durch einheitliche Materialwahl und Gestaltungsparameter eine Einheit bilden. So stellt der Entwurf ein spannungsvolles Gleichgewicht zwischen städtischer Kleinteiligkeit und metropolitaner Monolithizität her.
Einen elementaren Aspekt im Entwurf stellt das Dach als „fünfte Fassade“ dar: Eine Dachlandschaft wird vorgeschlagen, welche im Kontext der dicht bebauten, jedoch niedriggeschossigen Münchner Innenstadt, durch räumliche Interventionen im Sinne eines Faltwerks, auch jenseits der Hauptfassade zur Neuhauser Straße, unaufdringlich Akzente setzt. Basierend auf der historischen Parzellenstruktur wird durch unterschiedliche Firsthöhen für eine lebendige Ensemblewirkung des Bauvolumens von allen Seiten gesorgt.
Ein historisches Vorbild in nächster Umgebung stellte für uns im Entwurf das Oberpollinger dar: Das 1905 erbaute Warenhaus nach Entwürfen Max Littmanns. Damals hatte die „Münchner Künstler-Kommission“ im Planungs- und Entwurfsprozess mitgewirkt, deren besonderes Anliegen der Erhalt des Maßstabs der alten kleinteiligen Bebauung war. Littmann fand zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der Gliederung der Hauptfassade in drei Giebel einen noch heute überzeugenden Kompromiss zwischen moderner Programmatik und alter Stadtstruktur.
Im Unterschied zu Littmanns, generiert jedoch unser Entwurf Noblesse weniger durch seinen Reichtum an traditionellen Architekturformen, sondern durch reine Körperlichkeit und subtile Verklärung der Stadtbaulogik der Neuhauser Staße.
Abweichungen vom Bebauungsplan werden nur in zwei Punkten zugestanden, beide zu Gunsten der Einheit des Baukörpers: Zum einen wird der Hof verschoben, zum anderen werden an der Fassade zur Eisenmannstraße die Trauflinien der höheren und niedrigeren Gebäudeteile diagonal miteinander verbunden, statt einen teilenden, orthogonalen Einschnitt zu erzeugen.

A R C H I T E K T U R
Morphologische Prinzipien des Entwurfs, neben den oben beschriebenen im Sinne einer Kontinuität der Stadtgestalt, sind das Falten, das Stanzen und das Spannen. Die Perforation durch Fenster und Türen spannt sich gleichmäßig über die lotrechten, wie auch über die schrägen Dachflächen des Körpers und erzeugt besonders an der Dachkante zur Eisenmannstraße den Effekt einer einheitlichen „Außenhaut“ des Bauvolumens. Auf der anderen Seite ist diese Perforation alles andere als graphisch, da durch die tief eingeschnittenen Laibungen, die großteils und in unterschiedlicher Orientierung abgeschrägt sind, ein Maximum an Plastizität erzeugt wird. So besitzt prinzipiell auch jedes „Haus“ die gleiche Gliederung: Fünfachsigkeit in den drei Obergeschossen und Dreiachsigkeit in Erdgeschoss und erstem Obergeschoss, durch Variationen in Öffnungsmaß und Position und Winkel entsteht jedoch kein „Rasterfassade“ sondern eine, von unterschiedlichen Schattenwürfen belebte Wandstruktur. Der Effekt der Monolithizität wird durch die schrägen Laibungen unterstrichen, andererseits suggeriert das Gebäude Leichtigkeit und Durchlässigkeit, wofür große Fenster mit verdeckten Rahmen und heller geschliffener Werkstein als Fassadenmaterial sorgen. Die so erreichte Offenheit und Transparenz im Erdgeschoss sorgt für eine Minimierung der Trennung zwischen Straßen- und Verkaufsraum.


F U N K T I O N
Die vier Zugänge von der Neuhauser Straße entsprechen vier Nutzungseinheiten (A-D) vom ersten Untergeschoss bis zum dritten Obergeschoss. Die innere vertikale Erschließung Verkaufsetagen orientiert sich um den zentralen Innenhof: der Hof bietet Orientierung, das natürliche Licht und der Ausblick bieten einen Erlebniseffekt für den Nutzer. Besondere Hervorhebung verdient das erreichte Höchstmaß an Flexibilität der Nutzungseinheiten, welches unser Entwurf bietet. Sie wird vor allem durch große, zusammenhängende, frei gestaltbare Mietflächen und Stützenweiten zwischen 10,8 und 16,2 m erreicht.

Im Allgemeinen sind die vertikalen Erschließungskerne der Verkaufsgeschosse wegen der Anforderungen des Brandschutzes an Fluchtweglängen und Breiten der Treppenhäuser vergrößert. Dies gilt nicht für die übrigen Geschosse. Ansonsten ist der Entwurf, bis auf geringe Anpassungen, eng am vorgegebenen Logistikkonzept entwickelt.
Alternativ können in den obersten Geschossen Wohn- oder Büroräume eingerichtet werden. Die in einer Variante vorgestellten Wohnungen sind für das Luxussegment zugeschnitten. Sie verfügen über je einen Patio pro Einheit – ein Ort der Ruhe unter freiem Himmel – und besitzen daneben einen direkten Bezug zur Lebendigkeit der Einkaufs- und Kulturmeile Neuhauser Straße. Von den Patios aus ist über eine Außentreppe die Dachterrasse zu erreichen – auch der zweite Fluchtweg zu einem der Treppenkerne geht über das Dach.



Mitarbeiter (in alphabetischer Reihenfolge):
Kyung-Ae Kim
Max Julius Nalleweg
Markus Podehl
Maike Schrader
Sebastian Jonas Wolf


Fachplaner:
Tragkonstruktion: Leonhardt, Andrä und Partner (LAP)
Haustechnik: pin planende ingenieure GmbH
Bauphysik und Fassade: Müller BBM
Brandschutz: hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH Modellbau: Modellbau Mild
Gebäudekubatur von Nordwesten

Gebäudekubatur von Nordwesten

Innehof

Innehof

Verkaufsraum und Erschliessung

Verkaufsraum und Erschliessung

Grundriss 1.OG und Längsschnitt

Grundriss 1.OG und Längsschnitt

Fassade Neuhauser Straße

Fassade Neuhauser Straße