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2. Rang 3 / 3

Mehrfachbeauftragung | 07/2013

Neugestaltung Innenraum Christuskirche

3. Rang

Peter W. Schmidt Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Die Christuskirche im Stadtteil Wiehre ist aufgrund ihrer städtebaulichen Ausrichtung, diagonal zu dem gehobenen Stadtquartier Wiehre, stadträumlich eine Besonderheit. Die platzartige Situation mit dem alten Baumbestand und dem auf die Kirche ausgerichteten, L-förmigen Pfarrhaus, soll nicht durch äußere bauliche und gestalterische Eingriffe und Ergänzungen gestört werden.

Das gegenüber den angrenzenden Straßen erhöhte Terrain ist besonders und außergewöhnlich in Takt.

Mit der Neugestaltung des Innenraums der Christuskirche geht die Vorhaltung eines barrierefreien Zugangs einher. Er ist im südöstlichen Bereich vorgesehen und wird in die vorhandene Grünanlage eingebunden. Der sudöstliche Kirchenzugang wird zum rollstuhlgerechten Zugang umfunktioniert. Folgerichtig befindet sich im Inneren in der Verlängerung über das Querschiff hinweg, im Bereich der Apsis die vom Auslober geforderte behindertengerechte Toilette.

Im Zusammenhang mit der Neufassung der rückwärtigen Bereiche der Apsis mit Lagerflächen und den dienenden Räumen ist die Sakristei axial zum Chor, in einem trapezförmigen Raum vorgesehen, er öffnet sich hin zum Tageslicht.

Die in der Grundanlage der Kirche vorhandene zweite Raumschale, hinter dem Chor, ist im Erdgeschoss den dienenden Funktionen vorbehalten. Darüber befindet sich eine Empore, die von dem Kirchenchor für besondere musikalische Darbietungen genutzt werden wird.

Gebäudetypologisch ist die Kirche auf einem barocken Kreuz entwickelt. Mit vier halbkreisförmig gewendelten, symmetrisch angeordneten Treppen, werden vom Kirchenhauptraum im Erdgeschoss die Emporen im Obergeschoss erschlossen.

Neben der Rückführung und „Entschlackung“ der Bausubstanz und Farbgebung nebst dem Einsatz weniger, bereits historisch gewählter Materialien, wird mit dem Entwurf eine Verbesserung der Blickbezüge von den Emporen und darüber hinaus die Ausbildung eines variablen Chor- und Altarbereichs vorgeschlagen.

Die Varianz für die unterschiedlichen Szenen des Kirchenalltags und den Besonderheiten bei Konzerten wird mittels flächig angeordneter Scherenhubpodeste erreicht. Eine unterschiedliche Szenografie, bis hin zum einheitlichen Niveau des Chorraums, der sich bis zur Altarzone niveaugleich aufspannen kann, ist ebenso möglich, wie die Einbeziehung des Chorvorbereichs auf das Niveau des Kirchenhauptraums.

Die Kirchenbänke werden im Mittelschiff beibehalten und sind entsprechend den neuen gestalterischen Vorgaben aufzuarbeiten. In den Seitenschiffen wird zum Erreichen einer größeren Flexibilität eine gekoppelte Einzelbestuhlung vorgesehen.

Das Vorziehen von Altar und Taufbecken in den Bereich der Vierung, also in den Bereich der Schnittstelle von Haupt- und Querschiff hinein, ist für den gewöhnlichen Kirchenbetrieb eine Gegebenheit, die den Pfarrer näher an die Gemeinde heranführt. Die liturgischen Orte, Altar und Taufbecken, sind veränderbar ausgebildet, um den maximalen Nutzen der Scherenhubpodeste und somit der differenzierten Raumsituationen zu entsprechen.

Zur Optimierung der Sichtbezüge zwischen Empore – Altarbereich – überhaupt den Blickbezug zum Kirchenhauptraum, sind die Emporen mittels festen aufsteigenden Podesten ausgebildet. Ihre maximale Höhe orientiert sich an der Unterkante der historischen Fenster. Sie gibt das maximale Höhenmaß der Einbauten vor.

Neben der Rückführung der Farbgestaltung und Materialien auf den Originalzustand, ist den Brüstungen größte Aufmerksamkeit zu schenken. Zum Kirchenraum hin, werden sie, entsprechend ihrem historischen Erscheinungsbild aufgearbeitet. Die Innenseiten und die Brüstungsabdeckungen sind neu gefasst. Mit einer kassettenartigen Profilierung bei gleichem Material, durchlebt die Innenseite Licht- und Schattenspiel. Dies ist zudem in Verbindung mit dem zenitalen Licht des vorgeschlagenen Lichtkonzeptes zu sehen.

Zur Stärkung der ganzheitlichen Erscheinung der Christuskirche sieht der Entwurf eine konsequente Herausarbeitung der Lisenen, Balkonbänder und Gewände vor. Durch eine helle Farbgestaltung werden sie in Verbindung mit der neuen Lichtkonzeption subtil in Erscheinung treten. Die zahlreichen Nischen und Rücksprünge auf dem Niveau des Kirchenraums werden konsequent dazu genutzt Gesangbücher und weitere Utensilien des kirchlichen Alltags unterzubringen, sie werden als puristisch detaillierte Holzeinbauten vitrinenartig wahrgenommen.

Die Baulichen Determinaten werden sorgsam mittels Licht herausgearbeitet und hiermit die Plastizität des Bauwerks unterstützt.

Die Leuchten sind so im Bauwerk integriert das im Wesentlichen nur die Dramaturgie und Ästhetik des Kunstlichtes in Erscheinung tritt, nicht aber die Leuchte. Diese tritt wohltuend in den Hintergrund um das Göttliche (Über den menschlichen Maßstab hinausgehend). Wird das Kunstlicht in oben und unten gegliedert zu festlichen Veranstaltungen, kann das Licht im gesamten Altarbereich so gewählt werden, dass die jeweiligen Gruppen/Musiker mittels Licht optimal unterstützt werden.

Es ist bewusst auf Pendelleuchten verzichtet worden um die Sicht von allen Punkten in der Kirche zu gewährleisten. Die gesamte Kunstlichtinstallation ist ausschließlich mit LED Leuchtmitteln in der Lichtfarbe 2600°K und 3000°K geplant. Somit wird der Wirtschaftlichkeit und der Nachhaltigkeit der Beleuchtungsanlage Rechnung getragen. Es sollen 6 Hauptgruppen und 4 Untergruppen gebildet werde, die mittels Dali Geräten separat Gedimmt und geschaltet werden können. Es können diverse Szenen frei programmiert werden, die über Funk oder Bedienfeld abrufbar sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser respektieren den historischen Bestand und bauen an diesem in behutsamer und sensibler Art und Weise weiter. Die Eingriffe beschränken sich auf den Austausch der Bänke in den Seitenschiffen und auf den Einbau einer Hubanlage im Altar-Orchesterbereich. Unterstützt wird diese Haltung durch ein als wohltuend und angemessen empfundenem Farb- und Materialkonzept. Konkrete und weiterführende gestalterische Aussagen werden insbesondere im Altarbereich vermisst.

Die bestehende Akustik der Kirche wird nur minimal verändert, das vorhandene Volumen und die Oberflächen werden erhalten. Die moderate Reduktion der Zahl der Sitzplätze ist akustisch positiv zu beurteilen, die Akustik der voll besetzten Kirche wird dadurch verbessert.

Der zenitale Lichtansatz ist positiv zurückhaltend. Die eher dunkel werdende Decke und das fehlenden Auflicht der Akteure sorgen jedoch für funktionale und atmosphärische Zweifel.

Die Arbeit erfüllt die gewünschten Anforderungen an flexible und unterschiedlich große Gottesdienstgestaltung auch beim Abendmahl. Sie wird auch allen kirchenmusikalischen Aktivitäten gerecht.

Die Barrierefreiheit ist gewährleistet, auch in puncto Toilettenanlage. Allerdings kann die Gestaltung der Rampenanlage direkt im Anschluss an dem Baudenkmal und die sehr zentrale Zugänglichkeit der Toilette im Blick der Gemeinde nicht wirklich überzeugen. Eine Verbesserung der Lagersituation kann nicht festgestellt werden.

Die veränderten, weitaus steiler ansteigenden Podeste auf den Seitenemporen verbessern die Sichtbeziehungen wie auch die Hörsamkeit auf diesen kritischen Plätzen – leider aber nicht signifikant.

Die vorgeschlagenen Scherenhubpodeste ermöglichen einen schnellen Umbau zwischen unterschiedlichen Anlässen, allerdings auch mit relativ hohen Investitionskosten.

Die Planung erscheint mit minimalen Eingriffen sehr denkmalschonend, bietet andererseits aber auch keine Lösungsansätze für die aus denkmalpflegerischer Sicht gesehenen Probleme der derzeitigen Altarrückwand.

Insgesamt eine sehr zurückhaltende Arbeit, die leider durchgängig wenig neue Akzente zu setzen vermag.
2. Rang 3 / 3