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Einladungswettbewerb | 05/2012

Einbau eines Gemeindesaales und innere Neuorganisation in der Friedenskirche

ein 3. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

Schubert + Horst Architekten Partnerschaftsgesellschaft mbB

Architektur

Erläuterungstext

Entwurfsidee
Bauliche innenräumliche Eingriffe in das bedeutende Baudenkmal des Jugendstils im Erzgebirge mit seinem originalen Bestand sehen wir nicht als langfristige Lösung. Die stilistisch einheitliche Wirkung des Raumes wird durch eine zeitgemäße Hinzufügung nicht verbessert.
Gleichzeitig werden enorme Defizite in der funktionalen und räumlichen Konzeption in Bezug auf den heutigen Gemeindealltag festgestellt und einfache und logische Lösungen in Verbindung mit dem Raum für die Winterkirche gesucht.
Neben einer funktionalen Neuordnung und Anordnung der geforderten Räume für das alltägliche Gemeindeleben, dem Einbau einer Treppe hinter dem Altarraum, um die langen und umständlichen Wege durch die (im Winter kalte) Kirche zu ersparen, wird ein neuer Versammlungsraum in die nördliche Böschung hinzugefügt.
Neben der Lösung bauphysikalischer Probleme (Abdichtung gegen drückendes Wasser vom Hang), können die hinzugefügten Räume zusätzlich zu dem im Raumprogramm ausgewiesenen Nutzungen vielseitig genutzt und im Zusammenspiel mit der neu entstehenden Freiterrasse im Sommer als Freiluftkirche und Bühne genutzt werden.
Die Barrierefreiheit ist problemlos gewährleistet; die Einrichtung eines behindertengerechten WC ist in unserem Entwurf wie dargestellt problemlos möglich. Die Erreichbarkeit beider Etagen erfolgt rollstuhlgerecht über die vorhandenen Außenwege.
Die Organisation und Nutzung der nun zur Verfügung stehenden Räume geschieht nun gänzlich unabhängig voneinander. Niemand kann gestört werden.

Konstruktion
Das neue Gebäude wird als monolithischer Stahlbetonbau errichtet, deren Boden- und Wandkonstruktionen aus wasserundurchlässigem Beton errichtet werden. Die Deckenplatte ist als begehbares und extensiv begrüntes Flachdach ausgeführt. Die Oberlichtbänder erhalten Sicherheitsglas mit entsprechend notwendigen Sonnenschutz und Sommerlichen Wärmeschutzeigenschaften.

Innenräumliche Gestaltung
Der neue Versammlungsraum der Winterkirche, sowie die angrenzenden neu geschaffenen Flur-, Foyer- und Funktionsräume erhalten einen dunklen Holzbodenbelag (Hochkantlamelle, Räuchereiche); die Wände werden mit atmungsaktiven Lehmputz bekleidet, mit Perlmutt als Zuschlagstoff. Somit ergibt sich ein sehr feiner und würdiger Glanzeffekt.
Das Licht soll auf unspektakuläre Art und Weise zur Versammlung und zum gemeinsamen Feiern der Gottesdienste einladen. Es unterstützt ganz wesentlich die einladende, spirituelle Atmosphäre eines Sakralraumes. Die Wahrnehmung von Räumen wird durch die - sich ständig ändernde - Mischung von Tages- und Kunstlicht geprägt. Das vom Material modulierte und Reflektierte Licht liefert uns die Informationen unserer Umwelt. So wird in unserem Konzept der komplexe Kontext aus visuellen Wahrnehmungsphänomenen, physiologischen und psychischen Reaktionen des Menschen auf Lichteinwirkungen berücksichtigt. Ziel ist es, den Raum mit Licht so zu gestalten, dass die Raumgestaltenden Elemente zur angemessenen Wirkung kommen und die Nutzung wie selbstverständlich durch die Lichtführung unterstützt wird. Durch die Beleuchtung sollen keine zusätzlichen, unbeabsichtigten Effekte wie z.B. ungeplante Reflektionen oder Spiegelungen erzeugt werden. Dies setzt voraus, dass Licht-Schatten-Kanten sehr sorgfältig geplant und eingesetzt werden und dass Blendung unter flachen Winkeln vermieden wird.

Äußere Gestaltung
Die kleinen beidseitig des Hauptkirchbaus vorgesehenen baulichen Ergänzungen erhalten eine horizontal gelagerte Vorsatzschale aus Theumaer Fruchtschiefer. In die Wandflächen eingebettet sind Fenster, Türen und ein großes Hebe-Schiebe-Element des Saals aus Aluminium in hellem Bronze-Eloxal.

Freiraum/Terrasse
Der zusätzlich gewonnene Freiraum kann als Terrasse vielfältigen Nutzungen zugeführt werden. Die Freitreppe dient als Bühne und Podest. Die notwendige Rampe wird in die Böschung integriert. Die Stützmauer kann teilweise aus Gabbionen errichtet und ebenfalls begrünt werden. Die Terrasse erhält einen Belag aus Holz.

Energieversorgung
Der Neubau der Winterkirche setzt auf passive Wärmeschutzmaßnahmen deutlich unterhalb des vom Gesetzgeber formulierten Mindeststandards. Sein Jahres-Energiebedarf wird daher sehr gering sein. Er wird aus der vorhandenen Heizungsanlage gedeckt, wobei innere Wärmequellen aus Beleuchtung und Personen einen wesentlichen Beitrag leisten. Im Gegenzug muss die elektrische Bankheizung der Kirche nur noch an kirchlichen Feiertagen eingesetzt werden, wodurch energetisch hochwertiger Strom gespart wird.
In der ökologischen Gesamtbilanzierung (nach Primärenergiebedarf) kann es dadurch durchaus zu einer Verringerung des Energieeinsatzes sowie in der ökonomischen Bilanzierung zur Kostensenkung kommen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser unterbreiten einen Sondervorschlag, der im Rahmen der Auslobung eine denkbare Lösung darstellt. Nicht im Innenraum wird die Winterkirche geschaffen, sondern als Anbau an das Gebäude gefügt.
Der in den Hang geschobene, eingeschossige Neubau zeichnet sich durch eine ansprechende Innenraumqualität mit einer wirkungsvollen Lichtführung aus. Aus denkmalpflegerischer sichte wird die Bewahrung des Kirchenraums in seiner historischen Ausformung positiv bewertet.
Dem gegenüber stehen jedoch einige funktionale Mängel, wie die unmittelbar hinter dem Altar eingefügte Treppe, die einen gestalterischen Eingriff in diesen sensiblen Bereich darstellt. trotz der flächenmäßigen Erweiterung erfüllt der Autor das Raumprogramm nicht vollständig. Problematisch wird die Erschließung des neuen Saales gesehen, da der Weg um das gesamte Gebäude geführt werden muss. Darüber hinaus ist mit erhöhten baulichen Aufwendungen zu rechnen, als vom Verfasser dargestellt.
Dieser außergewöhnliche Entwurf wurde hinsichtlich der Nutzung des historischen Kirchenraums kontrovers diskutiert, stellt aber einen eigenständigen Lösungsansatz für die gestellte Aufgabe dar.