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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2013

Theaterlabor für das Institut der angewandten Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität

Blick vom Theaterplatz

Blick vom Theaterplatz

Anerkennung

Bez+Kock Architekten Generalplaner GmbH

Architektur

Lohrberg Stadtlandschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau – vom Reiz der zweiten Reihe
Der kubische Neubau des Theaterlabors findet seinen Ort im Bereich des abzubrechenden ehemaligen Laborgebäudes südlich der künftig durch die Universität genutzten Stadtvillen an der Ecke Ludwigstraße / Bismarckstraße. Der Baukörper wird jedoch etwas weiter südöstlich positioniert, so dass er gemeinsam mit den Stadtvillen einen geschützten Hofraum – den Theaterhof - definiert, welcher als informeller Gegenpol zum repräsentativen Vorplatz des Hauptgebäudes betrachtet wird.
Gleichzeitig bilden die historischen Gebäude eine reizvolle bauliche Kulisse für das Theaterlabor, der gesamte Hof kann zu einer vielfältig bespielbaren urbanen Bühne der Studierenden werden.
Der prägnante schwarze Würfelbau ist durch die Lücken zwischen den Stadtvillen an der Ludwigstraße / Bismarckstraße zu erspähen und soll die Passanten einladen, die reizvolle Situation in der zweiten Reihe zu entdecken. Durch die gewählte bauliche Disposition gelingt es, die Stadtvillen über den gemeinsamen bespielten Hofraum an die Universität anzubinden.
Das begrenzte Freiflächenbudget wird auf diese Weise gezielt und wirkungsvoll eingesetzt, während die Grünfläche im Bereich des Spielplatzes nicht verändert wird. Die vorhandenen Stellplätze können erhalten und mit einfachen Mitteln aufgewertet werden.

Theaterlabor – der Weg auf die Bretter, die die Welt bedeuten
Das Theaterlabor ist als markanter würfelförmiger Baukörper entwickelt. Seine Fassade ist mit einer schwarzen vertikalen Bretterschalung bekleidet, die der Haptik des klassischen Bühnenbodens entlehnt ist. Wenige gezielt gesetzte Öffnungen sind in die Fassade eingeschnitten, sie werden zum Mittel der Interaktion des Hauses mit seiner Umgebung.
Das zweigeschossige verglaste Foyer formuliert gemeinsam mit dem Vordach eine einladende Zugangssituation zum Haus. Es ist vielfältig bespielbar und lässt sich auf ganzer Länge mit dem eigentlichen Bühnenraum verbinden. Die Bar ist so positioniert, dass sie Foyer und Hofraum gleichermaßen bedienen kann.
Die Bühne verfügt über die gewünschte Raumgeometrie und lässt sich bei Bedarf auf ihrer Längsseite vollständig zum Hofraum hin öffnen. Zu diesem Zweck ist hier die Fassade in Form von senkrechten Klappläden ausgebildet, die gleichzeitig der Verdunkelung des Bühnenraums dienen. Die überdeckte Anlieferung erfolgt an der diagonal gegenüberliegenden Seite des Hauses direkt in den Bereich Magazin / Lager / Werkstatt. Diese Raumspange sowie die hier angeordneten Tore verfügen über dieselbe lichte Raumhöhe wie die Bühne selbst, so dass optimale logistische Bedingungen gegeben sind.
Über eine zweiläufige Treppe gelangt man ins 1.Obergeschoss. Hier finden sich die zusammenschaltbaren Künstlergarderoben, sowie das Büro. Von der umlaufenden Galerie aus kann bei Bedarf mit dem Bühnenraum kommuniziert werden. Ein weiterer Treppenlauf führt ins 2.Obergeschoss. Hier finden sich die Medienstudios und der Lichttechnikraum mit direktem Zugang auf die Spanndrahtseildecke oberhalb der Bühne. Auch im zweiten Obergeschoss ist von der umlaufenden Galerie ein Blick in den Bühnenraum möglich. Die Räume der Haustechnik sind hier in kompakter Anordnung untergebracht.
Ein letzter Treppenlauf führt schließlich hinauf auf das räumlich gefasste Dach des Hauses. Der Blick fällt hier zurück in den Hofraum. Ein Teil der Dachfläche ist überdacht, der Rest kann als Himmelszimmer durch die Studierenden bespielt werden. Gleichzeitig stellt der Ausgang auf die Dachterrasse den 2.Rettungsweg sicher.
Das Theaterlabor ist somit als äußerst flexibel bespielbare und anregende Raumskulptur entwickelt. Es kann trotz seiner eher bescheidenen baulichen Größe zu einem kraftvollen ersten Baustein bei der Aufwertung des innerstädtischen Hochschulquartiers werden. Die Nutzer definieren im täglichen Betrieb den Grad an Interaktion mit der umliegenden Öffentlichkeit jeden Tag neu und tragen so zur Vernetzung von Hochschule und Stadt bei.

Materialität – Konstruktion – Nachhaltigkeit
Der Neubau wird als veredelter Rohbau betrachtet, der sich im Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit, Robustheit und Aneigenbarkeit entwickelt. Ziel ist es also, eine Ästhetik zu finden, die mit einfachen aber kraftvollen Mitteln einen unverwechselbaren Ort für die Studierenden schafft. Das Haus verliert sich nicht in komplizierten Details, aufwändiger Materialität und schickem Fassadendesign, vielmehr versucht es mit einem gewissen Maß an Ruppigkeit und dem Ausdruck des Temporären seine Nutzer anzuregen.
Der Neubau wird als konventioneller Stahlbetonbau mit einer schwarz gestrichenen vertikalen Holzverschalung als Fassadenbekleidung ausgeführt. Das Tragwerk über dem zentralen Bühnenraum ist als Stahlkonstruktion mit Aufbeton konzipiert.
Die betonierten Wandoberflächen im Gebäudeinneren werden in Bretterschalung hergestellt und erhalten einen farbigen Anstrich, der mit dem dunklen Äußeren des Hauses kontrastiert und das Haus zum Leuchten bringt. Als Bodenbelag ist im Foyer ein geschliffener Gussasphalt, ansonsten ein dunkler Pitchpineboden vorgesehen. Sämtliche Verglasungen werden als 3-fach-Verglasungen ausgeführt.
Die senkrechten Klappläden im Bühnenraum werden auf der Basis bewährter Tortechnik realisiert. Der Verglasungsanteil des Gebäudes ist relativ gering, die opaken Flächen werden mit sehr hohem Dämmstandard ausgeführt. Dies gewährleistet zusammen mit der kompakten Gebäudekubatur einen sehr geringen Wärmebedarf der durch den vorhandenen Fernwärmeanschluß gedeckt wird. Die Lüftungstechnik wird mit einem System hocheffizienter Wärmerückgewinnung ausgestattet. Die unverkleideten Stahlbetondecken können thermisch aktiviert werden. Sämtliche Räume sind über den Aufzug barrierefrei erschlossen.


Freianlagen
Mit der Positionierung des Theaterlabors entsteht ein klar umgrenzter intimer Freiraum; ein Ort mit hoher Aufenthaltsqualität und Rückzugsmöglichkeiten. Er bildet einen Gegensatz zu den ansonsten stark zerfaserten und durch Parkierung bestimmten Freiräumen des Universitätskarrees.
Das angrenzende Theaterlabor und das neue Studierenden Servicezentrum in der Ludwigstraße 21 werden den Hof mit ihren Aktivitäten prägen und mit gestalten. Der Hof bietet Raum für ein breites Spektrum an Aktivitäten: Feste feiern, ausruhen, Theater spielen und Theateraufführungen zuschauen, Kaffee trinken, Freunde und Kollegen treffen, …
Gestaltung
Im Gegensatz zu den harten Belägen der Umgebung wird der Hof mit einer ungebundenen Abstreudecke ausgelegt. An seinen Rändern wird der bestehende Baumbestand ergänzt.
Ein Baumdach aus Kirschbäumen bildet den räumlichen Abschluss zur Bismarckstraße.
Der Höhenunterschied zur Ludwig- und Bismarckstraße wird mit breiten, großzügigen Stufen überwunden, die zur Hoffläche hinabführen und einen rahmenden Abschluss zu den Straßenräumen bilden. Ein nach Süden verschobener durchlaufender Absatz bindet die Stufen zwischen den Gebäuden an der Nordseite zusammen und bildet eine Sitzkante. Die gestaltete Topographie kann als Zuschauer- oder Bühnenraum in zukünftige Theateraufführungen eingebunden oder als Cafeterrasse genutzt werden.
Der Höhenunterschied zur Ludwigstraße wird mit breiten, großzügigen Stufen überwunden, die zur Hoffläche hinabführen. Ein nach Süden verschobener durchlaufender Absatz bindet die Stufen zwischen den Gebäuden zusammen und bildet eine Sitzkante. Die gestaltete Topographie kann als Zuschauer- oder Bühnenraum in zukünftige Theateraufführungen eingebunden oder als Cafeterrasse genutzt werden.
Im weiteren Umgriff wird in erster Linie versucht, den Anforderungen an Parkierungsflächen gerecht zu werden: Die vorhandenen Stellflächen werden z.T. neu geordnet, der Schotterparkplatz im Süden des Theaterlabors nivelliert und erschlossen. Die Garagen und der Müllsammelplatz erhalten einen neuen Standort östlich der Zufahrt Stephanstraße erhalten. Der vorhandene Höhensprung hilft, diese Nutzungen maßvoll zu integrieren.
Die Fahrradabstellplätze werden an zentraler Stelle im Blockinnern konzentriert und mit einer kleinen Platzfläche kombiniert. Sie nimmt den vorhandenen Baumbestand auf und dient als Treffpunkt. Die Fahrradständer an der südlichen Platzkante werden überdacht.

Ideenteil
Der Ideenteil zielt auf eine Strukturierung und Gliederung des Gesamtkarrees. Dazu sind verschiedene Maßnahmen notwendig:
1. Städtebauliche Stärkung der Achse Ludwig- Goethestraße, z.B. mit einem neuen Instituts- oder Verwaltungsgebäude. Eine Frequenz bringende Nutzung wäre gut, um das Areal insgesamt zu beleben.
2. In dieser Achse wird auch ein Parkhaus zur Unterbringung eines Großteils der geforderten Stellplätze angeordnet. Damit wird ein größerer Gestaltungsspielraum für die Freiraumstruktur im Karree geschaffen.
3. Auslegung des gesamten Uinversitätsblocks mit einem Belag; ein „Boden“, der den gesamten Block zusammenbindet und in den sich weitere Plätze und Nutzungen einschneiden können.
4. Differenzierung unterschiedlicher Freiräume:
- repräsentative Flächen: Vorplatz Hauptgebäude, Entrees und Vorplätze der Institutsgebäude.
- Rückzugsräume; „Theaterhof“
- Grünflächen (denkmalgeschützte Anlage, Spielplatz)
- Erschließung und verkehrliche Infrastruktur
Der Vorplatz vor dem Hauptgebäude bleibt in seiner Struktur erhalten. Die kleinkronigen Platanen werden durch eine durchlaufende Kirschbaumreihe ersetzt. Sie bildet eine klarere Kante zur Ludwigstraße und bringt mit ihrem Blüh- und Herbstaspekt Heiterkeit und Farbe auf den Universitätsplatz. Die Rasenparterres werden um 45 cm angehoben und mit einer breiten Kante versehen, die auch als informelle Sitzgelegenheit dient. Fahnenmasten werden senkrecht zum Mittelrisalit angeordnet und der Platz mit Mastleuchten ausgeleuchtet. Darüber hinaus ist keine Möblierung vorgesehen.
Zwischen Aula, physikalischen Institut und Neubauten entsteht eine langgestreckter Platz als Entree zu den Gebäuden und als festlicher Rahmen für Universitätsveranstaltungen, Empfänge und Feste.
Die bestehenden Grünflächen an der Goethestraße bleiben im vollen Umfang erhalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

In der städtebaulichen Konfiguration nimmt sich der Entwurfsbeitrag durch seine Lage als zentraler Solitär im historischen Karree in der Nordostecke des Planungsgebiets angenehm zurück. In zweiter Reihe zur Ludwigstraße nutzt er die Adresse des Hauptgebäudes der Universität und bildet ein intimes Forum aus. Seine konkrete Nutzung als Openair-Fläche ist durch die Nähe zur Randbebauung und zur verkehrsbelasteten Bismarckstraße nur eingeschränkt möglich.
Das Gebäude überschreitet trotz seiner Lage in einer Senke die Traufhöhe der umgebenden Stadtvillen. Eine Positionierung mit etwas mehr Abstand hätte die Gesamtsituation verbessert.Die Möglichkeiten einer Neuordnung der Gesamterschließung und des Stellplatzangebotes im innerstädtischen Universitätscampus hat der Entwurfsverfasser nicht genutzt.
Durch seine einseitige Orientierung zur Ludwigstraße werden keine neuen attraktiven Verknüpfungen mit dem städtebaulichen Umfeld im Süden angeboten. Die Lage und Ausbildung der Eingangssituation und des Foyers wird dabei als kritisch betrachtet. Die geplanten externen Erschließungselemente der fünf Stadtvillen entlang der Bismarck- und Ludwigstraße sind im Entwurf nicht berücksichtigt worden.
Der bewusst gewählte Werkstattcharakter, welcher unter anderem seinen Ausdruck in der Fassadengestaltung mit Holzschalung findet, trägt den Intentionen der experimentellen Nutzung und der Außendarstellung des Nutzers Rechnung. Dabei lassen die vielfältigen Außen- und Innenraumbeziehungen besondere experimentelle Spielräume zu.
Die funktionalen Anforderungen des Auslobers sowie die Andienung und innere Erschließung sind weitgehend erfüllt. Positiv ist dabei das Angebot einer inneren Galerie und einer bespielbaren Dachfläche zu erwähnen. Das Technikkonzept ist nicht plausibel dargestellt, erscheint jedoch
optimierbar. Insbesondere die Gebäudehauptverteilung im zweiten Obergeschoss sollte bei einer Realisierung in das Erdgeschoss verlagert werden.
Durch eine kompakte und konstruktiv einfache Bauweise ist eine vergleichsweise wirtschaftliche Realisierung des Beitrags zu erwarten.

Freiraum
Der vorgeschlagene Theaterhof lässt durch die dichte Stellung der Gebäude eine belebte aktive Campusfläche glaubhaft erscheinen. Diese lebhafte Dichte wird durch eine kostenmäßig realistische, extensive Behandlung der übrigen Campusflächen erreicht. Damit entgeht aber auch die Chance zu einer gesamthaften Aufwertung des gesamten Campusareals.

Kosten
Die Arbeit liegt bei den Bauwerkskosten außerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens, jedoch unter dem Durchschnitt aller abgegebenen Arbeiten. Einsparpotenziale werden insbesondere in einem Verzicht auf die zusätzlich angebotene Dachterrasse, einer Optimierung der Anordnung der Technikflächen und damit einhergehenden Reduzierung der Fassadenflächen sowie in einer Optimierung der Fassadengestaltung gesehen.
Hinsichtlich der Kosten für die Außenanlagen liegt die Arbeit außerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens, jedoch unter dem Durchschnitt aller abgegebenen Arbeiten. Der Entwurf bearbeitet einen vergleichsweise kleinen Teil des Wettbewerbsgebietes.

Bühnentechnik
Eine Verbindung des Bühnengrabens zum Magazin wäre wünschenswert. Die Transparenz zwischen den Fluren im ersten und zweiten Obergeschoss und dem Bühnenraum ist aus akustischen Gründen zu überdenken.
Verbindungstüren zum Lichttechnikraum könnten einflüglig sein. Der Lichttechnikraum soll eine Zugangstür zum Flur erhalten. Die bühnen- und veranstaltungstechnischen Anforderungen sind ansonsten eingehalten.

Energie
Die Einhaltung der Vorgaben zur Energieeffizienz sind dargestellt und können im Rahmen des Entwurfs eingehalten werden. Die Arbeit liegt bezüglich der Energieeffizienz im oberen Drittel des Feldes. Der transparente Teil der Fassaden ist auffällig klein.
Modell

Modell

Lageplan Ideenteil

Lageplan Ideenteil

Lageplan Realisierungsteil

Lageplan Realisierungsteil

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschosse

Obergeschosse

Ansichten / Schnitte

Ansichten / Schnitte

Detail

Detail