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Award / Auszeichnung | 12/2012

Thüringer Preis zur Förderung der Baukultur 2012

Film "Der Preis", Deutschland 2011

Preis

Elke Hauck

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Der Preis. Ein Film über die Endzeit des Plattenbaus von Elke Hauck
Ein Film über den Architekten Alex und eine Generation, die langsam wagt zuzugeben, wo ihr Anfang lag.

Ein Anfang in Plattenbausiedlungen, die nun verändert und heutigen Gegebenheiten und Bedürfnissen angepasst werden sollen. Mediterranisierung des Lebens ist ein Schlagwort, das der Architekt Alexander verwendet, um den ansässigen Mietern die Umwandlung ihres Wohnblocks vorstellbar zu machen. Ein Begriff, der einer neuen Realität gerecht zu werden versucht, die besagt, dass wir heute aufgrund von selbstständiger Arbeit, Arbeitslosigkeit, aber auch aufgrund einer anderen Idee von Wohnen und Leben mehr Stunden des Tages in unseren privaten Räumen verbringen als in jener Phase des zentral gesteuerten, industrialisierten Bauens, in welcher es darum ging, möglichst vielen Menschen überhaupt Wohnraum mit einem gewissen standardisierten Grundkomfort zu geben und diese Menschen gleichzeitig dort anzusiedeln, wo man sie brauchte.

In der Filmhandlung sind nicht alle betroffenen Mieter für die geplante Modernisierung zu begeistern oder interessieren sich überhaupt für sie. Denn natürlich bringt der Umbau Unsicherheit und Unruhe für diejenigen, die die unsanierten Platten, um die es hier geht, aus Alters- oder existentiellen Gründen noch bewohnen. Gardinenlose Fenster gleich dunklen Löchern im Beton erzählen: Wer sich anderes leisten konnte, ist längst fort. Und nicht ganz unberechtigt ist die Befürchtung der Gebliebenen, dass die erneuerten Wohnungen am Ende für ein ganz anderes Klientel gedacht sein könnten. Dass durch einen Umbau möglicherweise wieder eine stärkere Durchmischung der Milieus das Ergebnis sein kann, wird dabei nicht bedacht bzw. eher als Bedrohung empfunden.
Der Film „Der Preis“ ist insofern mit dem Thüringer Preis zur Förderung der Baukultur 2012 auszuzeichnen, da Architektur hier auf visueller und persönlicher Ebene auf notwendige und zugleich aus verschiedenen Perspektiven unterschiedlich zu betrachtende Veränderungen aufmerksam macht und darüber hinaus einen Spiegel des gesellschaftlichen Wandels im Osten Deutschlands darstellt.

Der Verweis auf den in der DDR und über die DDR hinaus tätigen, inzwischen verstorbenen Architekten und Bauingenieur Ulrich Müther und auf die von ihm gebaute Rettungsstation in Binz steht hier für menschliche, jugendliche Sehnsucht nach frischen Ideen und nach Nonkonformität in Form eines ungewöhnlichen Bauwerkes inmitten von extremer Vereinheitlichung. Es geht dabei um die Auseinandersetzung mit dem Geist einer Zeit, die abgebildet und räumlich und emotional erfahrbar wird, die abstrahlt. Denn oft ist es das oder der von außen Kommende oder in sehnsuchtsvoller Entfernung Stehende, der oder das die stärksten Veränderungen evoziert.

Besonders beschäftigt sich der Film mit der Verantwortung für das eigene Handeln, welches auch die Menschen im Umfeld betrifft. Dieses Grundthema wird im Handlungsstrang des aus dem Westen zum Zweck des Umbaus wiederkehrenden Architekten aufgegriffen. Es ist ein Film über eine Generation, die in Ostdeutschland groß geworden ist und heute langsam lernt, sich mit ihren Wurzeln zu befassen – und auf dem Weg dieser Auseinandersetzung die alte Heimat vielleicht neu (mit) zu gestalten.

Der Film „Der Preis“ befasst sich auf einer fiktiven, narrativen Ebene mit Baukultur und deren Auswirkungen und kann daher einen anregenden, erlebbaren Beitrag dazu leisten, ein reflektiertes Bewusstsein in der Öffentlichkeit für zeitnahe Entwicklungen in Planungs- und Baukultur zu schaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Nach dem Gewinn eines Wettbewerbs zur Umgestaltung von Wohnblöcken kehrt ein in der betreffenden thüringischen Kleinstadt sozialisierter, noch junger Architekt aus Frankfurt/Main an die Stätte seiner Kindheit und Jugend zurück; in eine Plattenbausiedlung, in der er selbst aufwuchs und die er jetzt nach seinen Plänen verändern soll … Es geht um bereits unumkehrbare und noch eintretende Veränderungen. Rückbau und Umbau von Wohngebäuden der DDR-weit angewandten Wohnungsbau-Serie-70 in einer thüringischen Kleinstadt dienen als Sujet für die Verschränkung von Lebensläufen in Vergangenheit und Gegenwart …Filmisches Sinnbild der Hoffnung und der Erfüllung von Träumen und Sehnsüchten ist der Besuch der Rettungsstation des DDR-Architekten Ulrich Mühter am Strand von Binz durch den Filmhelden. Filmische Poesie verschränkt sich hier mit feinfühlig-bewusster Erinnerung an einen Vertreter der auch in der DDR geschehenen „Suche nach frischen Ideen und Nonkonformität“ … Resignation begegnet Hoffnung. Utopien weichen Illusionen, immer eng verbunden mit den großen und kleinen Räumen, in denen wir leben. Städtebau und Architektur erfahren ihre Bestätigung als hochkomplexe kulturelle Dimension; im Film … auf das Wesentliche fokussiert, auf die Menschen, die diese Kultur prägen.