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Einladungswettbewerb | 11/2011

BOMAG Kundenzentrum

1. Preis

GRAFT Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

WES LandschaftsArchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept

Die besondere Herausforderung des Wettbewerbs ist die Einmaligkeit der Bauaufgabe. Die Inszenierung von Spezialgerät für Tiefbau, Verdichtung und Walzen des Welt-Marktführers BOMAG und der Fayat Gruppe kennt kein Vorbild und erfordert die Erfindung einer eigenen Typologie. Das zukünftige Gebäude soll nicht alleine klassische Nutzungen beherbergen, sondern in erster Linie ein perfektes Bühnenbild und eine Erlebniswelt für die Produktpalette bieten. Der Ausgangspunkt für den vorliegenden Entwurf bildet daher die Auseinandersetzung mit den eigentlichen Einsatzorten der Maschinen und Geräte im Tiefbau und im Dammbau, den Erscheinungsformen von Verdichtung und Geometrisierung von Landschaft und der Faszination für die Übergänge und Beziehung von natürlicher und artifizieller Topografie – einem der Grundthemen von Architektur überhaupt.

Folgerichtig ist das Herzstück des vorliegenden Entwurfes eine landschaftlich aus Rampen und Terrassen gebildete Präsentationsfläche für die Produktpalette der Firma BOMAG/Fayat Gruppe, die zu unterschiedlichen Vorführungen flexibel terrassiert werden kann. Diese fügt sich nahtlos in die Hanglage des Grundstückes ein und inszeniert diese als topografische „Bühne“ für die Präsentation von Vorführungen aller Art und für das gesamte Spektrum von Präsentationen der Maschinen zum Verdichten und Walzen.

Die eigentlichen Baukörper erheben sich nach Norden sukzessive aus dieser Topografie und legen sich als Rahmen um die Veranstaltungsbereiche und das zentrale Vorführgelände, dem auch alle Trainingshallen und Seminarbereiche sowie die gläserne Werkstatt in Modul II gegenüber zugewandt sind. Erst im nördlichen Teil des Grundstücks werden die Landschafts-Rampen zu ablesbaren Baukörpern. Aus der Landschaft werden Volumenkörper, die die eigentlichen Funktionen des Gebäudes und dessen Raumprogrammes aufnehmen. Dem Wunsch nach phasenweiser Erstellung des Gebäudes wird dabei dadurch Rechnung getragen, dass die Module I, II + III, sowie ein optionales Modul IV als Baukörper von West nach Ost nebeneinander angeordnet werden und so schrittweise erstellt werden können. Der „Köpfe“ der Baukörper erheben sich auskragend um eindeutige Eingangsbereiche auszubilden, die dramaturgisch auf den Hauptzugang zum gegenüberliegenden Werksgelände ausgerichtet sind, und somit für die Einheit von Werk und Trainings- und Kundenzentrum stehen. An diesem Ankunftsort zwischen Werksgelände und Kundenzentrum beginnt für Besucher eine szenografische Raumabfolge, die dem vordringlichen Ziel der Präsentation und Inszenierung der Produkte dient. Dieser ordnen sich alle Bestandteile des Entwurfes unter.

Annäherung und Szenografie

Von der Alten Römerstraße kommend bietet sich dem Ankommenden der Blick auf den aufgrund der ansteigenden Topografie höher gelegenen und auskragenden Kopf des Hauptbaukörpers (Modul I). Aus dieser Richtung spiegelt sich die neue Firmenrepräsentanz in einem vorgelagerten Wasserbecken über das eine Fußgängerbrücke zum Haupteingang führt. Hier bietet der auskragende Kopfteil von Modul I Sonnen- und Wetterschutz für die Vorfahrt und den Eingangsbereich des Gebäudes. Im Inneren rahmen Rezeption und Wein-Präsentation eine schon von außen sichtbare großzügige Freitreppe. Einem Theaterfoyer gleich werden Besucher auf die oberen Ränge der BOMAG-Präsentation geführt, wo die unter weit auskragenden Dach befindliche Tribüne sowie das an gleicher Stelle direkt dahinter angeordnete große Auditorium ebenso durch eine große Glasfassade auf das eigentliche Herz der Anlage und Ziel der Raumabfolge blickt: die Präsentationsfläche und Bühne der Produkte mit ihren verschiedenen Steigungen, Rampen und Terrassen.

Zur Rechten wird der Blick gerahmt durch die Trainingshallen und ihren anschließenden topografischen Damm, zur Linken durch den gläsernen Werkstattbereich des Moduls II. In der Konstruktion des Vordaches erlauben Lichtschlitze mit beweglichen Lamellen die Steuerung des Tageslichts, eine Lichtanlage erlaubt die zusätzliche flexible Ausleuchtung und optimale Kontrolle der Präsentation der Produktpalette der Firma BOMAG.

Auf der gleichen oberen Ebene des Gebäudes befinden sich sämtliche Bürobereiche des Modul I, die flexibel entweder als abgeschlossene, Gruppen- oder Gemeinschaftsbüros ausgebildet werden können und am Nordende dieses Obergeschosses wiederum auf das Werksgelände zurück blicken. Durch Ost-/Westausrichtung sind die Büroräume optimal belichtet, flexible Lamellen bieten bei niedrigem Sonnenstand zusätzlichen Sonnenschutz. Somit wird die für die Besucher der Firma BOMAG perfektionierte Wege-Szenografie auch für die hier tätigen Mitarbeiter jeden Tag erlebbar und optimale Kundennähe erreicht.

Alle Schulungs- und Seminarräume sind ebenerdig im Erdgeschoss angeordnet damit Fahrzeuge und Gerät im Außenbereich zu Demonstrationszwecken gesehen und schnell erreicht werden können. Die Trainingshallen lassen sich zum Präsentationsgelände hin öffnen und sind zusammenschaltbar. Im Erdgeschoss des Hauptbaus ist außerdem die Cafeteria gelegen, die als Foyer-Erweiterung und gleichzeitig für Buffet bzw. das Catering des Eingangsbereiches genutzt werden kann. Schon ohne die weiteren Baukörper der Module II bis IV entsteht somit ein kraftvoller Baukörper, der zum Werksgelände präsent und zum Hang sich durch zweifaches Knicken in seinem Mittelteil ganz auf die hinter ihm hochstufende Landschaft ausrichtet. So entsteht die Kulisse für optimale Präsenz vieler Maschinen und Produkte gleichzeitig, die sich zu einem ansteigenden Gesamtbild orchestrieren können.

In der zweiten Stufe entsteht mit Modul II ein weiterer Baustein, der parallel zu und zusammen mit Modul I einen Doppel-Kopf bildet und schließlich eine Eingangsgasse zum Präsentationsgelände bildet. Die hier befindliche Werkstatt ist von der Besuchertribüne einsehbar und gleichzeitig Durchfahrt zum dahinter gelegenen hingegen sichtgeschützten Maschinenpark. Hier können sich Reinigung, Wartung und Auftanken vollziehen und dennoch Fahrzeuge schnell wieder zurück auf das Präsentationsgelände gelangen. Dem Werkstatttrakt nördlich zugeordnet sind die Werkstattbüros mit ihren Nebenflächen und weitere Büroflächen im Obergeschoss in einem auf Stützen angehobenen Bauteil. Der darunter befindliche offene, aber überdachte Außenbereich kann in einer Übergangsphase zunächst als zusätzliche Präsentationsfläche genutzt werden und in einem nächsten Schritt die als Modul III geplante Kantine mit Küche aufnehmen, wofür nur sehr begrenzte Raumumwidmungen von Nebenräumen und Lagerflächen notwendig werden.

In einer möglichen dritten bzw. vierten Ausbaustufe bietet sich die Möglichkeit, das Modul IV als analoges weiteres Bauteil auch östlich der Katzenburger Landstraße anzuordnen, das sich ähnlich aus dem Hang heraus schälen kann. Als dritter Kopf der Gebäudegruppe würde schließlich ein aus mehreren Baukörpern gebildeter zentraler Platz direkt vor dem Haupteingang des Werksgeländes der Firma BOMAG entstehen.

Konstruktion und Materialität

Wir schlagen vor die Baukörper der neuen Firmenrepräsentanz als Stahlbetonbau nach Möglichkeit in vorgefertigter Bauweise zu errichten. Diese sind klassischen Brückenbaukörpern nicht unähnlich so ausgeführt, dass Böschungen von Geländerampen nahtlos angeschlossen werden können und der Eindruck entsteht, als wären die Gebäude selbst als Teil dieser Landschaft befahrbar. Folgerichtig bildet extensive Dachbegrünung durch pflegeleichte extensive Vegetation die Fortsetzung der Landschaftsoberfläche auf den Dächern. Diese bildet gleichzeitig zusätzliche Dämmung. Die Fassaden sind durch Zellulose-Dämmung isoliert. Durch die Fassaden aus Natursteinplatten scheinen die gesamten Baukörper aus der Erde hervorzuwachsen und bilden dennoch einen Gegenpol zu den lockeren Kies-, Sand-, Granulat-, sowie den Asphaltflächen des Außenbereichs. Die horizontalen Fensterbänder der sämtlich liegenden Baukörper werden schließlich ergänzt durch Lamellen die, ebenso wie die zurück springenden Glasfassaden des Erdgeschosses, großzügige Panoramaausblicke in die wunderbare und dicht begrünte Umgebung erlauben.

Klima und Nachhaltigkeit

Zur Heizung schlagen wir vor die Wärmegewinnung solarthermisch zu unterstützen. Eine Nutzung von Prozessabwärme der benachbarten Fabrik zur Sicherung der Grundlast wäre sehr wünschenswert. Ein ebenfalls effizienter Anschluss an vorhandene BHKW Strukturen ist sicherlich möglich und auch sinnvoll.
Zur Kühlung können Brauchwassertanks über Wärmetauscher den Heizkreislauf in den Sommermonaten nutzen. Zur Sicherstellung von angenehmen Arbeitstemperaturen wird das Heizsystem so zu einem Kühlsystem.
Der großflächige Einsatz von Strahlungsheiz- und Kühlflächen in den abgehängten Decken sorgt bei niedrigen Vorlauftemperaturen für ein angenehmes und gesundes Raumklima. Ein feiner Lehmputz auf den Wandflächen unterstützt in ausgewählten Bereichen den Luftfeuchtigkeitsausgleich auf einfache Art, wohingegen sowohl Außenlamellen, als auch Dachbegrünung den Kühlungsaufwand der Innenräume im Sommer minimieren. Darüber hinaus sind die Dachflächen für eine fotovoltaische Energiegewinnung ebenfalls gut geeignet.
Der Bedarf an Trinkwasser sollte unter Ausnutzung der Gebäudelage reduziert werden. Getrennte Brauchwasserspeicher und Kreisläufe könnten den Wasserverbrauch erheblich reduzieren helfen. Durchlaufbegrenzer in den Armaturen tragen auf angenehme Art ebenfalls zur Reduzierung bei. Beide Ansätze sind für den Nutzer kaum wahrnehmbar und schonen die Ressourcen erheblich.
Der größte Nutzen der gewählten Struktur liegt jedoch in seiner durch Panoramafenster und Stützraster flexiblen Unterteilung, die jede Art von sich ändernden Nutzungen aufnehmen kann und damit auf wechselnde und wachsende Ansprüche des Bauherren reagieren kann. Neben haustechnischer Intelligenz liegt in dieser Flexibilität einer der wichtigsten Schlüssel zur nachhaltigen dauerhaften Nutzung des Gebäudes.