modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 06/2011

Kolumbarium St. Michael

Ankauf

Preisgeld: 500 EUR

Hahn Helten Architektur

Architektur

Erläuterungstext

KOLUMBARIUM KATH. KIRCHE ST. MICHAEL RHEINE

Der Ort
Das in reduziertem, im Detail aber sehr differenzierten Backsteinvolumen gehaltene Gebäude gliedert sich in zwei verschiedene Raumzonen: einen Kernbaukörper und einen ihn umfangenden, flacheren Bereich. Diese stimmige architektonische Grundstruktur soll im Rahmen der neuen Widmung so interpretiert und fortgeschrieben werden, dass eine eindeutige inhaltliche Zonierung mit klarenWegebeziehungen entsteht, die zu der bereits gegebenen liturgischen Nutzung die neue Bestimmung eines Kolumbariums in den Ort einfügt, ohne dessen Charakter zu verändern.
Die liturgische Mitte wird durch einen zenitalen Lichteinfall akzentuiert, was auch weiterhin als ein kraftvolles Auferstehungszeichen den Raum bildlich prägen wird.
Um diese atmosphärische Qualität zu bewahren, wird hier künftig über die Liturgie hinaus ein universell nutzbarer Versammlungsort als Zeichen von Gemeinschaft sein, an den sich die Bereiche der Grablegen
angliedern.

Der Weg
Der Mittelgang hat als Achse des Lebens eine besondere Bedeutung. Er wird durch eine symmetrische Disposition von winkelförmigen Urnenwänden, die den Rhythmus der Pfeilerstellung des Gebäudes aufnehmen, räumlich definiert. Der so gefasste Weg, der sich durch ein Vordach bereits außen ankündigt, steht als Bild für den Lebensweg, den die Gemeinschaft mit dem Verstobenen ein letztes mal symbolisch vom seinem Anfangspunkt, der Taufe, bis zum Endpunkt, der Aussegnung, gemeinsam
beschreitet.
Im Kirchenraum angekommen, trifft man daher zunächst auf das Symbol der Initiation, den Taufstein. Von dort aus führt der Weg zum Altar, vor dem bei der Auferstehungsmesse auf einem Postament die Urne steht. Nach der Zeremonie begleitet die Gemeinde die Urne von dort zum Taufstein, an dem die Aussegnung vorgenommen wird und sich so der Lebenskreis schließt. Dann wird im Urnengrab in einer
der seitlichen Bereiche die Urne in einer Grabnische beigesetzt.
Nach der Grabliegezeit wird eine in den Boden versenkte Kammer der Ort der letzten Ruhe für die Aschen. Die analog zum Taufsteinpodest in Sandstein ausgebildete Bodenplatte liegt bündig auf der Hauptachse des Raumes, zwischen dem Taufstein als Ort der Taufe und dem Altar, dem Symbol der

Auferstehung.
Die Grabstätten Sechs L-förmige Wandwinkel, die jeweils eine überschaubare Zahl von sechzig Gräbern in Form von Einzel- und Doppelgräbern aufnehmen, gliedern den Großraum der Kirche in Bereiche, die in ihrer Dimensionen auf kleine Gruppen von Menschen abgestimmt sind. Sie bilden Orte des Verweilens, die neben Sitzgelegenheiten auch eine flache Stele für Kerzen und Blumen in die Mitte setzt.
Dieses Dispositionsmuster, das das Hauptschiff gliedert, wird im Querhaus variiert: Vier Winkelscheiben
beschreiben hier einen quadratischen Raum und nehmen die von niedrigeren Wandwinkeln aufgenommene Anzahl von Kindergräbern in ihre Mitte.
Insgesamt schafft die so differenzierte Wandstellung ein System von verschiedenen kontemplativen
Orten für das Totengedenken. Zum anderen entsteht durch sie, im durch Tageslicht von oben erhellten Zentrum, die gemeinsame Mitte, ein Ort verschiedenster Formen der Begegnung. Die Wandmodule werden mit präzisen Betonelementen vor Ort aufgesetzt. Ihre Grundform ermöglicht es, sie auf den vorhandenen Boden erdbebensicher zu setzen. Ihre Homogenität und Helligkeit reflektiert das gedämpfte Licht und schafft einen angenehmen Kontrast zur gegebenen Materialität des Raumes.
Die zur Innenseite des Wandwinkels gerichteten Grabkammern werden durch L-förmige Natursteinplatten verschlossen, in die Name und Lebensdaten des Verstorbenen eingebracht werden. Seitlich verbleibende Zwischenräume, in die man von beiden Seiten blickt, können individuell Kerzen oder Blumen des Gedenkens aufnehmen.

Der Verabschiedungsbereich
Der Hauptbaukörper der Kirche wird durch einen flachen Gebäudetrakt dreiseitig umschlossen. Das Foyer, künftig auch ein Ort der Glaubensinformation, erschließt das Haus über die Mittelachse. Da es als vorgelagerter Bereich räumlich unabhängig ist, können die seitlich angrenzenden Räume künftig die Verabschiedungsräume aufnehmen, um autorisierten Besuchern ständigen Zugang zu gewähren.
Der ehemalige Saal öffnet sich zu einem mit einer Hecke gefassten atriumartigen Außenbereich. Als ruhige Kiesfläche mit einigen Solitärpflanzen bietet er dem Besucher ein kontemplatives Bild, das über die Jahreszeiten den Wandel der Natur und darüber die Vergänglichkeit erlebbar macht. Viel Licht fällt in den großzügigen Aufenthaltsbereich, an den sich die Verabschiedungsräume transparent anschließen.
Es fällt durch eine mit Holzgittern überlagerte, satinierte Glasscheibe bis in die Räume des Abschieds und Totengebetes. Diese kleinen Raumzellen sind im Rhythmus der Primärstruktur des Gebäudes als weiße Raumschalen eingefügt. Eine entsprechende Kühlung erfolgt technisch vom Heizraum aus.

Nebenräume
Im Bereich der Sakristei wird das dort gegebene große Raumangebot genutzt, um neben einer nun reduzierten Sakristei einen Pausen- und Gesprächsbereich mit Teeküche sowie einen Sanitärbereich zu schaffen, der auch vom Kirchenschiff aus zu erreichen ist.

Fazit
Das Konzept fügt die neue Nutzung sensibel in die qualitätsvolle Gebäudestruktur ein. Von außen wird über ein einladendes Vordach und deutliches Portal das Grundthema des Kolumbariums, der Weg, bereits angedeutet. Weitere Einfügungen, die den Bereich der Verabschiedung, den Bereich der Aussegnung und den Bereich der letzten Ruhe definieren, sind dezidiert aber dennoch so zurückhaltend gestaltet, dass akzentuierende Zeugnisse der Nutzer im täglichen Begegnen über die Liturgie, aber auch die Kerzen und Blumen des Gedenkens, einen ruhigen aber kraftvollen Rahmen geben.