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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2013

Zweifachsporthalle am Engelbert-Kaempfer-Gymnasium

Perspektive

Perspektive

3. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

Schlattmeier Architekten BDA

Architektur

Ingenieurbüro Grage Gesellschaft für Tragwerksplanung mbH

Energieplanung, Tragwerksplanung

Schröder & Partner Beratende Ingenieure VBI Für Elektrotechnik

TGA-Fachplanung

reich + hölscher TGA-Planer GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Grundgedanken
Die Stadt Lemgo ist für den sensiblen Umgang mit ihrer Altstadt bekannt. Bereits das westlich des Wettbewerbsgebietes errichtete Parkhaus nimmt mit seinen Gabionen die Gedanken der ehemaligen Stadtmauer auf.
Die städtebauliche Situation entlang des Rampendal ist geprägt durch eine enge Bebauung, die bis an die Bürgersteiggrenze reicht und in Teilbereichen mit, bis zu eingeschossigen Mauern, abgegrenzt wird.
Neben den funktionalen Anforderungen an eine moderne Sporthalle in Passivhausbauweise, ist es uns wichtig ein eigenständiges Gebäude zu schaffen, welches sich selbstbewusst mit der umgebenden Bebauung arrangiert und die städtebaulichen Grundzüge der Umgebung, was Fluchten und Höhenentwicklungen angeht, aufnimmt.

Entwurfskonzept und Materialität
Die Basis des Sporthallenneubaus bildet ein eingeschossiges massives Sockelgeschoss, aus dem die tranzluzente „Laterne“ der Sporthalle herauszuwachsen scheint. Die Differenzierung in Gebäudesockel und Hallenkörper führt zu einer spannenden Gliederung der Baumasse. Die anthrazitfarbene Putzoberfläche des Sockelgeschosses unterstreicht in ihrer Materialität die Wertigkeit und Nachhaltigkeit des verwendeten Wärmedämmziegels. Die „Laterne“ erhält eine Fassade aus Mehrkammer-Polycarbonatplatten mit hoher Dämmqualität (U ~0,7). Die lichtbrechenden und lichtleitenden Mehrkammerplatten garantieren tagsüber eine gleichmäßige und blendfreie Belichtung der Sporthalle entlang der Hallenlängsseiten (Tageslichtnutzung). Die massiven Stirnseiten der „Laterne“ werden ebenfalls, unter Verwendung der Mehrkammerplatten mit transparenter Wärmedämmung ausgerüstet. Aufgrund der besonderen Eigenschaften von Polycarbonat, wie hohe Schlagfestigkeit (200 x schlagzäher als Glas) und uneingeschränkte Ballwurfsicherheit (Eishockeypuck mit 130 km/h richtet keine Schäden an), ist dieses Plattenmaterial geradezu prädestiniert für den Einsatz im Sporthallenbau. Schließlich führen, sowohl das geringe Eigengewicht, sowie die einfache Verarbeitung des Materials zu einer äußerst wirtschaftlichen Fassadenlösung.

Städtebauliche Einbindung und Funktionalität
In Verbindung mit der von uns, aufgrund ihrer atmosphärischen Wirkung, unangetasteten Natursteinmauer im Osten und seinen abgerundeten Ecken leitet der Baukörper die verschiedenen Verkehrs- und Publikumsströme elegant um das Gebäude zu den Eingängen. Dabei nimmt das eigenständige Gebäude mit seinem Gebäudesockel zum einen die Straßenflucht des Rampendals auf, zum anderen stellt der Sporthallenteil den Höhenbezug zu der westlich gelegenen Parkpalette her. Im Süden des Baufeldes bildet der Sporthallenneubau zusammen mit dem Bestand einen großzügigen Vorplatz aus, der die vorhandenen Schulhofflächen um eine weitere Freifläche mit hoher Aufenthaltsqualität bereichert.
Über eine großzügige Windfanganlage erreicht man die auf Funktionalität ausgerichteten und natürlich belichteten Umkleidebereiche (Tageslichtnutzung). Durch einen besonderen „Kniff“ können wir auf den Turnschuhgang verzichten, in dem wir den Zugang zur Sporthalle durch eine Tür abtrennen und somit von der Umkleide nicht mehr durch den Stiefelgang zur Sporthalle gehen müssen.

Stellplätze
Ein Hausmeisterstellplatz sowie ein Behindertenstellplatz liegen am westlichen Rand des Baufeldes. In direkter Nähe dazu können optional weitere Stellplätze mit Zuwegung über die Zufahrt der Parkpalette organisiert werden. Zusätzliche Stellplätze sind entlang der vorhandenen Natursteinmauer im Osten des Baufeldes denkbar.
Die geforderten 40 Fahrradstellplätze liegen in unmittelbarer Nähe zu den Eingängen. Dem Entwurf liegt ein innovatives Passivhaus Energiekonzept zugrunde, welches in weiteren Planungen weiter ausgeführt, berechnet und optimiert werden könnte.

Heizung . Lüftung . Sanitär
Die Wärmeenergieversorgung des Gebäudes wird über einen vorhandenen Fernwärmeanschluss der Stadtwerke Lemgo realisiert. Die Fernwärme mit ihrem bereits 30%igen regenerativen Energieanteil versorgt das zentrale Lüftungssystem, die dezentralen Lüftungsgeräte mit ihren Wärmetauschern zur Nacherwärmung, sowie die zentrale Warmwasseraufbereitung in unmittelbarer Nähe zu den Duschräumen, mit der notwendigen Energie.
Zusätzlich bietet das gewählte Versorgungskonzept die Möglichkeit mittels auf dem Dach angeordneten Solarkollektoren, den Anteil an erneuerbaren Energien deutlich zu steigern. Dabei wird zunächst ein Pufferspeicher mit integrierter Frischwasserzentrale aufgeladen. Nach vollständiger Ladung des Speichers wird die überschüssige Solarenergie in das Erdreich unterhalb der Sporthalle geleitet (Erdspeicher).
Die Temperierung der Sporthalle und die daran angrenzenden Nebenräume (Umkleiden / Duschen / etc.) erfolgt über ein zentrales Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung.
Im Wärmerückgewinnungsregister des Lüftungsgerätes wird die Außenluft, die durch das Erdreich vorgewärmt bzw. im Sommer vorgekühlt wird mit einer Rückwärmzahl von 0,9 vorgewärmt und falls benötigt, über das Nachheizregister mittels Fernwärme temperiert. Das Wärmerückgewinnungsregister entzieht dabei der Abluft aus den Umkleide- und Duschbereichen die Wärme und transferiert diese auf die Zuluftseite. Die Sporthalle erhält somit eine Luftdurchspülung mit temperierter Zuluft.
Zur Lüftung und Beheizung der Nebenraumzonen werden je Zone, Ventilatoren mit EC-Motoren und nachgeschaltetem Heizregister eingesetzt. Dabei wird die Luftmenge für jede einzelne Zone in Abhängigkeit der Luftqualität als auch Temperatur und Feuchte automatisch gesteuert. Die benötigte Luftmenge wird der vorgewärmten Sporthalle entzogen. Ein zentrales Abluftleitungssystem nimmt anschließend die Luft wieder auf und führt sie zum Wärmerückgewinnungsregister des Zentralgerätes. Alle Maßnahmen zusammengefasst führen zu einer deutlichen Absenkung des Jahresprimärenergiebedarfs. Im Sommer besteht zusätzlich die Möglichkeit der Lüftung / Nachtauskühlung über Öffnungsflügel im Lichtband des Daches.

Elektro
Großzügig bemessene transparente Fassaden- und Dachflächen (Lichtband Sporthalle) in Halle und Nebenräumen (Tageslichtnutzung), sowie der Einsatz energiesparender Beleuchtungskörper (überwiegend LED-Technik) sorgen für eine Reduzierung der installierten elektrischen Leistung.
Eine weitere Reduzierung erfolgt durch eine intelligente tageslichtabhängige Steuerung der Beleuchtung in der Sporthalle , sowie durch eine nutzerspezifische Schaltung mittels vorprogrammierten Szenarien (Training / Wettkampf). Der Einsatz von Präsenzmeldern mit Hystereseschaltung in Sporthalle und Nebenräumen (Abschaltung bei Nichtnutzung) führt zur weiteren Absenkung des Strombedarfs.
Optional ist die Installation einer Photovoltaikanlage mit überwiegender Eigennutzung der erzeugten elektrischen Energie möglich.

Geplant ist die vorhandene Trafostation für den Neubau der Sporthalle umzusetzen. Wenn städtebaulich gewünscht, können wir alternativ anbieten innerhalb des nördlichen Technikraumes einen nach oben hin offenen Bereich im Sockelgeschoss für die neue Trafostation vorzusehen. Austausch der Trafostation, sowie Neuverkabelung kann vor dem Baubeginn erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das klare baukörperliche Konzept, der Kontrast zwischen "weichem" Sockel und "hartem" kristallinen Hallenkörper ist überzeugend umgesetzt. Es wird bis auf die Materialebene - dunkler, monolithischer Sockel / heller, transparenter Aufbau - durchgehalten.
Die Strahlwirkung der transluzenten Laterne im Stadtraum wird positiv bewertet - allerdings wird die Wirkung des dunklen, ungegliederten Sockels auf Fußgängerebene im Rampendal als zu abweisend kritisiert. Insgesamt wird die Gestaltqualität hoch, im städtebaulichen Kontext allerdings fragwürdig bewertet.
Der stadträumliche Bezug zum Schulbestand ist gelungen. Durch die "freie" Form des Sockels (Schräge) wird die Baufläche vor der bestehenden Schule gut ausgenutzt. Alle Funktionen können ebenerdig angeboten werden. Der Hauptzugang liegt folgerichtig in Orientierung zur Schule.
Das Raumprogramm ist zu 100 Prozent umgesetzt, der Grundriss einfach und übersichtlich gegliedert. Das Sporthalleninnere besticht durch eine hohe Raum- und Aufenthaltsqualität.
Trotz der geringen Verkehrsfläche wird eine Trennung zwischen Stiefel- und Turnschuhgang erreicht. Durch die "freie" Form des Sockels fallen jedoch einige Raumzuschnitte (Südwestecke) etwas formalistisch aus. Die planungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften sind eingehalten.
Die Gebäudekennwerte liegen unterm Durchschnitt, die Herstellungskosten am unteren Rand.
Die energetischen Aussagen sind sehr ausführlich und überzeugend, die Umsetzung des Passivhausstandards ohne Probleme realisierbar.
Allerdings könnte noch eine Verbesserung der Energiebilanz durch Verlegung der Grunddämmung auf die Sohle erreicht werden.
Insgesamt stellt diese Arbeit eine überzeugende Lösung für die gestellte Aufgabe dar.