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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2013

IGA Berlin 2017

Anerkennung

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

Schüßler-Plan

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

IGA BERLIN 2017
Internationale Garten Austellung in Berlin Marzahn-Hellersdorf

Im Rahmen der Umgestaltung der Berliner Stadtlandschaft wird die IGA 2017 als Bindeglied zwischen kurzzeitiger Ausstellung und langfristiger Stadtentwicklung gewertet. Das freiraumplanerische Großereignis ist in einem Zwischenraum von Landschaft und Urbanität angesiedelt, in dem die Aktivierung und der Schutz der Natur ebenso relevant sind, wie die Verbindung zum urbanen Geflecht der Bezirke Marzahn und Hellersdorf.
Das Wuhletal und der Kienberg betonen derart durch die IGA 2017 ihren Charakter als wichtigster Grünzug im Norden Berlins, wodurch die Stadt insgesamt ihr Profil als urbaner Naturraum weiter akzentuiert.

Die einzigartigen räumlichen Ausprägungen und die klar angeordnete Wegestruktur teilen das Gebiet in vier Kernbereiche.
Im Zentrum liegt der Kienberg, Marzahns natürlich wirkender Hügel mit künstlich angelegtem Wald, welcher sowohl vermittels serpentinenartiger Wege, als auch direkt über Trittstufen erschlossen wird. Zusätzlich wird eine Seilbahn völlig neuartige Auf- und Abstiegsmöglichkeiten bieten. Als höchste Erhebung markiert der Kienberg den Raum topographisch und optisch.

Auf der Ostseite des Hügels verläuft ein für Berlin zentraler Grünzug, der den namensgebenden Fluss und zugehörige Teiche beheimatet: das Wuhletal. Der geschützte Naturraum wird von Nord nach Süd durch einen achsialen Hauptweg erschlossen. Zusätzlich eröffnet ein mäandrierender Weg, der dem Hauptweg angegliedert ist, einen intensiveren Einblick in den ökologisch wertvollen Naturraum. Holzterrassen laden hier zusätzlich zum Verweilen ein.

Auf zwei Seiten werden der Kienberg und das Wuhletal von benachbarten Parks eingegrenzt: den Gärten der Welt auf der Nordwestseite und dem Jelena Šantić Friedenspark auf der Ostseite. Die jeweils eigenen abgeschlossenen Wegesysteme innerhalb der Parks werden im Rahmen des Entwurfes erweitert und mit neuen Rundwegen verbunden, wodurch mannigfaltige Perspektiven auf den Raum eine Vielzahl von Blickachsen und visuellen Verbindungen bieten. Die verschiedenen Wege organisieren sich dabei nicht im Hinblick auf interne Hierarchien, sondern durch ein externes urbanes Moment: Neue städtische Querverbindungen wie Brücken und Wege etablieren eine direkte Beziehung zwischen Marzahn und Hellersdorf. Durch die Benutzung der Ost-West-Achse können die Unterschiede der beiden Stadtteile bewusster wahrgenommen werden.

Der Entwurf geht somit von einer Erweiterung des räumlichen Potentials aus. Diese umfasst sowohl die Betonung der bestehenden topographischen Situation, als auch eine sensible Neuinterpretation und konzeptionelle Weiterentwicklung der vorhandenen Elemente. Darüber hinaus werden Verbindungen geschaffen, die die verschiedenen Zonen in einen Zusammenhang setzen. Der neue Park wird zum Bindeglied zwischen den Bezirken Marzahn und Hellersdorf und fügt sich zugleich durch Blickbeziehungen in die übergeordnete Stadtlandschaft Berlins ein.

Die bestehenden Gärten des Wiesenpark werden zum Wuhletal hin erweitert, hierfür wird eine räumliche Struktur vorgegeben in die sukzessive neue Gärten angelegt werden. Innerhalb dieses Themenspektrums können Themengärten zu natürlich urbanen und produktiven Leitbildthemen im Rahmen der IGA 2017 eingerichtet werden.


Kienberg Kuppe

Die IGA 2017 ermöglicht die Wiederherstellung der Kuppe des Kienbergs als Aussichtspunkt und die Schaffung eines stimmungsvollen Ortes in Form eines Forums. Der dichte Baumbestand wird geöffnet und Blickbeziehungen zur Stadtmitte hergestellt. Gleichsam einer Lichtung entsteht durch diese Form ein zentraler Ort der Parkanlage und der IGA 2017. Die kreisförmig gestufte Topographie schafft vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. In der täglichen Nutzung sowie auch für besondere Ereignisse wie Performances, Freiluftkino und größere Sportereignisse. Die rasenbewachsenen, sanft ausgeformten Stufen haben eine Tiefe von bis zu fünf Metern und eine Höhe von bis zu 70 Zentimetern die am niedrigeren Ende als Beton-Sitzstufe ausgebildet werden. Akzentuiert werden die Ränge durch eingestreute schattenspendende Bäume. Eine Rampe aus Granitsteinpflaster sichert den behindertengerechten Zugang.
Im Rahmen der IGA 2017 werden vorwiegend ruhige Nutzungen vorgesehen: Die Wechselflorbereiche auf den Terrassen und die Nutzung als Sommergarten.
Der großzügig entwickelte Forumscharakter betont nicht nur die visuelle Verbindung Richtung Berlin, sondern dient auch als Knotenpunkt des Rundwegs, indem hier die Kreuzung sowohl für die Fußgängerwege, als auch ein Verkehrsweg für die Seilbahn realisiert wird und die IGA-Ausstellungsbereiche auf diese Weise verbunden werden. Der in Leichtbauweise konstruierte 45 Meter hohe Turm schafft einen weiteren Aussichtspunkt in 140 Metern Höhe über Meereshöhe. Dieser ermöglicht den Rundumblick auf die gesamte Parkanlage und die umliegenden Stadtteile .In den unteren Stockwerken des Turms, sowie in den Seilbahnstationen komplettieren technische Einrichtungen und Cafés das Plateau und bieten die Möglichkeit kleinere Veranstaltungen abzuhalten.

Städtische Verknüpfung

Das Landschaftsschutzgebiet Wuhletal ist bisher vor allem über die Nord-Süd-Achse erschlossen worden. Diese Hauptverbindung wird innerhalb des Entwurfes erhalten und in die städtische Struktur von Hellersdorf eingegliedert. Verschiedenartig ausgeformte Plateaus überbrücken dabei die Fernwärmeleitungen und weisen in die Stadt.
Der Weg selbst wird auf sechs Meter verbreitert, und in Asphalt ausgebildet um verbesserte Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger zu schaffen und seinen magistralen Charakter zu betonen. Auf der östlichen Seite der Achse werden die parallel laufenden Fernwärmeleitungen durch einen Gräserstreifen verdeckt. Auf der westlichen Seite verstärken die bestehenden Bäume die der Achse innewohnende Dynamik. Entlang des Hauptweges verläuft ein drei Meter breiter Wanderweg, der in Kleinsteingranitpflaster ausgebildet ist und einen direkteren Zugang in die Flusslandschaft ermöglicht. Zugleich bietet er Aussichts- und Ruhepunkte, die durch punktuelle Holzterrassen realisiert werden.
Querungen in unterschiedlichen Bereichen stellen die wichtigsten horizontalen Verbindungen über das Wuhletal dar und etablieren vermittels der ihnen anliegenden Plateaus auf der Hellersdorfer Seite urbane Verknüpfungen, die vielfältige Blicke auf das städtische Geflecht des Bezirkes bieten.
Im Bereich der Wuhle erstreckt sich von Hellersdorf aus in Richtung Kienberg eine neue Brücke über die geschützte Landschaft. Die Kombination von Stahl als elastischem und tragendem und Beton als aussteifendem Element der Brücke sind sowohl Prinzipien der Konstruktion als auch gestalterischer Ansatz. Der vier Meter breite Fußweg der mit schwarzen Stahlwangen, als Handlauf, eingefasst ist, erzeugt visuell ein reduziertes und elegantes geometrisches Element. Dieses wie eine Gerade in die Landschaft gelegt, stellt die einfachste räumliche und funktionale Verbindung da. Kleinere Brücken setzen das Konzept der Stege und der informellen Trittsteine fort.
Die Erschaffung dieser Raum-Verbindungen ist nicht nur vom städtebaulichen Kontext her erforderlich sondern auch die elementarste Aufgabe bei der konzeptionellen Entwicklung des Bereiches: Nur so kann die geschützte Landschaft erlebbar gestaltet werden, ohne sie zu zerstören.

Ausstellungsbereich

Der Gipfel des Kienbergs stellt sowohl den wesentlichen Kreuzungspunkt, als auch das topographische Zentrum der IGA 2017 dar.
Während der Zeit der Internationalen Gartenausstellung werden die auf ihm entstehenden Terrassierungen zu Pflanzbereichen mit Wechselflor und beherbergen den Hauptaktionsbereich, wodurch sein Forumscharakter zusätzlich herausgearbeitet wird.
Von hier aus nach Westen kann der Besucher die Seilbahn direkt zum neu angelegten Teil der „Gärten der Welt“ nehmen. Eine weitere Abstiegs-Variante stellen die serpentinenartigen Wege dar. Nutzt der Besucher das nördliche Wegesystem gelangt er über eine neue hölzerne Fußgängerbrücke am Fuß des Kienbergs zu einem weiteren Hügel: dem Marzahner Aussichtspunkt. Mit einem leichten Gefälle vom Kienberg in Richtung des nördlichen Eingangs zu den „Gärten der Welt“ entwickelt sich das Geländer der Brücke zu einem Zaun dessen hölzerne Struktur Form und Funktion in einer modernen minimalistischen Art zu kombinieren versteht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf findet eine sehr klare Struktur für die unterschiedlichen Landschaftsräume und entwickelt eine hohe konzeptionelle Qualität. Die konsistente Ausformung einzelner Parkräume wirkt grundsätzlich sehr schlüssig, neigt jedoch teilweise zu einer überzogenen Stringenz, die in sich in dem gegebenen Kontext nicht immer erklärt.
Am Auftakt Hellersdorf wird der Besucher in gerader Wegeführung zur Wuhle geführt. Mit einer breiten Promenade entsteht ein städtebaulicher Raum in einer wohltuend klaren Orientierung. Es ist jedoch erkennbar, dass die langgestreckte Platzfigur nur bedingt geeignet ist, emotional das Gefühl eines Entrees zu vermitteln und die an dieser Stelle nötigen Funktionsabläufe an einem IGA-Haupteingang abzubilden. Auch fehlen eine schlüssige Anbindung der Brücke für Radfahrer sowie die erforderlichen Abstellanlagen.
Auch die Weiterführung der Wegelinie in einem aufwendigen, 390m langen Brückenbauwerk wird kontrovers diskutiert. Das Bauwerk entwickelt zwar eine eigene skulpturale Kraft und ist in seiner Klarheit und Konzeption als lineares Element überzeugend. Dies wird aber mit Funktionseinschränkungen (z.B. fehlendes Cafe am Wuhleteich, Verzicht auf Zwischenstationen über dem Tal), ermüdenden Wegstrecken und einem hohen baulichen Aufwand erkauft. Insbesondere erscheint die große Höhe der Brücke als nicht begründet. Die Überquerung des westlichen Wuhleweges ist eine unnötige Verkomplizierung dieser wichtigen Anbindung.
Der Umgang mit dem Talraum der Wuhle ist angemessen und respektvoll, jedoch werden die Potentiale entlang des Grenzgrabens nicht genutzt. Vor allem die Wegeführung wirkt monoton, gliedernde Elemente fehlen größtenteils.
Ebenso wenig werden die Entwicklungsmöglichkeiten des Kienberges genutzt, Freizeit- und Spielangebote werden kaum unterbreitet. Die Verfasser fokussieren sich fast ausschließlich auf die Kuppe, die jedoch zu einem einprägsamen Parkraum entwickelt wird. Mit der Ausformung einer theatralisch anmutenden Kreisfigur wird ein Motiv aufgerufen, welches eine fast rituelle Symbolkraft besitzt und dem Entwurf eine große visuelle Ausstrahlung verleiht. Diese räumliche Konstellation stellt jedoch vor allem an die gestalterische Ausprägung der am Ring angeordneten Seilbahnstationen hohe Ansprüche und kann bei entsprechender Ausführung schnell ins Monumentale abgleiten. Die Beziehung zwischen der weit ausladenden Geländemulde und dem am Rand aufstrebenden Turm erscheint sehr vielversprechend. Das Turmbauwerk auf der Bergkuppe bleibt diffus und kann an die Klarheit des Amphitheaters als starkes landschaftsarchitektonisches Element nicht anknüpfen. Mit der dargestellten Tälchenbrücke wird ein angemessener Übergang zum Marzahner Ausguck vorgeschlagen. Die überhohen Füllstäbe des Geländers, die sich aus dem Gefälleverlauf ergeben, verbinden sich zu einem einprägsamen Motiv. Die Brücke stellt ein eigenständiges architektonisches Element dar, bei dem sich Funktion und Gestaltung vorbildhaft ergänzen. Ort und Bauwerk finden hier eine Balance.
Die Gärten der Welt zeigen sich in einer sehr konsequenten Weise als ein klassischer Landschaftspark. In der Anordnung von Gehölzformationen, in der Führung der bewegten Wiesenräume werden diese Ideen sehr deutlich. Doch auch hier geht mit der im Entwurf manifestierten Stringenz der Verzicht auf eine differenzierte Betrachtung von Parkräumen einher. Insbesondere ist es damit nicht mehr möglich, die mit den Erweiterungsflächen neu gewonnenen Raumpotentiale sowohl funktional als auch formal und gärtnerisch vom Bestand zu unterscheiden. Im Detail zeigen sich die Grenzen dieses Konzeptes vor allem in der Gestaltung des Eingangsplatzes am Besucherzentrum. Die Verortung der Wasserwelten zwischen dem Chinesischen Garten und dem Eingang Süd wird kontrovers diskutiert.
In der Durcharbeitung weiterer Parkbereiche äußert sich das Bemühen um eine gewisse Vielfalt, doch wirken die dargestellten Entwürfe oft belanglos, teilweise auch nicht funktionell durchdacht. Insbesondere der Eingangsplatz Eisenacher Straße kann nicht überzeugen; Wasserbecken und Pflanzelemente befinden sich im Bereich der stärksten Besucherströme.
Die funktionalen Anforderungen der IGA sind zwar flächenmäßig größtenteils erfüllt, ein thematisches Gesamtkonzept ist jedoch nicht ablesbar. Einschränkend wirkt der Verzicht auf eine gastronomische Einrichtung im Wuhletal.
Insgesamt zeigt die Arbeit einen sehr starken konzeptionellen Ansatz, kann jedoch diese Qualitäten im Detail des räumlichen Entwurfes weniger nachweisen.