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Beschränkter städtebaulicher Ideenwettbewerb mit Bewerbungsverfahren | 05/2006

Städtebaulicher Ideenwettbewerb Altstadt

Gesamtlageplan M 1000

Gesamtlageplan M 1000

2. Preis

Ernst + Partner

Landschaftsarchitektur

Marcus Rommel Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext



Stadt in der Stadt
Die Struktur des historischen Stadtkerns von Reutlingen ist noch heute in Ihrer Kontur innerhalb des Stadtgrundrisses von großer Prägnanz. Aus unserer Sicht sollte dieses schon vorhandene Potential über die unterschiedlichen Maßstabsebenen der Stadtmorphologie zum gewünschten Alleinstellungsmerkmal weiterentwickelt werden. Wichtige Funktionen der Stadt wie Politik, Kirche, Kultur, Handel, Gastronomie und Wohnen sind an diesem Ort vereint und unterscheiden ihn in seiner Komplexität von anderen Orten der Stadt.

Stadtmorphologische Strategien
Unser Ansatz beabsichtigt die Wahrnehmung der räumlichen Organisationsprinzipien der Altstadt für die Bürger und Besucher der Stadt zu stärken. Durch Herausarbeiten eindeutiger Hierachien in den Strassen- und Platzräumen wird eine leichtere Orientierung ermöglicht und gleichzeitig die stärkere Vernetzung der gesamten historischen Altstadt angestrebt.

Grüner Saum
Die Kontur der Altstadt wird an ihrem südlichen Rand durch eine ausgeprägte Baumstruktur begleitet. Entstanden nach Aufschüttung der nutzlos gewordenen Stadtgräben unterstützt sie in diesem Bereich das eigenständige Erscheinungsbild der „Alten Stadt“ innerhalb des städtischen Kontextes. Dieses wird konzeptionell aufgegriffen, ergänzt und vervollständigt. Einem „Saum“ ähnlich wird die Kontur der Altstadt nun umlaufend eingefasst. Die vorgeschlagene Begrünung der Gartenstraße artikuliert den bisher fehlenden stadträumliche Übergang in die Oststadt.

Über Tore, Passagen .....
Seit jeher spielen die so genannten Torstraßen Katharienenstraße und Wilhelmstraße eine wichtige Rolle im städtischen Gefüge der Altstadt. Räumlich geprägt durch das Spalier der giebelständigen Häuser verbinden sie bedeutende Platzräume und Stadteingänge miteinander. Diese für den Einzelhandel wichtigen Straßenräume durchqueren passagenähnlich das Stadtgefüge. Die Krämerstraße als gassenartige Verbindung zum Gartentor ergänzt untergeordnet diese Figur. Der Marktplatz ist dabei Kreuzungspunkt. Für seine Funktion ein wichtiger Aspekt.

... und einen historischen Pfad .....
In Ergänzung zur Figur der Passagen wird ein historischer Pfad angelegt. Er führt im Sinne eines „Rundweges“ durch die verschiedenen Viertel der „Alten Stadt“. Weitere für den historisch-kulturellen Kontext wichtige Orte, wie Rathausplatz, Kanzleiplatz, Metzgerstraße oder auch das ehemalige Gerberviertel werden mit den historischen Stadteingängen verknüpft und für den Passanten erfahrbar gemacht. Das Geflecht aus Passagen und historischem Pfad stärkt die vorhandenen Platzräume in Ihrer Funktion als städtische Bühnen und Orte der Kommunikation.

... die Altstadt entdecken.
Das angelegte Geflecht aus Passagen und historischem Pfad „verführt“ in Zukunft zum Rundgang durch die Altstadt. Nach und nach zeigen sich weitere Orte und Situationen. Schmale Gassen, kleine Plätze oder markante Gebäude. Das Gesicht der Altstadt wird vielseitiger und wandelbar. Dies gilt es zu entdecken immer wieder.

Räumliche Struktur
Die Stadt als Ort der Kommunikation und des sozialen Lebens bedeutet auch Orientierung an markanten Straßenräumen, Plätzen und Bauwerken. Gleichzeitig wird die historische Entwicklung wahrgenommen.
Mit den beschriebenen Strategien soll der gesamte Altstadtbereich erlebbar und mit den angrenzenden Stadträumen, wie z.B. der Echatz und dem Bahnhofsbereich in Verbindung gebracht werden.
Die Hierachisierung der Stadträume gewährleistet die konsequente Einteilung in laute und leise Quartiersbereiche und damit den Erhalt der lebendigen Funktionsvielfalt. Das Wohnen sollte als wichtiger Bestandteil des städtischen Lebens erhalten und sogar ausgebaut werden.
Bauliche Ergänzungen werden entweder zur räumlichen Fassung der Stadträume oder Betonung der bisher noch nicht entwickelten Zugangssituationen in die Altstadt vorgeschlagen.
Am Karlsplatz entsteht entsprechend den historisch vorhandenen Wegeverbindungen ein neuer zentraler Platzraum und ein markantes Gebäude, als nördliches Entrée in die Altstadt.
Das Tübinger Tor soll durch Wegnahme der Steganlage, Treppen, Bodenaufschüttungen freigestellt wieder seine ehemalige Geltung erhalten. Die fußläufigen Straßenquerungen zu den neuen Stadtteilen werden durch entsprechende Signalanlagen zügig hergestellt.
Die Wilhelmstraße wird als zurückhaltendes die wichtigen Plätze verbindendes Element begriffen. Der Marktplatz erfährt durch die bauliche Besetzung des Gelenkes zwischen den beiden Teilbereichen mit der Stadtinformation die notwendige und historisch vorhandene eindeutigere stadträumliche Ausformulierung. Er wird in seiner Funktion als Aktionsraum gestärkt.

Verkehr
Der Individualverkehr sollte auf das notwendigste reduziert werden, um eine Verbesserung der Aufenthaltsqualitäten im gesamten Altstadt zu ermöglichen. Das bereits erkennbare Konzept das Parken an den Rändern der Altstadt zu konzentrieren sollte weiter ausgebaut. In verschiedenen Bereichen, wie der z.B. der zukünftigen Kernstadterweiterung-West bestehen die notwendigen Potentiale. Auch innerhalb der Altstadt bestehen Potentiale Tiefgaragen für reines Anwohnerparken im Zuge der vorgeschlagenen Umstrukturierungsmaßnahmen unterzubringen. Die Option das unmaßstäbliche Parkhaus Stadtmitte durch eine Wohnnutzung zu ersetzen sollte genutzt werden.
Über die Verbesserung der Aufenthaltsqualität soll auch der Informationsgehalt der Freiräume mit zeitgemäßen Impulsen zur Optimierung und Belebung des innerstädtischen Lebens gestärkt werden. Die Anlieferfunktion bleibt jedoch selbstverständlich erhalten.

Stadtgrün
wird auf Bäume beschränkt. Auf Dekorationsgrün in Kübel wird verzichtet.
Es wird zwischen den großen Plätzen als städtische „Bühnen“ und den kleineren quartiersbezogenen, grünen Freiräumen als wohnungsnahe Regenerations- und Spielflächen unterschieden.
Sämtliche Fassaden des Marktplatzes und Weibermarktes sollen künftig wieder bestimmende Geltung bekommen. Die freiwachsenden Bäume werden deshalb gegen Dachplatanen ersetzt.
In gleicher Weise wird der südliche Rathausplatz als Aufenthaltsbereich für Gastronomie aufgewertet. Dachplatanen schaffen das erwünschte Flair und Sichtschutz gegenüber den umliegenden Büros.
Der Federnseeplatz und der grüne Saum der Altstadt im Nordosten entlang der Gartenstraße werden mit Stadtlinden geprägt.
Die Nikolaikirche wird freigestellt, die Südfassade des Platzes mit kleinkronigen, lichten Koelreuterien und der Übergang zur Federnseestraße mit einer Winterlinde akzentuiert.

Beleuchtungskonzept
Das vorgeschlagene Kunstlichtkonzept dient zur Steigerung der wieder verbundenen Stadträume. Durch die Beleuchtung der vertikalen raumbildenden Gebäudefassaden der historischen giebelständigen Häuser, wird der Fussgänger entlang des alten Handelswege geführt.
Ziel ist es, die Platz-, Straßen- und Gassenräume der Altstadt bei Nacht unter Wahrung der Gesamtstruktur in jeweils spezifische abwechslungsreiche Lichtsituationen zu hüllen.
Die gewachsene urbane Struktur spricht dafür, die frühere Beleuchtung in Form von zeitgemäßen Wandleuchten wieder aufzugreifen und die Fassaden als raumbildende Beleuchtungskörper zu verwenden. Dazu werden in einer einheitlichen Lichtpunkthöhe die Sekundärreflektor- und Fassadenstrahler gleichmäßig im Rhythmus und auf die Plätze führend angeordnet. Dadurch wird eine starke vertikale Begrenzung hergestellt.
Wo dies nicht möglich ist, wird der Leuchtenkopf auf ca. 3 m Masten aufgesetzt.
Marienkirche und andere stadtraumprägende historische Gebäude wie auch der Stadtrand werden differenziert illuminiert. Die Dachplatanen werden mit Bodenleuchten angestrahlt.
Um den Plätzen eine eigene Identität zu geben, wird die Beleuchtungsstärke gegenüber der normalen Straßen angehoben. Durch helles Bodenmaterial und damit einem hohen Reflexionsgrad wird der Platzcharakter entsprechend zusätzlich betont und unterstrichen.
Differenzierte Lichtquellen verdeutlichen die unterschiedlichen Charaktere der verschiedenen Plätze. An den Stadtzugängen werden die Tore und „Wächter“ als fernwirkende Elemente wahrgenommen und nachts zum leuchtenden Anziehungspunkt. Der geschnittenen Baumgruppen bieten, da vom Boden diffus illuminiert, intimeres Licht und somit atmosphärische Rahmenbedingungen für eine hohe Verweilqualität.
Das Leuchtensystem ist eine völlig zurückhaltendes auf einem Rechteckkörper basierende Sekundärreflektortechnik, die multifunktionell bestückbar ist, als Fassadenstrahler, als breitstrahlende Straßenbeleuchtung, sowie als engstrahlende Gehwegbeleuchtung. Mittels seitlich integrierbaren LED Leisten lassen sich sowohl Akzente als auch Zonierungen und gezielte Fassadenaufhellung verwirklichen.
Durch die gewählte Sekundärreflektortechnik bleibt die Leuchte auch in der Nacht im Hintergrund und setzt die gestalterischen Akzente nur durch die asymmetrische Lichtverteilung entlang der Hauptverbindungswege.
Die Beleuchtungslösung entspricht den neuesten Straßen- und Platzbeleuchtungsvorschriften, geht aber im Maß der Entblendung der Leuchten noch weit darüber hinaus, um die innerstädtische Qualität auch in der Nacht auf die Häuser und die räumliche Gestaltung zu lenken.
Als Leuchtmittel werden Halogen-Metalldampflampen mit warmweißer Lichtfarbe eingesetzt und erhalten zusätzlich, um ein insektenfreundliches Licht zu erzeugen, eine entsprechende UV-Filterung.
Mit der vorgeschlagenen Technik und der nur nach unten ausgerichteten Lichtverteilung wird die Lichtemission und Lichtverschmutzung sowohl für die Anrainer als auch für den Nachthimmel verhindert.
Die Mastleuchte würde einen sehr einfachen Beleuchtungskörper tragen, in den die unterschiedlichen Lichtkomponenten integriert werden könnten. Es können in den gleichen Beleuchtungskörpern LEDs für eine Akzentuierung, Weihnachtsbeleuchtung bzw. auch Fassadenstrahler integriert werden, um eine gleichmäßige Fassadenanstrahlung zu erzielen.
Das Licht kann grundsätzlich zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich geschaltet werden und damit der jeweiligen Nutzungsintensität am Abend und in der Nacht angepasst werden. Eine nutzungsorientierte Lichtsteuerung erlaubt eine gezielte und wirtschaftliche Gestaltung unterschiedlicher Lichtmilieus.

Oberflächen- und Detailgestaltung
Ziel der Maßnahme ist es, eine charakteristische und starke Gestaltsprache für die Altstadt Reutlingens zu entwickeln, die die verschiedenen baulichen Entwicklungen zu integrieren vermag.
Als Grundmaterial für den Stadtboden der historischen Altstadt wird Granitpflaster, analog zur bereits ausgebauten Metzgerstraße aufgegriffen und in allen Bereichen der Altstadt weitergeführt.
In den Fußgängerzonen, insbesondere der Wilhelmstraße wird gesägtes und geflammtes Großsteinpflaster 18/30 betonverfugt eingesetzt, während die Anliegerstraßen mit gespaltenem Kleinpflaster belegt werden.
Grundsätzlich sind Mittelrinnen vorgesehen, Bordsteine sind nicht mehr erforderlich. Der Marktplatz als zentraler Mittelpunkt der Altstadt wird mit großformatigen Granitplatten von 1,50 x 1,50 m und gesägter Oberfläche hervorgehoben. Veranstaltungen als auch Trendsport wie Skaten finden hier ihre Bühne.
Mit der Varianz in Struktur und Oberflächenbehandlung des im Prinzip immer gleichen Materials wird die Gestaltsprache der Plätze, Straßenzüge und Gassen unterstrichen.
Die einfache und Ruhe ausstrahlende räumliche Konzeption bedingt eine reduzierte Material- und Formensprache im öffentlichen Raum. So sollte die Integration von Informations- und Funktionsflächen in wenigen Elementen, wie z.B. den Beleuchtungsmasten angestrebt werden.
Steinbänke aus Granit werden konsequent zur Raumbildung eingesetzt. Holzbänke ergänzen das Angebot der Sitzmöglichkeiten. Für erforderliche Poller, raumbildende Signale an den Stadteingängen (Wilhelmstraße) und andere Objekte wird ebenfalls Granit gewählt.
Die Wassertische mit anschließender Wasserlinie sollen die Verbindungswege zur Echatz ins Bewußtsein bringen.
Wilhelmstraße M 500

Wilhelmstraße M 500

Visualisierung Stadtinfo

Visualisierung Stadtinfo

Visualisierung Karlstor

Visualisierung Karlstor

Nachtplan M 1000

Nachtplan M 1000

Wächter

Wächter