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Projekttwettbewerb | 01/2014

Freihof Mörschwil

MOERSWIL

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Beat Consoni Architekt

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Der traufständige Ochsen, der traufständige Freihof mit flachem Giebelspitz und das giebelständige Gebäude des Adlers bilden als u-förmiges Ensemble den baulichen Rahmen des heutigen Platzes, der den Raum zwischen Kirche und Gemeindehaus fortsetzt. Das Projekt reagiert auf die ortsbauliche Gegebenheit in neuzeitlicher Formensprache: Traufständigkeit des neuen Gebäudes und klassischer Aufbau mit Sockel, Mittelbau und Dach. Durch die horizontale Betonung des Baukörpers wie das verglaste Sockelgeschoss, die durch Ladenelemente unterteilten Längsfenster und die Attika-Ausbildung wird eine „architektonische Spange“ geschaffen, die den Ochsen und den Adler optisch zusammenhält und somit das neue, raumbildende Ensemble bildet. Durch die Zurückversetzung des Treppenhauses wird der Hauptbaukörper von der Kirche her gesehen zum Blickpunkt, der den Platzraum abschliesst. Das zurückversetzte Treppenhaus „schiebt“ sich wohltuend hinter das Adlergebäude – somit wird der Durchblick zur Moschti-Bebauung verwehrt. Auch diese Massnahme stützt den Ensemblecharakter – Adler und das neue Gebäude verschmelzen zu einer Zweier-Volumetrie und sind von der Baumasse stark genug, der Zäsur des Strassendurchgangs zu trotzen. Durch die Zurückversetzung des Attikageschosses an die nordwestliche Gebäudeecke wird das Haus 4-geschossig. Dies ist als Gegenüber zur Moschti-Bebauung gut vertretbar – so wird auch ein Bezug zur westlichen Bebauung geschaffen.

MOERSWIL wählt nicht die Stilmittel aus der Baugeschichte vor der Moderne aus dem 20. Jahrhundert, um sich in den historischen Kontext einzugliedern. Die Moderne hat ja unsere Dörfer und unsere Umwelt verändert - sie ist uns somit auch vertraut. Hier knüpft der Vorschlag MOERSWIL an und sucht eine zeitgemässe Antwort auf die Frage nach dem Ersatz für den Freihof. Mit einer zurückhaltenden Formensprache gelingt es, einen Ersatzbau vorzuschlagen, der ortsbaulich sehr gut auf die Situation einzugehen versteht. Die subtile Fassade bezieht sich auf den Ort – so drängen die Längsfenster, angereichert durch die horizontalen Lichtschlitze an ihren Enden, an die Gebäudeecke an der Strasse. Umgekehrt wird dort Mauermasse geschaffen, wo es nötig ist, um eine Verbindung zum Gebäude Adler herzustellen. Die Ostfassade ist klar als repräsentative Platzfassade gestaltet – im Gegensatz dazu verfügen die Süd-, West- und Nordfassade über Lochfenster und Loggien – sie stellen einen Bezug her zu den kubischen Baukörpern der Moschti-Bebauung. Dispers wird der fein strukturierte Betonbau diskutiert. Es stellt sich die Frage, ob das gewählte Material Beton auf der Ebene der Materialisierung die durch den sehr gut gesetzten Baukörper erzielte Ensemblewirkung unterstützt. Nicht zuletzt wird Beton aber auch aus feuerpolizeilichen Überlegungen vorgeschlagen, weil sich der Neubau nahe beim Adler befindet.

Im Erdgeschoss wird eine attraktive, gut unterteilbare Ladenfläche vorgeschlagen, die sich zum Platz orientiert. In den beiden Obergeschossen sind je zwei schöne 2 ½-, beziehungsweise 3 ½-Zimmerwohnungen geplant. Alle Wohnungen haben einen Bezug zur ortsbaulichen Gegebenheit. Die westlichen Wohnungen, die nicht vom Platzbezug profitieren, werden als Ersatz mit Loggien ausgestattet. Eine innere Zone mit Nasszellen und Küchen trennt die beiden Wohnungen. Im Attikageschoss wird öffentlich nutzbarer Raum vorgeschlagen, dies aufgrund der schönen Lage mit Aussicht auf das Gemeindezentrum, die nähere Umgebung im Süden sowie die Weite im Westen. Ob die öffentliche Nutzung im Attikageschoss sinnvoll ist, wird diskutiert.
Grundsätzlich überzeugen die schlicht strukturierten Grundrisse.
Aufgrund des kompakten Baukörpers, der Grundrissstruktur und der Materialisierung ist mit normalen Erstellungs- und Unterhaltskosten zu rechnen. Es werden Materialien vorgeschlagen, die mit einem durchschnittlichen Anteil an „grauer Energie“ (Herstellung, Transport usw.) hergestellt werden können. Alternative Energieträger optimieren die Energiebilanz und gewährleisten den Minergie P-Standard.

Der Aussenraum ist zurückhaltend gestaltet. Eine Pflästerung führt an und ums neue Gebäude – sie wirkt selbstverständlich und ist dem Ort angemessen.

Gesamthaft gesehen erfüllt das Projekt MOERSWIL die in die Aufgabe gesetzten Erwartungen in neuzeitlicher Gestaltung sehr gut. Dass man dabei nicht eine historisierende Haltung wählt, kann als ehrliche Antwort auf unser heutiges Leben verstanden werden. Ob die Lösung in moderner Formensprache dem öffentlichen Bild einer Einpassung in die historische Situation entspricht, wird unterschiedlich diskutiert. Trotzdem überzeugt das Projekt auf allen Betrachtungsebenen. MOERSWIL orientiert sich an den Gesetzmässigkeiten und baulichen Ordnungen des Freihofs – die formale Umsetzung erfolgt in moderner Architektursprache.