modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 04/2013

Besucherinformationszentrum Sparrenburg und Johannisberg

1. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Von der ehemals bedeutend größeren Festung Sparrenburg sind im gegenwärtigen Zustand nur noch wenige prägende bauliche Elemente erhalten. Den heutigen Burghof, ursprünglich die Vorburg der Anlage, definieren 3 markante Bauwerke, der 37 Meter hohe Turm, das Hauptgebäude und ehemalige Wirtschaftsgebäude sowie die Überreste des Burgtores. Gemeinsam fassen sie das Aussichtsplateau, das zur Stadt hin ausgerichtet ist.

Auf dem Weg in die Burganlage spielte das Burgtor von je her eine herausragende Rolle. Das Betreten einer Burg durch das Tor, der Durchgang durch eine Schleuse, das sich abschotten nach außen definieren die Atmosphäre der inneren Burg. Auf den historischen Plänen der Sparrenburg ist deutlich zu sehen, dass das Tor früher sogar durch ein ganzes Torhaus gebildet wurde. Dieses Torhaus war ein 2-geschossiges Gebäude mit einem über 9 Meter langen Tordurchgang, den man durchschreiten musste um in den Hof zu gelangen. Das Gefühl durch eine 9 Meter tiefe Schleuse zu gehen verändert das Bewusstsein für das Innen und das Außen. Um den Resten des Burgtores wieder zu mehr prägender Stärke zu verhelfen bildet der Wettbewerbsentwurf zusammen mit ihnen einen neuen Torraum aus, der in Tiefe und Form an den historischen Durchgang angelehnt ist. Dieser Torraum ist nur im Bereich des Neubaus überdacht, zwischen dem alten und neuen Teil bleibt er nach oben hin offen. Das Thema der Wandnischen wird, analog zur bestehenden Mauernische in der Torruine auch im neuen Teil des „Tores“ weitergeführt. Dieser ist mit mehreren Nischen ausgestaltet, die zum Teil Sitzflächen für wartende Besucher sind, zum Teil aber auch Informationstafeln Platz bieten. Zwischen dem alten und dem neuen Teil gehen nach links und rechts zwei Wege ab, der eine führt auf die Terrasse des Hauptgebäudes, der andere zum hinteren Personaleingang. Der geradeaus laufende Hauptweg führt am Haupteingang des Besucherzentrums vorbei. Auf diese Weise wird der neue Torraum zum Ort des Ankommens, der Verteilung und der Information und zugleich ein prägender Raum auf dem Weg in den Burghof.

Das Besucherzentrum schiebt sich räumlich gewissermaßen vor das bestehende Tor. Es berührt dieses jedoch an keiner Stelle, sondern lässt einen bewussten Spalt zwischen alt und neu. Der Baukörper ist monolithisch aus Beton gegossen und grob verschalt. Die Fassade passt sich so in Körnung und Maßstab an die ebenfalls rauen und groben Bestandsmauern aus Stein an. Die einzeln gesetzten, großen Fenster mit tiefen Leibungen definieren ihn als eigenständiges Gebäude, das sich in das Ensemble der anderen Gebäude auf dem Burghof-Plateau einfügt. Das Abrücken von der Mauer verstärkt diesen Eindruck noch. So wird der Charakter des Hofes als Aussichtsplattform ebenso wie seine Orientierung in Richtung Stadt erhalten und durch die gezielte Setzung werden neue Räume im Tordurchgang, am Personaleingang und in Richtung Marienrondell gebildet.

Vom Torraum gelangt man durch den Haupteingang in den Museumsshop und Ticketbereich. Dieser klare und einfache Raum hat innen die gleiche Materialität wie die Fassade. Die Mauern sind massiv aus Leichtbeton hergestellt, der in der vorhandenen Stärke ebenso gute energetische Werte aufweist wie herkömmlich gedämmte Wände, in seiner Klarheit und Einschaligkeit dem Duktus der Burg aber wesentlich besser entspricht. Die Regale und Präsentationsflächen aus Holz sind wie Taschen in die Wände eingelassen, sie lassen den Raum frei für den Besucherverkehr, ebenso wie die um den Hauptraum angeordneten kleinen Funktionsbereiche wie Lager, Pausenraum und Technikraum.

Der Kiosk orientiert sich in die entgegengesetzte Richtung zum Marienrondell hin. Der kleine Platz zwischen Besucherzentrum und der runden Mauer wird räumlich gefasst und vom Kiosk bespielt während der besondere Ausblick in Richtung Rondell auch im Inneren des Kiosk durch ein in diese Richtung gesetztes Fenster gerahmt und betont wird.

Der Informationspunkt für die Parkanlage Johannisberg liegt an der Spitze eines langen Bandes aus Parkplätzen, der Neubethlem-Lichtung, einem Klettergarten und weiteren Funktionen. Das Gebäude ist in die Mitte des Grundstücks platziert und von allen Richtungen aus gut als herausstechendes bauliches Element sichtbar. Durch die Reduktion der Form und des Materials stellt sich der kleine Informationspunkt selbstbewusst an das Kopfende des Bandes. Während sich der Haupteingang des Informationsbereichs und die Öffnungen der Fassade zur Straßenseite hin orientieren, gibt es auf der dem Parkplatz zugewandten Seite einen durch einen Durchgang abgetrennten Flügel, der alle Nebennutzungen wie Toiletten, Duschen und Technikräume enthält. Durch mehrere Wege und einen Vorplatz ist das Gebäude in alle Richtungen mit den umliegenden Straßen ebenso wie mit der angrenzenden Parkplatzanlage verbunden. Der eigentliche Informationsbereich ist, ähnliche dem Shop des Besucherzentrums, ein einfacher und klarer Raum, der sowohl mit freien Wänden wie auch hölzernen Regalen viel Fläche bietet um Besucher auf unterschiedliche Art und Weise über die Parkanlage zu Informieren.

Formal ist der Informationspunkt klar als Verwandter des Besucherzentrums Sparrenburg zu erkennen. In Materialität und der Gestaltung der Fassade folgen beide Gebäude einer gemeinsamen Sprache. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer jeweiligen Haltung deutlich voneinander. Während der Informationspunkt als freistehender Baukörper auf sich aufmerksam macht, fügt sich das Besucherzentrum in die Burganlage ein. Abmessungen, Raumgrößen, Konstruktion und Fassadensprache sind typologisch an den Duktus der Burg angelehnt und der gesamte Ansatz folgt der architektonischen Grundidee des Weiterbauens, in deren Sinne die Festung schon seit vielen Jahrhunderten immer wieder verändert wurde.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die zentrale und überzeugende Entwurfsidee für das Besucherzentrum der Sparrenburg ist die Verknüpfung dieses Neubaus mit dem vorhandenen alten Burgtor. So wird beides, altes Tor und neues Besucherzentrum, zu einer Einheit verknüpft, in Anlehnung an das frühere hier stehende Torhaus. Dabei wird das Burgtor mit Teilen des Neubaus sehr sensibel auf seine frühere Tiefe verlängert und in seiner inneren räumlichen Ausprägung mit Nischen und Schrägen differenziert an das frühere Tor angelehnt gestaltet.

Der Neubau ist nach Nordwesten von der davor liegenden Burgmauer abgerückt und ermöglicht so einen sinnvollen Umgang um das Besucherzentrum direkt zur Aussichts- und Picknickterrasse. Mit diesem Abrücken trennt der Verfasser eindeutig und gut nachvollziehbar auch den Neubau vom alten Bereich des Burgtores, obwohl er beides sowohl räumlich wie auch im Hinblick auf Material und Ausformung (tiefe Laibungen) miteinander verbindet.

So entsteht mit diesem Konzept eine integrative bauliche Anlage, die modern und nicht anbiedernd das Mystische einer Burganlage in bester Weise aufspürt und modern interpretiert, so dass mit Eintreten in die Burganlage Entdeckerfreude und Neugier geweckt werden.

Der Haupteingang im Besucherzentrum ist vom überdachten „Burgtor“ aus richtig und direkt am Durchgang innerhalb des Burgtores angeordnet. Shop und Ticketoffice sind gut proportioniert und funktional richtig entwickelt. Es werden in den Wandnischen der dicken Außenwände folgerichtig Regale angeboten und schöne Ausblicke durch Fenster auf den Burghof.

Insgesamt handelt es sich um einen sehr intelligenten und architektonisch- denkmalpflegerisch sehr sensibel gestalteten Entwurf mit schönen Setzungen, der einen hervorragenden Beitrag zur gestellten Aufgabe darstellt.

Im Gegensatz zur Sparrenburg ist die Lösung für den Informationspunkt Johannisberg weniger gut gelungen. Der lange Gang und die additive Funktionsabfolge, aber auch die fehlende Einsehbarkeit werden bemängelt, auch wenn die Zusammenfassung der Bauaufgabe zu einem Gebäude den richtigen Ansatz darstellt.

Auf Grund der einfachen Konstruktion massiver Wände mit Öffnungen für beide Gebäudeanlagen handelt es sich um wirtschaftliche Entwurfsvorschläge, die sowohl in der Erstellung wie auch in einer späteren Unterhaltung der Aufgabe angemessen erscheinen.
Site Plan

Site Plan

Groundfloor Plan

Groundfloor Plan

Section A-A

Section A-A

Sections B-B, C-C

Sections B-B, C-C

Elevation North

Elevation North

Elevation East

Elevation East

Elevation South

Elevation South