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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2013

Lange Straße

Anerkennung

Preisgeld: 1.500 EUR

STUDIO RW | Landschaftsarchitektur + Stadtplanung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Status quo
Die derzeitige Gestalt der Langen Straße zwischen den Kreuzungsbereichen Im großen Sande / Lange Straße und Burggraben / Lange Straße ist in die Jahre gekommen. Parkende Autos, Einbauten und eine unklare Verkehrsführung prägen das Bild und lassen die Qualitäten für einen Aufenthalt im Freiraum fast völlig verschwinden.
Der Kreuzungsbereich Im großen Sande / Lange Straße stellt sich als überdimensionierte Verkehrsfläche dar und vereinnahmt so eine der wenigen weitläufigeren Freiräume. Ähnliches gilt für den Bereich Burggraben / Lange Straße, wo potentiell nutzbare Freiräume durch Einbauten und Parkierungen einer qualitätvollen Nutzung und angemessenen Anbindung des Bürgerhauses entgegenstehen. Die Lange Straße selbst bietet durch die Flächeninanspruchnahme des motorisierten Verkehrs und sehr beengter Querschnitte kaum Platz für Gebäudevorzonen, die nötig sind um eine Belebung der Straße für Einzelhandel, Dienstleistung und gesellschaftliches Leben zu fördern.

Entwurfsbeschreibung
Neben der wirtschaftlichen und historischen Bedeutung der Straße für den Flecken Horneburg stellte der Straßenraum immer auch eine wichtige Plattform für soziale Kontakte und kulturellen Austausch dar. Ziel der Neuplanung soll es sein, die Lange Straße als lebendigen Kommunikations- und Begegnungsraum zu reaktivieren. Die charakteristische städtebauliche Figur der Langen Straße stellt ein besonderes Alleinstellungsmerkmal im Flecken Horneburg und Umgebung dar. Dieses wertvolle Potenzial des Ensembles soll durch diesen Entwurf bewahrt und geschärft werden. Potentielle Bebauungsflächen wie die des Hamey-Geländes und an der Ecke Lange Straße / Burggraben werden im Duktus der bestehenden Bebauung mit ähnlichen Volumen ergänzt und stärken so die bestehende Raumkante mit ihren Vor- und Rücksprüngen. Diese wurden bisher für den ruhenden Verkehr genutzt oder mit Einbauten verstellt. Der Entwurf setzt hier gezielt reduzierte Gestaltungselemente ein, die einerseits markieren und anderseits qualifizieren. Die räumlich weiter gefassten Bereiche Im Großen Sande und Burggraben werden ebenfalls in ihrer Funktionalität als Verkehrsflächen entschärft und stärker als Freiräume mit Aufenthaltsqualität
ausformuliert.

Verkehr
Die Lange Straße wird als verkehrsberuhigte Erschließungsstraße mit niveaugleichem Fahr- und Gehwegbereich ausgebaut. Die Fahrspur wird durch 3,25 m breite Großsteinpflasterbänder vom Gehweg aus Klinkersteinen abgegrenzt. In Kreuzungsbereichen wird die Fahrspur unterbrochen und so eine Sensibilisierung des motorisierten Individualverkehrs gefördert. Die Querung des Platzbereiches Im Großen Sande / Lange Straße wird lediglich durch Pflasternägel im Belag markiert. Durch das Durchfahrtsverbot für den motorisierten Individualverkehr wird eine Beruhigung der Platzfläche und des angrenzenden gastronomischen Außenbereichs gefördert. Der ruhende Verkehr wird gänzlich aus dem Querschnitt der Langen Straße, in die gebäuderückseitgen sowie in einige dezentrale Flächen verbannt. Die neu geordnete Fläche nördlich der Sparkasse, die neu gestalteten Stellplätze am Burggraben sowie die Stellplätze auf dem Hamy-Gelände, gewährleisten ein ausreichendes Stellplatzangebot für Besucher und Anwohner. Der Platzbereich am Burggraben wird westlich der Volksbank ebenfalls vom ruhenden Verkehr freigehalten und mit einer Baumreihe deutlich zum nord-süd verlaufenden Straßenraum abgegrenzt.

Lange Straße
Durch die Entfernung von Parkplatzflächen und die leichte Veränderung des Straßenverlaufs gewinnt die Lange Straße neuen Raum für Fußgänger und Radfahrer. Die tristen Hochbeete werden entfernt, schmalkronige Apfelbäume (Malus tschonoskii), flankieren Gehwege und markieren kleine Plätze. Auch die störenden Leuchtenpfosten werden entfernt und durch hängende Leuchten ersetzt. Um die lange Geschichte als Handelsstraße und bestimmendes Element in der Entwicklung Horneburgs wieder lesbar zu machen, werden im Gehwegbereich zur Erinnerung an ehemalige Anwohner, die oft lange eine bestimmte Stelle im Straßenbild geprägt haben, Messingplatten als Erinnerungssteine eingelassen. Hierauf lassen sich alte und vergessene Berufe der Horneburger wieder entdecken.

Platz Im Großen Sande
Eine Verkehrsfläche wird zum neuen gesellschaftlichen Knotenpunkt. Was bisher aus einzelnen Restflächen bestand wird als eine Einheit mit räumlichen Zonierungen aufgefasst. Die Hauptbewegungsflächen sowie die Querungsmöglichkeit für Lieferverkehr befinden sich auf einer Ebene, die sich entlang des bestehenden Gefälles Richtung Lange Straße entwickelt. Durch eine dreistufige Aufkantung erhält der nördliche Platz eine topografische Setzung und gibt der bestehenden Statue einen besonderen Rahmen. Zur Betonung und Inszenierung der „Skuld“ ist die Statue einem runden, leicht erhabenen Wasserbecken aus hellem Granit zugeordnet. Ebenso findet hier der Horneburger und sein Gast Aufenthalt unter Apfelbäumen.

Kreuzungsbereich Burggraben / Lange Straße
Um das Bürger- und Mehrgenerationenhaus besser anzubinden und auch hier die Aufenthaltsqualitäten auch außerhalb der Festtage zu steigern, wird die Fläche westlich der Volksbank vom ruhenden Verkehr sowie den zahllosen Einbauten befreit. Ein bodengleiches Wasserspiel nimmt das Thema des Burggrabens auf und entwickelt es aus dem ruderalen Bild des Bestandsteiches weiter in eine geometrische Form, das gleichzeitig Spielelement und Schauspiel ist. Die Platzfläche ist deutlich vom Straßenraum abgegrenzt und bildet ein Gelenk zwischen dem Neubau auf der Westseite mit gewünschten sozialen Nutzungen und dem Bürger- und Mehrgenerationenhaus, das bisher deutlich abgerückt und schlecht angebunden war. Durch die Neugestaltung der Flächen wird sowohl der Jahrmarkt als auch der wöchentliche „Grüne Markt“ auf dieser Platzfläche stattfinden können. Die Verlagerung des Marktes von der südlicher gelegenen Parkplatzfläche auf den neuen Platz soll einerseits dem Markt einen angemessenen attraktiven Standort zukommen lassen. Andererseits können die Marktaktivitäten wichtige Impulse für die Entwicklung der Langen Straße liefern und Besucher leichter in die Lange Straße locken. Zur Betriebszeit des Wochenmarktes sind sowohl die Lange Straße als auch der Burggraben weiterhin befahrbar.

Ausstattung / Material
Die Einbauten entlang der Langen Straße werden auf einheitliche Sitzgelegenheiten, Müllbehälter und Fahrradanlehnbügel reduziert. Der gewählte Banktyp wird je nach Platzgröße mit einer oder zwei Sitzrichtungen aufgestellt. Gehölze werden in schmalkronigen Formen entlang der Langen Straße und auf den Platzflächen mit Baumrosten gestellt, um eine maximal begehbare Fläche zu erhalten. Großkronige Gehölze werden entlang des Burggrabens als Ergänzung der historisch bestehenden Allee und entlang des Auedamms ergänzt. Die Gehwegbereiche sind in rötlichem Klinkerstein verlegt. Der bestehende Belag soll dafür aufgenommen und nach Möglichkeit wiedereingebaut werden. Für Straßenbänder innerhalb der Langen Straße wird Großsteinpflaster aus Granit verwendet.

Beleuchtung
Um das Straßenprofil der Langen Straße zu entlasten, wird eine überspannende Beleuchtung gewählt. Durch das Entfallen der Masten im Straßenraum und die Befestigung an den Firstseiten der Gebäude. Für die übrigen Straßenräume werden einheitliche Mastleuchten vorgeschlagen, die sich in engerer Taktung entlang der großen Erschießungsstraßen und in weiterer Taktung entlang kleiner Stichstraßen sowie zum Bahnhof befinden. Der Platz Im Großen Sande enthält Einbauleuchten in den neuen Stufen der topografischen Setzung sowie in den Pflasternägeln. Der Platz am Mehrgenerationenhaus enthält neben der hängenden Beleuchtung der Langen Straße Einbauleuchten im neuen Wasserspiel.

Beurteilung durch das Preisgericht

Gestalterische Leitidee: Ziel der Planung ist es, die Lange Straße als lebendigen Kommunikations- und Begegnungsraum zu reaktivieren. Die charakteristische städtebauliche Figur als Alleinstellungsmerkmal soll bewahrt und gestärkt werden. Durch Neubauten wird das Muster der Raumkanten aufgenommen und fortgeführt. Die Nachverdichtung durch die Baulückenschließung ist gelungen.

Materialkonzept: Großflächige Wiederverwendung von dem vorhandenen Klinker ist grundsätzlich zwar zu begrüßen, aber in seiner Farbe und Form bei großflächiger Verwendung zu monoton. Eine Durchmischung mit neuem Material ggf. in anderer Farbe wäre zu bevorzugen.

Verkehrskonzept
Die Vorgaben des Verkehrskonzeptes werden eingehalten. Die verkehrliche Konzeption ist schlüssig umgesetzt.

Lange Straße: Der niveaugleiche Ausbau mit dem mittigen Pflasterteppich sorgt für eine lineare Zonierung des Straßenraums. Dadurch werden die charakteristischen vor- und zurückspringenden Fassaden als Straßenraumgrenzen betont. Kontraproduktiv ist in diesem Zusammenhang aber die Stellung der Bäume (schmalkronige Zieräpfel) vor den zurückspringenden Gebäuden, die eine Be-gradigung der Straßenraumkanten bewirkt.

Kreuzung Im Sande / Lange Straße: Topografische Setzung des Platzes – als erhobener Platz im Platz - ist als Ansatz gut, wenn auch die lineare Aufstellung der Bäume an der Nordseite fraglich ist. Auch die Führung des Anliegerverkehrs mit den beleuchteten Bodennägeln über den Platz ist schlüssig.
Verschiebung der Fahrbahn zum Westen schafft Platzraum, allerdings ist der Fahrbahnquerschnitt mit beidseitigen Radfahrstreifen bei reduzierter Fahrgeschwindigkeit in Frage zu stellen.

Kreuzung Neumarktstraße / Lange Straße: Die Baumreihe zwischen Fahrbahn und Platz teilt den Raum in zwei unterschiedliche Teilräume. Dennoch können auf den verbleibenden Flächen die Funktionen untergebracht werden. Die Heranführung der Straße Burggraben bis an die Lange Straße als Asphaltfahrbahn mit einer Breite von 6 m wird kritisiert. Eine großzügigere Lösung wäre hier allerdings überzeugender. Die Wasserspur als bodengleiches Wasserspiel, mit dem das Thema des Burggrabens aufgenommen wird, wird als positives Element gesehen. Ebenso ist die vorgeschlagene Verlagerung des Marktes eine richtige Maßnahme.

Beleuchtungskonzept: Die überspannende Straßenbeleuchtung entlastet das Straßenprofil der Langen Straße. Eine Befestigung an den einzelnen, z.T. nur ein- bis zweigeschossigen Gebäuden mit der zusätzlich erforderlichen Verkabelung scheint jedoch nur schwer zu realisieren zu sein. Die sonstige Beleuchtung mit Mastleuchten an den übrigen Straßen und indirekter Beleuchtung der Platzfläche erscheint angemessen.

Ausstattung / Begrünung: Die zurückhaltende Ausstattung und die Idee mit den Erinnerungstafeln aus Messing im Pflaster werden begrüßt, jedoch erscheint die Zahl der Bänke in der Langen Straße zu hoch.