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Begrenzt offener Realisierungswettbewerb nach GRW 1995 mit 10 Teilnehmern. Auswahl der Teilnehmer über ein VOF-Vergabeverfahren | 12/2005

Baulicher Realisierungswettbewerb "Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie"

Lageplan

Lageplan

2. Preis

heinlewischer

Architektur

Erläuterungstext



Städtebauliche Idee

Der Neubau für das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig soll in exponierter Lage am nördlichen Ende des Zwickauer Platzes entstehen. Kennzeichnend für diesen Ort ist sein baulich kaum definiertes, unscharfes stadträumliches Umfeld. Einziger fester Bezugspunkt ist die im Norden anschließende Bio-City, welche zusammen mit dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie eine klare Raumkante zur Zwickauer Straße bildet. Für den Neubau an dieser Stelle bietet sich die Chance, sowohl einen Startpunkt mit deutlicher Signalwirkung für den Leipziger Wissenschaftscampus zu setzen, als auch einen starken Bezugspunkt für eine zukünftige Bebauung des Areals um den Zwickauer Platz.
Im Besonderen ermöglicht der prominente Standort, das Institut und seinen Arbeitsschwerpunkt – die Zelltherapie – wirkungsvoll nach außen zu transportieren.

Davon ausgehend wird im vorliegenden Entwurf ein integriertes Gesamtkonzept entwickelt, das eine Übereinstimmung von städtebaulicher Figur und inhaltlich-funktionalem Ansatz herstellt. Als Leitidee dient dabei die eines „Zellverbandes“ aus mehreren organischen Baukörpern, welche unterschiedliche Funktionen aufnehmen und im Stadtraum ein sich ergänzendes und erweiterungsfähiges Ensemble bilden. Das Wachstum von Leipzigs Campus aus Einrichtungen der Forschung und Entwicklung, sowie die rasante Entwicklung der Biotechnologie erhalten ebenso wie der Arbeitsschwerpunkt des Instituts dadurch eine greifbare bauliche Umsetzung.

Zuerst wird ein prägnanter Baukörper vorgeschlagen, der das südliche, spitz zulaufende Ende des Grundstücks besetzt und klare Raumkanten zu Zwickauer Platz, Zwickauer Straße und Perlickstraße definiert. Im Spannungsfeld dieser wichtigen Wegebeziehungen wird das Institut für Zelltherapie und Immunologie zum Identität bildenden Stadtbaustein, der die weitere Bebauung des nordöstlich anschließenden Baufeldes vorbereitet.
Ein zweiter Baukörper stellt im Norden die notwendige Verbindung zur Bio-City her und komplettiert die Raumflucht der Zwickauer Straße. Er orientiert sich mit vier Geschossen an der Höhe der Bio City, wogegen der südliche Baukörper auf fünf Geschosse zum Zwickauer Platz hin ansteigt und dort den Haupteingang des Instituts definiert. Im Norden wird ein späterer Weiterbau des Ensembles durch einen oder mehrere Baukörper vorgesehen. Auf der dafür vorgehaltenen Fläche werden oberirdisch die geforderten Stellplätze für PKWs und Fahrräder nachgewiesen. Erstere können später in die Tiefgarage eines zweiten Bauabschnitts verlegt werden. Die Parkflächen werden von der Perlickstraße aus erschlossen, ebenso die Anlieferung, die zwischen den beiden Baukörpern erfolgt. Die Anlieferstraße erhält einen Anschluss an die Feuerwehrumfahrt der Bio City. Durch den nördlichen Baukörper wird zudem eine von der Zwickauer Straße geschützte attraktive Fußgängerverbindung zum Innenhof der Bio-City aufgespannt und so eine intensive Vernetzung des Wissenschaftscampus geschaffen.


Gebäudekonzept

Der städtebauliche Ansatz des erweiterbaren „Zell“-Ensembles aus einzelnen Baukörpern findet seine Entsprechung in der funktionalen Gliederung dieser Baukörper. Das Hauptgebäude erhält dabei ein anpassungsfähiges Raumkonzept aus Büros und Labors. Es umfasst alle Servicestationen, die im Zuge der flexiblen Arbeitsweise des Instituts maximale Veränderbarkeit aufweisen müssen. Das kleinere Gebäude enthält alle permanenten Servicestationen (GMP-Bereich, SPF-Tierhaltung, Tier-OPs etc.) und kann vom Hauptgebäude getrennt betrieben werden, was dort in Bezug auf Flexibilität und Sicherheit, bzw. Fremdvermietungen deutliche Vorteile bringt. Die Auslagerung des Tierbereiches in ein separates Bauteil mit eigener Anliefermöglichkeit vermeidet zudem störende Geruchsbelastungen im Hauptgebäude.

Die Organisation des Hauptgebäudes folgt der Forderung nach maximaler Kommunikation zwischen den Forschern. In jedem Regelgeschoss existieren zwei Laborbereiche, die durch zwei Bürobereiche verbunden werden. Diese vier Bereiche organisieren sich um ein zentrales Atrium, welches mit seinen Freiflächen, Wege- und Blickbeziehungen das kommunikative Zentrum des Gebäudes bildet.

Im Erdgeschoss erreicht man über den Haupteingang im Süden und den Eingang im Norden das Atrium, wo die zentralen Kommunikationsflächen wie Cafeteria, Seminarbereich, und Besprechungsräume angeordnet sind. Diese Flächen können sich in das Atrium erweitern und flexibel bespielt werden. Die Labor- und Büroflächen der Regelgeschosse werden von hier aus mit einer freien Treppe und einem Lift zentral erschlossen, ebenso besteht direkter Zugang zur Bibliothek und den zentralen Garderoben. Im Norden besteht ein enger Bezug zum kleineren Baukörper und weiter zur Bio City. Die Anbindung einer möglichen Erweiterung im Nordosten ist ebenfalls vorgesehen. Zudem nimmt das Erdgeschoss die Sonderlaborbereiche (PCR mit Option auf Sonder-PCR, Histologie, Zytometrie etc.) auf, die zentral für alle Forscher zugänglich sind.

Die Laborflächen der Regelgeschosse werden auf insgesamt sechs gleich große Bereiche verteilt. Die Anordnung von zwei Laborbereichen sinnvoller Größe pro Geschoss reduziert die Wege zwischen Büros und Labors und schafft Flexibilität durch gute Zugänglichkeit der Räume. Jeder Laborbereich verfügt über eine Mischung aus Zellzuchtlabors und Multifunktionslabors mit sinnvoll zugeordneten Auxiliarflächen in einer Nebenraumzone zum Atrium hin. Diese „Dunkelflächen“ erhalten vom Atrium aus Licht, so dass durchgängig natürlich belichtete Laborbereiche realisierbar sind. Eine spätere Umnutzung von Laborflächen in Büros ist dadurch ebenfalls gegeben. Die Laboreinheiten sind sowohl von den Büroflächen, als auch vom Atrium aus über die Nebenraumzone erschlossen. Die Abtrennbarkeit von einzelnen Laborbereichen oder der Einbau von Schleusen etc. ist durch diese Anordnung leicht möglich. Die brandschutztechnischen Vorgaben werden erfüllt, es bestehen ausreichend Fluchtmöglichkeiten über den internen Laborflur, sowie zusätzlich über das Atrium und den internen „Flur“ der Denkzellenbereiche. Aufwändige Maßnahmen wie Fluchtbalkone oder Sprinklerung werden vermieden.

Die Multifunktionslabors werden als offene Laborstruktur organisiert. Lagerflächen, Geräte- und Nebenräume sind im Normalfall gemeinsam nutzbar. Zur Fassade hin werden Denkzellen vorgesehen, die durch Glasschiebeelemente von den Laborflächen abgetrennt werden und über einen internen „Flur“ verbunden sind. Die Spülküchen werden für jeweils drei übereinander liegende Laborbereiche zentralisiert und über einen kleinen Materialaufzug angebunden. Pro Laboreinheit wird ein Autoklav vorgesehen. Der Transport von Gerät und Material erfolgt mittels Transportwagen.

Die Versorgung der Laborbereiche erfolgt über einen zentralen Schacht. Dies reduziert die Leitungsquerschnitte auf ein Minimum und bewahrt durch die zentrale Ausfädelung eine maximale Flexibilität für eine Neugestaltung der Laborstruktur. Der Schacht ist vom Atrium aus in jedem Geschoss betretbar und ermöglicht Wartung und Nachinstallation bei laufendem Laborbetrieb und ohne Störung anderer Funktionsbereiche.

Die beiden Bürobereiche pro Regelgeschoss sind zum einen direkt mit den Laborbereichen, zum anderen untereinander durch die Galerien im Atrium verbunden. Es entsteht eine intensive Vernetzung der Raumzonen über das Atrium, die Kommunikation und Informationsaustausch unter den Forscherteams fördert. Zwischen den Bereichen für die Konzentration (Büros, Labors) entsteht Kommunikation wie von selbst entlang der notwendigen Wege oder gezielt durch Schaffung von „Freizeit“- und Gesprächsräumen, die bewusst zusätzlich in diesen Bereichen angeboten werden.

Das kleinere Gebäude im Norden nimmt im Erdgeschoss die Tier-OP- und Diagnostikbereiche mit den notwendigen Lager- und Auxiliarflächen auf. Diese Bereiche verfügen über eine eigenständige Anlieferung, einen Bezug zur Hauptanlieferung und werden über den Bereich der Werkstätten mit dem Hauptgebäude verbunden. Die Tierhaltung wird im 1. Obergeschoss realisiert und technisch vom 2. Obergeschoss aus versorgt. Dieses Geschoss wird komplett als Technikgeschoss ausgebildet und versorgt zudem den GMP-Bereich, der im 3. Obergeschoss darüber angeordnet ist. Von dort besteht über Brücken sowohl eine Anbindung an die Bio City, wie auch zum Hauptgebäude.

Alle Bereiche der beiden Baukörper werden barrierefrei erschlossen und jedes Geschoss mit einem Lastenaufzug angebunden. Die Größe des einzigen Untergeschosses wird soweit als möglich reduziert. Hier werden lediglich die notwendigen haustechnischen Zentralen sowie einige wenige Lagerflächen realisiert.


Fassade und Konstruktion

Aus dem Thema des „Zellverbandes“ mehrerer Baukörper leitet sich auch das Thema für die Fassade ab. Sie wird als diffuse Membran verstanden, die im Sinne einer „Zellhaut“ den Baukörper „umspannt“, ihm eine gewisse Tiefe gibt und bei unterschiedlichen Tageszeiten das Erscheinungsbild wechselt. Die Fassade wird als Pfosten-Riegel-Konstruktion in zwei Ebenen ausgebildet. Die äußere Ebene bildet eine hinterlüftete ESG-Verglasung, die hintere Ebene besteht im Wechsel aus gedämmter Brüstungszone, Wärmeschutzverglasung, transparenter Wärmedämmung und Lüftungsflügeln zur Nachtauskühlung. Die äußere Fassadenebene wird vor den Fensterbändern unterbrochen, so dass diese optisch „zurückspringen“. Die Verwendung transparenter Wärmedämmung ermöglicht einen hohen Lichteintrag in den Raum, ohne dass ein zusätzlicher Sonnenschutz notwendig wird. Dieser wird lediglich im Bereich der Wärmeschutzverglasung in Form von außenliegenden Rafflamellenstoren aus Lichtlenklamellen vorgesehen. Diese reflektieren die hohe Sommersonne und lenken das flache Licht tief in den Raum.
Die Fassade entwickelt mit ihrer horizontalen Gliederung das Fassadenthema der Bio-City weiter. Die hinter der äußeren, weißlich bedruckten Glasschicht sichtbare Dämmung im Brüstungsbereich erhält eine farbliche Gestaltung, die in Anklang an die „rote“ Biotechnologie des Instituts, die Nachbarbebauung und die warmen Farben der natürlichen Umgebung in Rot-Orange-und Gelbtönen gehalten wird.

Das Tragsystem der Gebäude besteht aus einer Stahlbeton – Skelettkonstruktion mit Flachdecken und Pendelstützen. Das Gebäude wird ausreichend über die wenigen, regelmäßig über den Grundriss verteilten Treppenhauswände und Schachtwände der zentralen Versorgung ausgesteift. Eine spätere Veränderbarkeit der Grundrissgeometrien ist optimal gewährleistet. Das Atriumsdach wird als filigrane unterspannte Stahl-Glas-Konstruktion ausgebildet, die Dächer werden extensiv begrünt.


Energiekonzept und Technik

Zentraler Bestandteil des Energiekonzeptes ist das Atrium des Hauptgebäudes. Es dient als thermischer Puffer, begünstigt das A/V-Verhältnis und reduziert durch Speicherung von Sonnenenergie im Winter den Heizenergiebedarf. Die Belüftung des Atriums wird über einen Erdkanal sichergestellt, über den im Sommer die Außenluft auf natürlichem Wege abgekühlt und im Winter vorgewärmt wird.
Der Kamineffekt im Atrium wird für die natürliche Be- und Entlüftung des Gebäudes genutzt
Die Laborlüftung erfolgt mit zwei Klimageräten auf dem Dach. Die Klimageräte sind so dimensioniert, dass sie die Belüftung der Besprechungsräume mit übernehmen, während die Büros mit Fensterlüftung ausgestattet sind, allerdings eine Betonkernaktivierung zur Spitzenkühlung erhalten, so dass die Büros auch im Sommer Grenztemperaturen im Bereich von 26°C behalten werden.

Die sonstige Technik mit Traforäumen, Mittelspannung, NSHV, Wasser- und Abwasserbehandlung, Fernwärmeübergabestation, Grundwasserwärmetauscher usw. befindet sich im UG. Die Versorgungstechnik ist von den Leistungen her auskömmlich bemessen, die Raumklimatisierung gemäß Labor- und GMP-Richtlinien dimensioniert.

Um den Energieeinsatz zu minimieren, wurde untersucht, ob es am Standort (Zwickauer Platz, Zwickauer Straße) genehmigungsfähig ist, Grundwasser zu nutzen, was von der Wasserbehörde des Amtes für Umweltschutz Leipzig bejaht wurde. Die Ergiebigkeit konnte für die dortigen Wasserleiter noch nicht präzisiert werden. Zunächst wird davon ausgegangen, 80m³/h Grundwasser aus einem wasserführenden Erdleiter zu entnehmen und ihn in einen Wärmetauscher um 5K aufzuwärmen, was ca. 400kW Kälteleistung erbringt. Diese Kälteleistung kann für Prozesskälte mit ca. 15–16°C verwendet werden. Der Rücklauf mit 18–19°C ist immer noch kalt genug, um zur Deckenkühlung im Sommer zu dienen. Die Büros erhalten eine Betonkernaktivierung, die mit diesen Temperaturen bequem angefahren werden kann. Der zweite Nutzer (nur im Sommer), die Deckenkühlung, ist wasserseitig vom Prozessteil getrennt. Im Winter bzw. der Übergangszeit wird die Prozesskühlung durch das Grundwasser beibehalten. Die Leistung steigt dann, da die Grundwassertemperaturen um 2–3K absinken. Die Deckenkühlung wird dann abgeschaltet, die Räume werden konventionell über Heizkörper beheizt. Um redundant zu sein, erhält der Prozesswasserkreis einen Anschluss an die Kaltwasserversorgung der Kältemaschinen. Da die vorgesehene Leistung bis zu 400kW betragen kann, wird es möglich, den überwiegenden Prozesswasserbedarf der Labors für dieses Temperaturniveau über die Erdkälte, d.h. das Grundwasser, zu decken.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Atrium

Atrium

Ansicht Zwickauer Straße

Ansicht Zwickauer Straße

Querschnitt

Querschnitt

Perspektive

Perspektive