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Einladungswettbewerb | 05/2012

Einbau eines Gemeindesaales und innere Neuorganisation in der Friedenskirche

1. Preis

Knoche Architekten Partnerschaft mbB

Architektur

Erläuterungstext

AUSGANGSLAGE - Die Friedenskirche der evangelisch – lutherischen Kirchgemeinde in Aue – Zelle wurde im Jahre 1914 nach Plänen der Dresdener Bauräte Rudolf Schilling und Julius Graebner errichtet und beherrscht aufgrund ihrer exponierten Lage am Hang des Zeller Berges bis heute das Stadtbild von Aue.

Die verputzten Außenwände sind im Laufe der Jahre verwittert, die Kirche zeigt sich daher monochrom und eher schmucklos. Dennoch weist das Bauwerk als ‚Baudenkmal des Jugendstils im Erzgebirge’ einen künstlerisch anspruchsvoll gestalteten Innenraum auf, dessen abgehängte, stützenfreie Deckenkonstruktion einen überraschend großen, Licht durchfluteten Andachtsraum erzeugt, der in maßvollem Jugendstil ausgestaltet ist.

Die vorhandenen 850 Sitzplätze, die im Zentralraum sowie flankierend unter und auf den seitlichen Emporen untergebracht sind, werden heute in der Regel nicht mehr in dieser Zahl benötigt, gleichwohl wird ein Defizit an räumlichen Möglichkeiten für kleinere Gruppen beklagt. Die Kirchgemeinde hat daher beschlossen, Räume für eine ‚Winterkirche’ abzutrennen und die vorhandenen, nördlich gelegenen Nebenräume im Erd- und Obergeschoß neu zu organisieren.

PLANUNGSKONZEPTION – Das Planungskonzept würdigt die Dominanz der innenräumlichen Anlage des Bestandes und ergänzt nur punktuell neue Elemente, die sich formal unterordnen. Der Kirchenraum bleibt in seiner Gesamtwirkung weiterhin als ganzes erlebbar, auch die Tageslichtsituation bleibt trotz der Einbauten weitgehend erhalten. Im Bereich der nördlich gelegenen Nebenräume werden nur zurückhaltende Einbauten vorgenommen, gleichzeitig wird die innere Erschließung durch den Einbau von zwei Treppen und einer behindertengerechten Rampe wesentlich verbessert.

KIRCHENRAUM - Es wird vorgeschlagen, unter den beiden Emporen auf der Ost- und Westseite jeweils Raum abtrennende Einbauten in Form gerundeter Wände mit Glasoberlicht vorzusehen. Durch die beidseitig gleiche Anordnung erfolgt die bruchlose Einfügung in die symmetrische Anlage des Bestands, während die gerundete Ausführung die Formensprache des Innenraumes und seiner ausgerundeten Emporen aufnimmt.

Durch diese Einbauten werden sowohl der Gemeindesaal, die ‚Winterkirche’ als auch der geteilte / teilbare Bereich mit den Räumen für Probe und Unterricht in der Kirche angeordnet. Beide sind, bis auf die mittlere Trennwand im westlichen Bereich, gleichartig konstruiert und gestaltet. Die dem Kirchenraum zugewandten Seiten sind bis zu einer Höhe von etwa 220 cm mit hell furniertem Akustik – Holztafeln bekleidet, die eine vertikale Schlitzstruktur aufweisen und daher bruchlos in die Rundung geführt werden können. Die akustisch und thermisch gedämmte Wand endet mit etwa anderthalb Meter Abstand vor der massiven Außenwand der Kirche und deutlich unterhalb der Unterseite der Emporen, so dass das eingestellte Element eher den Charakter eines Möbels als den einer Trennwand hat.

Innenraumseitig werden die entstehenden Nischen mit Schrankeinbauten versehen, die als Stauraum alle erforderlichen Utensilien aufnehmen können. Durch die gerundete Form und die durch die Möbeleinbauten erzeugte Konstruktionstiefe ist das Wandelement freistehend konstruiert, daher endet die Unterkonstruktion auf Schrankhöhe und muss nicht an der Unterseite der Empore befestigt werden. Die vertikale und horizontale Fuge zum Bestand wird durch eine Glasfuge geschlossen, dadurch ist sowohl die thermische als auch die akustische Abtrennung zum Kirchenraum gewährleistet.

Die entstehenden Räume sind durch die gewählte Konstruktion nach wie vor als Teil des Gesamtraumes wahrnehmbar, bieten aber trotzdem ausreichend räumliche Eigenständigkeit. Sie ermöglichen daher die gewünschten Nutzungen in zahlreichen Möblierungsvarianten, ohne eventuell parallel stattfindende Veranstaltungen im Hause zu stören.

RAUMZONE NORD – Die übrigen Funktionen des Raumprogramms werden in den nördlich gelegenen Räumen im EG und OG untergebracht. Um die innere Erschließung der bislang nicht verknüpften Räume zu ermöglichen, werden in diesen Bereich zwei kleine Treppen und eine behindertengerechte Rampe integriert. Über diese Rampe können Besucher aus dem Kirchenraum das bestehende WC schwellenlos erreichen.

In den im Erdgeschoß östlich gelegenen Raum wird die Küchenzeile, die sich derzeit im Gangbereich befindet verlegt, so dass hier eine angenehme Arbeitssituation entsteht, in der sich auch mal mehrere Personen gleichzeitig aufhalten können. Der Raum liegt in direkter Nähe zum Gemeindesaal und dient diesem auch als Lager. Dazu werden gut nutzbare Stauraumzonen vorgeschlagen, die wie Einbauschränke die gesamten Wandnischen füllen und mit der Küchenzeile sowie der räumlichen Abtrennung der Rampe eine gestalterische Einheit bilden. Die raumseitigen Oberflächen werden glattflächig und in hellem Holzfurnier ausgeführt, so dass ein insgesamt großzügiger und freundlicher Raumeindruck entsteht.
Im Bereich des östlich gelegenen Nebeneingangs wird eine Wendeltreppe eingebaut, um von hier aus auch den darüber liegenden Jugendraum zu erschließen und diesen wiederum intern an die WC – Anlage im Erdgeschoß anzubinden.

Die westlich gelegenen Räume nehmen im Erdgeschoß das Dienstzimmer mit Sakristei sowie im Obergeschoß die Kanzlei auf. Auch diese Räume werden über eine interne Treppe miteinander verbunden, die hier als einläufige Treppe vorgeschlagen wird. Die Treppe wird im EG in einen Schrankeinbau integriert, während sie im Obergeschoß in eine offene Brüstung im Bereich der Fenster mündet. Durch diese Treppe wird der gesamte Bereich sowohl an den oben liegenden Nebeneingang als auch an Küche und WC im Erdgeschoß angebunden. Auch hier erfolgt der vorgeschlagene Innenausbau weitgehend in Form von Schrankeinbauten, um die zur Verfügung stehenden Flächen optimal auszunutzen und trotzdem einen großzügigen Raumeindruck zu erzeugen. Die eventuell eingeschränkte Zugänglichkeit der Fenster in der Kanzlei kann durch den Einbau von motorisch betriebenen Fensteröffnern kompensiert werden.

ENERGETISCHES KONZEPT – Obwohl die vorgeschlagene Ausbauplanung die konstruktive Substanz des Bestandes im thermischen Sinne nicht ändert, wird sich die energetische Bilanz durch die Maßnahme nachhaltig verbessern lassen. Dies betrifft zunächst die in den Kirchenraum eingestellten Räume, die zu diesem durch gedämmte Ständerwände abgetrennt sind und dadurch ein deutlich reduziertes beheizbares Volumen erzeugen. Zudem wird vorgeschlagen, den Innenputz der Außenwände im abgetrennten Bereich als Wärme dämmenden Innenputz auszuführen, sofern sich dies nach entsprechenden Berechnungen in der thermischen Bilanz wirksam niederschlägt. Dieser Vorschlag betrifft auch die nördlichen Nebenräume, die dadurch eine verbesserte thermische Behaglichkeit erhalten werden.

FAZIT – Der Entwurf versucht, durch geringfügige und zurückhaltende Einbauten in den Bestand diesen aufzuwerten und in seiner Funktionalität und Flexibilität zu verbessern. Da die vorgeschlagenen Ergänzungen fast ausschließlich Möbel sind oder wie Möbel in Erscheinung treten, wird die räumliche Dominanz der Kirche – gerade auch im Andachtsraum - an keiner Stelle in Frage gestellt.
Querschnitt

Querschnitt

Längsschnitt

Längsschnitt

Erschliessung EG

Erschliessung EG

Erschliessung OG

Erschliessung OG

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss

Detailschnitt

Detailschnitt