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Offener Wettbewerb (auch für Studenten) | 02/2012

AIV-Schinkel-Wettbewerb 2012 - Ideale Realitäten

Sonderpreis Freie Kunst

Preisgeld: 1.000 EUR

Karoline Liedtke-Sørensen

Landschaftsarchitektur

Prof. Sigurd Larsen

Architektur

Erläuterungstext

WACHSENDE KONSERVE

POTSDAM: die ältere Vergangenheit der Stadt - eine große Geschichte generöser Könige und visionärer Architekten wie Gartenkünstler. Viele der einzigartigen Hinterlassenschaften an Bauwerken und Parkanlagen dieser Zeit zum Teil im Krieg zerstört und im Glauben an den Sozialismus auf neuen Grundrissen und nach neuen Mustern wieder aufgebaut. Potsdam - eine fragmentierte Stadt - steht heute vor der Frage: Wohin? – die Vergangenheit oft glorifiziert, das Bild der Zukunft recht unscharf und wage.

Potsdam wird von seinen Gärten und Parks zusammen gehalten, komplettiert und inszeniert. Seine Gärten sind Ausdruck großartiger Visionen und bereichern unsere tägliche Erfahrungswelt um existentielle Dimensionen. Sie sind Sinnbild für Fortbestand und gleichzeitig für beständigen Wandel.
In einem Garten werden zeitlich-dynamische Aspekte wie Wachstum, Entwicklung und Zerfall sichtbar. Diese Prozesse sind meist von langer Dauer und nur über längere Zeiträume erfahrbar. Ein Garten ist ein Ort der Langsamkeit und dabei dynamisch kurzweiligen Prozessen unterlegen.
Wer einen Garten anlegt, ja allein nur einen Baum pflanzt, entwirft in seinem Kopf ein Bild, welches in einem Zeitraum von 50-100 Jahren entsteht. Er macht sein Geschenk an die kommende Generation. Sie erleben ihn, wie vom Schöpfer erdacht.
Der Idealzustand des Gartens ist aber auch ein fragiler und immer im Übergang in die folgenden Zustände des Absterbens und der Erneuerung. Ein statischer Zustand der Vollendung ist nicht erreichbar.
Gärten sind Orte von Zitaten und Erinnerungen. Kleinstarchitekturen reflektieren die Gesinnung des Besitzers oder deuten auf die Endlichkeit und Vergänglichkeit des Lebens hin. Sie sind Orte des Rückzugs, des Nachdenkens, des Ausblicks.

Ein solches Geschenk möchten wir der Stadt Potsdam und ihren kommenden Generationen machen - ein Bild entwerfen, welches über einen Zeitraum von 100 Jahren seine volle Kraft entfaltet und dabei schon im Zerfall begriffen ist - einen Ort des Rückzugs und des Nachdenkens schaffen - die Unmöglichkeit der Statik und die Unumgänglichkeit des Wandels und der Vergänglichkeit aufzeigen: Drei Bäume pflanzen in einem Folly. Die Kraft der Bäume nutzen. Sie wachsen, bringen den Folly langsam zum zerbersten. Ein sich über einen langen Zeitraum wandelndes Bild von Wachstum, Vollendung und gleichzeitig Vergänglichkeit kreieren. Ein dem Alltäglichem entrückter Ort. Ein Ort der Potsdams Zwiespalt als Stadt, die sich zwischen Erhalt und Wandel positioniert, Neues und bereits Verschwundenes repräsentiert.

Als formaler Ausdruck des Follies wird ein Würfel als abstrakteste und minimalste Version eines Bauwerks gewählt. Der Würfel wird eingeschnitten und ausgehöhlt, erhält so ein Inneres und Äußeres. Das Äußere ist durch glatte, gerade Wände charakterisiert. Die Wände im Inneren sind schräg und abgetreppt und ihre Oberflächen rauh und strukturiert. Das Innere ist betretbar. Man kann sich setzten, hinausblicken, in die Krone der Bäume schauen. Das Innere umschließt die Bäume ganz eng. Ihr Wachsen, ihre Kraft bringen über Jahre hinweg die Wände zum reißen. Die Risse bilden ein neues Muster auf der Oberfläche des Tempels. Die Risse werden zu größeren Fugen. Teile und Stücke fallen aus der Fassade, die Kubatur des Würfels verändert sich, die Wurzeln und Stämme der Bäume wachsen aus dem Inneren heraus, werden Teil des Außen.
Die Prozesse des Reißens und Brechens werden über Material und Konstruktion des Follies gesteuert. Er ist aus armiertem Beton gebaut. Die Armierung wird an bestimmen Stellen – entlang der Linien der Baumlöcher - ausgelassen. Bewusst gesetzte Schwachstellen entstehen an denen der Beton über den Druck der wachsenden Stämme und Wurzeln zu brechen beginnt.

Als Baum wird die Eiche gewählt. Sie ist ein langlebiger, sehr großer Baum mit massiven Stamm und ausladenden Ästen und einem malerischem Erscheinungsbild. Sie steht damit in einem spannungsreichen Kontrast zur Schlichtheit des Bauwerks. An die Eiche sind viel Mythen geknüpft und sie steht als Symbol für Beständigkeit und Kraft.

Die Bäume zeigen Kraft, Wachstum und gleichzeitig Vergänglichkeit und Zerfall. Der Folly wird zum Sinnbild der Kreation.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser schlägt in seiner Arbeit die Konstruktion eines aus Beton gefertigten Würfels
vor, der an allen Seiten verschiedenartige Öffnungen hat und nach oben geöffnet bleibt. In
diesen Betonwürfel sollen dann drei größere Eichen gepflanzt werden, die sich im Laufe der
nächsten hundert Jahre ausdehnen und den Würfel durch ihr Wachstum zum Bersten bringen.
Mit dieser Idee knüpft der Verfasser an bestehende Vorbilder aus dem asiatischen
Raum an, insbesondere Tempelbauten mit jahrhundertealten Bäumen darin.
Die Jury bewertete diese Arbeit als besonders gelungen, da mit dieser Idee zum einen an die
alte Gartentradition Potsdams angeknüpft wird, zum anderen der zerberstende Würfel als
Symbol der immer wieder zerstörten Gebäude dieser Stadt zu sehen ist. Insbesondere die
Erlebbarkeit dieser Idee (der Würfel soll begehbar sein und den Besuchern einen in sich geschlossenen Raum in der Natur mit Blick auf die Stadt gewähren) zeichnet diese Arbeit aus
Folly - Präsentationsboard

Folly - Präsentationsboard

Folly Konzept: Wachstum und Zerfall

Folly Konzept: Wachstum und Zerfall

Ansicht Folly

Ansicht Folly

Ansicht Folly

Ansicht Folly

Detail Ansicht Folly

Detail Ansicht Folly

Grundriss Folly - Ebene unter den Baumkronen

Grundriss Folly - Ebene unter den Baumkronen

Grundriss Folly - Bodenebene

Grundriss Folly - Bodenebene

Grundriss Folly - Ebene unter den Baumkronen

Grundriss Folly - Ebene unter den Baumkronen